Nachtrag I Bär (Wolf) und Fuchs (1888) von Kaarle Krohn, übersetzt von Oskar Hackman
Nachtrag II
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Nachtrag II
(z. S. 114.)
Das Abenteuer des Fuchses.

(Krohn, I. No. 38, S. 52. Aus dem Kirchspiel Haukipudas in Österbotten, nördlich von Uleåborg; aufgezeichnet im Jahre 1854 von Stud. J. W. Murman, einem Stipendiaten der Finnischen Literatur-Gesellschaft, Hdschr. No. 35.)

Es war einmal ein Greis, der eine Wieselfalle auf den Boden seiner Hütte stellte. Das Wiesel ging aber nicht in die Falle, sondern wartete auf den Greis, und als dieser kam, um seine Falle zu besichtigen, packte ihn das Wiesel am Halse, tötete ihn, legte ihn auf einen Schlitten und machte sich daran, ihn zu ziehen.

Es kommt der Hase ihm entgegen und fragt: „was ziehst du, armes Wiesel, so früh Morgens?“ Das Wiesel antwortete darauf: „Wieso, denn!

Da der alte erbärmliche Greis
Stacheln über die Stube stellte,
Auf den Boden böse Brettchen,
Mir dem lustigen Läufer des Waldes,
Mir dem Träger des teuren Pelzes.

Nimm dir einen Mund voll, komm, zieh’ mit!“

Der Hase nahm sich einen Mund voll, und so zogen sie zu zweien.

Es kommt der Fuchs ihnen entgegen und fragt: „was zieht [120] ihr, Leute, aus allen Kräften so früh Morgens?“ Das Wiesel antwortete auch auf diese Frage mit denselben Worten.

Der Fuchs nahm sich einen Mund voll, und so zogen sie weiter.

Es kommt der Wolf und stellt dieselbe Frage. Das Wiesel antwortet wieder in bekannter Weise.

Der Wolf nahm sich einen Mund voll, und so zog er mit den anderen.

Sie zogen und zogen, so lange das Fressen auf dem Schlitten ausreichte. Als es aber zu Ende ging, meinte der Wolf: „was wollen wir jetzt fressen?“ „Wir fressen den Kleinsten“, antwortete der Fuchs. Und so frassen sie das Wiesel.

Sie ziehen eine kleine Strecke weiter und nach derselben Frage des Wolfes und Antwort des Fuchses wird der Hase gefressen.

Sie zogen noch eine kleine Strecke, da frägt der Wolf: „was wollen wir jetzt fressen?“ „O, wir werden schon Fressen bekommen, da wir jetzt jene Gesellschaft losgeworden sind“, antwortete der Fuchs und mit schmeichelnder Rede schlug er dem Wolfe vor, „sie wollten doch zusammen wirtschaften“. Gut, es gefiel dem Wolfe.

Im Herbst hätten sie dann dreschen sollen und der Wolf frug: „wie wird denn diese Arbeit ausgeführt?“ Der Fuchs (stieg auf den Boden der Scheune, wo sie droschen und)[1] sagte:

„Drisch, drisch du, armes Wölfchen!
(Während ich die Sparren halte,
Damit sie nicht herunter stürzen,
Dieses Dach auf die Diele fällt.“)

Der Wolf drosch nach Leibeskräften. Dann sagte der Fuchs: „da du so fleissig gearbeitest hast, so nimm dir jetzt den grösseren Haufen als Belohnung.“ Da nahm der Wolf den Spreuhaufen.

Nun begaben sie sich in die Mühle von Ilmola. Während sie dort mahlten, fragte der Wolf: „warum sagen deine Steine: jyrin, järin, und meine: tissis, tassis?“ Der Fuchs riet ihm kleine [121] Kiesel zwischen den Mühlsteinen zu legen, und so erhielten sie denselben Klang.

Alsdann wurde Grütze gekocht, und der Wolf frug: „warum ist denn deine Grütze weisser als die meinige?“ Der Fuchs wusste wieder Rat: „wenn du Brennholz unter den Kochtopf legst und selbst auf die Sparren steigst und von dort Fett aus deinem Steisse hinunterträufeln lässt, so wird deine Grütze der meinigen gleich.“ Der Wolf folgte dem Rate und stieg auf die Sparren, und als die Flamme unter dem Kochtopf gegen seinen Rücken hervorschlug, so brannten seine Pelzhaare und wurden braun, wie er sie noch heute hat.

