Bär (Wolf) und Fuchs/Bär (Wolf) und Fuchs

Das Fuchsmärchen Bär (Wolf) und Fuchs (1888) von Kaarle Krohn, übersetzt von Oskar Hackman
Bär (Wolf) und Fuchs
Nachtrag I
[25]
II. Bär (Wolf) und Fuchs.
1. Der Bär in Gesellschaft des Fuchses.

In Bezug auf die finnischen wie überhaupt die europäischen Volksmärchen hat das vorige Kapitel zu einem lediglich negativen Ergebnis geführt. Es ist daraus klar geworden, dass selbst aus der längsten und vollständigsten griechischen Fabel (Kap. I. 2) keine einzige volkstümliche Variante entstanden ist, dass von der ersten und hervorragendsten Rahmen-Erzählung des indischen Fürstenspiegels (Kap. I. 3) nur eine einzige und noch dazu nicht zu deutende Spur gefunden werden kann, und dass ferner das mitteleuropäische Tierepos des Mittelalters seinem Kerne nach (Kap. I. 4), trotz seiner weiten Ausbreitung, nicht mehr als drei verschiedene, auf dem Wege der mündlichen Ueberlieferung gewanderte Erzählungen hervorgebracht hat, welche verhältnismässig spät und ganz zufällig ins Volk gedrungen sind. Um aber mit völliger Sicherheit die Selbständigkeit der europäischen Fuchsmärchen verfechten zu können, greife ich aus denselben zu genauerer Prüfung die längste zusammenhängende Kette heraus, in deren Mitte sich folgendes allgemein bekannte Abenteuer befindet.

Einfache Urform. Im Winter frisst der Fuchs Fische, die er gefangen hat. Der Bär kommt und bittet sich einen Teil davon aus. Der Fuchs giebt ihm nichts [oder wenigstens nur einen Bissen zum Kosten], fordert ihn dagegen auf, sich selbst Fische zu fangen. Der Fuchs giebt an, er habe in einer kalten Nacht mit seinem Schwanze in einer Wuhne geangelt. Der Bär macht sich daran, dasselbe Mittel zu versuchen. Der Fuchs rät ihm, seinen Schwanz unbeweglich [26] zu halten, bis die Fische daran festhaften würden. [Er fängt an, durch Beschwörungen die Kälte zu steigern.] Wie der Bär merkt, dass die Wuhne zufriert, will er seinen Schwanz herausziehen. Der Fuchs ermahnt ihn, noch ein wenig zu warten, damit noch mehr Fische sich anheften könnten. Als er endlich vermutet, dass der Schwanz festgefroren ist, fordert er den Bären auf, denselben herauszuziehn. Der Bär, welcher eine grosse Menge Fische in die Höhe zu heben glaubt, zieht und zerrt, bis der Schwanz in Stücke reisst. Deshalb hat der Bär noch jetzt einen kurzen Schwanz.

Ausgebildete Urform. (s. VI.) Wie vorher weist der Fuchs dem Bären eine Wuhne an, aus welcher die Hausbewohner Wasser schöpfen. Am Morgen läuft er in den Hof des Hauses und ruft der Hausfrau, welche in der Stube buttert, zu: „Der Bär beschmutzt deinen Brunnen!“ Die Hausfrau lässt ihre Arbeit unvollendet im Stich und eilt mit einer Kübelstange bewaffnet an das Eis, um den Bären zu prügeln. Der Bär in seiner Bedrängnis zieht und zerrt, bis sein Schwanz in Stücke reisst. Während dessen hat sich der Fuchs durch die offen gelassene Thür in das Haus hineingeschlichen. (s. VIII.)

Aa, b, d–m, o, q–s. Finnen. (Krohn, T. VII.)

Ba. Lappen 1. Karasjoki. (Friis, No. 1, S. 2.) – 2. Enare. (A. Andelin: Acta Soc. Sc. Fenn. VI. S. 411.) – 3. Ebendas. (W. Forsman, Handschr. 1886.) – 4. Ebendas. – 5. Ebendas. – Bb. Esten. (Rosenplänter, VIII. No. 4, S. 125.) – Bg. Mordwinen. (Ahlqvist, Mokscha-Mordv. No. II. II. 1, S. 118.) – Bh. Ungarn. (Teza, S. 72.)[1]

Da. Schweden. 0. Lappfjärd in Österbotten (O. Rancken, Handschr.) – 1. Österbotten. (Sv. Lit. manuskr. No. 8. 6 sagor No. IV.) – 2. Estnische Küste. (H. Wendell, Handschr. I. No. 26, S. 22.) – 3. Ebendas. (ebend. No. 27, S. 23.) – 4. Ebendas. (Russwurm, No. 169, S. 159.) – 5. Schwed. Lappland. (Lindholm, No. 18. 18, T. 151.) – 6. Ångermanland. (Bergström & Nordlander, Sv. Landsm. V. 2. No. S. o. S. 6, S. 18.) – 7. Halland. (ebend. No. S. o. S. 6. Anm. S. 18.) – 8. Småland. (Hyltén-Cavallius, W. o. W. I. S. 318.) – 9. Schonen. (Fr. Ask. Runa 1848, S. 41.[1]) – 10. (Topelius, S. 32.) – [27] Db. Norweger. Ringerige. Ueberall bekannt. (Asbjörnsen & Moe, No. 17. I, I.² S. 91.) – Dc. Dänen. Vendsyssel. (Grundtvig, II. No. 114, S. 118 und 119.) – Dd. Deutsche 1. Schleswig-Holstein. (Müllenhoff, S. 606.) – 2. Oldenburg. (Strackerjan, § 380b, II, S. 94.) – 3. Westfalen. (Grimm, KM. No. 73 Anm., III.³ S. 124.) – 4. Ebendas. (Kuhn, Märk. No. Märchen 15, S. 298.) – 5. Ebendas. (Woeste, No. XV. 4, S. 39.) – 6. Thüringen. (Wucke, II. S. 91.)[2]7. Hessen. (Grimm, RF. S. CCXVII.) – 8. Pfalz. (Birlinger, Nimm mich mit! S. 229.) – 9. Südwestl. Deutschland. (ebend. S. 219.) – 10. (Bechstein, S. 113.) – 11. Blaas: (Germania XXIV. 413.)[3]12. Siebenbürgen. (Haltrich-Wolff, No. I. 5. II, S. 36.) – 13. Ebendas. (ebend. No. I. 7–9, S. 38.) – 14. Ebendas. (ebend. S. 499). – 15. Ebendas. (ebend. No. I. 31, S. 65.)

Ea. Kelten in Schottland. (Campbell, No. XVIIa. 9, I. S. 272.)

Fa. Franzosen 1. Bretagne. (Sébillot, C. de la H.-Br. I. No. LVI. S. 326.) – 2. Ebendas. (Sébillot, Tr. & Sup. de la H.-Br. II. § II. II, S. 118.) – 3. Lorraine. (Cosquin, No. LIV, II. S. 157.) – 4. Ebendas. (ebend. No. LIV. Anm., II. 159.) – 5. Ebendas. (Adam, No. L. Ch. C. VII, S. 413 & 415.)[1]6. Bourgogne. (Sébillot, C. d. prov. No. LXV. S. 322.)[1]7. Lyonnais. (R. Köhler: Jb. f. roman. u. engl. Liter. IX. S. 400.) – 8. Languedoc. (Rolland, I. No. Canis Lupus II. 59, S. 150.) – 9. Béarn. (Revue des traditions po pulaires II. S. 231.) – Fd. Italiener 1. Sicilien. (Pitré, IV. S. 186.)[4]2. Ebendas. (ebend. S. 180.)[5]

Ha. Gross-Russen 1. Archangel. (Afanasiew, Сказки I.² No. 2c, S. 21.) – 2. Perm. (ebend. No. 2b, S. 19.) – 3. Twer. (ebend. No. 1e, S. 15.) – 4. Wladimir. (ebend. No. 1a, Var. 1, S. 2.) – 5. Ebendas. (ebend. No. 1a, Var. 2, S. 3.) – 6. Tambow. (ebend. No. 1a, Var., S. 3.) – 7. Woronesch. (ebend. No. 1a, S. 1.) – 8. (A. Witte: Подсиѣжникъ, 1860, No. 1, S. 3.) – [28] Hb. Weissrussen. Grodno. (Afanasiew, Сказки I.² No. 1c, S. 10.) – Hc. Kleinrussen 1. Tschernigow. (Tschubinski, No. 1. 39, S. 119.) – 2. Poltawa. (Rudtschenko, II. No. 4, S. 8.) – 3. Charkow. (Afanasiew, Сказки I.² No. 1b, S. 7.) – 4. (ebend. No. 1d, S. 13.) – 5. (Tchubinski, No. I. 38, S. 116.) – Hd. Westslaven 1. Polen. (Glinski, III.² S. 176.)[6]2. Lausitz. (Haupt & Schmaler, II. No. Anhang I. 7, S. 166.) – 3. Ebendas. (Schulenburg, 1882, S. 33 und 34.) – 4. Ebendas. (Veckenstedt, Wend. No. VIII. 6, S. 98.) – He. Südslaven 1. Friaul. (I. Baudouin-de-Courtenay: Слав. Сб. III. S. 299.). – 2. Ebendas. (ebend. S. 300.) – 3. Ebendas. (ebend. S. 303).

Je. Osseten. (A. Schiefner: Bulletin de l’acad. imp. d. Sc. de St.-Pétersbourg VIII. Spalte 42.)[1]

Lb. Araber. Sudan. (Marno, No. 2, S. 262.)

Oa. Afrikan. Neger 1. Hausa. (Bleek, No. II. 1, S. 83.) – 2. Bornu. (ebend. No. II. 8, S. 99.) – Ob. Amerikan. Neger. Vereinigte Staaten. (Harris, 1883, No. XXV, S. 126.)[1]

Die Hauptmomente des vorliegenden Märchens sind: einesteils das Fischen mit dem Schwanze, andernteils das Festfrieren des Schwanzes. Es finden sich also drei Grundzüge im Märchen: der Schwanz, die Fische und das Eis. Die Varianten, in welchen einer dieser Grundzüge verschwunden oder umgeändert ist, sind daher als unvollständig oder verderbt anzusehn. Die Benutzung des Schwanzes als Angel ist in dem Grade ein unerlässlicher Grundzug, dass, wenn sie fehlt (Aa ‘d. Merim.’ Oa 1), das ganze Märchen aufhört, eine in sich abgeschlossene Erzählung zu sein. Wenn der Umstand, dass Fische die erstrebte Beute bilden, nicht vorhanden (Ab, e, f, j ‘a. Ylöj., Karst, 1, b. Lemi, Rautav. 2’ He 1, 3) oder abgeändert ist (Ad. ‘a. Iitti’, Dd 15, Ea, He 2, Oa 2), so beweist dies den Einfluss eines zweiten mit dem ursprünglichen verbundenen oder vermengten Märchens. Das Eis ist dasjenige, was den Schwanz festhält und zum Reissen bringt; [29] dies bekundet schon an und für sich den nordischen Ursprung der Erzählung, in gleicher Weise wird derselbe durch die schrittweis vorsichgehende Corrumpirung dieses Grundzuges auf dem Wege von Norden nach Süden dargelegt. In der ursprünglichen Form des Märchens bildet das Eis eine schon fertige Decke über dem Wasser, wenn man eine kleine offene Wuhne nicht rechnet, welche ebenfalls Nachts immer auf’s Neue zufriert (vgl. Lb., wo, obgleich von Eis nicht mehr die Rede ist, die Wuhne sich als ein Loch, welches das Zerreissen des Schwanzes verursacht, beibehalten hat). Eine Abweichung von dieser Urform ist schon da eingetreten, wo aus dem Eise eine allmählich zufrierende Wasserfläche geworden ist. Zugleich ist der Schwanz an sich als Angelgerät ungenügend geworden, weshalb an seinem Ende ein Eimer (Ad ‘a. Jitti’, Ha 3), ein Topf (Ha 4), ein Sack (Ha 4) oder ein Korb (Bg, Dd 8, Hd 1) befestigt wurde. Dann tritt das Eis in Gestalt von einigen Klumpen auf, welche in die erwähnten Behälter hineingeraten. Diese Eisklumpen werden vom Fuchse erst nur Fische genannt (Fa 3), bald aber werden sie wirklich zu Fischen (Fa 1, und 2 als Verkürzung von 1) und aus Fischen zu Steinen (Dd 11, Fa 7, 8, 9; vgl. He 2), oder sie werden bloss zu Wasser verwandelt (Fd 1; daraus 2, wo ein Gefäss nicht mehr nötig ist). Zuletzt als der Schwanz auf trocknen Boden gekommen ist, ist es einfach eine schwere Holzkeule (Oa 2), welche seine Verstümmlung verursacht.

Auf das Festfrieren des Schwanzes folgt das Zerreissen desselben, während er hinaufgezogen wird. Daraus entsteht bei dem Tiere, welches mit seinem Schwanze gefischt hat, die Kürze desselben, welche von da an eine dauernde Eigenschaft der Gattung verbleibt. Der ursprüngliche Zweck des Märchens scheint also gewesen zu sein, die bei manchen Tieren beobachte Kürze des Schwanzes zu erklären. Als ein solches Tier erscheint in erster Linie der Bär: in Finnland, dem Gouvernement Olonetz, Ingermanland, Estland, Lappland, Schweden und Norwegen. Andere Tiere mit kurzem Schwanze, der Hase (Aj, k ‘c.’), oder das Kaninchen (Ob) treten bisweilen zufällig an die Stelle des Bären. Recht häufig findet sich aber an seiner Statt der langschwänzige [30] Wolf: in Finnland, Olonetz und Ingermanland, sowie überhaupt in ganz Russland, überall in Mittel- und Südeuropa, ausserdem in Schottland, im südlichen Schweden, und bis hinauf nach Lappland; in Afrika wieder treffen wir die kurzschwänzige Hyäne, welche, wie wir schon früher gesehen haben, dem europäischen Wolfe entspricht. Wo der Wolf die Stelle des Bären einnimmt, musste natürlich aus dem Abreissen des Schwanzes ein ganz zufälliges Ereignis werden; bloss in einer einzigen Variante (Ea) bleibt ganz gegen das thatsächliche Verhältnis die Kürze des Schwanzes dem Wolfe als dauernde Eigenschaft, gleich als ob beständig daran erinnert werden sollte, dass anfänglich der Bär sich an seiner Stelle befunden hat[7]. Und wenn dieses Ereignis einmal als zufällig gedacht wird, so ist nichts natürlicher als die Verfertigung eines neuen Schwanzes, der entweder aus Eisen geschmiedet ist und das Hinterteil arg verbrennt (Fa 1, 2; vgl. 8), oder aus Hanf gedreht selbst anfängt zu brennen (Dd 13, Fa 3, 5, 6, He 1, 2; vgl. 3). Doch auch so hat die Erzählung keinen recht natürlichen Charakter angenommen; eine viel passendere Form findet sich in denjenigen finnischen Varianten, in welchen der Schwanz nicht abreisst, sondern nur seine Hare verliert, und der Wolf in Folge dessen kahlschwänzig wird (Aj, f-j ‘b. Ilam. 3, 4, Eno 1, Jtä-S.’). Neben der Verstümmelung und Entharung des Schwanzes finden wir in Finnland noch das Zerschlagen des Rückgrades (Aj, m ‘b. Juuka, Ristij. 2’), welches bisweilen allein auftritt (Aj, m ‘Pielisj. 3, Haukip.’), sowie auch mitunter (aus VIII entlehnt) das Einschlagen des Schädels vorkommt (Aj, l ‘b. Pielisj. 2, Haapaj. 2’). In einigen Varianten wird der Wolf durchgeprügelt und obendrein sogar totgeschlagen (Ae, j, q ‘b Kivij. Ilam. 1, 2, 5, Eno 3, Jäng. = Krohn, I. No. 33’, Ha 1, 2, 3, 5, He 2, 4), womit das Märchen dann auch meist endigt. Als ganz zufällig ist es anzusehn, wenn der Fuchs vom Hasen (Dd 2, 9, 10, wo schon betreffs der Personen des vorhergehenden Abenteuers eine Aenderung eingetreten ist), vom Menschen (Hd 4 wovon dasselbe [31] gilt), oder von einem andern Fuchse (He 3 in Folge der Weiblichwerdung des ursprünglich männlichen Fuchses, wovon später die Rede sein wird, und auf Grund einer Vermengung mit einer äsopischen Fabel ‘Hahn No. 30’) in die obenerwähnte Lage gelockt wird. Sonst erscheint der Fuchs oder anstatt seiner der Schakal (Oa 1) oder das Wiesel (Oa 2) mit Ausnahme vereinzelter (von VI beeinflusster) anthropomorphisirter Varianten (Aj ‘d. Pielisj.’, Dd 11; vgl. Ah ‘a Kurkij.’), einzig und allein als der betrügende Teil.

Aber nicht nur als solcher tritt der Fuchs auf, sondern ausserdem auch noch als Verräter. In der ältesten Urform des Märchens war bloss das ungeduldige Zerren des Bären, der eine Menge Fische in die Höhe zu ziehen glaubt, die Veranlassung zum Abreissen des Schwanzes. Aber sobald sich das Märchen mit anderen Fuchsabenteuern (bes. mit VIII) zu der zusammenhängenden Kette vereinigte, welche, wie wir sehen werden, sich schon ziemlich früh gebildet hat, wurde es für die Fortsetzung der Erzälung durchaus notwendig, dass der Fuchs, um inzwischen Gelegenheit zu neuen Ränken zu finden, andere Personen auf den Schauplatz der Handlung bringt. Wie aus den westfinnischen und einigen schwedischen Varianten (Da 1, 10) hervorgeht, war die neu hinzugekommene Person anfänglich die Hausfrau[8], welche der Fuchs durch die Nachricht, dass der Bär den Brunnen des Hauses beschmutze, dazu bringt, mitten im Buttern aufzuhören und, gewöhnlich mit einer Kübelstange bewaffnet, auf den Bären loszustürzen. Aus dieser Frau werden später mehrere, und ausserdem nimmt sie noch die männlichen Hausbewohner zu Hülfe, welche zuletzt allein (Dd 11; vgl. 5) die Rolle der Bedränger spielen. Den Männern braucht der Fuchs dann wieder sein Anliegen nicht mit Worten zu verkünden, durch sein blosses Erscheinen veranlasst er sie, hinter ihm her an dem Bären vorbeizulaufen (Dd 4, 13, Ha 4), worauf sie angesichts der besseren Beute ihn in Frieden lassen. Noch weniger hat es der [32] Fuchs da nötig, seinen Mund zu öffnen, wo an die Stelle der Männer Hunde getreten sind (Bb, Da 2, 3, 4; vgl. Dc, das sich unter dem Einflusse von XXII gebildet hat). Dass die Frau ursprünglich diesen Platz inne hatte, wird auch durch den Umstand bestätigt, dass in denjenigen Varianten, in welchen das bedrängende Element zufällig, ohne gerufen zu werden, zur Stelle gelangt, bis auf ganz vereinzelte Ausnahmen (Al ‘b. Reisj.’, Fa 9, Ha 3, 5)[9] immer Frauen auftreten, gewöhnlich sogar ausschliesslich. Dies ist auch ganz natürlich, da das Wasserholen hauptsächlich eine Beschäftigung der Frauen ist. Und ebenso natürlich ist es, dass sie meist gerade die Stange, an welcher sie die Kübel zur Wuhne tragen, als Waffe benutzen.

Die Wuhne, in welche der Bär seinen Schwanz steckt, wird in einer so alten Variante wie der der wermländischen Finnen (Ao ‘a. Werml. 1’) ausdrücklich der Altweiberbrunnen genannt. In Finnland finden wir die Frau oder auch einfach die Wuhne als zugehörig zu einem Gehöfte mit besonderem Eigennamen. Abgesehen von einigen wenigen zufälligen Namen wird überall in Finnland die mythische Benennung Ilmala (Aa ‘a Raisio’) getroffen, doch gewöhnlich in der Pluralform Ilmola; diese hat Salmelainen[10] zu Ilvola verdreht, welche Bezeichnung nur in zwei volkstümlichen Varianten (Af-j, ‘b. Itä-S., d. Pielisj.’) vorkommt. Andere irrige Formen sind Ilmeilä (Ah ‘a. Jääski’), Immola (Aj, m ‘a. Ristij., b. Eno 3, Ristij. 2, Hyryns. 3’), Immilä (Ad ‘a. Iitti’), Impola (Aa ‘a. Vars.-S.’), Impilä (Am. ‘b. Hyryns. 2’), Inkala (Aj ‘b. Nurmes 1’) und Ismala (Ah ‘a. Antrea’). Auch in Lappland (Ba 1, 2, 3) wird die Wuhne auf viele verschiedene Arten ausdrücklich als eine solche bezeichnet, welche im Winter den Hausbewohnern als Brunnen dient. Und dass sie auch sonst als Menschenwerk gedacht und in Folge dessen in die Nähe von Menschenwohnungen gelegt worden ist, geht mit völliger Klarheit aus allen den Varianten hervor, in denen überhaupt Verfolger [33] sich vorfinden. Und wenn auch die nähere Bestimmung der Lage dieser Wuhne ein späterer Zusatz ist – die Benennung derselben ist speziell finnische Erfindung –, so sind doch die Varianten, in denen es von den Tieren selbst aufgehackt wird (Aq ‘a. Reb.’, Bb, Da 5, Db, Fa 6), so wenig zahlreich, dass uns nichts berechtigt, einen so unnatürlichen Zug als ursprünglich anzunehmen. Das Vorkommen zweier Wuhnen (Ah, j ‘a. Rusk., Juuka’, Dd 1; vgl. Aj ‘c. Juuka’) ist wiederum eine solche Zuthat, welche der ganzen Handlung des Märchens eine ganz besondere Färbung giebt.

Das Vorkommen einer Wuhne in vorliegenden Märchen setzt nicht bloss voraus, dass die Geschichte sich im Winter zuträgt, sondern ausserdem erfordert das Wiederzufrieren dieser Wuhne eine stille klare Frostnacht. In Finnland, besonders im nördlichen, rät der Fuchs, einen solchen Abend abzuwarten, an welchem viele Sterne am Himmel sind, und dann bis zum Morgen ununterbrochen und unbeweglich sitzend zu verharren. Dreitägiges Sitzen (Da 2) und die Erneuerung des Befehls zu längerem Sitzen (Hc 3, Hd 2) sind wahrscheinlich spätere Zuthaten. Schwerer ist es, zu bestimmen, ob der Zug, dass der Fuchs durch Beschwörungen die Kälte steigert, welcher nur in Estland und Olonetz (Aq ‘b. Jängj. = Krohn, I. No. 33’), sowie überall in Russland sich beibehalten hat, zu der Urform des Märchens gehört. Doch kann man daraus jedenfalls deutlich ersehn, dass das Märchen in Russland gewandert ist, und dass diese Wanderung von Norden nach Süden gegangen ist, geht daraus hervor, dass in Nordrussland klarer Himmel erbeten wird, während in Südrussland dieses Detail in das blosse Erflehen von Fischen verwandelt ist.

Bis jetzt habe ich von den Varianten des vorliegenden Märchens nur diejenigen angeführt, welche bis in die Gegenwart sich im Volksmunde bewahrt haben, und auf Grund ihres Inhalts ausschliesslich im Hinblick auf das Naivitätsprincip meine Schlüsse gezogen. Ehe ich mich nun auf den Standpunkt der historisch-geographischen Forschung stelle, liegt es mir ob, die geschriebenen [34] Varianten des Märchens vorzulegen, welche uns schon aus dem Anfange des 12. Jahrhunderts überliefert sind.

Ysengrimus. (I. V. 529–II. V. 158.) – Renart. (Br. 4, V. 1131–1266.)[11]Reinhart. (V. 727–822.) – Reynke 1. (Kap. I. 17, V. 1451–1452.) – 2. (Kap. IV. 1, V. 5625–5702.)
Odo de Ciringtonia. (No. Odonian. 4.)[12]Fabul. Extrav. (No. 9.)
Noël du Fail 16. Jahrh. (Propos rustiques et facétieux S. 41.)[13][14]

Unzweifelhaft hat der Umstand, dass in allen diesen historischen Urkunden einzig und allein der Wolf als der Betrogene erscheint, J. Grimm[15] dazu veranlasst, dieses Tier für das ursprüngliche zu halten, an dessen Stelle dann der Bär ganz irrtümlicher Weise getreten wäre. Derselben Ansicht scheinen von neueren Forschern R. Köhler[16] und J. Wolff[17] zu sein. Andrerseits wieder weist L. Kolmatschewski[18] in Uebereinstimmung mit meiner vorhergegangenen Darlegung darauf hin, 1) dass der kurzschwänzige Bär an dieser Stelle viel natürlicher ist, 2) dass dieser Bär gerade in denjenigen nordischen Varianten vorkommt, welche die ursprüngliche Form am reinsten beibehalten haben, und 3) dass von diesen Varianten an die Grundzüge des Märchens immer mehr sich vermischen, je weiter man nach Süden gelangt.

Da also die geschriebenen und die mündlichen Varianten des Tiermärchens zu so entgegengesetzten Schlüssen führen, so haben wir vor allen Dingen zu untersuchen, in welchem Verhältnis sie überhaupt zu einander stehen. Hierbei sind nun für uns zwei Annahmen möglich: entweder sind die mündlichen Varianten geradezu aus den geschriebenen entlehnt oder die geschriebenen [35] sind einfach Ueberlieferungen ehemaliger, den gegenwärtigen entsprechender, mündlicher Varianten. In ersterem Falle können die geschriebenen Varianten allein auf Geltung Anspruch machen und in letzterem Falle sind sie als Vertreter von – nach dem Massstabe der Geschichte beurteilt – sehr alten mündlichen Varianten als besonders wichtige Urkunden in Betracht zu ziehn.

Was nun zunächst die angeführten Varianten des Tierepos betrifft, so ist zu bemerken, dass die älteste und, weil in lateinischer Sprache abgefasst, am wenigsten verbreitete derselben (Ysengrimus) der aus den volkstümlichen Varianten sich ergebenden Urform am nächsten steht, was am klarsten daraus hervorgeht, dass hier unter den Verfolgern die Frau besonders hervortritt. Aber ebensowenig, wie von den kirchlichen Details des Ysengrimus irgendwo anders etwas wahrzunehmen ist, ist jener demselben mit dem Renart und dem Reinhart gemeinsame Zug, dass der Schwanz durch Zufall abgehauen wird, gegenwärtig wiederzufinden. Das zufällige Erscheinen des Verfolgers, das sich in den zuletzt erwähnten, sowie in Odos Fabeln findet, hat nicht einmal in der eigentlichen Ausbreitungssphäre derselben, Frankreich, Deutschland und England, die geringste Spur hinterlassen, sondern ist besonders, was den Ysengrimus betrifft, zweifellos für eine von der mittelalterlichen Ritterliteratur geschaffene Aenderung zu halten, welche nichts zu thun hat mit den gleichartigen osteuropäischen Varianten. Die in dem jüngsten und verbreitetsten Tierepos stattfindende Verwandlung des männlichen Wolfes in eine Wölfin (Reynke 2), welche erst in der Fortsetzung des Reinaert (vgl. Reynke 1) unter dem Einflusse eines zweiten, mit dem ersten vermengten, Tiermärchens (XXVIII) entstanden ist, hat eine gründliche Corruption des Märchens hervorgerufen; doch hat auch diese merkwürdigerweise sich in keiner einzigen volkstümlichen Variante einbürgern können. Das in den Extravaganten vorkommende Festbinden eines Korbes an den Schwanz hat wohl einige mitteleuropäische Varianten beeinflussen können (besonders in Dd 11, Fa 7, 8, obgleich auch diese sich schon ziemlich von jenen unterscheiden), aber das Unnatürliche dieses Zuges wie auch das Fehlen desselben im Ysengrimus, in [36] Odos Fabeln und im Reynke, von den mündlichen Varianten nicht zu reden, spricht deutlich gegen seine Ursprünglichkeit. Ausserdem wissen wir gerade von den Extravaganten, dass sie einfach aus dem Volksmunde niedergeschrieben sind. Noël du Fails späte Variante ist nur eine ganz kurze Andeutung irgend eines französischen Volksmärchens. Daher kann man nicht annehmen, dass irgend eine dieser obenerwähnten geschriebenen Varianten einen nennenswerten Einfluss ausgeübt habe, geschweige denn, dass sie die einzige Grundlage für die Entwicklung und Ausbreitung des vorliegenden Tiermärchens sei. Daraus folgt unbedingt, dass dieses nicht eine von mittelalterlichen Geistlichen selbsterfundene Erzählung, sondern ein schon um 1100 in Flandern verbreitetes Volksmärchen ist, welches der Dichter des Ysengrimus unseres Wissens zuerst aufgezeichnet hat.

