Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Czermak, Jaroslaw
Band: 11 (1864), ab Seite: 384. (Quelle)
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Čupr, Franz (Mitglied des Abgeordnetenhauses im österreichischen Reichsrathe, geb. zu Chrast in Böhmen im Jahre 1821). Widmete sich nach beendeten Studien dem Lehramte, nachdem er früher noch die philosophische Doctorwürde [385] erworben hatte. Im Jahre 1848 zum Professor an dem Gymnasium auf der Prager Kleinseite ernannt, trat er zugleich auf der Universität als Docent der Philosophie in čechischer Sprache auf. Als im Jahre 18353 das Altstädter Gymnasium als eine deutsche Lehranstalt erklärt wurde, verlor Č., weil er in čechischer Sprache lehrte, seine Professur und bewarb sich sofort um die Erlaubniß, ein Privatgymnasium errichten zu dürfen. Unter Einem gründete er auf seiner in der Nähe von Prag gelegenen Besitzung Polczawka eine höhere Lehr- und Erziehungsanstalt. Im Jahre 1861 wurde er in zwei Landbezirken, nämlich Chrudim und Hohenmauth, in den böhmischen Landtag und von diesem später in das Abgeordnetenhaus des österreichischen Reichsrathes gewählt. Als Schriftsteller auf mehreren Gebieten, vornehmlich auf jenem der Pädagogik und Philosophie, thätig, schreibt Č. in deutscher und čechischer Sprache. Seine bisher erschienenen Schriften sind: „Čitanka pro školu a dům. Oddělení II“, d. i. Lesebuch für Schule und Haus (Prag 1852, André); – „Krátký přehled historie literatury české a z části rozbor básně: Záboj a Slavoj“, d. i. Kurzer Inbegriff der čechischen Literaturgeschichte u. s. w. (ebd. 1852, André, 8°.); – „Grundriß der empirischen Psychologie“ (ebd. 1852, 8°.); – „Praktischer Lehrgang zum schnellen und leichten Erlernen der böhmischen Sprache“ (ebd. 1852, 8°.); – „Böhmisches Elementarwerk. 1. Theil: Böhmische Sprachlehre für Anfänger; 2.–4. Theil: Böhmisches Lesebuch“ (Prag 1852, André, 8°.); – „Lateinisch-deutsch-böhmisches Taschenwörterbuch für Untergymnasien“ (ebd. 1853, Rohliček, 8°.); – „Griechisch-deutsch-böhmisches Taschenwörterbuch für Untergymnasien“ (ebd. 1853, Rohliček, 8°.); – „Plan und Einrichtung der in der Nähe von Prag neu begründeten Lehr- und Erziehungsanstalt für Knaben und Jünglinge“ (ebd. 1854, 4°.). Auch betheiligt sich Č. an dem von J. W. Rozum begründeten Sammelwerke: „Staročeská biblioteka“, d. i. Altböhmische Bibliothek, in welcher mit besonderem Hinblicke auf die lernende čechische Jugend ältere čechische Werke neu herausgegeben werden. Č. bearbeitete für diese altböhmische Bibliothek einige Originalwerke des Veleslavin und schickte denselben eine literarhistorische Einleitung voraus. Es bildet den 2. Theil der Slavočeská biblioteka. Im Abgeordnetenhause des Reichsrathes zählt Č. zur Partei der Föderalisten. Er nahm bei mehreren Gelegenheiten das Wort. In eindringlichster Weise aber sprach er in der Sitzung vom 2. August 1861, in welcher er in einer ausführlichen Rede seinen Antrag: die Revision des Unterrichtsplanes sogleich vorzunehmen, begründete. Č. will im Kampfe des modernen Realismus gegen den antiken Humanismus, welcher Kampf eben das neuere Schulwesen kennzeichnet, dem ersteren gebührende Rechnung getragen wissen. Er verlangt vor Allem totale Reform des bisherigen Gymnasialplanes, den er mit dem Satze kennzeichnet: „Unser Gymnasium stößt seine Schüler in die Welt, aber erziehen für dieselbe will es nicht“. Č. verwirft ferner die Maturitätsprüfungen als unzweckmäßig: nachdem der Schüler durch 8 Jahre für fähig gehalten wurde, kann es ihm geschehen, im letzten mit einem Zeugniß der Unreife einen anderen Lebensplan einschlagen zu müssen. Schließlich plaidirt er für die Gleichberechtigung der Sprachen in seinem Vaterlande.

Stenographische Protokolle des Abgeordnetenhauses des österreichischen Reichsrathes [386] für die erste Session 1861 und 1862 (Wien, Staatsdruckerei, 4°.) S. 446 [interpellirt das k. k. Kriegsministerium anläßlich der Baumwollstoff- und Linnenlieferung für die kais. Armee]; S. 501 [Antwort auf diese Interpellation); S. 483, 504, 749 [stellt den Antrag wegen Revision des Unterrichtsplanes für Mittelschulen]; S. 1155, 1161, 1323 und 1330 [spricht in der Debatte über das Gemeindegesetz]; S. 2865, 2989, 3005, 3007, 3189 u. 3219 [spricht bei der Budgetberathung über das Erforderniß für das Unterrichtswesen]. – Der Reichsrath. Biographische Skizzen der Mitglieder des Herren- und Abgeordnetenhauses des österreichischen Reichsrathes (Wien 1861, Förster, 8°.) Heft I, S. 35.[BN 1]

Berichtigungen und Nachträge

  1. E Čupr, Franz [Bd. XI, S. 384].
    Bohemia (Prager polit. u. belletr. Blatt, 1861, Nr. 187, S. 1761; 1863, Nr. 223. – Wiener Zeitung 1863, Nr. 177, S. 339. – Presse 1866, Nr. 22. [Band 23, S. 379]