Späterhin beim Essen sagte der Wolf: „lass mich doch von deiner Grütze schmecken, ob sie denselben Geschmack hat wie die meinige!“ Der Fuchs stellte sich augenblicklich, als ob er hinausgucke, und sagte zu dem Wolfe: „sieh, wer da vorbei geht!“ Als auch der Wolf seinen Hals hinausstreckte, nahm der Fuchs einen Löffel voll Grütze aus dem Kochtopf des Wolfes in den seinigen und sagte dem Wolfe, als dieser sich zu der Grützenprobe anschickte: „da, armes Wölfchen, schmeckt’s am Besten.“ Der Wolf schmeckte[WS 1] von seiner eigenen Grütze und meinte: „einen Geschmack hat der Brei, aber verschiedenen die, welche ihn essen!“

Es kam dann der Winter. Der Fuchs begab sich auf den Fischfang und befahl dem Wolfe, zu Hause zu bleiben. Als der Fuchs längs des Weges wanderte, sah er einen Mann, der am Flusse seine Haken besichtigte. Nun wirft sich der Fuchs tot auf den Weg hin. Der Mann kommt heran, gibt dem Fuchse einen Fusstritt und sagt: „sieh, woran der Fuchs wohl gestorben ist?“ Der Mann packte den Fuchs und warf ihn auf seinen mit Laken beladenen Schlitten. So zieht er weiter. Der Fuchs warf alle Laken nacheinander auf den Weg und zuletzt sprang er selbst herab, ging und sammelte sie auf und brachte sie nach Hause. Der Mann wurde des Betruges erst zu Hause gewahr.

Der Wolf frug: „wo hast du eine solche Menge Laken herbekommen?“ Der Fuchs erwiederte: „o du, armes Wölfchen, dort aus der Wuhne von Ilmola bekommt man sie ja immer, wenn man nur seinen Schwanz in der Zeit hineinlegt, wo viele Sterne am Himmel glänzen.“ Als der Wolf dies hörte, ging er auch zu der Wuhne [122] von Ilmola in einer Zeit, wo viele Sterne am Himmel standen und die Kälte wie Feuer brannte. Sobald der Fuchs wähnte, dass der Schwanz in der Wuhne hübsch festgefroren wäre, begab er sich nach Ilmola und schrie hinter dem Fenster: „kommt herbei, es ist die höchste Zeit, der Wolf beschmutzt die Wuhne!“ Die Leute hatten nicht Zeit nach dem Fuchse sich umzusehen, sogar die Wirtin liess ihr Butterfass stehn, um zur Wuhne zu laufen. Dort schlugen sie den armen Wolf so gründlich, dass sein ganzer Rücken zerschlagen war, ehe er entschlüpfte.

Inzwischen stülpte der Fuchs das Butterfass um, frass die Butter auf und beschmierte noch seinen Kopf mit Schaum, als er nach Hause zurückkehrte. Unterwegs trifft er den Wolf, und fängt an ihn zu bitten: der Wolf möge ihn auf seinen Rücken nehmen, denn er sei so krank, dass er nicht ohne Hülfe nach Hause fortkommen könne, da ihm die alten Weiber von Ilmola so den Kopf zerschlagen hätten, dass das Gehirn schon sichtbar sei.

Während der Wolf den Fuchs trug, fing der Fuchs an zu singen:

„Der Kranke trägt den Gesunden,
Der Kraftlose zieht und zerrt!“

„Was singst du?“ frug der Wolf. „Ein altes Lied von meinem verstorbenen Vater,“ antwortete der Fuchs und fing wieder an zu singen.

„Oha! ich begreife schon!“ sagte der Wolf und packte den Fuchs an der Pfote.

Als der Fuchs sah, dass der Wolf ihn durchschaut hatte, frug er: „von welcher Seite weht jetzt der Wind?“ Der Wolf gab die Antwort zwischen den Zähnen: „idästä“ (von Osten), und liess nicht die Pfote des Fuchses los.

Der Fuchs fragt wiederum: „kannst du, armes Wölfchen, mir drei Baumnamen nennen, ohne dich lange zu besinnen?“ Der Wolf sagte: „Espe, Erle, Eiche.“

Da entsprang der Fuchs den Zähnen und neckte den Wolf, der ihn losgelassen hatte. Der Wolf setzt ihm nach. Der Fuchs lief unter eine Baumwurzel. Der Wolf packte den Fuchs am Beine und [123] fängt an ihn zu beissen. Der Fuchs fängt an zu spotten: „du beisst ja in die Baumwurzel!“ Der Wolf packte die Baumwurzel und fängt an sie zu beissen. Der Fuchs fängt an zu schreien: „au weh! beisse nicht in mein Bein, armes Wölfchen!“ Der Wolf in seiner Wuth biss noch tausendmal stärker, biss sich seine Zähne ineinander und starb daran. Der Fuchs ging seines Weges und lachte über die Dummheit des Wolfes.


  1. Das in Klammern gesetzte ist aus einer anderen Variante ergänzt.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: sckmeckte


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