Aber obgleich man also die geschriebenen Varianten des vorliegenden Tiermärchens, wenn man sie mit den mündlichen vergleicht, nur als gleichwertig mit diesen betrachten kann, so spricht doch ihr bedeutendes Alter ebenso für die Ursprünglichkeit des Wolfes, wie diese durch die Mehrzahl der mündlichen Varianten unterstützt wird. Was nun zunächst das Alter der geschriebenen Varianten betrifft, so fällt dies an sich nicht so sehr in die Wagschale, da in ihnen ja auch mancher andere Zug des Märchens recht merklich korrumpiert ist. Die Mehrzahl der mündlichen Varianten wiederum verliert bei näherer Betrachtung nicht wenig an Wert und Bedeutung.

Wenn wir zuerst die finnischen Volksmärchen mit einander vergleichen, so können wir gleich zwei von einander verschiedene Formen unterscheiden. Nach der einen reisst der Bär seinen Schwanz ab, indem er eine vermeintliche Ladung Fische emporheben will oder von Verfolgern, die der Fuchs herbeigerufen hat, aufgescheucht wird, nach der andern wird der Wolf von ganz zufällig erschienenen Verfolgern geprügelt und erschlagen. Die erste Form findet sich in West-Finnland, Tawastland (ausser einer Variante aus dem Norden der Landschaft: Ae ‘b. Kivij.’), dem südlichen Karelen und südlichen Österbotten, die zweite im gesamten Uleåborgs-Län (ausser Am ‘a. Ristij.’, wo der Bär vielleicht [37] unter dem Einflusse von XIII, an die Stelle des Wolfes tritt und von den zufällig hinzukommenden Verfolgern geprügelt wird, und Am ‘a. Kij. 1, 2’, welche auf schriftlichem oder mündlichem Wege sich von anderswoher verirrt haben, vgl. Krohn, T. VI. Am ‘Kij. 4’), beide neben einander in Sawolaks sowie im östlichen und nördlichen Karelen. Im Hinblick darauf, dass die zweite Form bloss in denjenigen Teilen von Finnland vorkommt, welche verhältnismässig spät besiedelt worden sind, und besonders darauf, dass die wermländischen Varianten (Ao ‘a. Werml. 1–3’) alle übereinstimmend bezeugen, dass der Bär schon um 1600 sich bei den Savolaksern an dieser Stelle vorfand, ist es fast für unmöglich zu halten, dass die aus dem südlichen und westlichen Finnland nach Norden und Osten gewanderten Ansiedler den in ihren Märchen sich findenden Wolf aus der Heimat mitgebracht haben. Sie haben ihn nur aus dem Osten entleihen können, d. h. natürlich aus Nordrussland, wo gerade die zweite Form ausschliesslich angetroffen wird. In der östlichen Variante, der der Wepsen (Ar ‘b. Wepsä’), erweist sich diese Form noch deutlich als nordrussisch, aber wohl schon in der zweiten russisch-karelischen Variante (Aq ‘a. Reb.’), in welcher der Wolf in einen Bären verwandelt ist, zeigt sie auch Einfluss aus Westen, zweifellos aus Finnisch-Karelen, und in Finnland erscheint sie bisweilen vermischt mit der ersten Form, wie aus der hier sich vorfindenden ausdrücklichen Herbeirufung der Verfolger hervorgeht. Und wenn die Bezeichnung Ilmola (ausser Af-j ‘b. Itä-S.’) nur in dem zuletzt erwähnten Falle innerhalb der Grenzen Finnlands in die zweite Märchenform eingedrungen ist, ausserhalb Finnlands aber überhaupt nirgends vorkommt, so ist sie ganz zweifellos ursprünglich in Westfinnland in die erste Form aufgenommen worden. Diese Form, welche also als die in Finnland bedeutend ältere erwiesen ist, führt uns schon auf dem Wege ihrer geographischen Ausbreitung zu unseren westlichen Nachbarn, den Schweden, bei welchen, den obenerwähnten Ortsnamen ausgenommen, ganz genau die gleiche Märchenform sich findet. Daher dürfen wir nicht mehr im Zweifel sein, dass sie aus Schweden nach dem westlichen Finnland gekommen ist und von [38] da spätetens im 16. Jahrhundert bis nach Savolaks sich verbreitet hat. In Bezug darauf, dass der Wolf nur in einer einzigen südschwedischen Variante und auch da bloss durch die Einwirkung eines anderen damit verbundenen Märchens (VII.) sich vorfindet, und dass der Bär auch in Norwegen allgemein vorkommt, kann man diese Form des Märchens als die ursprüngliche auf der ganzen skandinavischen Halbinsel halten. Von da ist sie, augenscheinlich durch Vermittlung der Schweden an der estnischen Küste, wie der Umstand, dass Hunde herangetrieben werden, klar beweist, nach Estland gelangt. Nach dem nördlichen Ingermanland (As ‘a. Pohj.-I.’) ist sie wahrscheinlich über Finnland gewandert und war wenigstens zu Europäus’ Zeit (1847) noch vorhanden, während ganz kürzlich im südöstlichen Ingermanland (As. ‘b. Kaakk.-I.’) eine entschieden russische Form aufgezeichnet worden ist. Auf denselben Dualismus stösst man gegenwärtig auch in Lappland, wo neben der allgemeinen und, in Anbetracht ihres speziell lappländischen Gewandes, alten skandinavischen Form neuerdings eine einzige zweifellos durch Vermittelung der Finnen über Uleåborgs Län verbreitete nordrussische (Ba 5) gefunden worden ist. Und wenn in der Variante der Kelten nur der kurzschwänzige Bär am Platz sein würde, und der Wolf erst durch eine Vermengung mit einem andern Märchen (VII.+) an seine Stelle getreten ist, so kann man daraus mit einiger Bestimmtheit schliessen, dass die Variante, wie schon der Herausgeber derselben, J. F. Campbell[19], bemerkt hat, den Skandinaviern, speziell den Norwegern, entlehnt ist. Schliesslich sei noch erwähnt, dass das Vorkommen des kurzschwänzigen Kaninchens in der Variante der amerikanischen Neger (Ob), wenn die Hervorhebung dieser Eigenschaft nicht eine spätere Zuthat ist, darauf hinweist, dass ursprünglich der ebenfalls kurzschwänzige Bär sich an dieser Stelle befunden hat. In diesem Falle würde die Entleihung der Variante vermutlich durch die Engländer[20] vermittelt worden sein und das würde beweisen, dass [39] bei den letzteren, wenigstens im Anfange der Neuzeit, die skandinavische Form existierte.

Vielleicht kann man diese Form auch als allgemein germanische bezeichnen, besonders wenn man es wagt, diejenigen Varianten der im 12. Jahrhundert nach Siebenbürgen gewanderten Niederdeutschen[21] in Betracht zu ziehen, in welchen der Bär als das betrogene Tier erscheint (Dd. 14, 15). Die bei den Siebenbürgern (Da 13) sich findende Verfertigung eines neuen Schwanzes, kann nicht erst bei ihrer Ankunft in der neuen Heimat von ihnen erfunden worden sein, wie Wolff[22] zu glauben scheint, sondern ist entweder aus dem Mutterlande mitgebracht oder später den Südslaven entliehen worden, in deren Varianten dieser jedenfalls westeuropäisch zu nennende, später hinzugefügte Zug das ursprüngliche Märchen völlig verdrängt hat. Erstere Annahme scheinen die französischen Varianten (Fa 3–5) zu bekräftigen, denn wenn man bedenkt, dass die afrikanischen und südeuropäischen Varianten offenbar sich aus dem Norden hinverirrt haben, so hat vorliegendes Tiermärchen wohl nur aus Deutschland nach Frankreich eindringen können, und zwar nach dem Ausbreitungswege des Tierepos zu schliessen, hauptsächlich über die Niederlande. Denn dass sie in Frankreich nicht immer in der Form bestanden haben, in welcher sie gegenwärtig sich in diesen Volksmärchen darstellen, sondern in einer viel vollständigeren, in welcher ein besonderer Verfolger auftritt, der anfänglich sogar ausdrücklich herbeigerufen wird, das geht klar genug aus den geschriebenen Varianten des Mittelalters hervor.

Wahrscheinlich gehörte die ausdrückliche Herbeirufung dieses Verfolgers, wie aus den weiss- und kleinrussischen Varianten erhellt, zu der früheren allgemeinrussischen Form, obgleich dieser Zug in Nordrussland, ebenso wie in den Varianten des Tierepos, welche später sind als der Ysengrimus, nachher allmählich [40] (Ha 5) verschwand. Von der Verbreitung der nordrussischen Form nach Lappland, Finnland, Olonetz und Ingermanland ist schon die Rede gewesen, und ebenso klar ist, dass die Mordwinen (Bg) sie entliehen haben, da sie das in russischen Varianten bisweilen (Ha 4, 5 Hb) zu treffende Fressen des Fuchses[WS 1] auf dem Heuschober sich angeeignet haben. Von den Russen ist vorliegendes Märchen noch zu den Ungarn und Osseten gelangt, aber nicht zu den Westslaven, in deren Varianten allein schon der Name „Till Eulenspiegel“ (Hd 4) deutschen Einfluss offenbart. Andererseits ist dieser Einfluss aus Deutschland, wo die Tiermärchen schon lange sowohl unvollständig als korrumpiert sind, nicht weiter nach Osten gedrungen. Wenn also die Russen nicht aus dieser Quelle geschöpft haben, und da die Beschwörung des Fuchses in den russischen Varianten, wie wir gesehen haben, beweist, dass das Märchen sich in Russland von Norden nach Süden ausgebreitet hat, so sind sie höchst wahrscheinlich irgend einem nordischen Volke entlehnt worden. Ein finnisches konnte dieses Volk deshalb nicht sein, weil die Finnen selbst erst nach ihrer Ankunft in Westfinnland und Estland das Märchen von den Schweden entliehen haben, und, wenigstens späterhin, niemals zwischen diesen und den Russen Vermittler gewesen sind. Es bleibt also keine andere Möglichkeit übrig, als dass die Russen es direkt von den Skandinaviern zu einer Zeit entlehnt haben, in welcher diese noch beständig eine nähere Verbindung mit ihnen erstrebten, oder mit anderen Worten während der Warägerzüge. Also um 1000[23] existierte vorliegendes Tiermärchen im Norden als Volksmärchen, und noch dazu in jener entwickelteren Form, in welcher der Verfolger herbeigerufen wird. Die kürzere Form, in der der Verfolger gänzlich fehlt, ist daher in den meisten Fällen als unvollständig zu betrachten, ausser vielleicht noch in denjenigen skandinavischen und westfinnischen Varianten, in welchen jene zur Erklärung der Kurzschwänzigkeit des Bären geschaffene Urbildung ganz für sich allein auftritt.

[41] Daraus erkennt man schon, dass sich die russische Form eigentlich nur darin von der skandinavischen unterscheidet, dass sie überall an die Stelle des Bären den Wolf setzt. Doch haben auch die Russen zweifellos ursprünglich den Bären gehabt, und davon haben sich noch bis heute, wenn auch nicht im vorliegenden Tiermärchen, so doch in anderen später zu besprechenden recht merkliche Spuren bewahrt. Jetzt bleibt nur noch die Frage: wie ist dieser Personenwechsel zu erklären, welcher schon so früh in der mittelalterlichen Litteratur und so allgemein unter dem Volke im grössten Teile von Europa stattgefunden hat? Kolmatschewski[24] weist in dieser Beziehung ganz richtig auf die äsopische Fabelliteratur hin, in welcher wir schon früher (Kap. I. 4) Wolf und Fuchs einander gegenübergestellt gefunden haben. Diesen Gegensatz haben dann die Verfasser der mittelalterlichen Tierepen und Fabelbücher immer weiter entwickelt, indem sie ihn solchen geschriebenen wie mündlichen Erzählungen anpassten, in welchen er anfänglich nicht existierte. Diese derartig geformten Erzählungen verbreiteten sich allmählich unter dem Volke selbst, indem sie, wie wir schon oft gesehen haben, mit den volkstümlichen Tiermärchen sich vereinigten und vermischten, wodurch bei diesen der obenerwähnte Personenwechsel eintrat. Doch ist bemerkenswert, dass durch diesen Wechsel jenes in Mittel-Europa zu bemerkende Abnehmen und Verschwinden der Bären befördert und erleichtert wurde, wogegen die Wölfe sich fast überall und besonders gerade in Russland richtig rudelweise fanden.

+ Das wichtigste von den mit vorliegendem Märchen verbundenen (schon Reinhart) und vermischten, ja völlig an seine Stelle getretenen Erzählungen ist das Haschen nach dem für den Mond gehaltenen Käse auf dem Boden des Brunnens, das sich schon bei Salomon Isaak sowie in Verbindung mit einem andern Märchen (XXII.) bei Petrus Alfonsi vorfindet, und das vermutlich durch Uebersetzung des letzteren sowohl in das Tierepos als auch in die Fabelliteratur gedrungen [42] ist[25], und sogar hier und da sich unter dem Volke verbreitet hat[26]. Benfey und Kolmatschewski[25] halten dieses Märchen für eine aus indischen und griechischen Elementen zusammengesetzte Mischform.

Aus der vorangegangenen Untersuchung ist, wie ich hoffe, klar geworden, dass es in Nordeuropa mindestens schon vor tausend Jahren volkstümliche Erzählungen vom Bären und Fuchse gegeben hat, und dass vorliegendes Tiermärchen ursprünglich zu dieser Kategorie gehörte, und dann zur Ausbildung und Entwicklung in das mittelalterliche Thierepos und die äsopische Fabellitteratur aufgenommen wurde, wie der Bauernsohn in die Priesterschule. Aber, wenn dieses Tiermärchen auch in solcher Form d. h. mit allen seinen ursprünglichen Grundzügen im Norden zusammengestellt und daher nordisch zu nennen ist, so ist damit noch nicht gesagt, dass alle seine Grundmotive, als welche wir besonders bezeichnet haben das Fischen mit dem Schwanze, das Festfrieren des Schwanzes und das darauf folgende Abreissen des Schwanzes, genau an demselben Orte erfunden worden wären.

Was nun das zuletzt erwähnte Abreissen des Schwanzes betrifft, so findet man es wohl überall in der Welt als Erklärung für die Kurzschwänzigkeit irgend eines Tieres[27], aber diese Erklärung ist so natürlich und gleichsam von selbst entstanden, dass sie recht gut ganz selbständig an verschiedenen Orten hat erfunden werden können. Denn es ist zu bemerken, dass die Veranlassung, aus welcher das Abreissen des Schwanzes [43] erfolgt, wo kein ursprünglicher Zusammenhang zwischen den Märchen existierte, nie dieselbe, sondern jedes Mal eine andere ist. Sind ja doch gerade zu dem Abreissen des Schwanzes und[WS 2] der daraus folgenden Kurzschwänzigkeit des Bären allein innerhalb der Grenzen Finnlands, ausser dem Festfrieren des Schwanzes, noch mehrere andere Ursachen erfunden worden (Beisp. Krohn, I. No. 1, S. 12 und No. 2, S. 15; T. XXII. a. Nurmes und XXXVIII. a. Rauma). Obgleich also das Abreissen des Schwanzes ein überall immer wieder vorkommendes Märchenelement ist, so ist doch die zu einer ordentlichen Erzählung entwickelte Ursache desselben im vorliegenden Tiermärchen eine europäische und speziell eine nordische Erfindung, welche anderswo nur als geliehenes Gut sich findet.

Das Fischen des Tieres mit dem Schwanze ist ebenfalls ein weit und breit bekanntes Märchen. In Englisch-Guiana wird vom Affen erzählt, dass er mit dem Schwanze nach Fischen angele. Etwas natürlicher erscheint die nordamerikanische Erzählung vom Waschbären, welcher die Krebse an seinem Schwanze sich festkneipen lässt. Und genau denselben Streich schreibt einer der im südlichen Indien wohnhaften Dravidastämme, die Tamulis, dem Schakal zu, dessen Schlauheit dabei ausdrücklich erwähnt wird[28]. Darin glaubt nun Kolmatschewski[29] zunächst die Quelle für die Erzählung des Aelianus[30] vom Fuchs[WS 3], welcher mit seinem Schwanze kleine Fische aus dem Flusse fängt, gefunden zu haben, und zugleich auch die Urform des vorliegenden Tiermärchens. Besonders weist er auf die Varianten hin, in denen der Fuchs selbst als der Fischende auftritt, indem er annimmt, dass die gegenwärtige nordische Form in der Weise entstanden ist, dass die ursprüngliche Rolle des Schakals zwischen dem Bären und dem dem Schakal entsprechenden Fuchse geteilt wurde. Diese Zweiteilung, bei der das ursprünglich handelnde Tier zum blossen Ratgeber wird, ist an und für sich durchaus nicht undenkbar, [44] im Gegenteil kann man geschichtlich nachweisen, dass eine äsopische Fabel (Halm, No. 31) vom übermässig fressenden Fuchse in dem Tierepos und der Fabelliteratur des Mittelalters sowie im Volksmärchen der Gegenwart zu einer Erzählung geworden ist, in welcher der Fuchs den Wolf verleitet, übermässig zu fressen oder zu saufen[31]. Was aber vorliegendes Märchen betrifft, so ist zunächst zu bedenken, dass wir kein einziges geschriebenes oder mündliches Zeugnis dafür besitzen, dass von den naturwissenschaftlichen Erzählungen des Aelianus gerade diese besonders bekannt geworden und dann nach Art der äsopischen Fabeln überall hin verbreitet worden wäre; noch weniger wissen wir etwas von irgend einer derartigen indischen Erzählung, welche mit anderen aus Indien gekommenen Märchen nach Europa gelangt wäre. Zweitens sind die volkstümlichen Varianten, in denen der Fuchs selbst fischt, zumeist durch den Einfluss anderer mit ihnen verbundener oder verschmolzener Märchen korrumpiert, und sind daher durchaus keine zuverlässigen Anhaltspunkte beim Suchen nach der ursprünglichen Form des Märchens. Und drittens wird der ganze Fischfang nicht um seiner selbst willen unternommen, sondern die Absicht des Fuchses ist augenscheinlich, den Bären, indem er ihn dazu verleitet, eine ihm bis dahin neue und unbekannte Fangart zu lernen, mit seinem Schwanze im Eise feststecken zu lassen. Also ist das Fischen mit dem Schwanze, insofern es nur das Festfrieren des Schwanzes zur Folge hat, ebenfalls eine speziell nordische Erfindung, welche anderswo nur als geliehenes Gut zu finden ist[32].

[45] Das Erscheinen eines besonderen Bedrängers ist ein Zug, welcher ganz von selbst in den Volksmärchen überall da vorkommt, wo eine der handelnden Personen unrettbar in die Klemme geraten ist. Aber merkwürdig ist, dass die im mittelalterlichen Tierepos und in den Volksmärchen der Gegenwart massenhaft sich findenden Bedränger, welche durch den Fuchs herbeigerufen werden, am häufigsten gerade aus vorliegendem Tiermärchen in alle möglichen, den Bären oder den Wolf schildernden Erzählungen übergegangen sind.

Zu diesen Märchen gehört in erster Linie jene zur Verdreifachung der Anklagepunkte in die Haupterzählung des Tierepos eingefügte Nebenerzählung, welche das Steckenbleiben des honigsuchenden Bären in der Baumspalte schildert.

Renart 1. (Br. 20, V. 10172–10420)[33]Reinhart, (V. 1511–1604.) – Reynke. (Kap. I. 7–10, V. 517–878.) Vermutlich aus der zuletzt erwähnten geschriebenen Form leiten sich folgende, äusserst vereinzelte, dem Volksmunde entnommene Varianten her.

Aa, o. Finnen. (Krohn, T. XVa.)

Da. Schweden 1. Dalarne. (Sv. Landsm. I. 13. S. 54.) – 2. (Hyltén-Cavallius, W. o. W. II. S. XXVI.)[34]Dd. Deutsche. Westfalen. (Grimm, KM. No. 48 Anm., III. S. 80).

Vorliegendes Tiermärchen ist also offenbar eine mittelalterliche Zusammenstellung des obenerwähnten nordischen Fuchsabenteuers, aus welchem eben der ursprünglich vorkommende Bär und die Bedränger genommen sind, mit der Erzählung vom Steckenbleiben in der Baumspalte, welche – die Erzählung – zunächst in einem zwischen Mensch und Löwe (Bär) sich abspielenden Märchen (XVb) auftritt[35]. Seltsam genug hat auch das unbewusst [46] handelnde Volk, den ursprünglichen Sachverhalt, obgleich es das Märchen erst spät aus der Litteratur sich angeeignet hat, richtig herausgefühlt, indem es mit einer der Varianten (Da 2) den Hauptumstand beim Fischen mit dem Schwanze (VII.) von neuem verband: das Steckenbleiben und Abreissen des Schwanzes sowie die daraus folgende Schwanzlosigkeit.

Zugleich mit dem in die erste Einladung eingeschobenen Tiermärchen und zweifellos nach seinem Muster ist das in die zweite Einladung als Nebenerzählung eingefügte Fuchsmärchen gebildet, in welchem die mäusesuchende Katze sich in der Schlinge fängt. In das Volk ist es meines Wissens nicht gedrungen, aber in der englischen Stadt Bristol findet es sich neben seinem Vorgänger als Kirchenbild, was am klarsten den mittelalterlichen und kirchlichen Ursprung beider darthut[36].

Man kann also mit völliger Sicherheit annehmen, dass ein spezieller Verfolger, wenn er auch nicht zu der ursprünglichen Handlung des Fischens mit dem Schwanze (VII.) gehört haben mag, doch schon sehr früh darin erschien. Und, wie oben bemerkt, musste er auch wenigstens da, wo an dies Fuchsmärchen andere vorn oder hinten angeknüpft wurden, schon am Platze sein. Das mit dem Fischen mit dem Schwanze (VII.) am frühesten und häufigsten verbundene Fuchsabenteuer ist ohne Zweifel folgendes an dasselbe vorn angeknüpfte Tiermärchen, welches näher erklärt, wo denn der Fuchs eigentlich die mit dem Schwanze aus der Wuhne geangelten Fische herbekommen hat.


Urform. Der Fuchs erblickt einen Mann, der eine Ladung Fische fährt. Er wirft sich quer über den Weg und stellt sich tot. Der Mann freut sich über das schöne Fell und hebt den Fuchs hinten auf den Wagen. Er selbst sitzt vorn und fährt weiter, ohne sich umzublicken. Der Fuchs wirft einen Fisch nach dem andern hinter sich auf den Weg. Zuletzt springt er selber herunter. [Der Mann fährt, ohne etwas zu ahnen, ruhig seines Weges. Zu Hause [47] angekommen prahlt er mit seiner Beute vor seiner Frau, welche bemerkt, dass der Wagen leer ist.] Der Fuchs liest die Fische auf (s. VII.).

Aa, b, e, f, h–m, o–s. Finnen. (Krohn, T. VI.)

Ba. Lappen 1. Karasjoki. (Friis, No. 1, S. 1.) – 2. Enare. (A. Andelin: Acta Soc. Sc. Fenn. VI. S. 411.) – 3. Ebendas. (W. Forsman, Handschr. 1886.) – 4. Ebendas. (ebend.) – Bb. Esten. (Rosenplänter, VIII. No. 4, S. 125.) – Bh. Ungarn. (Teza, S. 71.)

Da. Schweden 1. Österbotten. (Sv. Lit. manuskr. No. 8. 6 sagor No. IV.) – 2. Estnische Küste. (H. Wendell, Handschr. I. No. 26, S. 21.) – 3. Ebendas. (Russwurm, No. 169, S. 158.) – 4. Schwedisch-Lappland. (Lindholm, No. 18. 18, S. 150.) – 5. Ångermanland. (R. Bergström & J. Nordlander: Sv. Landsm. V. 2. No. S. o. S. 6, S. 17.) – 6. Halland. (ebend. No. S. o. S. 6 Anm., S. 18.) – 7. Småland. (Hyltén-Cavallius, W. o. W. I. S. 318.) – 8. Schonen. (Fr. Ask: Runa 1848, S. 40.) – 9. (Topelius, S. 31.) – Db. Norweger. Ringerige. Ueberall bekannt. (Asbjörnsen & Moe, No. 17. I, I.² S. 91.) – Dc. Dänen. Wendsyssel. (Grundtvig, II. No. 114, S. 118.) – Dd. Deutsche 1. Westfalen. (Kuhn, Märk. No. Märchen 15, S. 297.) – 2. Ebendas. (Firmenich, I. S. 352.) – 3. Pfalz. (Birlinger, Nimm mich mit! S. 227.) – 4. Siebenbürgen. (Haltrich-Wolff, No. I. 5. I, S. 35.) – 5. Ebendas. (ebend. No. I. 5. II, S. 36.) – 6. Ebendas. (ebend. No. I. 7, S. 37.) – 7. Ebendas. (ebend. No. I. 11, S. 44.)

Ea. Kelten in Schottland 1. (Campbell, No. XVIIa. 9, I. S. 272.) – 2. (ebend. No. XVIIa. 19, I. S. 278.)

Fa. Franzosen 1. Bretagne. (Sébillot, Trad. & Sup. de la H.-Br. II. § II. II, S. 117.) – 2. Lorraine. (Cosquin, No. LIV Anm., S. 159.) – 3. Bourgogne. (Sébillot, C. des prov. No. LXV, S. 322.)[37]Fd. Italiener 1. Sicilien. (Pitré, IV. S. 186.)[38]2. Ebendas. (ebend. S. 177.)[39]

Ha. Grossrussen 1. Archangel. (Afanasiew, Скаски I.² No. 2c, S. 20.) – 2. Perm. (ebend. No. 2b, S. 19.) – 3. Twer. (ebend. [48] No. 1e, S. 15.) – 4. Wladimir. (ebend. No. 1a Var. 1, S. 2.) – 5. Woronesch. (ebend. No. 1a, S. 1.) – 6. (A. Witte: Подсиѣжникъ 1860, No. 1, S. 2.) – Hb. Weissrussen. Grodno. (Afanasiew, Скаски I.² No. 1c, S. 10.) – Hc. Kleinrussen 1. Tschernigow. (Tschubinski, No. I. 39, S. 118.) – 2. Poltawa. (Rudtschenko, II. No. 4, S. 8.) – 3. Charkow. (Afanasiew, Скаски I.² No. 1b, S. 7.) – 4. (ebend. No. 1d, S. 13.) – 5. (Tschubinski, No. I. 38, S. 116.) – Hd. Westslaven 1. Lausitz. (Haupt & Schmaler, II. No. Anhang I. 7, S. 166.) – 2. Ebendas. (Schulenburg, 1882, S. 33.) – 3. Ebendas. (Veckenstedt, Wend. No. VIII. 6, S. 98.) – He. Südslaven 1. Kroatien. (Krauss, I. No. 8, S. 30.) – 2. Serbien. (Karadschitsch, No. 50.)[40]

Ia. Griechen. Tinos. (Hahn, No. 86, II. S. 93.)

Je. Osseten. (A. Schiefner: Bulletin de l’acad. imp. d. sc. de St.-Pétersbourg VIII. Spalte 42.)

Lb. Araber. Sudan. (Marno, No. 9, S. 286.)

Na. Hottentotten. (Bleek, No. I. 8, S. 13.)

Oa. Afrikan. Neger. Hausa. (Bleek, No. II. 1, S. 83). – Ob. Amerikan. Neger. Vereinigte Staaten. (Harris, 1884, No. LII, S. 233).

Tb. Hinterindier. Kambodscha. (Aymonier, S. 34.)[41]

Zu der Grundidee des vorliegenden Tiermärchens gehört seitens des Tiers, dass es sich über den Weg wirft und tot stellt, und seitens des Menschen, dass er das Tier auf den Wagen hebt. Die Grundzüge des Märchens sind also: das sich tot stellende Tier, der vorbeifahrende Mensch, der zu befördernde Wagen und die aufgeladenen Waren. Das sich totstellende Tier ist, ganz vereinzelte lagomorphisirte (Ab ‘Rauma 2’, unter dem Einflusse von XXI., Ob u. Tb örtlicher Zustände halber)[42] und anthropomorphisirte (Hd 3) Varianten ausgenommen, ganz regelmässig der Fuchs oder sein afrikanischer Stellvertreter, der Schakal (Na; vgl. Oa). Der vorüberfahrende [49] Mensch ist stets ein Mann, nur ausserhalb Europas findet sich ein altes Weib in zwei Varianten (Lb, Tb)[43]. Gewöhnlich tritt nur ein einziger Mann auf, das Vorkommen von mehreren ist also eine spätere Vervielfältigung, vermutlich, wie Kolmatschewski[44] glaubt, um eine lebhaftere Diskussion zu Stande zu bringen, denn an dem sich tot stellenden Fuchse hat der Mann gerade keinen gesprächigen Gesellschafter. Die Wagenladung, die der Mann zu befördern hat, wird meist von einem Zugtiere, eigentlich einem Pferde[45] gezogen, bisweilen aber muss der Mann sie selbst ziehen (Dd 3) oder tragen (Ab, k ‘Satak., Jurva 1’, Ea 2, Fd 1, Lb, Tb). Wenn nur ein Mann sie befördert, ist diese Wagenladung überall nur eine einzige, ausser in Lappland (Ba 1–3), wo das Vorkommen eines ganzen Zuges und das Fallen des Fuchses vom Schlitten ein durchaus lappischer Zusatz ist. Bei dem Auftreten mehrerer Fuhrleute ist natürlich auch die Wagenladung meist vervielfältigt, und in diesem Falle fordert selbstverständlich die Pointe des Märchens, dass die vordersten Fuhrleute den Fuchs liegen lassen und erst der letzte ihn auf seinen Wagen hebt (Aq ‘Jäng. = Krohn, I. No. 33’, Hb, Hc 5; vgl. Am. ‘Ristij. 2’ u. Hc 2). Die aufgeladenen Waren sind vorzugsweise Fische, welche der Fuchs, während er sich auf dem Wagen befindet, auf den Weg wirft, worauf er herunterspringt und sie noch selbst aufliest. Der zuletzt erwähnte Grundzug bringt ganz offenbar vorliegendes Tiermärchen in die engste Verbindung zu dem Fischen mit dem Schwanze (VII.). Und dass diese Verbindung keineswegs eine zufällige ist, geht am klarsten daraus hervor, dass das ersterwähnte Fuchsmärchen im [50] Norden Europas, wo, wie wir schon gesehen haben, das andere sich am ursprünglichsten und besten erhalten hat, nur in einigen auch sonst verderbten finnischen Varianten (Ab, j, q ‘Rauma 2, Nurmes, Him. = Krohn, I. No. 49) in Verbindung mit andern Märchen tritt. Man kann also ziemlich sicher behaupten, dass sie beide mit einander verbunden sich gleichzeitig von Norden nach Süden verbreitet haben. Auf dieser gemeinsamen Wanderung ist das ersterwähnte an Handlung ärmere neben dem anderen immer mehr zusammengeschrumpft, sodass es erst den einen Teil seines Inhalts, das Sichtotstellen (Ab ‘Rauma 1’, Dc, Ha 4, Hd 1–3, Ob) und dann auch den zweiten, das auf den Wagen Geladenwerden, verloren hat (Aa, b, j, k, l, s ‘Merim., Rauma 2, Kang., Rautav., Jurva 1, 2, Haapaj., Pohjois-I.’ Da 6, 7, Db, Dd 6, Ea 1, Ha 3, Je, Oa), so dass dann nur noch die obenerwähnte Verbindung und irgend eine Einzelheit auf die frühere Existenz des Märchens hindeutet. Das zweite wiederum hat zuweilen eine Verbindung mit einem ganz anderen Märchen eingegangen (He 1, 2) und seinem Beispiele ist auch das erste (Ia)[46] gefolgt, zum Teil indem es sich an denjenigen Streich des Meisterdiebes anschloss, bei welchem dieser verschiedene Male sich auf dem Wege des Ochsentreibers tot stellt (gewöhnlich doch als Gehängter), bis er ihn dazu gebracht hat, seinen Ochsen am Rande des Weges festzubinden und unverrichteter Sache zurückzukehren. Am besten ist das Märchen da erhalten, wo es sich von dem zweiten gänzlich getrennt hat (Dd 4, Ea 2, Fa 1, 2, Lb, Ob, Tb) und dann selbst zwiefältig geworden ist, so dass der aus dem zweiten entnommene Wolf (Da 8, Dd 2, 3, 7, Fa 3) oder seine afrikanische Stellvertreterin, die Hyäne (Na), denselben Kniff zu wiederholen versucht, obgleich mit ganz schlechtem Erfolge. In gleicher Weise tritt auch das zweite bisweilen (VII. Da 9) zwiefältig auf. Ausserdem ist besonders zu bemerken, dass der die beiden Märchen verbindende Zug, die Fische, nur in solchen Varianten [51] verändert gefunden wird, in denen ihre Verbindung auf eine der eben angegebenen Weisen gestört worden ist.

Die Ursprünglichkeit der Verbindung bezeugt auch der Umstand, dass vorliegendes Tiermärchen, soweit man aus demselben allein einen Schluss ziehen kann, dieselben Wege der Verbreitung aufweist wie sein oben angeführter Gefährte. In Finnland wird der obenerwähnte Dualismus unter anderem dadurch dargethan, dass im nördlichen Karelen und östlichen Österbotten der Beförderer der Fracht häufig ausdrücklich ein Russe genannt wird[47], wonach zu schliessen die auf der russischen Seite wohnenden Kareler, indem sie Fische nach Finnland exportierten, Uebermittler der russischen Form des Märchens gewesen sind. Dies lässt sich auch daraus vermuten, dass der Fuchs unter die Bastmatte gesteckt wird, was offenbar ein aus Russland (Ha 1, Hc 1) in einige ostfinnische Varianten (Aj, f-j, m, q, s, ‘Wärts., Itä-S., Ristij. 2, Reb., Jäng. = Krohn, I. No. 33, Kaakk-I.’; vgl. Ah ‘Rusk.’, das vermutlich eine Mischform ist) übergegangener Zug ist. Ebenso fällt in Lappland der Unterschied zwischen einer älteren, lappisirten und einer neueren, bis jetzt noch seltenern Form (Ba 4) sofort in die Augen. Die in der hottentottischen Variante erwähnte europäische Colonisation weist deutlich auf Europa als die Urheimat des Märchens hin, woher auch ganz ohne Zweifel die im Sudan (Lb) und in Hinterindien (Tb) vorkommenden Varianten, vermutlich durch Vermittlung der Südeuropäer (vgl. Fd 1) ursprünglich gekommen sind. Denn es ist nicht gerade wahrscheinlich, dass die ebenerwähnte, in Hinterindien vorkommende Variante, in welcher die beiden Teile der Grundhandlung des Märchens vollständig erhalten sind, dort, wie Kolmatschewski[48] meint, ganz selbständig aufs neue erfunden worden ist, und völlig verkehrt wäre es, wegen dieser Variante, der einzigen und alleinigen in ganz Asien, die Urquelle aller Varianten nach Indien zu verlegen. Ebenso wenig geht es, die Wurzel des vorliegenden Märchens im Kreise des mittelalterlichen Tierepos zu suchen, [52] denn, wie wir aus den folgenden geschriebenen Varianten ersehen, treffen wir hier erwiesenermassen späte Auswüche.

Renart 1. (Br. 2, V. 749–916.) – 2. (Br. 10, V. 3919–4300). – Reynke. (Kap. I. 3, V. 165–198.)[49]

Die Verbindung zwischen dem vorliegendem Märchen und dem Fischen mit dem Schwanze (VII.) ist schon in der erstgenannten Variante des Renart durch eine eingeschobene, zweifellos echt mittelalterliche Erzählung unterbrochen, in welcher geschildert wird, wie der Fuchs dem Wolfe, indem er ihn zum Mönche weiht, mit heissem Wasser den Schädel kahl brüht. Diese Erzählung wird sonst noch im Reinhart (VII. Reinhart) ganz allein mit dem Fischen mit dem Schwanze verbunden angetroffen. In der zweiten Variante des Renart hat vorliegendes Tiermärchen durch sein Zwiefältigwerden sich selbständig zu machen versucht, aber dass das Fischen mit dem Schwanze (VII.) sich auch hier früher vorfand, beweist ein anderes Fuchsmärchen (XLII.), welches mitunter auch in den Volksmärchen anstatt desselben auftritt. Im Reynke hat die ganze Verbindung keine anderen Spuren zurückgelassen, als die Episode, in welcher der nachfolgende Wolf die Fische sammelt und auffrisst, und dem Fuchse nur einige Gräten übrig lässt. Denn diese Episode ist vermutlich aus der Urform des Fischens mit dem Schwanze (VII.) entstanden, wonach der Fuchs sich weigert, dem Wolfe etwas von seinen Fischen zu geben, oder ihm nur ein wenig zum Kosten giebt, und ihn auffordert, selbst sein Glück zu versuchen. Aus dem Reynke ist diese Episode dann in die Volksmärchen übergegangen (Dd 4, Ea 1, 2, Oa), wodurch die Anzahl der Varianten, in denen vorliegendes Märchen für sich allein steht, beim Suchen nach der Urform noch mehr zu verringern ist.

Denn dass es ursprünglich im Tierepos unmittelbar mit dem Fischen mit dem Schwanze (VII.) verbunden war, ist aus dem Ysengrimus zu ersehen. Hier geht nämlich dem zuletzt erwähnten Märchen eine Erzählung vom Fuchse voraus, der, indem er sich kraftlos stellt, den Bauern dazu verleitet, seinen Backen [53] als Lockspeise auf dem Wege zurückzulassen, und vom Wolfe, der den Schinken wegschnappt und auffrisst, ohne dem Fuchse etwas anderes übrig zu lassen als das Weidenband[50]. Diese Erzählung ist nicht, wie Kolmatschewski[51] glaubt, eine blosse Variante des das vierfüssige Tier pflegenden Vogels (XXX+), sondern ist eher eine Mischform davon sowie vom vorliegendem Märchen, welchem die Personen selbst und, im Hinblick auf den Reynke, vielleicht auch der schliessliche Ausgang entnommen sind.

Es wären nun noch zwei in Kirchenbildern vorkommende Varianten zu erwähnen, welche jedoch fast bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt sind.

In Beverley. (A. L. Meissner: Archiv f. d. St. d. neueren Spr. u. Lit. LVIII. S. 249.) – In Toledo. (ebend. LXV. S. 215.)

Man kann daher nunmehr sagen, dass, wenn das Sichtotstellen des Tieres auch sowohl in der wirklichen Natur als auch in den Volksmärchen eine allgemein vorkommende List[52] ist, und besonders beim Fuchse weiterhin in manchem Fuchsmärchen angetroffen wird, es doch hier im Verein mit dem auf die Fischladung Gehoben werden und dem darauf folgenden auf den Weg Werfen der Fische und Herunterspringen eine ganz eigenartige, volkstümliche Erzählung ist, welche nur an einer Stelle, nämlich im Norden Europas, zu treffen und in Verbindung mit dem Fischen mit dem Schwanze (VII.) erfunden worden ist.

Diese schon oft erwähnte Verbindung legt dar, dass die Jahreszeit des Ereignisses im vorliegenden Märchen der Winter ist, und dass daher der Schlitten, obgleich er in Finnland nur im östlichen und nördlichen Karelen sowie in dem zu Uleåborgs Län gehörigen Teile von Österbotten vorkommt und folglich [54] offenbar aus Nordrussland (Ha 1, 2, 6) eingedrungen ist, als das eigentlich hier gemeinte Fuhrwerk angesehen werden muss.

Die ursprüngliche Form liess vermutlich den Mann, nachdem der Fuchs alle Fische aus dem Wagen geworfen hatte, seines Weges ziehn, ohne über sein weiteres Schicksal zu berichten. Höchstens war erwähnt, dass er unterwegs zurückblickte[53]. Aber daraus hat sich schon früh die Form entwickelt, nach welcher er, ohne sich ein einziges Mal umzublicken, blindlings nach Hause fährt (Ab, m ‘Satak. Haukip.’; vgl. Aj. ‘Wärts.’) und dann erst von seiner Frau die nicht mehr vorhandene Beute suchen lässt (Ah, j, l, m, q, r, s ‘Kurkij.: von seiner Schwiegertochter, Nurmes, Piipp., Ristij. 2, Hyryns. 3, Kij. 4, Reb., Wepsä, Kaak.-I.’, Ba 4, Da 1, 9, Ha 2, 5; vgl. Ia). Denn obwohl diese entwickeltere Form sich besonders in russischen und aus Russland entlehnten Varianten findet, so genügen doch jene schwedischen und westfinnischen, um zu beweisen, dass sie auch weiter westlich bestanden und sich dann von da mit den Warägern nach Russland verbreitet hat. Dass diese Episode ursprünglich als zugehörig zu der vereinigten Handlung des vorliegenden Märchens und des Fischens mit dem Schwanze (VII.) gedacht war, ersieht man vielleicht aus der schwedischen Variante (Da 9), in welcher das Weib des Fischers und der Verfolger des Bären eine Person sind. Die Verwandlung dieses Weibes in zwei verschiedene Personen und ihre bisweilen sich findende Umgestaltung in einen Mann wäre dann wohl daraus entstanden, dass die Erzählung von der Heimkehr des Fischers als unnötig und die Handlung störend gar bald wieder in Vergessenheit geriet.

Aber jedenfalls ist es bemerkenswert, dass dasselbe Weib auch in einem dritten mit dem erwähnten verbundenen Fuchsmärchen auftritt, welches Märchen wir jetzt untersuchen wollen.


Urform (s. VII). Der Fuchs steckt sogleich seinen Kopf in das Butterfass der Hausfrau. Die Hausfrau trifft bei ihrer Rückkehr von der Wuhne den Fuchs, wie er den Rahm verzehrt. Sie schlägt den [55] mit besudeltem Kopfe Fliehenden mit der Butterwelle auf das Schwanzende, welches seitdem weiss ist. Als der Fuchs nachher mit dem Bären zusammentrifft und dieser sich über die erlittenen Prügel und besonders über das Abreissen des Schwanzes beklagt, sagt er, dass die Hausfrau ihn noch viel schlechter behandelt habe, so dass das Gehirn ihm aus dem Kopfe rinne (s. IX).

Aa, b, e, g, h, j–m, r, s. Finnen. (Krohn, T. VIII.)

Bb. Esten. (Rosenplänter, VIII. No. 2, S. 122.)

Da. Schweden 1. Österbotten. (Sv. Lit. manuskr. No. 8. 6 sagor No. IV.) – 2. Estnische Küste. (H. Wendell, Handschr. I. No. 26, S. 22.) – 3. (Topelius, S. 33.) – Db. Norweger. Hedemarken. Wenig bekannt. (Asbjörnsen & Moe, No. 20, I.² S. 114.) – Dd. Deutsche 1. Pfalz. (Birlinger, Nimm mich mit! S. 230.) – 2. Siebenbürgen. (Haltrich-Wolff, No. I. 10, S. 42.) – 3. Ebendas. (ebend. S. 501.) – 4. Ebendas. (ebend. S. 501.)

Ha. Gross-Russen 1. (Afanasiew, Скаски I.² No. 1a. Var. 1, S. 2.) – 2. Tambow. (ebend. No. 1a. Var., S. 4.) – 3. Woronesch. (ebend. No. 1a, S. 2.) – Hb. Weissrussen. Grodno. (ebend. No. 1c, S. 11.) – Hc. Kleinrussen 1. Charkow. (ebend. No. 1b, S. 9.) – 2. (Tschubinski, No. I. 38, S. 117.) – Hd. Westslaven 1. Lausitz. (Haupt & Schmaler, II. No. Anhang I. 6, S. 165.) – 2. Ebendas. (Veckenstedt, Wend. No. XLV. 2, S. 423.) – 3. Mähren. (Vrána, I. S. 52.)[54]He. Südslaven 1. Friaul. (I. Baudouin-de-Courtenay: Слав. Сб. III. S. 299.) – 2. Ebendas. (ebend. S. 300.) – 3. Ebendas. (ebend. S. 302.)

Zu der Haupthandlung des vorliegenden Märchens gehört einerseits das Besudeltwerden durch die Flüssigkeit und andererseits das Erheucheln einer Verwundung. Die Grundelemente des Märchens sind also: die besudelnde Flüssigkeit, das besudelte Tier und die dem anderen Tiere vorgelogene Verwundung. Die besudelte Flüssigkeit ist in Norwegen, Schweden, Estland, dem nördlichen Ingermanland und Finnland die Milch, gewöhnlich speziell der Rahm im Butterfass, in Olonetz, [56] dem südöstlichen Ingermanland und ganz Russland der Teig. Hieraus ersehen wir, dass bloss die wepsische (r ‘b. Wepsä’) und die südostingermanländische (s. ‘b. Kaakk.-I.’) Variante rein russischen Ursprungs sind, aber alle die in Ostfinnland vorkommenden Varianten, in welchen der aus Russland eingedrungene Wolf erscheint, im Hinblick auf diesen Zug als Mischformen zu betrachten sind. Dass übrigens die gebutterte Milch ursprünglicher ist als der Teig, beweisen deutlich die Varianten, in denen die Hausfrau bei ihrer Rückkehr den Fuchs mit der Butterwelle auf das Schwanzende schlägt, so dass es seitdem weiss geblieben ist (Aa, b, k, m, k, a ‘a. Raisio, Köyliö, Rauma, Jurva 2, b. Kij., c. Jurva, d. Merim.’, Db). Das ganze Märchen scheint also zur Erklärung der weissen Farbe des Schwanzendes beim Fuchse erfunden worden zu sein, ganz ebenso wie das Fischen mit dem Schwanze (VII.) zur Erklärung der Kurzschwänzigkeit des Bären erdacht wurde. Zu dem Umstande, dass die gebutterte Milch[WS 4] in Russland durch den Teig ersetzt worden ist, hat zweifellos die geringe Bedeutung der Butterbereitung für die fastenden griechischen Katholiken beigetragen. Ferner ist aus der Butter Mus (Dd 1), Honig und Ahnen (Dd 2), Beerensaft (Hd 1, 3) und einfach das Blut eines anderen Tieres (Dd 3, 4, Hd 2, He 1–3) geworden. Das besudelte Tier ist einzig und allein der Fuchs. Die dem andern Tiere, und zwar wie beim Fischen mit dem Schwanze (VII.) bald dem Bären, bald dem Wolfe, vorgeheuchelte Verwundung ist überall in Nordeuropa und einmal in Deutschland (Hd 1) das Herausrinnen des Gehirnes. Weiterhin ist dieser Zug zum Herausrinnen des Markes aus den Knochen erweitert und dann zugleich mit der Flüssigkeit in Herausstehen der Knochen oder ganz vereinzelt in Ausfliessen des Blutes umgewandelt worden.

Das Besudeltwerden durch eine Flüssigkeit kommt auch ausser dem Zusammenhange mit dem Erheucheln der Verwundung vor. In der Pantschatantra (Benfey, Pantsch. II. No. I. 10, S. 73) sowie in der Hitopadeça und Tûtî-nâmeh wird erzählt, wie der Schakal im Indigotopfe des Färbers mit blauer Farbe bespritzt und deswegen zum König der Tiere erwählt wird. Hieraus [57] ist dann in den Renart (Br. 21, V. 11959–12508) das Lied von dem Fuchse gekommen, der im Topfe des Färbers mit gelber Farbe bespritzt und dadurch in Stand gesetzt wird, als unbekannter Spielmann bei der zweiten Hochzeit seines Weibes zu erscheinen, und ebenso die von Nikephoros Gregoras im 14. Jahrhundert erwähnte äsopische Fabel (Halm, No. 87) von der im Pechtopfe des Schusters schwarzgefärbten Katze, welche die Mäuse täuscht, indem sie sich als Nonne stellt.[55] Mit einer anderen Tendenz treffen wir diese Idee schon im 4.–5. Jahrhundert in jener Erzählung aus dem lateinisch abgefassten Bestiarium, wo der Fuchs, mit roter Erde besudelt, die ihm das Aussehen eines Blutenden verleiht, sich tot stellt, um die Vögel zu täuschen[56]. Aus der ersterwähnten (indischen) Erzählung leitet Kolmatschewski die nördlichen und östlichen Varianten des vorliegenden Märchens ab, in denen gebutterte Milch oder Teig die betreffende flüssige Substanz ist, wogegen er die westlichen, in denen Fruchtsaft oder reines Blut als die hervorquellende Flüssigkeit genannt wird, für, wenn nicht aus der an letzter Stelle genannten Erzählung (Bestiarium) direkt hervorgegangen, so doch unter ihrem Einflusse entstanden hält. Von diesen Vermutungen hält doch höchstens die letzte Stich. Die Märchen der West- und Südslaven, denen in dieser Hinsicht ein Teil der siebenbürgisch-sächsischen Varianten sich anschliesst, haben wir schon in andern Beziehungen so gründlich verderbt gefunden, dass von ihrer Ursprünglichkeit neben den nordischen kaum in irgend welcher Hinsicht die Rede sein kann. Man kann sie also auch in diesem Falle für nichts anderes[WS 5] ansehen, als für Verdrehungen der nordischen Varianten. Nicht einmal für diese Verdrehung braucht man die Ursache so weit zurück zu suchen wie in dem Bestiarium, zu ihrer Erklärung genügt es, die Verwandlung des Gehirns und Marks in das häufiger [58] fliessende Blut, anzunehmen, bei welcher an die Stelle der weissen Milch oder des Teiges roter Beerensaft treten musste, sowie die daraus folgende Verschmelzung der beiden Teile der Haupthandlung des Märchens, wobei zwischen der thatsächlich und der nur vermeintlich fliessenden Flüssigkeit sich kein anderer Unterschied findet als der, dass die eine fremdes und die andere eigenes Blut ist.

Gegen die Herleitung des vorliegenden Tiermärchens aus der obenerwähnten indischen Erzählung spricht, ausser dem Mangel an völliger Uebereinstimmung, vor allem seine Verbindung mit den beiden vorher besprochenen nordischen Fuchsmärchen. Es folgt nämlich unmittelbar auf das Fischen mit dem Schwanze (VII.), wobei es sich speziell auf die Episode begründet, in welcher die Hausfrau ihr Butterfass im Stiche lässt und hinauseilt, um den Bären zu prügeln, und wobei es ausserdem wahrscheinlich macht, dass der besondere Angreifer gleichzeitig in jenes Märchen (das Fischen mit dem Schwanze) eingefügt, wie das vorliegende damit verbunden wurde. Dass es schon früh, ja möglicherweise von Anfang an zu der obenerwähnten Verbindung gehörte, ist ganz zweifellos, da es, wenn auch nicht in allen seinen Varianten[57], entweder mit dem Fischen mit dem Schwanze selbst oder mit solchen Stellvertretern desselben verbunden ist, welche die Episode des Angreifens, also das eigentliche Vereinigungsband, gerade daraus entnommen haben.

Und noch überzeugender wird der nordische und volkstümliche Ursprung des vorliegenden Tiermärchens durch die Thatsache dargelegt, dass darauf meist ein viertes zur vorliegenden Märchenkette gehöriges Einzelmärchen folgt, das weder irgendwo ausserhalb Europas, noch in den geschriebenen Tierepen vorkommt.[58]


[59] Urform. (s. VIII.) Der sich zum Gehen unfähig stellende Fuchs bittet den Bären, ihn zu tragen. Auf dem Rücken des Bären singt er: „Der Kranke trägt den Gesunden!“ oder „Der Geschlagene trägt den nicht Geschlagenen!“ Wie der Bär nach dem Sinne des Gesanges fragt, antwortet er, dass er irre rede, da er so zu Schanden geschlagen worden sei. Als aber der Fuchs denselben Gesang wiederholt, errät der Bär den wahren Sachverhalt und wirft erzürnt den Fuchs ab. Der Fuchs flüchtet, der Bär ihm nach. (s. X.)

Aa, b, e, g, h, j–m, o, s. Finnen. (Krohn, T. IX.)

Bb. Esten. (Rosenplänter, VIII. No. 2, S. 123.) – Bh. Ungarn. (Teza, S. 72.)

Da. Schweden 1. Österbotten. (Sv. Lit. manuskr. No. 8. 6 sagor No. IV.) – 2. Borgå in Nyland. (Nyland II. No. 170, S. 199.) – 3. Estnische Küste. (H. Wendell, Handschr. I. No. 26, S. 23.) – 4. Ebendas. (Russwurm, No. 173.)[1]Dd. Deutsche 1. Mecklenburg. (Bartsch, I. No. M. u. L. 24, S. 517.) – 2. Westfalen. (Kuhn, Märk. No. Märchen 16, S. 299.) – 3. Böhmen. (Grimm, KM. No. 74, I.⁵ S. 448.) – 4. Siebenbürgen. (Haltrich-Wolff, No. I. 10, S. 42.) – 5. Ebendas. (ebend. S. 500.)

Fc. Spanier. (Coelho, No. VIII.)[59]Fd. Italiener 1. Sicilien. (Pitré, IV. S. 179.)[60] – 2. Ebendas. (ebend. S. 181.)[59]3. (Nerucci, S. 25.)[1]4. Archivio delle tradiz. popol. V. S. 56.)[1]

Ha. Grossrussen 1. Wladimir. (Afanasiew, Сказки I.² No. 1a. Var. 1, S. 3.) – 2. Tambow. (ebend. No. 1a Var., S. 4.) – 3. Woronesch. (ebend. No. 1a, S. 2.) – 6. (A. Witte: Подсиѣжникъ 1860, No. 1, S. 5.) – Hc. Kleinrussen 1. Charkow. (Afanasiew, Сказки I.² No. 1b, S. 10.) – 2. (Tchubinski, No. I. 38, S. 117.) – Hd. Westslaven 1. Lausitz. (Haupt & Schmaler, II. No. Anhang I. 6, S. 165). – [60] 2. Ebendas. (Schulenburg, 1882, S. 33.)[1]3. Ebendas. (Veckenstedt, Wend. No. VIII. 5, S. 97.) – 4. Ebendas. (ebend. No. XLV. 2, S. 423.) – 5. Mähren. (Vrána, I. S. 52.)[61]He. Südslaven 1. Friaul. (I. Baudouin-de-Courtenay: Слав. Сб. III. S. 299.) – 2. Ebendas. (ebend. S. 300.) – Ebendas. (ebend. S. 302.) – 4. Kroatien. (Krauss, I. No. 8, S. 33). – 5. Serbien. (Karadschitsch, No. 50.)[62]

Ia. Griechen. Tinos. (Hahn, No. 86, II. S. 94.)

Zu der Grundhandlung des vorliegenden Tiermärchens gehört seitens des kranken Tieres das auf dem Rückentragen und seitens des gesunden Tieres das Verspotten. Die Grundelemente des Märchens sind also: das kranke auf seinen Rücken tragende Tier, das gesunde getragen werdende Tier und das höhnische Sprichwort. Das kranke auf seinem Rücken (nur Fd 1 auf dem Schwanze und Hc 1 im Schlitten) tragende Tier entspricht dem verleiteten im Fischen mit dem Schwanze (VII.), das gesunde getragen werdende Tier dem verleitenden. Das höhnische Sprichwort, im Westen „der Kranke trägt den Gesunden“, im Osten „der Geschlagene trägt den nicht Geschlagenen“, erhält in Finnland, wie die meisten unserer Sprichwörter, eine Parallelzeile, wozu sonst nirgends, ausser vielleicht in einer einzigen russischen Variante (Ha 1), etwas entsprechendes sich findet. Dieser Zug ist also eine speziell finnische Zuthat. Die Berichtigung des Sprichwortes im Sinne des tragenden Tieres ist vermutlich auch ein später hinzugefügter Zug, der augenscheinlich von Russland (Ha 3, Hc 1, 2) nach dem östlichen Finnland (Ag, i, m ‘b. Rut. 2, Itä.-K., vgl. Ristij. 1–2’) und nach Ungarn (Bh) gedrungen ist, und den man speziell russisch nennen könnte, wenn man nur annehmen dürfte, dass die ingermanländische Variante, welche sonst deutlich westlichen Ursprung zeigt, in dieser Beziehung eine Mischform ist. Aber jedenfalls muss man die Erklärung des Sprichwortes als im Fieber gesprochene Worte [61] für ursprünglicher als die Berichtigung schon deswegen ansehen, weil sie das vorliegende Märchen mit der vorher besprochenen Erzählung vom Besudelt werden (VIII.) verbindet, und weil sie fast in allen Teilen von Europa (A ‘b.?’, Ba, Da 1, 3, Dd 2, 4, Ha 1, 4, Hd 1, 2) vorkommt. Die Erklärung als Gesänge des Vaters ist dagegen sicher eine echt finnische Eigenheit, da sie schon in einer so alten Variante wie der wermländischen (Ao ‘a. Werml. 1’) sich findet. Die Wiederholung des Sprichwortes, obgleich sie nicht überall vorkommt, war doch zweifellos schon von Anfang an notwendig, denn in der ursprünglichen Form warf das tragende Tier (nach vorhergegangener Drohung: nur Ao, s, i ‘a. Werml. 3, Pohjois-I., b. Itä.-K.’) offenbar schliesslich das getragene ab, und da es das erste Mal sich vermutlich mit der oben erwähnten Erklärung begnügte, so musste es wenigstens noch ein Mal dasselbe Sprichwort hören, um hinter den wahren Sachverhalt zu kommen und darüber richtig in Wut zu geraten. Ob es ursprünglich mehr als einmal die Sache von neuem hören musste, ehe es dahinter kam, das ist aus den bisher gesammelten Varianten schwer zu entscheiden, aber einigermassen wahrscheinlich ist es, dass die Dreizahl, welche besonders in den Königsmärchen herrscht, hier erst später eingeschoben worden ist.

Diese gleichmässige Tiermärchenkette, welche sich aus den vier vorliegenden Fuchsmärchen zusammensetzt, wird vollständig nur bei den nach Finnland und Estland eingewanderten Schweden, sowie, durch die Vermittlung derselben, bei den West- und Südfinnen einerseits und bei den Russen sowie, unter ihrem Einflusse, bei den Ost- und Nordfinnen andrerseits angetroffen, sonst hat sie sich nur teilweise bewahrt. Da könnte man nun wohl die Vermutung aufstellen, dass die Russen sie von den Skandinaviern entlehnt haben, zu der Zeit als diese noch überall in Russland umherstreiften. In diesem Falle wäre diese Märchenkette eine skandinavische oder im Hinblick darauf, dass die germanischen Völker Mitteleuropas sie schon früher, wenigstens teilweise, mit sich nach Süden und Westen brachten, und dass sie also zweifellos bei der Kolonisation Skandinaviens aus Mitteleuropa dahin gedrungen ist und nicht umgekehrt, am besten eine allgemein [62] germanische zu nennen, die dann also auf ihre Weise der von J. Grimm angenommenen deutschen Tiersage entsprechen würde. Aber da man auch die Möglichkeit nicht unberücksichtigt lassen kann, dass diese Märchenkette sowohl bei den germanischen als auch bei den slavischen Völkern schon lange vor den Zügen der Waräger existiert hat, so kann man über ihre ursprüngliche Volkstümlichkeit nichts unbedingt sicheres behaupten. Aus diesem Grunde ist es gegenwärtig am klügsten, sich mit der blossen Bestimmung der Oertlichkeit zu begnügen, welche wenigstens besser Stich hält, und die Märchenkette im Gegensatz zu dem vorher besprochenen südslavischen Tiermärchencyklus als eine nordische zu bezeichnen[63].

Zu diesem nordischen Tiermärchencyklus kann man unbedenklich erstens alle die Fuchsmärchen rechnen, welche, ohne aus dem südländischen Tiermärchencyklus oder aus schriftlichen Quellen herzurühren, sowohl in Russland wie im übrigen Europa vorkommen. Und nächst ihnen sind am sichersten diejenigen hinzuzählen, die zwar bei den Russen fehlen, aber sonst sowohl in Nord- wie in Mitteleuropa sich finden. Zu diesen letzteren gehört auch folgendes Fuchsmärchen, welches vermutlich schon ganz im Anfang sich an die oben besprochene Märchenkette angeschlossen hat.


Urform. (s. IX.) Der vom Bären verfolgte Fuchs schlüpft in eine Höhlung unter einer Baumwurzel. Der Bär packt mit den Zähnen das eine Hinterbein des Fuchses. Der Fuchs in spöttischem Tone: „beisse, beisse nur in die Baumwurzel!“ Der Bär lässt das Bein los und packt mit den Zähnen die Baumwurzel. Der Fuchs in kläglichem Tone: „beisse mich nicht ins Bein!“ Der Bär hält die Wurzel fest, bis er dessen überdrüssig wird, seines Weges zieht und den Fuchs sich selbst überlässt.

Aa, b, e, g, h, j–m, o. Finnen. (Krohn, T. X.)

[63] Ba. Lappen 1. Karasjoki. (Friis, No. 1, S. 3.) – 2. (W. Forsman, Handschr. 1886.)

Da. Schweden 1. Lappfjärd in Österbotten (O. Rancken, Handschr.) – 2. Mörskom in Nyland. (Nyland II. No. 169, S. 199.) – 3. Borgå ebendas. (ebend. No. 170, S. 200.) – 4. Schwedisches Lappland. (Lindholm, No. 18. 18, S. 150.) – Db. Norweger 1. Hardanger. (Asbjörnsen & Moe, I². S. 413.) – 2. Telemarken. (Soge-Bundel, S. 8.) – 3. (Asbjörnsen & Moe, No. 74. 1, II. S. 59.) – Dd. Deutsche. Siebenbürgen. (Haltrich-Wolff, No. I. 10, S. 43.)

Fa. Franzosen 1. Languedoc. (Rolland, I. No. Canis Lupus II. 58, S. 149.) – 2. Ebendas. (ebend. No. ebend. II. 59, S. 149.) – 3. (Revue des langues romanes XIV. S. 187.)[1]

Ia. Griechen 1. Epirus. (Hahn, No. 89, II. S. 100.) – 2. Ebendas. (ebend. II. S. 306.)

Ja. Indier 1. Pandschab. (Steel & Temple, S. 245.)[1]2. Bombay. (Frere, No. XXIV, S. 283.)[1]

Oa. Afrikan. Neger. Sklavenküste. (Mélusine II. Spalte 125.).[1]Ob. Amerikan. Neger. Vereinigte Staaten. (Harris, 1883, No. XII, S. 61.) – Oc. Kaffern. (Theal, S. 187.)[1]

Pb. Südamerikan. Indianer. Brasilien. (Rolland, III. No. La tortue II. 3, S. 5.)[1][64]

Zu der Grundhandlung des vorliegenden Tiermärchens gehört seitens des verfolgenden Tieres das Beissen ins Bein, und seitens des verfolgten Tieres, dass es sein Bein für die Baumwurzel und die Baumwurzel für sein Bein ausgiebt. Die Grundelemente des Märchens sind also: das beissende Tier, des gebissenen Tieres Hinterbein und die Baumwurzel. Das beissende (Da festhakende) Tier in den europäischen Varianten entspricht dem verleiteten im Fischen [64] mit dem Schwanze (VII.), nur mit dem Unterschiede, dass in Finnland der Bär (hauptsächlich unter dem Einflusse von IIIc) auch in Uleåborgs Län allgemeiner Eingang gefunden hat. Ausserhalb Europas, in Indien, Süd- und Mittelafrika sowie in Nord- und Südamerika, hat es sich jedesmal zu einem andern Tiere verwandelt. Dagegen ist in den drei zuletzt genannten Ländern das gebissene Tier dasselbe, nämlich die Schildkröte, welche sonst auch in den Tiermärchen der amerikanischen Neger neben dem Kaninchen als das verleitende Tier auftritt und daher, ebenso wie in den zwei erstgenannten Ländern der Schakal, dem in den europäischen Varianten fast einzig und allein (ausser Fa 1, wo das Eichhörnchen an seine Stelle getreten ist) vorkommenden Fuchse entspricht. Danach zu schliessen, müsste vorliegendes Tiermärchen schon im Beginne der Neuzeit von den Europäern an die afrikanische Sklavenküste[WS 6] gebracht worden sein, um dort neue Gestaltung gewinnen und dann von dort aus durch die nach Amerika übergeführten Negersklaven auch unter den brasilianischen Indianern verbreitet werden zu können. Das Hinterbein des gebissenen Tieres ist bisweilen in den Schwanz umgewandelt (Da 1, Dd, Ob, Oc; vgl. Ba 1), der jedoch weniger dazu geeignet ist, mit den Zähnen festgehalten zu werden. Die Baumwurzel als der wirklich existierende Gegenstand, unter welchen der Fuchs schlüpft und den er dann wiederum als sein Bein bezeichnet, findet sich in Finnland, Lappland (Ba, Da 4), Siebenbürgen (Dd) und Griechenland und ist daher wahrscheinlich ein ursprünglicher Zug, von welchem die bloss beiläufig als gebissen erwähnte oder einfach von dem gebissenen Tiere fingierte Baumwurzel eine spätere, verblasste Variation ist.

Dass vorliegendes Tiermärchen schon von Anfang an mit der vorher besprochenen Märchenkette verbunden gewesen ist, erhellt erstens daraus, dass es sich am besten an das Tragen auf dem Rücken (IX) anfügt, und zwar als unmittelbare Fortsetzung zum Abwerfen, und zweitens daraus, dass diese Verbindung, obwohl sie sich nicht immer ganz vollständig erhalten hat, sondern häufig durch Weglassungen und Umstellungen beeinträchtigt worden ist, überall in Finnland und ausserdem in Lappland (Ba, Da 4) [65] und Siebenbürgen (Dd), sowie vielleicht auch in Frankreich (Fa 2) sich findet. Aus der ursprünglichen Verbindung losgelöst, hat sich dann vorliegendes Tiermärchen, welches ganz für sich allein nicht zu gedeihen scheint, überall da angeklammert, wo nur ein verleitetes Tier den Verleiter zu packen versucht. In Finnland hat es sich besonders noch an zwei Fuchsmärchen (XIV u. III) angeschlossen, jedoch nur an die westfinnische Form derselben. Ausserdem ist bei der Verbindung mit dem zweiten der beiden Märchen aus der unter dem Baume befindlichen Höhlung ein in die Wand eines Gebäudes gegrabenes Loch und aus der Baumwurzel ein Holzklotz geworden.

Neben dem vorliegenden Tiermärchen und anstatt desselben kommt als zwischen Bär (Wolf) und Fuchs sich abspielendes Märchen in allen obenerwähnten Verbindungen in Finnland auch ein anderes Tiermärchen (XI) vor, welches vielleicht eigentlich zu den zwischen Fuchs und Hahn sich abspielenden Märchen gehört und daher am passendsten unter dieser Rubrik besprochen werden mag.

Zwischen und in die beiden zuletzt erwähnten Märchen hat sich ebenfalls in Finnland, aber bloss in Österbotten (Al, m ‘Haapav., Haukip.’) wo die Vereinigung der verschiedenen Fuchsmärchen zu einem epischen Ganzen am meisten vorgeschritten ist, noch ein drittes, sonst nur für sich allein vorkommendes Tiermärchen eingedrängt.


Skandinavische Form. Der Bär und der Fuchs streiten sich, wer von ihnen schneller drei Baumnamen sagen könnte. Der Bär bedächtig: „Kiefer, Föhre, Tanne.“ Der Fuchs schnell: „Esche, Erle, Eiche,“ oder „Birke, Palmweide (schwed. pil), Weide.“

Aa, b, f, j, l, m. Finnen. (Krohn, T. XII.)

Da. Schweden. Schonen. (Wigström, II. S. 174.) – Db. Norweger. (Asbjörnsen & Moe, No. 74. 2, II. S. 60.)[65]Dd. Deutsche. Westfalen. (Fr. Woeste: Kuhn, Westf. II. No. Anhang 4, S. 224.)

[66] Die Grundidee des vorliegenden Märchens ist, wenn von einer Grundidee die Rede sein kann, wo keine Handlung ist, der sprachliche Wettkampf, welcher auf das schwere oder leichtere Aussprechen der Baumnamen sich gründet. Desshalb sollte man meinen, dass in verschiedenen Sprachen ganz verschiedene Namen gewählt worden wären, aber dies ist nicht der Fall. Wenn man nämlich die finnischen Varianten mit der schwedischen und besonders mit der norwegischen vergleicht, so ist die Uebereinstimmung der angewandten Namen geradezu wunderbar und zeigt recht deutlich, dass die Annahme einer Entlehnung die einzig mögliche ist. Von den schwer auszusprechenden (Da: durch beständige Vorsetzung des Artikels noch in die Länge gezogenen) Baumnamen bedeuten in der schwedischen Variante von dreien zwei, in der norwegischen alle drei Nadelbäume, und in Finnland noch dazu nur eine einzige Nadelbaumart, wodurch zu der sprachlichen Schwerfälligkeit noch sachliche Unkenntnis kommt, so dass die Grundidee des Märchens eine ganz neue Färbung erhält: das Aufzählen so vieler Baumnamen wie möglich. Die leichter auszusprechenden Baumnamen bedeuten dagegen Laubbäume, und zerfallen in zwei verschiedene Gruppen: in Norwegen sowie im nördlicheren Finnland sind es: die Esche (in Finnland die bekanntere Espe), die Erle und die Eiche, in Schweden und im südlicheren Finnland die Birke (in Schweden unter den Nadelbäumen, von denen wieder die Tanne in eine finnische Variante Aa ‘c. Kivim.’ eingedrungen ist; in Finnland ist sonst der Wachholder gewöhnlicher), die Palmweide und Weide. In der deutschen Variante weisen die beiden Gruppen, obwohl ein wenig mit einander vermengt, auf der einen Seite schwerer, auf der andern leichter auszusprechende Baumnamen auf.

Dass auch vorliegendes Tiermärchen in Finnland von Westen und Süden nach Osten und Norden sich verbreitet hat, das beweist die Beibehaltung des Bären in zwei Varianten aus dem östlichen Österbotten (Am ‘a. Sotk., c. Kij.’), obgleich aus demselben sonst in den aus Russland entlehnten Varianten ein Wolf geworden ist. Die norwegische Variante legt ihrerseits dar, [67] dass unser Märchen zwischen Bär und Fuchs sich abspielende Begebenheit schon in Skandinavien verbreitet war und von da aus nach Finnland gelangt ist, und die deutsche gestattet auch die Annahme, dass es im ganzen Gebiete der germanischen Race als Fuchsmärchen bestanden hat. Aber damit ist noch nicht gesagt, dass es von Anfang an ein Fuchsmärchen gewesen ist. Viel natürlicher erscheint es als Wortstreit zwischen in Wirklichkeit mit Rede begabten Menschen, welcher erst später, so wie manches andere, weiterhin zu besprechende, im Kreise menschlicher Wesen sich abspielende Volksmärchen unter die Tiermärchen aufgenommen und mit ihnen in Verbindung gebracht worden ist. Doch muss man sich hierbei aus Mangel an Beweisen mit der blossen Vermutung begnügen, denn die schwedische Variante kann man recht gut für später antropomorphisirt und lokalisirt erklären, und noch geringer sind die Zweifel in Bezug auf die dämonomorphisirte Variante (Aj ‘e. Juuka’) in Finnland.

Zu der vorliegenden nordischen Märchenkette, deren Kern[66] das Fischen mit dem Schwanze (VII) bildet, gehören also fünf schon ursprünglich zwischen Bär und Fuchs sich abspielende Märchen, zu denen in Finnland noch die zwei zuletzt erwähnten Erzählungen hinzugetreten sind. Doch ist als eine sehr nahe stehende Parallelerzählung noch folgendes Fuchsmärchen zu erwähnen, dass häufig gerade in Verbindung mit dieser Märchenkette auftritt.


Urform. Der Fuchs und der Bär sehen einen Specht auf dem Baume. Der Fuchs erklärt, solche schon einmal bemalt zu haben. Der Bär fragt, ob auch er so bemalt werden könnte, was der Fuchs bejaht. Der Bär bittet den Fuchs darum. Der Fuchs führt den Bären an einen Heuschober und befiehlt ihm hinaufzusteigen. [Er beginnt Feuer anzuzünden. Beruhigt den fragenden [68] Bären.][67] Er steckt den Heuschober in Brand. Wie der Bär das Feuer wahrnimmt, will er hinuntereilen. Der Fuchs heisst ihn noch ein wenig warten, damit die Farben stärker würden. Dem Bären werden vom Feuer die Hare versengt. Und seitdem sehen seine Hare noch jetzt wie versengt aus.

Ad, j, l, m, o. Finnen. (Krohn, T. XIII.)

Ba. Lappen 1. Karasjoki. (Friis, No. 1, S. 4.) – 2. Enare. (W. Forsman, Handschr. 1886.)

Da. Schweden. Österbotten. (Sv. Lit. manuskr. No. 8. 6 sagor No. IV.)

Oa. Afrikan. Neger. Hausa. (Bleek, No. II. 1, S. 83).

Zu der Grundhandlung des vorliegenden Tiermärchens gehört seitens des verleiteten Tieres das Sehen des bunten Vogels, und seitens des verleitenden das Bemalen. Die Beibehaltung dieser beiden Teile in der Variante der afrikanischen Neger (Oa) giebt der Vermutung keinen Raum, dass diese hier auftretende Uebereinstimmung nur zufällig wäre, sondern sie fordert unbedingt die Annahme einer Entlehnung von den Westeuropäern. Wir haben nun wieder ein nordisches, zwischen Bär und Fuchs sich abspielendes Märchen vor uns, welches sowohl in West- als in Nordeuropa sich an die vorliegende Märchenkette angereiht und daher schon früh dazu gehört hat. Von den Grundelementen des Märchens sei der bunte Vogel erwähnt, ursprünglich der Specht, welcher in Afrika (Oa), ebenso wie das bemalt werdende und das bemalende Tier, in seinen dortigen Stellvertreter, das Perlhuhn, umgewandelt worden und im südlichen Finnland (Ad ‘a. Iitti’) durch Verschmelzung mit dem bemalenden verschwunden ist, aber sonst nur da, wo im zweiten Teile der Handlung, nämlich beim Bemalen, irgend eine Einzelheit verderbt ist, entweder in eine Meise verwandelt (An ‘a. Torn.-L.’) [69] oder zu einem Vogel im allgemeinen geworden ist (Al ‘b. Pulkk.’). Die Art des Bemalens ist ursprünglich zweifellos das Brennen, da in Finnland die gewöhnliche Folge davon das Versengt werden der Hare des Bären ist, wonach zu schliessen das ganze Märchen zur Erklärung des verbrannten Aussehens der Hare des Bären erfunden scheint (Aj, m ‘a. Eno, Rautav., Ristij.’; vgl. Aj, m ‘b. Kaavi, Ristij., Kij. 1’). Ausserdem ist jenes in Afrika auftretende Eingravieren mit dem Messer schon im Hinblick auf die Waffe, deren Anwendung ganz unnatürlich ist, als eine spätere Aenderung zu betrachten. Der als Scheiterhaufen in Finnland vorkommende Heuschober (Am ‘b. Kij. 1’ Kornfeim) erscheint aus dem Grunde natürlicher, weil er leichter in Brand geraten kann, wie der Fuchs mit seinen Klauen Feuer ausmacht. In Lappland hat sich dieser zufällig vorhandene Heuschober zu einer vom Bären selbst gegrabenen Teergrube entwickelt, in welcher er bis auf die Knochen verbrennt. Daran hat sich dann wieder die Erzählung vom Fuchse angeschlossen, der die übrig gebliebenen Knochen in einen Sack sammelt und für den Sack vom Menschen Renntiere erhält[68], die Renntiere von anderen Tieren schlachten lässt und diese endlich durch Erschrecken davonjagt.[69] Diese lappländische Form hat sich später auch unter den Finnen verbreitet, wie aus einigen in Uleåborgs-Län vorkommenden Varianten hervorgeht (Ao, m ‘a. Torn.-L., b. Pulkk’; vgl. Am ‘b. Sotkam.’[70] das vermutlich eine Mischform ist).

Zum Schlusse ist als Gegenstück zu dem zuletzt besprochenen [70] Tiermärchen und zum Fischen mit dem Schwanze (VII), in denen beiden der Fuchs den Bären, der nach unausführbarem trachtet, durch seine Ratschläge betrügt, folgendes Märchen in Betracht zu ziehn, in welchem der Bär dem Fuchse mit gleicher Münze heimzahlt.


Urform. Der Bär frisst ein Pferd, dass er getötet hat. Der Fuchs kommt und fragt den Bären, wie er es angefangen habe. Der Bär sagt, er habe sich mit den Zähnen an den Schweif des sich sonnenden Pferdes angeklammert und daran gezerrt, so dass das Pferd zu laufen anfing und lief, bis es platzte. Der Fuchs will nun dasselbe Mittel versuchen. Das Pferd setzt sich, den Fuchs am Schweife, in Galopp. Der Hase fragt im Vorbeigehn: „wo will denn Michel hin?“ Der Fuchs nennt in seiner Erwiderung den Hasen Hans. Der Hase lacht sich die Lippen entzwei.

Ab, e, f, h–m, s. Finnen. (Krohn, T. XXI.)

Bb. Esten. (Kunder, S. 22.)

Da. Schweden 1. Wörå in Österbotten. (O. Rancken, Handschr.) – 2. Lappfjärd. Ebendas. (ebend.) – 3. Ebendas. (ebend.) – 4. (Hyltén-Cavallius, W. o. W. II. S. XXVI.) – Db. Norweger. (Asbjörnsen & Moe, No. 74. 4, II. S. 62.)

Zu der Grundhandlung des vorliegenden Tiermärchens gehört bei beständigem Personenwechsel das Erteilen des Rates in Bezug auf die Tötungsart, das sich Festklammern am Schwanze, das Galoppieren und das Fragen im Vorbeigehn. Die handelnden Personen sind also: der am Schwanze Gepackte und den Andern mit sich Schleppende, der Ratgebende, der Fortgeschleppte und der Fragende. Der am Schwanze Gepackte und den Andern mit sich Schleppende ist gewöhnlich das Pferd, unter dem Einflusse eines anderen Märchens ist in Finnland bisweilen (Ae, j, h ‘a. Karst., b. Nurmes 1, 2, f. Rusk.’) der ursprüngliche Ratgeber an die Stelle des den Andern mit sich Schleppenden getreten. Als Ratgeber hat sich der Bär in Norwegen, dem westlichen Finnland, Savolaks (A.? ‘a.?’), dem südlichen Österbotten (Da 2) und dem nördlichen Ingermanland (As ‘a. Pohjois-I.’) entweder als solcher oder in den ihm [71] entsprechenden Wolf verwandelt beibehalten, sonst ist der Ratgeber häufig mit dem Frager verschmolzen (vgl. bes. Da 1), oder mit dem ursprünglich Fortgeschleppten vertauscht worden. Diese Veränderung ist offenbar unter dem Einflusse anderer vom Bären und Fuchse handelnden Märchen erfolgt, in denen der Bär oder sein Stellvertreter, der Wolf, stets als der vom Fuchse Betrogene erscheint. Denn im vorliegenden Tiermärchen ist der Fuchs von Anfang an in der umgekehrten Lage: er ist der gegen seinen Willen Fortgeschleppte, wie der weitaus grösste Teil der Varianten darlegt. An seine Stelle ist in Finnland weiterhin ausser dem ursprünglichen Ratgeber und dem mitunter mit demselben zusammen auftretenden (Ak ‘g. Lapua’) Raben auch noch der ursprüngliche Frager durch gegenseitigen Rollentausch getreten. Der Frager ist sonst ziemlich überall der Hase (ausser Aj, m ‘d. Juuka, e. Kij.’, Da 2), welcher in der Antwort des Fuchses ausnahmslos Hans genannt wird. Der Name des Fuchses, wie er in der Frage des Hasen auftritt, ist dagegen veränderlicher. In Norwegen und Schweden sowie gerade in denjenigen finnischen Varianten, in welchen der Bär, resp. Wolf, als Ratgeber oder Fortgeschleppter sich beibehalten hat, erscheint die allgemeine und an dieser Stelle zweifellos ursprüngliche Benennung Michel. Der Alliteration wegen ist ferner in Finnland (vgl. auch Da 3) von Anterus (Antero, Anterias, Antreas, Antti) ajaja (der fahrende Andreas) und im Parallelreime von Lehtopekka lennättäjä (der fliegende Waldpeter) die Rede, woraus dann wieder einfach Pekka oder Pietari (= Peter) gemacht worden ist. Die anderen Namen sind vereinzelt und vermutlich ganz zufällig. Merkwürdig ist, dass die ursprünglichen Namen des Fuchses und des Hasen, Michel und Hans, häufig trotz eingetretener Personenwechsel an ihrem alten Platze geblieben sind. So z. B. nennt der fortgeschleppt werdende Bär (Aj ‘d. Juuka’) oder Hase (Ai ‘f. Korpis’) den fragenden Fuchs Hans, und dieser seinerseits wieder den Bären und Hasen Michel.[71] Die Benennung Mihkali (Aj. ‘e. Pielisj.’) für den Stellvertreter des Bären, den Wolf, legt [72] dar, dass der Wechsel zwischen Bär und Fuchs unter dem Einflusse des russischen Bärennamens Michailo[72], Mischa[73], Mischka und Mischinka[74] in Ostfinnland stattgefunden hat. Um den Wortlaut der Antwort des Fuchses bestimmen zu können, brauchten wir in dieser Beziehung vollständigere skandinavische Varianten, als uns augenblicklich zu Gebote stehen (Da 4, Db). Denn dass die Antwort, schon als sie nach Finnland gelangte, in poëtische Form gekleidet war, das beweist zur Genüge die erste von den Varianten der österbottnischen Schweden (Da 1). Daraus (auch aus Da 2) sowie aus den festfinnischen Varianten zu schliessen hat die ursprünglich finnische Antwort auf die Frage des Hasen: „wo will denn der Michel hin?“ (Ab ‘b. Ylöj., c. Rauma; vgl. a. Köy.’) vermutlich folgendermassen gelautet: „Jumala tiesi, Jussikulta, mihinkä Mikkoa viedään; ennen hammas lohkee, kuin häntä katkee!“ (Weiss der Himmel, lieber Josef, wohin man den Michel führt; locker wird der Zahn noch, eh’ der Schwanz entzwei geht). Dieser Wortlaut der Antwort ist dann bei seiner Verarbeitung im Volksmunde und besonders bei seiner Verbreitung weiter nach Osten hin immer mehr dem Versmasse unserer Kalevala angepasst worden. Zum Zwecke der Alliteration ist z. B. aus hammas (Zahn) leuka (Kiefer) und aus häntä (Schwanz) kaula (Hals) gemacht worden, wodurch, da wahrscheinlich des Fuchses eigener Hals gemeint ist, der Sinn verändert wird. Die wichtigste Aenderung wird jedoch die Umwandlung des Wortes viedään (er wird geführt) in die Form vietänehen (er mag geführt werden), woran dann eine andere, sich mit dieser reimende, Verszeile gefügt worden ist: kussa yötä lietänehen (wo die Nacht zugebracht werden soll), oder wieder zum Zwecke der Alliteration: oltanehen (dies. Bedeutung). Zu dieser letzteren Verszeile ist stellenweise auch ein Parallelreim hinzugetreten: päiveä valaistanehen (wo der Tag mir leuchten soll), und obendrein noch die kräftige Erklärung: „kyllä täss’ on [73] kylmä kyyti!“ (wahrlich eine kalte Fahrt das), welche in dieser poëtischen Form bloss in Karelen, also am weitesten östlich, vorkommt.

In Finnland ist also die gleichmässig von Westen nach Osten und von Süden nach Norden zunehmende Corrumpierung des Märchens ganz augenscheinlich. Nur im südwestlichen Finnland sind die handelnden Personen am richtigen Platze und ihre Namen in der ursprünglichen Weise beibehalten, und gerade hier haben sich auch die Anfangs- und Schlussdetails des Märchens: der Rat in Bezug auf das Töten des Pferdes und das Lachen des fragenden Hasen am besten erhalten. Im übrigen Finnland ist das erstere Detail gewöhnlich verstümmelt worden, bisweilen hat es sich auch an ein zu einer ganz anderen Gruppe gehörendes Fuchsmärchen (XXXV) angeschlossen, und das zweite Detail, welches doch ohne Zweifel schon von Anfang an zu der Grundhandlung des Märchens gehörte, da das ganze Märchen gerade zur Erklärung der gespaltenen Lippe des Hasen erfunden zu sein scheint, ganz spurlos verschwunden. In Norwegen dagegen finden sich alle Züge der als ursprünglich erwiesenen südwest-finnischen Form unverändert vor, wodurch sonnenklar dargelegt wird, dass das vorliegende Tiermärchen von Skandinavien nach dem südwestlichen Finnland gedrungen ist. Und dass dies Tiermärchen als solches von Anfang an skandinavisch war, das beweisen, ausser seiner geringen Verbreitung, jene dem Fuchse und dem Hasen beigelegten katholischen Heiligennamen Michael und Johannes, welche sich als Spitznamen dieser Tiere, ausser in Finnland und Ingermanland, meines Wissens nur in Skandinavien, aber auch in ganz Skandinavien, Schweden, Norwegen und Dänemark[75], finden.

Aus den erwähnten Namen darf man jedoch nicht schliessen, dass das vorliegende Tiermärchen erst zu christlicher Zeit in Skandinavien entstanden sei. Im Gegenteil weist eine bei den amerikanischen Negern vorkommende Variante, welche, wenn sie hier hinzugerechnet werden kann, vielleicht besonders durch Vermittlung der Engländer zu ihnen hat gelangen können, wenigstens [74] auf die Möglichkeit hin, dass das Märchen schon zu der Zeit bei den Engländern existiert hat, als diese mit den umherstreifenden, heidnischen Skandinaviern in Verbindung standen.

Ob. Amerikan. Neger. Vereinigte Staaten. (Harris, 1884, No. II, S. 27).

Aber jedenfalls thut schon der Rollenaustausch zwischen Bär und Fuchs allein kund, dass dieses Märchen im Vergleich zu anderen vom Bären und Fuchse handelnden eine verhältnismässig spät hinzugekommene Erzählung ist.[76]


2. Der Fuchs sich dem Bären als Gefährte aufdrängend.

Im vorhergehenden Kapitel hat der Bär, indem er selbst die Gesellschaft des Fuchses aufsuchte, es schon zu einem verstümmelten Schwanze (VII) und versengten Haren (XIII) gebracht. Aber der Fuchs ist noch nicht damit zufrieden, diesen Schaden verursacht zu haben, sondern da der Bär ihm nicht mehr aus freien Stücken Gesellschaft leistet, so beginnt er jetzt seinerseits, auch unaufgefordert jenem sich aufzudrängen. Der erste Versuch bezweckt, wie wir aus folgendem Fuchsmärchen ersehen, die Aufzehrung der Speisevorräte des Bären.


Urform. Der Fuchs sucht Umgang mit dem Bären, da er weiss, dass dieser einen Bienenkorb besitzt. Dreimal entfernt er sich aus dem Gesichtskreis des Bären, angeblich um zu einer Geburt zu eilen, zu welcher er als Namengeber eingeladen sei, in Wirklichkeit aber um aus dem Bienenkorbe Honig zu naschen. Jedesmal kehrt er zu [75] den Bären zurück und nennt diesem auf seine Frage den Namen, welchen er dem Kinde gegeben habe, wobei er mit verstecktem Wortspiele das Ziel, das erste, zweite und dritte Drittel, andeutet, bis zu welchem er jedesmal bei der Plünderung des Bienenkorbes gelangt ist. Wie der Bär bemerkt, dass der Bienenkorb leer ist, bezichtigt er den Fuchs, daran schuld zu sein. Diesem ist es nun ein Leichtes, einzuwenden, dass er sich die ganze Zeit entweder vor den Augen des Bären oder mit dessen Wissen anderswo befunden habe, und so die Beschuldigung auf den Bären selbst zurückfallen zu lassen. Da aber der Bär den Worten des Fuchses nicht recht Glauben schenken will, so schlägt der Fuchs vor, dass sich beide im Sonnenschein schlafen legen sollten, um zu sehen, wer von ihnen den Honig herausschwitzen würde. Der Bär schläft sofort ein und schläft so fest, dass der sich wach haltende Fuchs, als er den Honig aus seinem Leibe fliessen fühlt, ihm das Hinterteil damit beschmieren kann, ohne dass er erwacht. Endlich weckt der Fuchs den Bären, der jetzt den Honig gegessen zu haben glaubt, obwohl er sich dessen nicht erinnern kann.

Aa, b, d, k. Finnen. (Krohn, T. IV.; vgl. XVI.)

Ba. Esten. (Kunder, S. 31.)

Cb. Asiat. Türken. Südsibirien. (Radloff, III. No. X. 6, S. 369.)

Da. Schweden 1. Kronoby in Österbotten. (O. Rancken, Handschr.) – 2. Lappfjärd ebendas. (ders.) – 3. Nerpes ebendas. (ders.) – 4. Estnische Küste. (H. Wendell, Handschr. I. No. 29, S. 24.) – 5. Dalarne. (Sv. Landsm. I. 13, S. 52.) – 6. Småland. (Bondeson, Sv. No. 30, S. 118.) – Db. Norweger 1. Ringerige. (Asbjörnsen & Moe, No. 17. II, I.² S. 91.) – 2. Hardanger. (ders. I². S. 413.) – Dd. Deutsche 1. Schleswig-Holstein. (Müllenhoff, No. Märchen 28, S. 468.) – 2. Hinter-Pommern. (Firmenich, I. S. 91.) – 3. Brandenburg. (Engelien & Lahn, I, No. II. 16, S. 166.) – 4. Hessen. (Grimm, KM. No. 2, I⁵. S. 6.) – 5. Ebend. (ders. No. 2 Anm. III³. S. 7.) – 6. (ders.) – 7. Siebenbürgen. (Haltrich-Wolff, No. I. 38, S. 74.) – De. Isländer. (Arnason, II. S. 606.)[77]Df. Engländer. (Campbell, III. S. 99.)

[76] Ea. Kelten in Schottland 1. (Campbell, No. LXV, III. S. 96.) – 2. Ebend. (ders. III. S. 99.)

Fa. Franzosen 1. Lorraine. (Cosquin, No. LIV, S. 156.) – 2. Ebendas. (ders. No. LIV Anm., S. 159.) – 3. Ebendas. (Adam, No. L. Ch. C. VII, S. 412 u. 414.)[1]4. Bourgogne. (Sébillot, C. des prov. No. LXV, S. 320.)[1]5. Lyonnais. (Jb. f. roman. u. engl. Liter. IX. S. 399.) – 6. Dauphiné. (Revue des langues romanes XIV. S. 184)[78]. – 7. Guyenne. (Revue des Provinces III. S. 492.)[79]8. Gascogne. (Revue des langues romanes IV. S. 315.)[80]9. Ebendas. (Bladé, III. No. C. famil. IV. 1., S. 195.) – Fb. Portugiesen. (Braga, No. 246.)[80]Fc. Spanier. (Caballero, II. S. 6.)[80]Fd. Italiener 1. (Giambattista Basile 1884, S. 52.)[1]2. Neapel. (Archivio delle tradiz. popol. V. S. 57.)[1]

Ha. Grossrussen 1. Archangel. (Afanasiew, Сказки I.² No. 2c, S. 20.) – 2. Wologda. (ders. No. 2d, S. 21.) – 3. Perm. (ders. No. 2b, S. 18.) – 4. Nischni-Nowgorod. (Tschudinski, No. 12, S. 64.) – 5. Wladimir. (Afanasiew, Сказки I.² No. 2a, S. 17.) – 6. Saratow. (ders. No. 2e, S. 24.) – 7. (A. Witte: Подсиѣжникъ, 1860, No. 1. S. 5.) – Hc. Kleinrussen 1. Charkow. (Afanasiew, Сказки I.² No. 1b, S. 6.) – 2. (Dragoman, No. 36, S. 362.)[81]He. Südslaven 1. Friaul. (I. Baudouin-de-Courtenay: Слав. Сб. III. S. 301.) – 2. Kroatien. (Krauss, I. No. 11, S. 39.)

Ia. Griechen 1. Epiros. (Hahn, No. 89, II. S. 99.) – 2. Ebendas. (ders. II. S. 306.)

Mb. Libyer 1. Algier. (Rivière, S. 89.)[82] – 2. Ebendas. (Notes de lexicographie berbère. S. 98.)[82]

Na. Hottentotten. (Bleek, No. I. 9, S. 15.)

[77] Ob. Amerikan. Neger 1. Vereinigte Staaten. (Harris, 1883, No. XVII, S. 82.) – 2. Guiana. (Brueyre, S. 365.)[83]

Zu der Grundhandlung des vorliegenden Fuchsmärchens gehört einerseits das heimliche Aufzehren des Speisevorrats, und andererseits das Schuldigerscheinen des Unschuldigen. Die Grundelemente des Märchens sind also: der unentdeckt bleibende Schuldige, der aufgezehrte Speisevorrat und der schuldig erscheinende Unschuldige. Der unentdeckt bleibende Schuldige ist in Europa meist und eigentlich der Fuchs, welchen in Afrika der Schakal (Mb 1, Na) und in Amerika das Kaninchen (Ob) vertritt. Denn die Varianten, in denen die Katze (Ba[84], Dd 4, Df, Ob 2) oder (unter dem Einflusse eines anderen Märchens) das Huhn (Dd 2, 3, 5) auftritt, sowie die einzige anthropomorphisirte Variante (De) sind schon im Hinblick darauf, dass der zweite Theil der Grundhandlung in ihnen allen weggefallen ist, offenbar für später verderbt anzusehn. Um unentdeckt zu bleiben, hatte der Fuchs natürlich einen Vorwand erfinden müssen, welcher erstens sein Verschwinden aus dem Gesichtskreise und zweitens seine Abwesenheit, während die Uebelthat begangen wurde, erklären sollte. Zum Vorwande für das Verschwinden dienen drei Geburten, welche bisweilen in Hochzeiten (Mb 1), Gastmähler (Ad ‘a. Iitti’) oder eine Krankheit (Ha 7, Ob 1) umgewandelt sind. Bei den Geburten scheint die eigentliche Obliegenheit (Dd 7) des Fuchses das Namengeben zu sein, welche Pflicht ihn gewissermassen dazu berechtigt, sich ohne weitere Ausflüchte zu entfernen. Der aufgezehrte Speisevorrat besteht meist aus Honig oder aus Butter. In West-, Mittel- und Osteuropa findet sich der Honig mehr im Süden und die Butter mehr im Norden, wonach zu urteilen man die letztere in diesem nordischen Fuchsmärchen für das ursprünglichere halten müsste. Aber im schroffen Widerspruche mit dieser Annahme stehen die Varianten aus Schweden [78] (Da 5, 6) und die der an der estnischen Küste wohnenden Schweden (Da 4)[85], in welchen Varianten ausschliesslich der Honig und zwar meist (Da 4, 5) noch in ganz roher Form in seinem natürlichsten Behälter, dem Bienenkorbe, erscheint. Da nun die finnischen Varianten sich auf West-Finnland, das südliche Tawastland und das südliche Österbotten, also gerade auf die den Schweden Finnlands benachbarten Gebiete, beschränken[86], so ist es klar, dass die Finnen das Märchen von den Schweden entlehnt haben, und dass wenigstens die Butter, welche in Finnland überall auftritt, später als der Honig ist. Als die nächstliegende Ursache dieser Veränderung ist in unserm Lande natürlich die durch das kalte Klima bedingte Vernachlässigung und geringe Beachtung der Bienenzucht gegenüber der Züchtigung anderer Haustiere anzusehn, und derselbe Umstand ist vermutlich auch in Norwegen der Grund gewesen. Aber anderswo war offenbar eine weitere Ursache die Vertauschung des der Aufzehrung des Speisevorrates scheinbar überführten Bären mit dem Wolfe. Der schuldig erscheinende Unschuldige ist weiter nördlich zugleich und weiter südlich, wo der zweite Teil der Grundhandlung meist weggefallen ist, sehr häufig bloss der Besitzer des Speisevorrates oder wenigstens ein Teilhaber daran.[87] Und da ist natürlich der Bär als Besitzer des Honigvorrates am rechten Platze. Diesen vom Standpunkte der Naivetät gezogenen Schluss bekräftigen noch als geschichtliche Beweisstücke zwei grossrussische Varianten (Ha 4, 7; vgl. auch 6), besonders die zweite, welche trotzdem, dass in allen ihr vorausgehenden, zur gleichen Erzählung gehörigen Fuchsmärchen Personenwechsel stattgefunden hat, auch fernerhin in dieser Beziehung auf dem ursprünglichen Standpunkte geblieben ist. Trat der Wolf oder der Hund (Ob 2) an die Stelle des Bären, so musste natürlich die aufbewahrte [79] Speise aus Honig allmählich in die für jene schmackhafte Butter (Fa 3 in Weinmus) umgewandelt werden, welche dann bei der Hyäne (Na), der Maus (Ba, Dd 4) oder der Ratte (Df) zu blossem Fett wurde. Noch bemerkenswerter ist die schrittweise Corruption des Märchens in denjenigen deutschen Varianten, in welchen der Hahn anstatt des Bären auftritt. Zuerst frisst ihm der Fuchs den Honig weg (Dd 6), dann das Huhn die Butter (Dd 3) oder das Fett (Dd 5), und dann erst die für den Vogel einzig passende Pflanzennahrung (Dd 2). Sonst seien noch die polyzoistischen Varianten (Aa ‘b’, Cb, Dd 7, He 1, 2, Mb 1, Ob 1) erwähnt, welche ganz offenbar nur spätere Vervielfältigungen der Personen sind. Um den im vorliegenden Tiermärchen nunmehr als ursprünglich erwiesenen Bären schuldig erscheinen zu lassen, schlägt der Fuchs vor, dass sie beide sich gegen ein Feuer gewendet niederlegen sollten. Ursprünglich vertrat wohl die Stelle des Feuers der Sonnenschein, der erst später zu einem auf dem Erdboden angezündeten Lagerfeuer (Ak, a ‘a. Perho 2, b. Mynäm.’, Dd 1) und dann (zum Teil unter dem Einflusse von XX) zu einem Herdfeuer innerhalb von vier Wänden geworden ist (Ha 2, 3, 4, 7). Und da der Zweck dieser Erwärmung ist, dass man ersehen kann, aus wessen Leibe der Honig fliesse, so erscheint natürlich die Form als ursprünglich, nach welcher der Honig wirklich aus dem Leibe des schuldigen Fuchses fliesst und dann direkt auf das Hinterteil des Bären geschmiert wird. Erst später wird der Fuchs gezwungen, den Rest des Vorrates dazu zu benutzen (Aa ‘a. Mynäm., vgl. Raisio’ Db 1, Dd 1, Ea 1, Ha 2, 4, 7; vgl. Na) oder anderswoher neuen Honig zu suchen (Hc 1).

Im Hinblick darauf, dass ausserhalb Europas, mit Ausnahme einer einzigen Variante der amerikanischen Neger (Ob 1), ganz regelmässig der eine oder der andere Teil der Haupthandlung weggefallen ist, und ausserdem alle wichtigeren Elemente: die Personen, die aufgezehrten Speisevorräte und der Vorwand für das Verschwinden, in corrumpierter Form erscheinen, sowie darauf, dass von keinem der beiden Teile der Grundhandlung sich in irgend einer geschriebenen Tierdichtung eine Spur findet, ist [80] das vorliegende Tiermärchen für ein ausschliesslich europäisches und volkstümliches Fuchsmärchen zu halten. Und wenn man weiter bedenkt, dass es im Norden sich in sowohl vollständigerer wie ursprünglicherer Form erhalten hat, so hat es ganz ohne Zweifel zu den anfänglich nordischen, vom Bären und Fuchse handelnden Märchen gehört, mit denen es dann von den germanischen Völkern unmittelbar oder mittelbar zu den Finnen, Kelten, Romanen, Südslaven und Griechen in Europa und ausserdem nach Afrika und Amerika gebracht worden, aber durch Vermittlung der ostslavischen Völker nur nach dem nördlichen Asien (Cb) gelangt ist. Endlich ist zu bemerken, dass es sich oft mit der im vorigen Kapitel besprochenen nordischen Märchenkette, deren Kern das Fischen mit dem Schwanze (VII) bildet, verbunden hat. Doch macht es kein ständiges Glied dieser Kette aus, da es in derselben keinen bestimmten Platz hat, und noch weniger ist es eine blosse Variante des Fischens mit dem Schwanze (VII), wie Benfey[88] glaubt, denn ebenso gut könnte man jedes beliebige vom Bären und Fuchse handelnde Märchen für eine Variante eines andern erklären. Es ist also als ein ursprünglich selbständiges Märchen an jene Märchenkette angefügt worden.

Nachdem wir nun den Entstehungsort des vorliegenden Märchens gefunden haben, hätten wir noch zu untersuchen, ob auch seine Entstehungszeit wenigstens ungefähr zu bestimmen ist. Da scheint denn das ausdrückliche Auftreten des namengebenden Fuchses als Gevatter oder Täufer, wenn man es mit der in den Tiermärchen aller europäischen Völker überall vorkommenden, aber besonders zwischen Bär (Wolf) und Fuchs bestehenden, Gevatterschaft (namentlich IX. Bh und Dd 3) zusammenstellt, die Ausbreitung des Christentumes im Norden als die äusserste Grenze für die Entstehungszeit unseres Märchens festzusetzen. Aber in dieser Hinsicht ist zu bedenken, dass in Russland, dem gelobten Lande der Gevatterschaften, der namengebende Fuchs meist nur als Hebamme auftritt, und was jene Gevatterschaft überhaupt betrifft, so kann sie auch ganz gut erst [81] in späterer Zeit aus den menschlichen Verhältnissen auf die Tiermärchen übertragen worden sein, wofern sie nicht, wie Weber[89] behauptet, eine durchaus heidnische Brüderschaft ist, wie sie sich schon in den äsopischen Fabeln und sogar bei den Indern findet. Die Bestimmung eines frühesten Zeitpunktes für die Entstehung ist daher auf dieser Grundlage unmöglich.

Merkwürdig ist, dass von dem vorliegenden Märchen in Finnland keine einzige aus Russland gekommene Variante gefunden worden ist, und dass auch die skandinavische Form vollständig nur an der Grenze der schwedischen Kolonisation angetroffen wird. Doch hat sich die zweite Hälfte des Märchens, von der ersten losgelöst, weiter nach Osten und Norden im Anschluss an folgendes Fuchsmärchen verbreitet.


Urform. In die vom Menschen angelegte Wolfsgrube geraten nach einander: der Hase, der Fuchs, der Wolf und der Bär. Da sie nicht herauskönnen, beginnen sie mit der Zeit hungrig zu werden und wissen keinen andern Rat, als einander aufzufressen. Auf den Vorschlag des Fuchses versuchen sie ihre Stimme um die Wette. Erst wird der Hase, der den kürzesten Atem, dann der Wolf, der den längsten Atem hat, gefressen. Fuchs und Bär bleiben allein übrig. (s. II.)

Ab, e, g, h, j–m, p, s. Finnen. (Krohn, T. III.)

Bh. Ungarn 1. (Teza, S. 69.) – 2. (ders. S. 73.)

Ha. Grossrussen 1. Tula. (Erlenwein, No. XXIII, S. 105.) – 2. Samara. (Sadownikow, No. 53, S. 177.) – 3. Woronesch. (Afanasiew, Сказки I². No. 1a, S. 3.) – 4. Ebendas. (ders. No. 10b, S. 47.) – 5. (ders. No. 10a, S. 46.) – Hc. Kleinrussen. Poltawa. (Rudtschenko I. No. 10, S. 20.)

La. Syrer. Mesopotamien. (Prym & Socin, No. LXV, S. 266.)

Zu der Grundhandlung des vorliegenden Märchens gehört einerseits das Hungrigwerden und andererseits das einander Auffressen. Die Hauptelemente des Märchens sind also [82] die hungrig gewordenen Tiere, die Ursache des Hungers und die Ausersehung dessen, der gefressen werden soll. Die hungrig gewordenen Tiere sind eigentlich und im allgemeinen vier: Hase, Fuchs, Wolf und Bär. Von andern vierfüssigen Tieren sind überzählig und zufällig: der Luchs (Al ‘c. Pyhäj. 3’, wo die Tiere des Waldes der Reihe nach aufgezählt werden), der Vielfrass (an gl. Stelle), das Wiesel (an gl. St., in Finnland in der b-Form unter dem Einflusse einer besonderen einleitenden Episode), das Eichhörnchen (an gl. St.; sonst hinzugefügt in Al ‘c. Kärsäm.’, Ha 5), die Wildkatze (Bh 1 an Stelle des Bären), das Reh (Bh 2 ebenso) und der Hirsch unter den Haustieren, welche, ausser dem Pferde (La ebenso), nur in langen Aufzählungen (Ab, l ‘c. Rauma, Kärsäm.’) oder unter dem Einflusse eines andern Märchens (XL : Ae, l ‘c. Pihtip., Haapaj. 1’, LIII: Ha 4, 5) als Zugabe zu den eigentlichen Personen vorkommen. Auch die Vögel (Bh 2; in Finnland gewöhnlich in der c-Form), bisweilen antropomorphisirt (Al ‘c. Haapaj. 1, Pyhäj. 3, Haapav. 2’), und die Fliege (Ha 1) sind erst später mit ganz anderen, mit der Anfangsepisode des vorliegenden Märchens verschmolzenen, Tiermärchen, dem Fliehen vor dem Weltuntergange[90] und dem in eine enge Stelle Geraten[91], hinzugekommen. Die Ursache des Hungers ist hier das in die Grube Geraten, ohne heraus zu können. Begreiflich ist es, dass die Tiere nur aus Versehen in die Falle gegangen sind und offenbar ganz zufällig, da in allen den Varianten, in welchen sie freiwillig sich einschliessen oder von einem Andern dazu verleitet werden, entweder das Hinzukommen der obenerwähnten zu den eigentlichen Personen (vgl. auch Aj ‘a. Kaavi’, Ha 2) oder das allmähliche Verschwinden des Grundgedankens (Ha 3) den Einfluss eines anderen [83] mit dem vorliegenden verbundenen oder verschmolzenen Tiermärchens bekundet. Der ursprüngliche Ort der Handlung ist die vom Menschen, gewöhnlich ausdrücklich zum Zwecke des Wolfsfanges, angelegte Erdgrube, aus welcher erst in den Grenzgebieten Finnlands ein über den Erdboden sich erhebendes Gebäude wird. Die Ausersehung dessen, der gefressen werden soll, erfolgt, meist auf Vorschlag des Fuchses, in Grossrussland im Hinblick auf die Stimme, und zwar entweder so, dass der Hase und der Wolf als die beiden mit dem kürzestem Atem versehenen (Ha 2, 4), oder so, dass der Hase als der mit der feinsten, und dann der Wolf als der mit der gröbsten Stimme versehene (Ha 5) gefressen werden. Die Urform ist aus diesen wenigen Varianten schwer genau zu erkennen, vielleicht liegt sie in der Mitte zwischen beiden Formen, aber soviel ist wenigstens sicher, dass die dritte Form, nach welcher der Hase, der Fuchs und der Wolf hinter einander als die mit der schwächsten Stimme versehenen gefressen werden, im Hinblick auf die schon vor ihnen verurteilte, aber sich versteckende Fliege als durch den Einfluss eines andern Märchens corrumpiert zu betrachten ist. In Kleinrussland wieder wird die Auswahl nach dem Lebensalter getroffen, aber die Verkehrtheit dieser Form geht daraus hervor, dass, obgleich der Bär sich als der jüngste erweist, doch der Hase anstatt seiner gefressen wird. Die in Ungarn als Mittel zur Bestimmung herangezogene Schönheit zeigt sich schon dadurch, dass die Wildkatze oder das Reh, die Stellvertreter des Bären, anstatt des Wolfes gefressen werden, ebenfalls als ein corrumpierter Zug. In Finnland eignet sich die Auswahl nach der Körpergrösse (Aj, m, p, l ‘a. Eno, b-Form ausser Kont. 2, c. Pulkk. 2’) recht gut für den zuerst gefressen werdenden Kleinsten, den Hasen, aber ganz und gar nicht für den dem Fuchse an Grösse überlegenen Wolf, weshalb der Fuchs gezwungen ist, mit anderen Eigenschaften, mit langem Rücken (Aj ‘a. Eno’) oder mit langen Haren (As ‘Pohjois-I.’), den Wolf zu kennzeichnen zu suchen, wobei er oft ein auch auf den Hasen passendes Merkmal in den glotzenden Augen (Al, s, p ‘a. Sievi, Pohjois-I., b. Wienanl.’) findet. Aber die gründlichste[WS 8] Umwandlung ist in denjenigen [84] finnischen Varianten (in der c-Form gewöhnlich) eingetreten, in welchen unter dem Einflusse des, mit dem Anfange des Märchens verbundenen, „Fliehens vor dem Weltuntergange“ der Urheber des Gerüchtes (besonders Ag, l, m ‘c. Kiuruv., Pulkk. 1, Hyryns. 1’) als Betrüger der Andern zuerst dazu verurteilt wird, gefressen zu werden, und in denen dann der Fuchs, nachdem er den Anteil, welchen sich der Bär für den nächsten Tag aufgespart hatte, nachts heimlich aufgezehrt hat, einen Unschuldigen nach dem andern schuldig erscheinen lässt, indem er ihm Blut an die Mundwinkel schmiert. Dass dieses letzte Detail wirklich der zweiten Hälfte des vorher besprochenen Märchens entnommen ist, beweist am klarsten die Variante (Ak ‘c. Perho’), in der noch das Gesäss der beschmierte Körperteil ist[92] sowie noch eine zweite (Ab ‘c. Rauma’), in welcher die Uebriggebliebenen, Bär und Fuchs, sich gegenseitig beschuldigen, jenen Anteil aufgezehrt zu haben.

In Anbetracht dessen, dass der Hase, Fuchs, Wolf und Bär in Russland in vielen verschiedenen Märchen, aber anderswo nur in aus Russland entlehnten Varianten (in Finnland z. B. in Krohn, T. XIVc, LIII, LIV) sich in einer ununterbrochenen Reihenfolge nacheinander zusammenfinden, um etwas auszuführen oder zu erdulden, kann man mit Sicherheit behaupten, dass das vorliegende Märchen in Russland entstanden und von da aus dann nach Finnland, Ungarn und Asien gewandert ist.

Und diese Behauptung wird noch bestätigt durch folgendes mit dem eben besprochenen verbundenes Fuchsmärchen, welches, besonders in Anbetracht dessen, dass es in Finnland ausschliesslich im Osten und Norden vorkommt, ganz ohne Zweifel von Russland aus in denselben drei Richtungen sich verbreitet hat.


Urform. (s. III.) Während der Hase und der Wolf gefressen [85] werden, versteckt der Fuchs ihre Gedärme unter seinem Leibe. Als alles Uebrige aufgezehrt ist, beginnt er die Gedärme hervorzuziehn, um sie aufzufressen. Auf die Frage des Bären giebt er an, seine eigenen Eingeweide zu fressen. Der Bär schlitzt sich den Bauch auf, um ebenfalls seine Eingeweide hervorzuziehn. Er stirbt daran und bleibt dem Fuchse zum Frasse.

Ai, j, l, m, p, q, s. Finnen. (Krohn, T. II.)

Bh. Ungarn 1. (Gaal-Stier, S. 201–204.)[93]2. (Teza, S. 70.)

Cb. Asiat. Türken. Südsibirien. (Radloff, III. No. X. 6, S. 370.)

Ha. Gross-Russen 1. Twer. (Afanasiew, Сказки I.² No. 1e, S. 15.) – 2. Samara. (Sadownikow, No. 53, S. 177.) – 3. Woronesch. (Afanasiew, Сказки I.² No. 10b, S. 48.) – Hb. Weissrussen. Grodno. (ders. No. 1c, S. 11.)

Zur Grundhandlung des vorliegenden Tiermärchens gehört seitens des verleitenden Tieres das Fressen der unter dem Leibe versteckten Vorräte und seitens des verleiteten das Fressen seiner eigenen Eingeweide. Die Grundelemente des Märchens sind also: der betrügende Fresser und die unter seinem Leibe versteckten Vorräte, sowie der betrogene Fresser und seine eigenen Eingeweide. Der betrügende Fresser ist überall ohne Ausnahme der Fuchs, so dass die Zugehörigkeit des Märchens zu den Fuchsmärchen[94] nicht bezweifelt werden kann. Die unter dem Leibe versteckten Vorräte sind, abgesehen von einer Variante (Hb), in der sie unter dem Einflusse eines anderen Märchens (VIII) zu Teig geworden sind, überall die Ueberbleibsel irgend eines ausserhalb der eigenen Handlung des Märchens getöteten Tieres, was offenbar [86] beweist, dass das Märchen schon von Anfang an mit einem andern verbunden war, wie es denn auch gegenwärtig kaum irgendwo (Al ‘a. Kärsäm.’ hat sich in dem Detail vom Liegen in der Wolfsgrube eine Spur seiner Vereinigung mit III erhalten) für sich allein vorkommt. Diese Ueberbleibsel des getöteten Tieres sind allerdings in Russland nur einmal (Ha 4), aber dann in vielen von da nach Finnland und Ungarn gewanderten Varianten die Gedärme, woraus erst später Fleisch (Ai ‘a. Suist.’, Cb, Ha 1, 3; vgl. Aq ‘a. Him.’) und Knochen (Ap ‘a. Kont. 2’, Ha 2) geworden ist. Diesen letzteren entsprechen jedoch bei dem betrogenen Tiere wieder die eigenen Gedärme, entweder ausdrücklich genannt (Ha 2, wo die Erwähnung der Augen ein lokales Detail ist) oder nur im allgemeinen als Inneres des Magens erwähnt (Ai ‘a. Suist.’, Cb; vgl. Ha 3); bloss in einer einzigen Variante sind sie in die Pfoten umgewandelt worden (Ap ‘b. Kont. 2’). Sonst sind noch die Gedärme unter dem Einfluss der Märchenkette, zu welcher das Fischen mit dem Schwanze (VII) gehört, aus ihrem eigentlichen Sitze, dem Magen, in den Kopf verlegt worden, und zwar als Gedärme (Ha 1) oder als Gehirn (Hb), woraus hervorgeht, dass das Märchen diese beiden vereinzelten Verbindungen (mit VII und VIII) spät und ganz zufällig eingegangen ist. In sonstigen vereinzelten Verbindungen des vorliegenden Märchens ist das Detail von den unter dem Leibe versteckten Vorräten entweder allzu sehr verallgemeinert worden (indem die Vorräte aus Fleisch bestehen) oder ganz und gar verschwunden (Aj ‘b. Nurmes’), so dass hier also, abgesehen von einer ungarischen Variante (Bh 1, wo jedoch das Vorkommen der Gemse beweist, dass eine Fuchsgeschichte nach Art von III Bh 2 sich vorgefunden hat), in welcher ein Ziegenmärchen in Verbindung damit auftritt, das oben besprochene Einander Auffressen (III), mit welchem sowohl in Russland, wie in Finnland und Ungarn mehr als die Hälfte dieser Varianten verbunden ist, als der einzige erwiesenermassen ständige Begleiter des Märchens übrig bleibt. Und da dasselbe schon von Anfang an nicht für sich allein existieren konnte, so ist diese Verbindung ohne Zweifel für [87] ursprünglich zu halten. Ein jedes der beiden Märchen kann nur mit Hülfe des andern völlig verstanden werden. Aus dem ersteren ersieht man, wessen Gedärme die im letzteren vorkommenden unter dem Leibe versteckten Vorräte sind, der Fuchs hat sie nämlich beim Verspeisen des Hasen und des Wolfes von seinem eigenen Anteil aufgespart. In dem letzteren (Märchen) wird berichtet, wie es den im ersten allein Uebrig gebliebenen, dem Bären und dem Fuchse, schliesslich gegangen ist. Dabei ist zu bemerken, dass in Russland, nach dem ersteren zu schliessen dem Heimatlande des letzteren, gerade in den Varianten, in welchen diese ursprüngliche Verbindung sich vollständig erhalten hat, der Bär oder an seiner Stelle das Schwein (Ha 4) als das betrogene, sich selbst auffressende Tier erscheint. Mit dem Wolfe ist der Bär erst später vertauscht worden, als das Märchen unter den Einfluss anderer, in dieser Beziehung früher entwickelter, Fuchsmärchen geriet (Ha 1 hat sich der Bär doch noch beibehalten) und mit diesen zusammen sich weiter verbreitete. Das vorliegende Tiermärchen, als eine in Russland entstandene, vom Bären und Fuchse handelnde Erzählung ist daher die beste Stütze für die Behauptung, dass in den vorher besprochenen allgemein europäischen und ursprünglich nordischen Fuchsmärchen auch in Russland anfänglich der Bär das verleitete Tier gewesen ist.

Aber wenn gleich die Märchenkette, welche vom Einander Auffressen (III) und vom Hervorziehen der Gedärme (II) anfänglich gebildet wird, ihrer Entstehung nach als russisch zu bezeichnen ist, so ist doch ihre eigentliche epische Entwicklung hauptsächlich den Finnen zum Verdienst anzurechnen. Am nächsten steht der russischen Urform die südostfinnische Form (IIIa + II), welche in Ingermanland und Finnisch-Karelen sich findet (Al ‘Sievi’ ist nach Österbotten auf schriftlichem oder mündlichem Wege gelangt). In diese ist als Fortsetzung des ursprünglichen Doppelmärchens eine aus einem zwischen Kranich und Fuchs sich abspielenden Märchen (Ic) entlehnte Erzählung aufgenommen, welche schildert, wie sich der Fuchs beim Erscheinen des Menschen, [88] indem er sich tot stellt, aus der Grube rettet.[95] An den Anfang ist bisweilen (Aj ‘Kaavi’) als Veranlassung des Fallens in die Grube das in Russland in dieser Verbindung vorkommende, aber als späterer Zusatz klar erwiesene, und, wie wir an anderer Stelle sehen werden, vermutlich aus den zwischen Ziege und Wolf sich abspielenden Märchen ursprünglich herstammende Wettspringen, das sich auch in der nordostfinnischen Form (IIIb + II), in einer Variante (Am. ‘Kij.’), wenn auch an unrechter Stelle, nämlich zwischen den ursprünglichen Zwillingsmärchen, beibehalten hat. Sonst hat es in der ebenerwähnten, aus dem Gouwernement Archangel nach Österbotten gedrungenen Form, in welcher an die Stelle des Fallens in die Grube das auf ebenem Boden stattfindende Ziehen des Toten getreten ist, augenscheinlich (schon in Anbetracht seines dichterischen Gewandes) eine in der Fundgrube unserer Dichtungen, unter den Russisch-Karelern, entstandene Episode, als unnötig wegbleiben können. Das Ziehen des Toten ist weiterhin in der westfinnischen Form (IIIc + IV) mit dem aus Westen und zwar besonders aus Skandinavien entlehnten Fliehen vor dem Weltuntergange verstauscht worden, wobei das Einander Auffressen allerdings noch in einer östlicheren österbottnischen Variante (Am. ‘Hyryns. 1’) unter blossem Himmel, aber sonst in einer verriegelten Waldhütte (auch IIIb. Ap ‘Kont. 2’) vor sich geht. In diesem letzteren Falle hat sich das Hervorziehn der Gedärme (II), welches schon in der nordostfinnischen Form (IIIb + II) durch Vertauschung des Bären mit dem Wolfe (Am ‘Kij.’) oder durch blosse Hinzufügung des letzteren (Ap ‘Kont. 1’) sowie durch Verschmelzung (Ap ‘Kont. 2’) mit dem Einander Auffressen (III) corrumpiert worden oder völlig verschwunden ist (Am, p ‘Haukip., Wienanl.’), seinerseits in den zweiten Teil des ebenfalls aus Skandinavien nach Finnland gelangten Butternaschens (IV) verwandelt: in das Schuldig Erscheinenlassen des Unschuldigen, ohne eine andere Spur zurückzulassen als den Zug, [89] dass der Bär mitunter (beachte Ak ‘Perho’) etwas von seinem Anteil für den nächsten Tag aufhebt. Aus derselben Richtung kommend hat sich zu derselben Zeit an die westfinnische Form (IIIc + IV) in Österbotten das Ins Bein Beissen (X) angeschlossen, und zwei ebenfalls österbottniche Varianten (Ak, l ‘Perho, Pyhäj. 5’), von denen die erste schon in zwei Beziehungen sich als ursprünglich erwiesen hat, schliessen die in dieser Weise ausgebildete Märchenkette noch dadurch, dass die eigentliche Spitze der ursprünglichen Märchenkette, das Verleitetwerden zum Selbstmorde, zweifellos unter dem Einflusse des Fischens mit dem Schwanze (VII), in das Tötenlassen durch den Menschen umgewandelt wird.

Aber offenbar giebt sich der böse Fuchs mit dem Selbstmorde des Bären noch nicht zufrieden, da er nicht aufhört, Ränke zu schmieden, bis er noch die Bärin geschändet hat. Von diesem Fuchsmärchen finden sich seines anstössigen Inhalts wegen nur sehr wenige Varianten aufgezeichnet.


Urform. Der Fuchs geht zur Bärenhöhle und fragt die jungen Bären, ob ihre Mutter zu Hause wäre. Auf die Frage, was er denn von ihr wolle, sagt er, er wolle sie begatten. Als die Bärin durch ihre Jungen von der Drohung des Fuchses hört, legt sie sich in den Hinterhalt, aus dem sie beim Nahen des Fuchses hervorbricht. Der Fuchs schlüpft auf der Flucht zwischen zwei Bäumen hindurch, in deren Geäst die nacheilende Bärin stecken bleibt. Wie der Fuchs dies bemerkt, kehrt er um und schändet sie.

Ab, f, g, j, l. Finnen. (Krohn, T. XXVIII.)

Da. Schweden. Estnische Küste. (H. Wendell, Handschr. I. No. 25, S. 21.)

Ha. Grossrussen. (Русск. завѣтн. сказки No. 1.)[96]

He. Südslaven. Kroatien. (Krauss I. No. 7, S. 23).

Ia. Griechen. Epiros. (Hahn, No. 94, II, S. 106.)

[90] Ka. Nordkaukasier. Daghestan. (Uslar Schiefner, Kürin. No. IV, S. 96.)

Dagegen gehört es zu den frühesten und verbreitesten Erzählungen des mittelalterlichen Tierepos, denn das vorliegende Märchen kommt schon im Ysengrimus vor, aus welchem es dann in den Renart und in die andersprachigen Nachbildungen desselben – in der Fortsetzung des Reinaert und in dem derselben entsprechenden Reynke allerdings verschmolzen mit dem Fischen mit dem Schwanze (VII) – sowohl als selbständige Episode wie als Anklagepunkt im Prozesse gegen den Fuchs gelangt ist.

Ysengrimus. (V. 705–818.)[97]

Zu der Grundhandlung des vorliegenden Märchens gehört seitens des männlichen Tieres das Necken der jungen Tiere in der Höhle und seitens des weiblichen Tieres das Steckenbleiben an einer engen Stelle bei der Verfolgung. Die Grundelemente des Märchens sind also: das männliche Tier, die geneckten jungen Tiere, ihre Mutter und die enge Stelle. Das männliche Tier ist ohne Zweifel der Fuchs, obgleich er bei den Slaven infolge des in ihren Sprachen später erfolgten Genuswechsels[98] selbst die Rolle des weiblichen Tieres übernommen und seine eigene dem Hasen überlassen hat.[99] Als das weibliche Tier ist der Fuchs dann wieder unter dem Einflusse eines andern Märchens (XXII) in den Bären verwandelt worden (He, Ia). Aber vor dem Rollenwechsel des Fuchses ist sonst überall, auch in der schwedischen Variante, wo man doch die Beibehaltung des nordischen Bären hätte annehmen sollen, einzig und allein der Wolf zu finden. Aus dieser Eigentümlichkeit könnte man mit gutem Grunde folgern, dass das vorliegende Märchen ein vom Dichter des Ysengrimus oder von irgend einem Vorgänger desselben erfundenes und erst bei der Verbreitung der [91] Tierepen ins Volk gedrungenes Kunstmärchen ist. Aber dieser Annahme widersprechen andererseits die unbestreitbaren Vorzüge der volkstümlichen Varianten vor den geschriebenen. Die jungen Tiere sind in den ersteren ganz allein in der Höhle zurückgeblieben, und das Necken seitens des zur Höhle Gehenden erscheint als eine gegen ihre Mutter gerichtete Drohung, infolge deren diese sich dann in den Hinterhalt legt und auf den zum zweiten Male (Aj ‘Kaavi 2’ zum dritten Male) Kommenden losstürzt. In den letzteren Varianten erfährt die Mutter, welche ganz in der Nähe krank liegt, sofort, dass der Neckende ihre früheren Sünden ihren Kindern offenbart hat, und läuft in ihrem Aerger direkt ihm nach. Die enge Stelle, durch welche der kleinere Verfolgte leicht kommen kann, in der aber der grössere Verfolger hülflos stecken bleibt, ist in den volkstümlichen Varianten, abgesehen von einer kaukasischen, welche dadurch, dass sie sich an ein anderes geschriebenes Tiermärchen angeschlossen hat, augenscheinlich als aus der Kunstdichtung entlehnt sich erweist, ganz regelmässig der Zwischenraum zwischen zwei Bäumen, weshalb der Fuchs, nachdem er hindurchgelaufen, sofort wieder umkehren kann; in den geschriebenen Varianten ist es eine in eine Höhle führende Oeffnung, wodurch, sobald die Wölfin den Weg sperrt, ein zweiter Ausgang nötig wird, damit der Fuchs hinausgelangen kann. Hierin kommt nun die älteste in der Sprache des Volkes geschriebene Fabelliteratur, fast gleichaltrig mit dem in der Sprache des Volkes verfassten Tierepos und wenig jünger als der Ysengrimus, den volkstümlichen Varianten zu Hülfe.

Marie de France (No. 60).

Da ist nun nicht bloss der Umstand, dass der in dieser mittelalterlichen Fabel vorkommende Strauch dem Baumgeäste der volkstümlichen Varianten entspricht, sondern auch die Beibehaltung des in der schwedischen Variante fehlenden Bären ein klarer Beweis dafür, dass in Nordfrankreich noch am Ende des XII. Jahrhunderts nordische Tiermärchen vom Bären und Fuchse im Umlauf waren. Denn dass vorliegendes Märchen zu den eigentlich [92] nordischen Fuchsmärchen gehört, ersieht man am besten aus seinem Vorkommen in allen vier Himmelsgegenden Europas.

In Russland hat sich mit dem vorliegenden Märchen vereinigt die Erzählung von der Verwandlung in einem unbekannten Mönch durch Bestreichen mit Russ. Diese Erzählung erinnert in hohem Grade an die geschriebenen Varianten, welche ich bei der Besprechung des Besudelt werdens durch eine Flüssigkeit (VIII) erwähnt habe, und Kolmatschewski[100] behauptet geradezu, dass sie aus der im Renart sich findenden Geschichte vom gelbgefärbten Fuchse entstanden[WS 9] sei. Aber erstens sind wir nicht gezwungen, eine Entlehnung aus der Kunstdichtung anzunehmen, und zweitens liegt uns, wenn eine solche stattgefunden hat, die von Nikephoros Gregoras angeführte Fabel inhaltlich wie geographisch viel näher zur Hand. Doch sei dem, wie ihm wolle, ausser allem Zweifel steht wenigstens, dass die in dieser Weise entwickelte russische Form des vorliegenden Märchens nur durch Entlehnung nach Finnland gelangt ist. Hier sind Fuchs und Hase als handelnde Personen getreulich an ihrem Platze geblieben. Der Russ ist allerdings in zwei Varianten (Aj ‘Kaavi 1, 3’) zu Schlamm oder Schmutz geworden, aber auch in diesem Falle hat sich der russische Mönch als schwarzer Mohr erhalten. Diese nur in Karelen vorkommende Figur ist weiter westlich in einen schwarzröckigen Priester verwandelt worden, der eigentlich noch direckter dem ursprünglichen Mönche entspricht. Ferner ist das ebenfalls in Karelen sich findende und zweifellos ursprüngliche Geäst an einem noch stehenden oder gefallenen Baume mit einer Lücke in einem von Menschenhand errichteten Zaune, mitunter auch mit einer Fuchsfalle (Af-g ‘Savo’) vertauscht worden.

Die in dem vorher besprochenen Märchen vorgekommenen jungen Bären haben nun schliesslich ebenfalls unter den Nachstellungen des Fuchses zu leiden, wie aus folgendem Fuchsmärchen hervorgeht. Dasselbe findet sich eigentlich nur unter dem Volke im Norden, aber da auch sowohl in Skandinavien und Westfinnland, wie in Nordrussland und Finnisch-Karelen, dagegen [93] weder in Savolaks noch überhaupt im mittleren Finnland. Es unterstützt also nachdrücklich die Annahme des nordischen Ursprungs der vom Bären und Fuchse handelnden Märchen sowie die des direkten (nicht durch die Finnen vermittelten) Märchentausches zwischen Skandinavien (nicht Deutschland) und Russland.


Urform. Der Bär sucht nach dem Tode seines Weibchens jemand, der seine verwaisten Jungen in den Schlaf singen könnte. Den ihm begegnenden und sich anbietenden Hasen weist er ab, nachdem er seine Stimme geprüft hat, den Fuchs nimmt er an und führt ihn zu sich. Als der Bär fortgeht, um Nahrung zu suchen, frisst der Fuchs eines von den Jungen. Bei der Rückkehr des Bären lässt er diesen nicht hinein, indem er ihm sagt, dass die Jungen schliefen, und ihn auffordert, noch mehr Nahrung zu holen. Während der Bär noch zweimal in den Wald geht und wieder zurückkommt, frisst der Fuchs das zweite und dritte Junge. Wie der Bär zum dritten Male heimkehrt, tritt der Fuchs selbst aus der Höhle heraus, ehe der Bär hineingekommen ist, und flieht, indem er den Sachverhalt mit höhnenden Worten erklärt.

Aa, b, d, e, i, l. Finnen. (Krohn, T. XIV.)

Da. Schweden. Mörskom in Nyland. (Nyland II. No. 169, S. 198.) – Db. Norweger. Hedemarken. (Asbjörnsen & Moe, No. 20, I². S. 113.)

Ha. Grossrussen 1. Kola im Gouvern. Archangel. (Afanasiew, Сказки I². No. 6b, S. 36.) – 2. Archangel. (ders. No. 5, S. 33.) – 3. (ders. No. 6a, S. 35.)

Zu der Grundhandlung des vorliegenden Märchens gehört seitens des Singenlassenden das Suchen eines Sängers und seitens des als Sänger Geprüften und Angenommenen das Auffressen derer, welchen er vorsingen soll. Die Grundelemente des Märchens sind also: der Singenlassende, die Sängerkandidaten, unter ihnen der angenommene Sänger, diejenigen, für welche der Gesang bestimmt ist, und der Gesang selbst. Der Singenlassende ist als Tier immer der Bär[101], [94] der sich jedoch nur im westlichen Finnland beibehalten hat, als Mensch oder richtiger als anthropomorphisiertes Wesen in einer österbottnischen Variante (Al ‘c. Pyhäj.’) sowie in Norwegen ein altes Weib, aber in Russland und Ostfinnland immer nur ein alter Mann. Als Sängerkandidaten erscheinen im ersteren Falle als Abgewiesener der Hase, vor welchem in Satakunta (Ab ‘a. Ruov.’) das Schneehuhn, in Österbotten (Al ‘a. Haapav.’) der Wolf sowie in Nyland (Da) der Ochse und das Schwein zufällig auftreten, und als Angenommener der Fuchs. Im andern Falle ist ebenfalls in Österbotten der Wolf vollständig an die Stelle des Hasen getreten und ausserdem der Fuchs vom Bocke verdrängt worden, und dass ersterer (der Wolf) auch in der norwegischen sowie in einer russischen Variante (Ha 3) erst nach dem Bären, welcher nach der Anthropomorphisirung des Singenlassenden die Rolle des Hasen übernommen hat, zur Vervollständigung der Dreizahl hinzugefügt worden ist, geht aus einer russischen Variante (Ha 1) hervor, in welcher der Fuchs allein nach dem Bären auftritt. Diese Form findet sich sonst schon von Europaeus in Ostfinnland aufgezeichnet (Ai ‘c. Itä-K.’), obgleich hier weiterhin auch der Wolf als dritter und noch dazu der Hase als vierter erscheint. Dieser Hase kann sich jedoch nicht aus der ursprünglichen westfinnischen Form erhalten haben, sondern ist ganz ohne Zweifel, um die echt russische (vgl. III) Vierzahl der Tiere des Waldes voll zu machen, neu hinzugefügt worden. Von den drei Varianten, in denen der Hase vorkommt, halten nämlich zwei (Ai ‘c. Suoj. 1, Korpis.’) eine ordentliche Reihenfolge in dieser Vierzahl ein, indem der Hase, der Fuchs und der Wolf nach einander abgewiesen werden und erst der Bär angenommen wird. Der Bär ist also aus dem Vater derer, für die der Gesang bestimmt ist, zum geraden Gegenteile, zu dem, der sie auffrisst, geworden, und zugleich [95] ist die Pointe des Märchens so geschickt in die Erklärung der Kurzschwänzigkeit des Bären gelegt worden[102], dass das Unnatürliche im Auftreten des Bären als betrügendes Tier gewissermassen verdeckt wird. Die, für welche der Gesang bestimmt ist, sind wohl ursprünglich des Singen lassenden eigene Kinder, der Zahl nach vermutlich drei (Aa ‘a. Lait.’; vgl. Ab ‘a. Ruov.’ und Da, wo der Bär dreimal zur Höhle geht, um nachzusehn), welche nach dem Tode der Mutter jemandes bedürfen, der sie in den Schlaf singen könnte; denn nur daraus hat einerseits die der Mutter entsprechende Leiche der alten Frau, welche des die Totenklage Anstimmenden[103] entbehrt, und andererseits die den Kindern entsprechende, aus drei Arten bestehende Herde ohne Hirt entstehen können. Der Gesang ist also eigentlich ein in den Schlaf Singen, wobei im äussersten Westen und Süden Finnlands nur ein einziges Wort gesungen wird, dagegen in Satakunta und im Innern von Tavastland ein ganzes Wiegenlied (Ab e, ‘a. Ruov., Orihv., Karst.’) sich entwickelt hat. In Russland hat er sich in ein wirkliches Klagelied verwandelt, das an der Ostgrenze Finnlands bisweilen (besonders Ai ‘c. Suoj. 2’) die ursprüngliche Versform ganz deutlich beibehalten hat, während es bei seiner Verbreitung im Westen sich immer mehr dem Rythmus der Kalevala angepasst hat. Nur in Norwegen hat sich das ursprüngliche eintönige in den Schlaf Singen als ebenso monotoner Herdenruf bewahrt.

Die norwegische und westfinnische Form unterscheidet sich von der russischen noch darin, dass an das Ende der ersteren fast immer sich eines (VIII, X, XI) jener vom Bären und Fuchse handelnden Märchen angeschlossen hat, welche, wie wir schon [96] früher gesehen haben, zu einer auf das Fischen mit dem Schwanze (VII) sich gründenden Märchenkette vereinigt sind, vor den Anfang der letzteren dagegen meist (Ha 2, 3) die sagenhafte Erzählung von der bis in den Himmel wachsenden Pflanze getreten ist, von welcher Erzählung sich auch in ein par ostfinnischen Varianten schwache Spuren, wenn auch nicht immer in der rechten Form (Ai ‘c. Suoj. 2’) und am rechten Platze (Ai ‘c. Impil.’), erhalten haben. Daher ist also die erstere Form, welche, nach dem Umfange und der Richtung der Ausbreitung ihrer hervorragendsten Vertreter, der westfinnischen Varianten, zu schliessen, sich auch bei den Schweden in Schweden selbst vorgefunden haben und vermutlich allgemein skandinavisch gewesen sein dürfte, ganz unleugbar ursprünglicher als die letztere, die speziell nordrussisch ist und, aus Nordrussland eingedrungen, in Finnland nur an der Ostgrenze Karelens vorkommt. Denn dass vorliegendes Tiermärchen auch in Russland vor seiner Anthropomorphisirung als reines Tiermärchen und vielleicht speziell als vom Bären und Fuchse handelnde Erzählung existirt hat, wird noch wahrscheinlicher durch zwei im fernen Kaukasien vorkommende Varianten, welche, wenn sie überhaupt zum vorliegenden Märchen gehören, nicht gut auf anderem Wege als über Russland haben hingelangen können.

Ka. Nordkaukasier. Daghestan. (Uslar-Schiefner, Kürin. No. VII, S. 101.)

Je. Osseten. (A. Schiefner: Bulletin de l’acad. imp. d. sc. de St.-Pétersbourg VIII. Spalte 39.)

In beiden ist jedoch das in den Schlaf Singen der jungen Bären zum Unterrichten oder Reinigen verdreht und in der zweiten auch anstatt des Fressens bloss das Werfen in den Kochtopf eingetreten, weshalb diese Variante sehr an ein Märchen vom Menschen und Teufel erinnert, dessen Haupthandlung die Erziehung der Kinder bildet. Es finden sich nämlich in einer finnischen Variante dieses Märchens (Al ‘c. Pyhäj.’) als Reinigungsmittel das Schinden, und überhaupt merkt man darin, obgleich es unzweifelhaft zu den eigentlichen ursprünglichen Teufelmärchen [97] gehört, eine gewisse Verwandtschaft mit vorliegendem Tiermärchen. Das wirkliche Fressen als ein speziell tierischer Zug spricht allerdings für die Selbständigkeit der Handlung auch des Tiermärchens, aber dass die von mir hervorgehobene Verwandtschaft nicht undenkbar ist, hoffe ich aus den im folgenden Kapitel zu besprechenden Tiermärchen zur Genüge darzulegen.


3. Der Bär und der Fuchs bei gemeinsamer Arbeit.

Die in den beiden vorhergehenden Kapiteln besprochenen zwei Arten von Fuchsmärchen vereinigt mit einander bisweilen in Finnland (Aa, b, d ‘a. Raisio, Ylöj., Iitti’ IV u. VII, Am ‘b. Haukip.’ III u. VI) folgendes Fuchsmärchen von einer dritten Art, in welchem Bär und Fuchs gleich von Anfang an bei gemeinsamer Arbeit angetroffen werden.


Skandinavische Form. (s. XLIX.) Bär und Fuchs bei Bereitung des Brodes.[104] a) Während der Bär sich nach Kräften abarbeitet, indem er den Acker bestellt und das Getreide einerntet und drischt, faulenzt der Fuchs unter allerlei Vorwänden. b) Nach dem Schaufeln des Getreides schlägt der Fuchs bei der Teilung vor, dass der Grössere den grösseren, der Kleinere den kleineren Haufen bekommen solle, d. h. der Bär die Spreu und der Fuchs das Korn. c) Beim Mahlen wird das Mehl des Bären dunkler als das des Fuchses. Auf die Frage des Bären nach dem Grunde dieses Unterschiedes in der Farbe giebt der Fuchs an, sein Mehl im Flusse gespült zu haben. Als der Bär dasselbe Mittel versucht, lässt er sein Mehl in den Fluss fallen.

Aa, b, d–m, o–q, s. Finnen. (Krohn, T. V.)

Da. Schweden 1. Wahrscheinlich Gamla oder Nya Karleby in [98] Österbotten. (O. Rancken, Handschr.) – 2. Nerpes ebendas. (ders.) – 3. Lappfjärd ebendas. (ders.) – 4. Ebendas. (ders.) – 5. Österbotten. (Sv. Lit. manuskr. No. 8. 6 sagor No. IV.) – Schwedisches Lappland. (Lindholm, No. 18. 18, S. 149.) – 7. Ångermanland. (R. Bergström & J. Nordlander. Sv. Landsm. V. 2. No. S. o. S. 7, S. 20.) – 8. Jemtland und Herjedalen. (Hyltén-Cavallius, W. o. W. II. S. XXVII.)

Vorliegendes Märchen zerfällt in vier Einzelmärchen, welche die verschiedenen Phasen der Zubereitung des Getreides schildern. Das erste dieser Einzelmärchen, von der Bebauung des Feldes bis zum Dreschen handelnd, teilt sich abermals: in das Ausroden und Schwenden des Bodens (bes. Ab, i ‘a. Ylöj., Suoj. 3’; vgl. IV Aa ‘a. Raisio’) oder dem entsprechend in das Austrocknen des Sumpfes (Da 5), ferner in das Pflügen (Ai ‘a. Suoj. 3’, Da 6), das Säen (Ab ‘a. Ylöj.’, das Einzäunen (Ai ‘a. Suoj. 3’), das Ernten (Da 5–7) und endlich in das allgemein vorkommende Dreschen. Das allen diesen Einzelheiten gemeinsame Grundmoment ist der blinde Eifer und Fleiss des Bären und die durch Vorwände verdeckte Faulheit des Fuchses. Gegenüber den andern Details, die, wenn auch vereinzelt, auf einem sehr ausgedehnten Gebiete (Schweden, Schwedisch-Lappland, Österbotten, Westfinnland und Ostkarelen) vorkommen, scheint das Dreschen ursprünglich wohl bloss eine gleiche Stellung eingenommen zu haben, dann aber allmählich zur Alleinherrschaft gelangt zu sein, so dass von jenen weiter nichts übrig geblieben ist, als höchstens eine blosse Erwähnung derselben oder einfach der Urbarmachung im allgemeinen. Dies beweist auch der Umstand, dass die Schweden in Schweden selbst (Da 7, 8) das Dreschen auf der einen Seite als ein starkes, noch verstärktes, auf der andern Seite nur als ein scheinbares Schlagen aufgefasst haben, während dagegen die in Lappland und Finnland eingewanderten Schweden sowie besonders die Finnen selbst, die ganze, in einer überdachten Darre vor sich gehende, Drescharbeit dem Bären zuerteilt, dem Fuchse aber einen bequemen Ruheplatz auf den Dachsparren angewiesen und das Festhalten der losen Sparren (beachte bes. Ai ‘a. Suoj. 1’) zu einer scheinbaren Arbeit gemacht haben.

[99] Der Umstand, welcher das Dreschen, nachdem die anderen demselben vorhergehenden Details in Vergessenheit geraten waren, im Gedächtniss des Volkes aufrecht erhielt und bewahrte, war ohne Zweifel die unzertrennliche Verbindung dieses Details mit dem Schaufeln und dem darauf folgenden Teilen des Getreides, welche Episode die zweite Einzelerzählung des vorliegenden[WS 10] Tiermärchens ausmacht. Der Grundgedanke derselben ist das Verhältnis der Quantität zur Qualität, dass in diesem Falle zwischen dem grösseren Spreuhaufen und dem kleineren Kornhaufen zu Tage tritt. Indem der Fuchs alles Gewicht auf die Grösse des Dreschhaufens legt, die bisweilen (Am ‘e. Palt.’; vgl. Aj. ‘e. Ilam.’) durch das Sich dahinter Stellen sehr bemerklich wird, und dieselbe der Körpergrösse oder der Arbeitskraft der Drescher anpasst, gelingt es ihm, dem Bären, wenigstens bis auf weiteres, den viel wichtigeren Unterschied in der Qualität zu verheimlichen. Sehr geschickt ist dieses Detail in doppelter Weise angewandt worden in der schwedischen Variante (Da 7), in welcher der Fuchs selbst die grösseren, aber leichteren Spreusäcke zu tragen übernimmt und den Bären die kleineren, aber schwereren Kornsäcke schleppen lässt.

Bei diesem Tragen ist die Mühle das Ziel, denn die darauf folgende dritte Einzelerzählung des vorliegenden Märchens enthält das Mahlen. Da wird nun beinahe auch der Qualitätsunterschied der gemahlenen Haufen entdeckt, doch gelingt es dem Fuchse ihn durch eine irreführende Erklärung geschickt zu verbergen. In einigen Varianten der Schweden in Schweden selbst (Da 7), sowie der Westfinnen (Ab ‘a. Orihv.’) und der Südösterbottnier (Ak ‘c. Jurva, Halsua’ allerdings erst nach dem Grützekochen) geht nämlich der wahre Sachverhalt aus der dunkleren, bez. helleren Farbe des Mehles hervor, weshalb der Fuchs sogleich vorgiebt, sein Mehl im Flusse gewaschen zu haben und dem Bären rät, dasselbe Mittel zu versuchen. In diesem Falle endet die ganze Erzählung meist (ausser Ab. ‘a. Orihv.’) damit, dass der Bär all sein Mehl in den Fluss streut, wodurch der Betrug des Fuchses völlig verdeckt wird. Sonst genügt schon das verschiedene Geräusch (Grundlaut „ess“ und „err“) der Mühlsteine, [100] um den Argwohn des Bären wach zu rufen, aber auch dafür giebt ihm der Fuchs eine befriedigende Erklärung, indem er sagt, dass er Sand oder kleine Steine (Am ‘e. Ristij.’ Erbsen) zwischen die Mühlsteine gestreut habe. Und in diesem Falle (ausser in Da 5, das eine Uebergangsform ist) hilft auch sein Rat augenscheinlich, da der Bär in der angegebenen Weise auch seine Steine zum Knirschen bringt.

Das Offenbarwerden des wahren Sachverhaltes durch die dunklere oder hellere Farbe hat sich jedoch auch in Finnland allgemeiner beibehalten, wenn auch übertragen auf die vierte Einzelerzählung, das Grützekochen. Denn dass dieses, abgesehen davon, dass die in den finnischen Varianten vorkommende Kota[105] ein echt finnisches Detail ist, in dem, mit dem Auswaschen des Mehles endigenden, Mahlen seinen Ursprung hat, geht sowohl aus den Varianten der finnländischen Schweden (Da 2, 4; vgl. 3), in welchen der Bär, indem er den Topf durchlöchert, die Grütze ins Feuer fallen lässt wie das Mehl in das Wasser, als auch besonders aus der finnischen Variante (Ak ‘a. Soini’) hervor, in welcher der Bär die Grütze mit Schnee verdünnt. Doch gewichtiger als die Farbe trat als Verräter des Unterschiedes bei der Grütze bald der Geschmack hinzu, zu dessen Verbesserung der Fuchs dem Bären rät, auf den über dem Haken befindlichen Sparren der Kota zu steigen und von da aus sein Fett in die Grütze tropfen zu lassen. Indem der Bär dies versucht, verbrennt er sich gewöhnlich den Schwanz, oder auch versengt er sich, besonders indem er herunterfällt, alle Hare. Und schliesslich wird das ganze Märchen einfach zur Erklärung der Kurzschwänzigkeit (Aj, k, l ‘a. Nurmes, Soini, c. Pyhäj.’) oder der schwarzen Hare (Aj, s ‘a. Rautav., Pohjois-I.’) des Bären angewendet, was eigentlich zum Fischen mit dem Schwanze (VII) und zum Bemaltwerden (XIII)[106] gehört und vermutlich aus diesen Märchen entnommen ist.

[101] Zu dieser Beobachtung sei noch hinzugefügt, dass dem Wolfe als Stellvertreter des Bären, ebenso wie im Fischen mit dem Schwanze (VII), bisweilen der Schwanz kahl gebrannt wird (Ai, j, i ‘b. Korpis., Kontiol., e. Suist.’) oder weiterhin der Rücken (Af ‘b. Pieksänm.’; vgl. Am ‘Ristij. 3–4’) und die Seiten (Ai ‘b. Itä-K.’) gelähmt werden. Im übrigen ist es offenbar, dass der Bär erst unter dem Einflusse anderer, aus Russland gekommener Fuchsmärchen in Finnland mit dem Wolfe vertauscht worden ist, da er ja in dieser Beziehung z. B. mit dem Schwanze fischenden Bären (VII) genau entspricht. Zum dritten Compagnon hat er freilich mitunter auch ausserhalb des obenerwähnten Gebietes den Wolf genommen, indem er diesem die Arbeit des Getreideschaufelns und als Belohnung dafür die Spreu zuweist, und selbst für die Mühe des Dreschens das sonst unerwähnt gebliebene Stroh nimmt, aber auch dann setzt einer von beiden schon vom Mahlen an oder spätetens beim Grützekochen allein mit dem Fuchse die Arbeit fort. Was ferner andere Personenwechsel anbetrifft, so ist zu bemerken, dass solche meist unter dem Einflusse irgend eines andern Märchens erfolgt sind und besonders an der Ostgrenze Finnlands vorkommen, in welchem auch einige andere corrumpierte Züge, z. B. die Umwandlung des Grützekochens in Brodbacken (Ai, p ‘a. Suoj. 1, 3, d. Wienanl.’; vgl. Ai ‘e. Itä-K.’ u. Da 2) die Trübung und Zerteilung und das Versiegen des von Schweden her fliessenden und in Westfinnland am stärksten angeschwollenen Märchenstromes bezeugen.

Ganz ohne Lebenskraft ist vorliegendes Märchen im nördlichen und östlichen Finnland jedoch nicht gewesen, wie das Umtauschen der Grütze erweist, welches in Haukipudas (Al ‘b. Haukip.’) auf das Steigen auf die Sparren über dem Haken folgt, aber weiter östlich in Österbotten bloss anstatt desselben auftritt. Hierbei hat sich wahrscheinlich die Farbe der Grütze als die Veranlassung für den Argwohn des Bären beibehalten, infolge deren er dann zu probieren wünscht, ob der von ihm bemerkte Unterschied nur ein scheinbarer ist, oder ob er sich auf einen wirklichen Unterschied im Geschmack gründet. Aber um Gelegenheit zu finden, aus dem Grütztopfe des Wolfes einen Löffel [102] voll in seinen eigenen zu bringen, verleitet der Fuchs den Wolf dazu, hinauszulaufen (Al ‘b. Kest.’) oder gewöhnlicher bloss hinauszublicken. Von den im letzteren Falle angewandten Mitteln ist das bemerkenswerteste das in die Sonne blicken (Am ‘b. Jokij., e. Ristij.’), welches offenbar an die in den Teufelmärchen oft erwähnte versteinernde Wirkung der Sonne erinnert. So gelingt es dem Fuchse, den ganzen Qualitätsunterschied vor dem Wolfe zu verheimlichen und obendrein noch diesen zu dem Ausrufe zu bringen: „Einen Geschmack hat der Brei, aber verschiedenen, die, welche ihn essen“ (Am ‘b. Haukip.’), d. h. der Geschmacksunterschied beruht ganz und gar auf der Verschiedenheit des subjectiven Geschmacksinnes.

Von den vier Einzelerzählungen des vorliegenden Märchens sind also drei in Schweden entstanden und die vierte vermutlich erst in Finnland hinzugekommen, wo ausserdem die erste und dritte in ganz eigenartiger Weise geformt worden sind. Da entsteht nun die Frage: findet sich keine einzige von diesen Erzählungen irgendwo in der Welt ausserhalb dieses engen Gebietes und, wenn es sich so verhält, wo ist ihr Ursprung zu suchen? Zu der ersten und zweiten Einzelerzählung lassen sich mit Leichtigkeit Seitenstücke finden. Salmelainen[107] hat folgendes serbische Tiermärchen zum Vergleich mit ihnen herangezogen.

He. Südslaven. Serbien. (Krauss, I. No. 5, S. 17.)

Hier treten nun allerdings das Bebauen des Ackers und das Teilen des Getreides mit einander verbunden auf, aber beim ersteren verrichtet der Fuchs mit den andern zusammen ziemlich fleissig die Arbeit, und das zweite wiederum gründet sich ganz und gar auf das Recht des Stärkeren, so dass in keinem von beiden etwas von der Grundidee der vorliegenden Einzelerzählungen zu finden ist. Was besonders das zweite anbetrifft, so ist darin nicht einmal die Teilung des Getreides ursprünglich, sondern, wie aus allen anderen Varianten derselben, welche häufig dem nächstfolgenden Tiermärchen (XXXVIII) vorangehn, und besonders aus [103] der äsopischen Urform derselben (Halm, No. 258), wo weder der Bär noch der Fuchs, ja nicht einmal das Schwein, sondern der Löwe und der wilde Esel auftreten, erhellt, aus dem Schlachten des Wildbretes umgeändert worden.

Ebensowenig ist etwas von der Grundidee der vorliegenden Einzelerzählungen in folgender Erzählung des italienischen Tierepos wahrzunehmen, welche in prosaischer Form in einer französischen Chronik[108] sowie im Orbelianis kaukasischem Fabelbuche[109] sich überliefert findet und noch bis jetzt sich in Frankreich[110] als volkstümliche Erzählung beibehalten hat.

Rainardo. [V. 402–523.]

Noch weniger hat die Branche des Renart (Br. 27, V. 19769–20070), in welcher von der Landwirtschaft des Hahnes, Wolfes, Hirsches und Fuchses berichtet wird, mit der ersten Einzelerzählung etwas zu thun. Zu der dritten Einzelerzählung kenne ich aus den Tiermärchen schlechterdings nichts entsprechendes, und was die vierte angeht, so hat allerdings das Vertauschen der Grütze sein Seitenstück in einem griechischen Tiermärchen (IV. Ia 2), in dem der Fuchs ebenfalls den Wolf verleitet, zur Seite zu blicken, wobei sogar das Schaf ausdrücklich erwähnt wird, ebenso wie in ein par finnischen Varianten (Am ‘b. Ristij. 3–4’), aber in beiden Fällen sind diese Züge erst später zu der eigentlichen Märchenhandlung hinzugefügt und, danach zu schliessen, ist die Uebereinstimmung zweifellos nur eine ganz zufällige. Auf die erste Frage müssen wir also, wenigstens im Hinblick auf unser gegenwärtiges Wissen, eine verneinende Antwort geben.

Um die zweite Frage zu entscheiden, haben wir vor allem folgendes Märchen zu betrachten, das in zwei schwedischen Varianten (Da 1 u. 4; siehe besonders die erstere) als Vorgänger der besprochenen Einzelerzählungen erscheint.


Von der Urform steht nur soviel fest, dass von den Rüben der [104] Dümmere den oberen und der Schlauere den unteren Teil erhält, vom Korne dagegen umgekehrt.

Ad, e, i, j, l, q. Finnen. (Krohn, T. XLIX.)

Bb. Esten. (Rosenplänter, VIII. No. 8, S. 131.)

Ca. Europ. Türken. Tschuwassen im östl. Russland. (Ahlqvist, Muist. S. 147.)

Da. Schweden 1. Lappfjärd in Österbotten. (O. Ranken, Handschr.) – 2. Kirchspiel Helsinge in Nyland. (Nyland II. No. 136, S. 173.) – 3. Estnische Küste. (Russwurm, S. XVII.) – 4. Ångermanland. (R. Bergström & J. Nordlander: Sv. Landsm. V. 2. No. S. o. S. 7, S. 19.) – 5. Halland. (Bondeson, Hall. No. 17, S. 70.)[1]6. Småland. (Bondeson, Sv. No. 47, S. 174.)[1]Db. Norweger. (Asbjörnsen & Moe, No. 74. 3, II. S. 61.) – Dc. Dänen 1. (Thiele, II. S. 240.) – 2. (Kristensen, IV. No. 399, S. 278.)[1]Dd. Deutsche 1. Schleswig-Holstein. (Müllenhoff, S. 278.)[1]2. Bremen-Verden. (Köster, No. 29b. 4, S. 227.)[1]3. Rheinlande. (Schmitz, II. S. 142.)[1]4. Tyrol. (Alpenburg, No. 63, S. 57.)[1]5. (Grimm, KM. No. 189, II.⁵ S. 465 u. III³. S. 259.)

Ea. Kelten in Schottland (Campbell, No. LXV, III. S. 98.)

Fa. Franzosen 1. Picardie. (Carnoy, No. I. B. § I. III., S. 62.)[1]2. Normandie. (Grimm, KM. No. 189 Anm., III³. 260.) – 3. Bretagne. (Sébillot, Tr. & Sup. de la H.-Br. I. S. 328.)[1]4. Berry. (Laisnel de la Salle, I. S. 130.)[111][1] – Languedoc. (Rolland, I. No. Canis lupus II. 59, S. 150.) – 6. Ebendas. (Revue des langues romanes XXVIII. S. 47.)[1]7. Guyenne. (Bladé, III. No. Contes famil. III. IV, S. 159.)[1]Fb. Portugiesen. (Braga, I. No. 81.)[1]Fd. Italiener. Tyrol. (Schneller, No. I. 2, S. 6.)

Ha. Grossrussen 1. Tula. (Afanasiew, Сказки I.² No. 7a, S. 37.) – 2. Tambow. (ders. No. 7b, S. 38.) – 3. Astrachan, (ders. No. 7c, S. 40.) – Hc. Kleinrussen. Kiew. (Rudtschenko, I. No. 29, S. 52.) – Hd. Westslaven 1. Polen. (Afanasiew, Сказки I³. S. 98.) – 2. Mähren. [105] (Kulda, II, No. 120, S. 128.)[112]He. Südslaven. (Krauss, II. No. 153, S. 411.)[1]

K. Kaukasier. (Kletke, III. No. Morgenl. 7, S. 94.)[1]

Lb. Araber. Algier. (Certeux & Carnoy, I. No. XIX, S. 55.)[1]

Ausser diesen volkstümlichen Varianten finden sich vom vorliegenden Märchen auch einige geschriebene.

Conde Lucanor. (Kap. XLI.)[112]

François Rabelais aus dem 16. Jahrhundert. (IV. Kap. XLV–XLVI.)

Friedrich Rückert. (Deutscher Musenalmanach für 1830, S. 50 = Ges. Ged., 3. Aufl., Erlangen 1836, B. 55.)[1]

Die Pointe des vorliegenden Märchens liegt in der Verschiedenheit des Wurzelgewächses und des Getreides in Bezug auf den Wert des unteren und oberen Teiles, welche der einen von den handelnden Personen unbekannt, der anderen dagegen bekannt ist. Als Wurzelgewächs finden wir gewöhnlich die Rübe oder ihren modernen Stellvertreter, die Kartoffel, nur einmal (Dc 1) kommt die Möhre anstatt derselben vor und äusserst selten sind die Kohlrübe (Da 4), der Rettig und die Petersilie (K) sowie die Zwiebel (Fa 7, He) hinzugekommen. Das Getreide wird einerseits durch den nördlicheren Roggen und, anstatt desselben oder neben ihm, durch den Hafer, die Gerste und den Buchweizen (Dd 2), andererseits durch den südlicheren Weizen (in Finnland: Ai ‘Itä-K.’), sowie anstatt desselben oder neben ihm durch den Mohn (Hc), die Bohne und den Mais (Fa 6) repräsentiert, nur in Südfrankreich (Fa 7), Algier (Lb) und in Rückerts nach einem arabischen Märchen verfassten Gedichte treten beide Arten zusammen auf. Neben dem Getreide und anstatt desselben erscheinen bisweilen blättertragende Pflanzen, besonders der Kohl (Fa 6, He, Conde Luc.), oder ein Rankengewächs[WS 11], [106] wenn auch nur in Form des aus den Früchten desselben gewonnenen Weines (He) und Bieres (Hd 1), wobei der trübe und der klare Teil sich von einander unterscheiden. Als handelnde Personen treten an der Küste des südlichen Österbotten (Da 1), im nördlichen Schweden (Da 4) sowie in Norwegen der Bär und der Fuchs auf. Anstatt des Bären erscheint der Wolf in Schottland und in zwei französischen Varianten (Fa 5, 7), in deren zweiter auch der Fuchs (wie aus dem unmittelbar darauf folgenden XLII hervorgeht) unter dem Einfluss eines andern Märchens (der Wolf und die Ziege mit den Zicklein) in der Ziege einen Stellvertreter erhalten hat. Dagegen findet sich sonst im Westen von Europa überall der Teufel (Conde Luc. der Böse), in Dänemark speziell als Berggeist, und der Mensch (Conde Luc. der Gute), und zwar gewöhnlich ein einzelner Mannein altes Weib nur in Kleinrussland, häufig dagegen speziell ein Heiliger – selten mehrere Männer (Dd 2, Lb, Rückert), welche dann, nachdem sie irrtümlich den Eulenspiegel unter sich aufgenommen haben, bald selbst die Rolle des Teufels übernehmen (Dd 3). In Nordrussland findet sich eine eigenartige Uebergangsform, die von da nach Finnland und Estland gedrungen ist, nach welcher auf der einen Seite der Bär und auf der andern der Mann zusammenkommen. Dass die letzterwähnte Form unter dem Einflusse eines andern Märchens (XXII) entstanden ist, in welchem ebenfalls der Bär und der Mann die Handlung beginnen, ist ganz klar, aber schwerer ist es zu entscheiden, welche von diesen beiden handelnden Personen dieser Form unter dem Einflusse eines andern Märchens hinzugekommen und welche ursprünglich ist. In dem Falle, dass der Bär hier ursprünglich und der Mann erst später an die Stelle des Fuchses getreten ist, steht der Charakter des vorliegenden Märchens als ursprünglich zwischen Bär und Fuchs sich abspielend fest und es ist dann dies Märchen mehr als irgend ein anderes geeignet, zum Beweise für das anfängliche Vorhandensein des Bären auch in Russland zu dienen. Und selbst in dem Falle, dass der Mann hier das ursprüngliche Element ist und der Bär erst später die Stelle des Teufels eingenommen hat, würden ausser den beiden obenerwähnten [107] französischen Varianten noch drei skandinavische (Da 1, 4, Db) übrig bleiben, zu denen man mit gutem Grunde auch die keltische (Ea) rechnen kann. Denn das kann nicht bestritten werden, dass diese Varianten schon allein den Charakter des vorliegenden, nur in Europa und in unserm Weltteile benachbarten Ländern vorkommenden Märchen als nordisches Tiermärchen bestimmen würden, wenn nur der Inhalt desselben diese Annahme natürlicher erscheinen lassen würde. Dies ist jedoch nicht der Fall, im Gegenteil ist die ganze Handlung des Märchens als zwischen Tieren sich abspielend ganz unnatürlich. Dagegen erscheint es als zwischen Teufel und Mann, d. h. zwischen dem die frühere Stein- und Bronzezeit (beachte die Goldwaffen des Teufels) und dem die spätere Eisenzeit vertretenden Manne sich abspielendes Märchen ganz besonders passend und natürlich, schon im Hinblick darauf, dass der Teufel bei der Bebauung des Feldes hauptsächlich als Gehülfe des Mannes auftritt, sowie darauf, dass er z. B. beim Pressen (des Steines) um die Wette die von dem Manne benutzten Rüben nicht kennt.

Da also die aus der Verbreitung und die aus dem Inhalte des vorliegenden Märchens gezogenen Folgerungen, wenigstens scheinbar, einander widersprechen, müssen wir vorläufig, d. h. so lange, bis mehr Varianten, besonders aus dem Norden, gefunden worden sind, uns mit der einen unzweifelhaften Thatsache begnügen, dass das Märchen nämlich in Skandinavien schon sehr früh als zwischen Bär und Fuchs sich abspielende Erzählung vorhanden gewesen ist. Denn von hier ist es nicht allein in dieser Gestalt nach Schottland gedrungen, sondern es hat hier, wie schon das Vorkommen des Dreschens in der norwegischen Variante beweist, besonders unter den Schweden (Da 1, 4) eine Fortsetzung in der Erzählung von der nordischen Schwendewirtschaft mit allen ihren verschiedenen Details erhalten, und ist erst dann, als es selbst in dieser Erzählung aufgegangen war, in die Hände der Finnen gelangt. Denn als solches ist das vorliegende Märchen bloss aus Russland zu den Finnen gedrungen, wie sein östliches Ausbreitungsgebiet, die handelnden Personen und die Verbindungen, die es eingegangen ist (mit XXII oder mit dem Stellvertreter [108] desselben XXIII, wie z. B. Bb, Ha 1–3; mit XVb wie z. B. Ca), darthun. Aber zu bemerken ist, dass in dieser ostfinnischen Form sowohl der zum Anfange des Märchens gehörende Zug des Säens (Ad ‘Som.’ und Ba das Wachehalten zur Abwehr der Vögel; vgl. V. Ab ‘a. Ylöj.’) zu einer wirklichen Erzählung vom Bebauen des Schwendelandes anwuchs, als auch der schon in Russland (Ha 2) an das Ende des Märchens gefügte und in einer finnischen Variante (V. Ai e. ‘Itä-K.’) beibehaltene Zug vom Mahlen und Rösten des Getreides in die aus dem Westen entlehnte Erzählung vom Mahlen (Ai ‘Impil.’) und vom Grützekochen (Ae ‘Karst. 1’) umgewandelt wurde. Denn dies zeigt mehr als irgend etwas anderes, wie durch das vorliegende Märchen die erste Einzelerzählung des vorher besprochenen Tiermärchens (V) sich aus einer einfachen Erwähnung des Feldbaues zu einer vollständigen Schilderung desselben entwickelt hat. Und die zweite dieser Einzelerzählungen ist wiederum bloss eine Nachbildung des Grundgedankens des vorliegenden Märchens, welcher auf der Kenntnis, resp. Unkenntnis im Feldbau, besonders in Bezug auf den respectiven Wert der verschiedenen Teile der Kulturpflanzen beruht. Die dritte Einzelerzählung ist vielleicht ursprünglich von dem Streiche der Bewohner von Hölmölä (dem finnischen Schilda), bei welchem diese mitten auf dem See ihr Mehl ins Wasser streuen, um es zum Trinken schmackhafter zu machen, ausgegangen, obgleich sie später in Finnland neugebildet und schon vorher durch Verdopplung zur vierten Einzelerzählung fortgesetzt worden ist, was in beiden Fällen eine ganz besondere Erfindungsgabe und schöpferische Kraft erforderte. Wir Finnen brauchen uns also nicht mehr bloss mit der Ehre zu begnügen, die besten Bewahrer des Märchens gewesen zu sein, sondern wir können nun mit gutem Grunde den grösseren Ruhm des umbildenden Dichters für uns selbst beanspruchen.

Mit jedem der beiden besprochenen Parallelmärchen, von denen das erste eigentlich eine Variante des zweiten ist, hat sich das ganz offenbar zu den Teufelmärchen gehörende Baumtragen in Form eines Tiermärchens vereinigt.

[109] Ab, k, q. Finnen. (Krohn, T. XVIII.)

Ba. Schweden. Ångermanland. (R. Bergström & J. Nordlander: Sv. Landsm. V. 2. No. S. o. S. 7, S. 20.)

Der eigentliche Ursprung des vorliegenden Märchens geht am deutlichsten aus derjenigen finnischen Variante (Ab ‘a. Köyliö’) hervor, welcher ebenso wie bei den zwischen Teufel und Mensch sich abspielenden Märchen die Erzählung vom Baumfällen vorangeht (XVII). Dieses letztere Märchen hat jedoch als solches nicht zu einem Tiermärchen umgewandelt werden können, sondern es ist bloss die Veranlassung daraus beibehalten worden, während die ganze Handlung mit einer äsopischen Fabel (Halm, No. 33) vertauscht worden ist.

Als Stoff für ein Tiermärchen ebenso unnatürlich wie die Bewirtschaftung des Feldes ist das Bauen eines Hauses, das sich in Russland als Märchen vom Wolfe (Ha 4 unter dem Einflusse eines andern Märchens vom Hasen) und Fuchse findet und erst, nachdem es an die Ostgrenze Finnlands gedrungen, unter dem Einflusse eines andern damit, wenn auch nur indirect (durch VI), verbundenen Tiermärchens (II) zu einem zwischen Bär und Fuchs sich abspielenden Märchen geworden ist.


Russische Form. Im Winter bauen sich der Fuchs aus Eis und der Wolf aus Holz ein Haus. Im Frühling schmilzt das Haus des Fuchses, der deswegen in die Wohnung des Wolfes will und gelangt (s. IV.).

Aq. Finnen. (Krohn, T. XX.)

Ha. Grossrussen 1. Archangel. (Afanasiew, Скаски I.² No. 2c, S. 19.) – 2. Wologda. (ders. No. 2d, S. 21 u. 24.) – 3. Perm. (ders. No. 2b, S. 18.) – 4. Wladimir. (ders. No. 3, S. 25.) – 5. Saratow. (ders. No. 2e, S. 24.) – 6. Woronesch. (ders. No. 1a, S. 3.)

Das Unnatürliche des vorliegenden Märchens als Tiermärchens wird dadurch noch fühlbarer, dass der Fuchs, abgesehen einzig und allein von der südlichsten Variante (Ha 6), gewöhnlich als das dümmere Tier erscheint. Diese Sonderbarkeit kann man sich gar nicht anders erklären, als dass die handelnden Personen [110] des Märchens unter dem Einflusse des Tiermärchens (IV), dass in allen nicht corrumpierten Varianten damit verbunden ist, aus folgendem in Frankreich vorkommenden Teufelsmärchen zu Tieren verwandelt worden sind.

Fa. Franzosen 1. Normandie. (Grimm, KM. No. 189 Anm., III³. S. 260.) – 2. Ebendas. (Le Héricher, Itinéraire du voyageur dans le Mont-Saint-Michel S. 4.)[113]3. Bretagne. (Sébillot, Tr. & Sup. de la H.-Br. I. S. 326.) – 4. Berry. (Laisnel de la Salle, I. S. 128.)[113]

In diesen französischen Varianten folgt, wenn wir die beiden ersten einander ergänzenden als eins rechnen, auf das vorliegende Bauen des Hauses ausnahmslos das vorher besprochene Bewirtschaften des Feldes (XLIX). Da nun das erstere dieser verbundenen Märchen sich als ursprüngliches Teufelmärchen erwiesen hat, so dürfte es nicht allzu kühn sein, in Bezug auf das letztere dasselbe anzunehmen. Diese Annahme gewinnt noch an Wahrscheinlichkeit, wenn man bedenkt, dass von allen nordischen Märchen vom Bären und Fuchse die besprochenen die einzigen sind, in welchen die Tiere sich mit ihnen fernliegenden menschlichen Verrichtungen thatsächlich[114] beschäftigen.

Die Umwandlung der zwischen Teufel und Mensch sich abspielenden Märchen in zwischen Bär und Fuchs sich abspielende ist ja auch sehr leicht zu verstehen, wenn man nur bedenkt, dass in beiden Märchengattungen der durchgehende Grundgedanke in dem Gegensatz zwischen dem stärkeren, aber Dümmeren und dem Schwächeren, aber Schlaueren besteht, bei welchem sich die Wagschale gewöhnlich auf die Seite des letzteren neigt. Ob die vom Teufel und Menschen handelnden Märchen, sowie die vom Bären und Fuchse handelnden, ebenfalls nordischen Ursprungs sind, ist natürlich ohne spezielle Untersuchungen unmöglich zu entscheiden, aber wenn dies einmal klar gelegt werden würde, so müsste man dann ebenso fragen: ist der in den nordischen Tiermärchen sich findende Gegensatz [111] zwischen Bär und Fuchs, welcher aus keinerlei Naturbeobachtung hervorgegangen ist, einfach eine Nachbildung des Gegensatzes zwischen Teufel und Mensch, welcher sich auf den thatsächlich stattgehabten Kampf zweier verschiedenen Kulturstufen gründet?

Dass auch das Volk selbst diese Uebereinstimmung der nordischen Fuchsmärchen mit den Teufelmärchen instinktmässig herausgefühlt hat, geht zur Genüge aus den dämonorphisierten und anthropomorphisierten Varianten hervor, deren ich schon bei mehreren Tiermärchen Erwähnung gethan habe. Besonders möchte ich darauf hinweisen, einen wie natürlichen Eindruck die meisten aus dem Bewirtschaften des Feldes (XLIX) hervorgegangenen Einzelerzählungen (von V), sei es nun das Dreschen, das Mahlen oder die letzte Form des Grützekochens in der Gegend von Kajana (Krohn, I. No. 32, S. 47), in dämonomorphisierter Gestalt machen. Die Anthropomorphisierung der Tiermärchen ist sonst eine so häufig vorkommende und so allgemein bekannte Umwandlung, dass man zweifellos berechtigt ist, sie als Erklärung zu benutzen. Und dass auch das Gegenteil, die Zoomorphisirung der Menschenmärchen, obschon seltener auftretend, doch Anspruch auf Berücksichtigung hat, das wird zur Genüge durch ein ganz vereinzeltes, vom Bären und Fuchse handelndes Märchen (Krohn, I. No. 16, S. 31) dargethan, das vermutlich eine Nachbildung des Zweikampfes zwischen Wäinämöinen und Joukahainen ist.

Von den finnischen Märchen vom Bären und Fuchse sind schliesslich die zu nennen, in welchen das Verhältnis derselben zu einander anderen, dem Grundgedanken nach verschiedenartigen Tiermärchenstoffen (ausser den schon erwähnten: Krohn, T. XXII, das seinerseits XXIII beeinflusst hat, XXXVI, XXXVII, XXXVIII, XL, LI, LIV, LVII u. I. No 48, S. 66) seinen Stempel aufgedrückt hat, und endlich sei noch ein ganz eigenartiges und vereinzeltes Märchen (Krohn, I. No. 54, S. 70) erwähnt, zu welchem meines Wissens anderswo nichts entsprechendes gefunden worden ist.


[112] Als Hauptergebnis meiner Forschung ist, wie ich hoffe, klar geworden, dass wir zu der Annahme berechtigt sind, dass ein von dem südlichen Tiermärchenkreise wie von der Tierfabel- und Tiereposliteratur in Bezug auf den Inhalt unabhängiger nordischer Tiermärchenkreis schon mindestens tausend Jahre bestanden hat. Denn wo nur immer irgend welcher historische Zusammenhang zwischen den ersteren und dem letzteren zu Tage getreten ist, hat sich in den meisten Fällen gerade der letztere als ursprünglich und von grösserem Einflusse auf die anderen erwiesen, als irgend eines der erstgenannten.

Sehr leicht ist auch zu erkennen, dass unser nordischer Tiermärchenkreis eigentlich auch in Bezug auf den allgemeinen Grundgedanken, dem Gegensatz zwischen dem stärkeren Bären und dem schlaueren Fuchse, eine ganz selbständige Schöpfung ist. Denn das Verhältnis des Schlaueren zu dem Stärkeren, wie es in dem südlichen Tiermärchenkreise zwischen Schakal und Löwe zum Ausdruck kommt, ist nicht wie in den nordischen das Verhältnis in ihrer Weise ebenbürtiger Gegner zu einander, sondern das des Dieners zu seinem Herrn, wobei bisweilen (Kap. I. 2. K. & D. 1, 2) beide als Fleischfresser, der Löwe speziell durch Krankheit geschwächt, gemeinsam und hauptsächlich durch Schlauheit[115] irgend einen zwar dummen, aber nicht starken Pflanzenfresser bekämpfen. Und noch weniger kann der Gedanke von dem Gegensatze zwischen Bär und Fuchs aus dem Verhältnisse des Schakals zu den übrigen Dienern, besonders zu dem Wolfe oder der Hyäne (Kap. I. 4) entstanden sein, da der Wolf als Gegner des Fuchses oder vielmehr als sein Nebenbuhler, in dem Streben, die Gunst des Herrn zu erlangen, keineswegs stark, auch nicht dumm, sondern einfach als elender Verleumder erscheint. Wenn der Wolf später in der Tierfabel und dem Tierepos [113] des Mittelalters sich sowohl stark als auch dumm zeigt, so beweist dies nichts weiter als den offenbaren Einfluss der damals schon lange bestehenden volkstümlichen, also nicht von irgend einem schriftstellerischen Mönche erfundenen, nordischen Märchen vom Bären und Fuchse.

Und was endlich die didaktische und satirische Form der ebenerwähnten Tierdichtungsarten, der Fabel und des Epos, anbetrifft, so ist es verlorene Mühe, derartiges in unsern ursprünglichen Volksmärchen zu suchen. Denn das Sprichwort, welches in einer einzigen Variante (Krohn, T. I. No. 68, S. 87) der finnischen Märchen vom Bären und Fuchse sich findet, ist offenbar ein ganz zufälliger, vielleicht von irgend jemand, der Fabeln gelesen hatte, eingefügter, überflüssiger Zusatz, und der Humor, welcher wohl in einem jeden nordischen Volksmärchen durchschimmert, ist allerdings geeignet gewesen, den Grund zur Satire des mittelalterlichen Tierepos zu legen, hat aber nun und nimmer selbst von derselben ausgehen können.

Nach alledem zu schliessen, steht der Charakter dieser vom Bären und Fuchse handelnden Geschichten als ihrem Ursprung nach nordischer Volkserzählungen fest. Jetzt dürfte man noch fragen, zu welcher von den drei Arten der Volkserzählung, dem Märchen, der Sage und dem Mythus, sie eigentlich zu rechnen sind.

Da die ganze Zeit vom nordischen Tiermärchenkreise die Rede gewesen ist, habe ich nun darzulegen, dass die beiden anderen möglichen Bezeichnungen hier nicht am Platze sind.

Schon oben habe ich darauf hingewiesen, dass der Gegensatz zwischen Bär und Fuchs vielleicht indirekt auf dem kulturhistorischen Gegensatze zwischen dem älteren Zeitalter der Stein- und Bronce- und der jüngeren der Eisengeräte beruht. Einzig und allein in diesem Sinne sind wir berechtigt, von einem Tiersagenkreise zu sprechen, jedoch ohne zu übersehen, dass der allgemeine historische Zustand, der indem er sich an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten immer wieder erneuert, zu einem allgemein-menschlichen geworden ist, keineswegs identisch ist mit dem einzelnen historischen Ereignis, dass zeitlich [114] und örtlich genau begrenzt ist.[116] Denn was die nicht allein im Tierepos, sondern auch in den Volksmärchen, besonders den finnischen, vorkommenden Versuche betrifft, sowohl die handelnden Personen (besonders in XXI Michel und Hans, welche Namen schon in Skandinavien angewandt werden) als auch den Ort der Handlung (besonders in VII das echtfinnische Ilmola) mit Namen zu belegen, und dann die Handlung selbst, namentlich die Gespräche der handelnden Personen, in Verse zu bringen (besonders Krohn, T. IIIb, V, IX, XIII, XIV, XXI), so haben sie sich sämmtlich als Produkte einer späteren Entwicklung erwiesen. Dasselbe lässt sich von der nach epischer Vollständigkeit trachtenden, teilweise jedoch von ursprünglichen Märchenketten sich herleitenden Vereinigung verschiedener Märchen sagen, welche am ausgebildetsten in Österbotten, d. h. in ganz derselben Gegend, in welcher die Lieder vom Wäinämöinen zu einem einzigen Epos verschmolzen, in einer ausdrücklich „das Abenteuer des Fuchses“ genannten Erzählung (s. Nachtrag II.; hier folgen einander: IIIb + V + VI + VII + VIII + IX + XI + XII + X) angetroffen wird. Schade nur, dass dieselbe nicht, wie die Lieder der Kalevala, von Österbotten noch ins Gouvernement Archangel gedrungen ist;[117] dort wäre vielleicht auch das dichterische Gewand, zu dem hier schon ein guter Anfang gemacht worden ist, ganz vollendet worden, und dann besässen wir Finnen, ausser einem Heldenepos, auch ein völlig volkstümliches Tierepos.

Wenn man von dem obenerwähnten, erst in Finnland an das Fischen mit dem Schwanze (VII)[118] geknüpften Ilmola (d. h. die [115] Luft als Wohnort gedacht) absieht, so kann von einem Tiermythenkreise wohl nur in Scherers[119] Sinne die Rede sein, dass nämlich bisweilen die nordischen vom Fuchse und Bären handelnden Märchen (besonders VII, VIII, XIII, XXI) die Erklärung irgend einer speziellen, an einem Tiere wahrgenommenen, Eigenschaft bezwecken. Aber in den meisten dieser Märchen fehlt es an einer solchen Erklärung, und wenn sie sich auch ab und zu einmal findet (z. B. Krohn, T. V, XIVc), ist sie augenscheinlich ein späterer Zusatz. Ausserdem ist der Grundgedanke von dem Gegensatze zwischen dem Stärkeren und dem Schlaueren so allgemein menschlich und häufig in den Menschenmärchen zu finden, dass man ihn keineswegs aus der Luft zu greifen braucht, wie Gubernatis[120] seine Erklärung, wenn er aus dem, dem Bären entsprechenden, Wolfe das Dunkel der Nacht und aus dem Fuchse sowohl die Morgen- wie die Abendröte macht. Was nun endlich die Vermutung J. Grimms[121][122] über den zum Gotte erhobenen Otso (Beiname des Bären) der finnischen Lieder, dem König des Waldes, sowie über die Bezeichnung des Nordlichtes als revontulet (Fuchsfeuer) betrifft, so will ich nur bemerken, dass diese vermutlich echt finnische Darstellung des Bären als König und Gott nicht das geringste zu thun hat mit der aus Skandinavien entlehnten Schilderung desselben als Dummkopf, der niemals als [116] König, geschweige denn als Gott erscheint, und dass das Wort revontulet wohl nichts anderes ist als eine durch Volksethymologie entstandene Form des ausser Gebrauch gekommenen Ruijantulet (Ruija oder Rutja ist die finnische Bezeichnung für Finnmarken).


  1. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab ac ad ae af ag ah ai aj ak Köhler.
  2. Zs. f. roman. Philol. III. S. 618.
  3. Kolmatschevski, S. 69, 76.
  4. Ж. М. Н. Пр. CLXXXIII. 2. S. 88 und Kolmatschevski S. 69, 76.
  5. Ebend. S. 69, 76.
  6. Ebend. S. 69, 75.
  7. Kolmatschewskis (S. 89) Bemerkung.
  8. Aa [d. Merim.] ist ihretwegen der Bär völlig zur Nebenperson geworden.
  9. Mit den finnischen Wörtern vesimiehet (Wasserleute, mies = Mann, Aj [b. Ilam. 1, Pielisj. 3]) und sotkumiehet (Wäscher, Aj [b. Ilam. 5]) können ebenso gut Weiber wie Männer gemeint sein.
  10. Herausgeber der ersten finnischen Märchensammlung.
  11. Vgl. Br. 23, V. 13121–13128.
  12. Ernst Voigt, Kleinere lateinische Denkmäler der Thiersage aus dem XII. bis XIV. Jahrhundert, Strassburg 1878, S. 135.
  13. Sébillot, Tr. & Sup. de la H.-Br. II. S. 117.
  14. Vgl. Grimm, RF. S. CLXXXVIII, CCLXXXIII; Kurz, Waldis a. a. O. No. III. 91 u. Anm.
  15. Gött. gel. Anz. 1863, S. 1367; vgl. Grimm, RF. S. CCXC.
  16. Jb. f. roman. u. engl. Liter. IX. S. 401.
  17. Haltrich-Wolff, S. 499.
  18. Kolmatschewski, S. 89.
  19. Campbell, I. S. 273.
  20. Dass sie jedenfalls den Europäern entliehen worden ist, darüber schwindet jeder Zweifel bei einem Vergleich mit den andern Varianten der amerikanischen Neger, in welchen sonst regelmässig das Kaninchen als Betrüger und der Fuchs als Betrogener erscheint, also gerade in entgegengesetzter Stellung.
  21. Fr. Müller, Allgemeine Ethnographie, Wien 1879, S. 549 Anm.
  22. Haltrich-Wolff, S. 499.
  23. V. Thomsen, Ryska rikets grundläggning genom skandinaverna, Stockholm 1882, S. 109.
  24. Kolmatschewski, S. 88.
  25. a b Geschriebene Varianten mit Erklärungen, s. Grimm, RF. S. CCLXXVII–CCLXXIX, 356; Weber a. a. O. S. 366; Benfey, Pantsch. I. S. 182; vgl. 349; Kurz, Waldis No. IV. 8 u. Anm.; Gubernatis, S. 442; Oesterley, Romulus No. App. 43; Voigt, Kl. lat. Denkm. S. 116; Kolmatschewski, S. 77–80; Haltrich-Wolff, S. 497–498.
  26. Mündliche Varianten: Da 1 (s. IV.), 2 (s. VII.); Dd (Haltrich-Wolff, No. I. 6, S. 36); Ea (vgl. VII.); Fa 1–2 (s. VII.); Fb 1–2 (Coelho, S. 14 u. 16 = Kolmatschewski, S. 79); Fc (Trueba, S. 91, vgl. S. 94 = Kolmatschewski, S. 78); Hd. 1 (s. VIII.), 2 (s. XLV. u. VI.); He 1–2 (s. VI. u. IX); Ob (Harris, 1883, No. XVI, S. 77).
  27. Beispiele s. E. B. Tylor, Forschungen über die Urgeschichte der Menschheit und die Entwickelung der Civilisation. Aus d. Engl. von H. Müller, Leipzig, S. 459–460 und Kolmatschewski, S. 82–83.
  28. Tylor a. a. O. S. 460–462, wo noch andere Beispiele erwähnt sind.
  29. Kolmatschewski, S. 87–89.
  30. Περὶ ζῴων oder De natura animalium VI. 24.
  31. Da diese Erzählung in ihrer finnischen Form sich nur zwischen Wolf und Hund abspielt (T. XLII.), so lasse ich sie diesmal, mich ausdrücklich auf die finnischen Fuchsmärchen beschränkend, ganz ausser Acht. Krohn, T. XIX. und I. No. 34 S. 49 (Anfang) sind zu dunkel und vereinzelt, um hier ernstlich in Betracht zu kommen. Sonst erscheint obenerwähntes Märchen mit VII. vermengt (Dd 15), verbunden (Fa 3) und häufig (VI., VIII., IX., X) an dessen Stelle.
  32. Gubernatis (S. 450) bringt in Verbindung damit eine Stelle aus der Rigveda, wo der Fisch die Götter anfleht, ihn und die seinigen aus dem Rachen des Wolfes zu retten. Wenn man aber in Betracht zieht, dass der Wolf in vorliegendem Märchen erst später an die Stelle des Bären getreten ist, so verliert die Annahme eines Zusammenhanges alle Wahrscheinlichkeit.
  33. Vgl. Br. 19, V. 8589–8730 und 9131–9388.
  34. Vgl. Aelianus a. a. O. IV. 39.
  35. Potvin (a. a. O. S. 58) hält vorliegendes Fuchsmärchen für entstanden aus der indischen Erzählung (Benfey, K. & D. Uebersetzung S. 3 und Pantsch, II. No. I. 1, S. 9), in welcher der Affe, als er einen Keil aus der Baumritze herauszuzerren versucht, selbst stecken bleibt. Die Allgemeinheit dieses Steckenbleibens in den Tier- wie in den Menschenmärchen gestattet jedoch nicht die Annahme, dass die allein darauf sich gründende Gleichartigkeit auf einen wirklichen Zusammenhang beruht.
  36. Archiv f. d. St. d. neueren Spr. u. Liter. LVI. S. 279.
  37. Köhler. (Berichtigungen)
  38. Ж. Н. Н. Лр. CLXXXIII. 2 S. 88 und Kolmatschewki. S. 58.
  39. Ebend. S. 58.
  40. Hahn, II. S. 304.
  41. Cosquin, S. 160.
  42. S. S. 23.
  43. Ai ‘Suist.’ ist das sich tot stellende Tier, der Fuchs, selber zum Fuhrmann geworden.
  44. Kolmatschewski, S. 67.
  45. Dies habe ich jedoch nicht besonders hervorheben wollen, da in den Volksmärchen selbst das Zugtier als völlige Nebensache neben der Fracht gewöhnlich unerwähnt gelassen wird. In Lappland (Ba 1–3; vgl. Da 4) wird selbstverständlich jeder Schlitten von einem Renntiere gezogen, und in der hottentottischen Variante (Na) ist als das vorkommende Zugtier zweifellos der Ochse gedacht, welcher übrigens bei den Ungarn (Bh) ausdrücklich genannt wird.
  46. In dieser Form sonst auch alleinstehend, besonders bei den amerikanischen Negern (Harris, 1883, No. XV. S. 73 u. 1884 No. IV. S. 14; vgl. 1883, S. XIII.)
  47. Am ‘Risij. 2’ ist auch in dieser Beziehung eine eigenartige Mischform.
  48. Kolmatschewski, S. 67.
  49. Weniger wichtige Varianten s. Grimm, RF. S. CCLXXXIII; Kurz, Waldis No. IV. 73 und Anm.; Sébillot, Tr. & Sup. de la H.-Br. II. S. 117.
  50. I. v. 1–528; von hier ist es in andere Tierepen, sowie als Volksmärchen zu den Siebenbürger Sachsen gedrungen (Voigt, Ysengrimus S. LXXIX und Haltrich-Wolff, No. I. 1, S. 29 u. 493).
  51. Kolmatschewski, S. 183–185.
  52. Ebendas. S. 63–65.
  53. Dass er umkehrt (Ba 1–3; vgl. Aj ‘Nurmes’) ist ein durchaus lokaler Zug.
  54. Kolmatschewski, S. 84.
  55. S. Benfey, Pantsch. I. S. 223–225, vgl. 352–353; Gubernatis, S. 436; Orbeliani-Tsagareli, No. 17, S. 22; Kolmatschewski, S. 85–86, vgl. 252. Als Volksmärchen findet sich sowohl die indische wie die griechische Form: La (Prym & Socin, No. LXXVII, S. 329 u. No. LX, LXVII, LXXXIV, S. 241, 278, 360), und nur die letztere: Ha (Afanasiew, Сказки I³. S. 106).
  56. Kolmatschewski, S. 39 Anm.
  57. Die einzigen Ausnahmen, einige finnische Varianten abgerechnet, in welchen diese miteinander verbundenen Märchen durcheinander geworfen sind oder irgend ein anderes Märchen zwischen sie geschoben ist, sind Al ‘b. Haapav.’ u. Db.
  58. Die von Kolmatschewski (S. 167) vorgebrachten südländischen Varianten haben damit nichts anderes gemeinsam, als bloss das auf dem Rücken tragen. Die erheuchelte Krankheit als Veranlassung zum Tragen und die darauf sich gründende Verspottung haben sich nur im Norden an den in der Natur allgemein beobachteten Vorgang angeschlossen.
  59. a b Kolmatschewski, S. 166.
  60. Ж. М. Н. Пр. CLXXXIII. 2. S. 88.
  61. Kolmatschewski S. 166.
  62. Hahn, II. S. 305.
  63. Vgl. K. von Bahder: Germania XXXI. S. 106–107. Ueber die dritte Annahme eines späteren durch die Deutschen vermittelten literarischen Einflusses auf Russland, s. Nachtrag.
  64. Aus Ch. Fr. Hartt’s „Amazonian Tortoise Myths“ (1875) S. 29. Vgl. H. H. Smiths „Brazil and the Amazons“ (Harris, 1883, S. XI) und Roméro S. 177 (Köhler).
  65. Vgl. mit Kap. I. 2. Pantsch, 1 und 3.
  66. Der Sammler der siebenbürgischen Märchen J. Haltrich hält ganz ohne Grund das Tragen auf dem Rücken (IX) für den Kern aller zwischen Bär („Wolf“) und Fuchs sich abspielenden Märchen (Grimm, KM. III³. S. 125).
  67. Diese Einzelheit findet sich nur in Finnland, aber auch hier nicht in der südlichen Variante (Ad ‘a. Iitti’); ihre Ursprünglichkeit muss daher dahingestellt bleiben, da sich andererseits auch kein späterer, bloss lokaler, Ursprung darin verrät. Die Entgegnung des Fuchses ist vielleicht eigentlich unanständig gewesen.
  68. Als Tiermärchen sonst noch zu finden: Ga (Veckenstedt, Zam. No. 120. 37, II. S. 177); Ha (vgl. Afanasiew, Сказки I³. No. 7b, S. 40); Hc 1 (Rudtschenko, II. No. 4, S. 6), 2 (vgl. IV. Hc 1), 3 (Afanasiew, Сказки I³. No. 1d, S. 11), 4 (Tschubinski, No. I. 38, S. 114); He 1 (Krauss, I. No. 8, S. 28 u. 30), 2 (Karadschitsch, No. 50 = Hahn, II. S. 304); Mc (Reinisch, I. No. III. 3 u. 7, S. 202 u. 218).
  69. Als Tiermärchen sonst noch: Ob (Harris, 1884, No. XXIV. S. 111).
  70. Die Erzählung, in der die Ohren und der Schwanz des Tieres bei der Ankunft des rechtmässigen Besitzers derselben an eine sumpfige Stelle gesteckt werden, findet sich als Tiermärchen sonst noch: He 1–2 (wie Anm. 1) u. Ob 1–3 (Harris, 1883, No. XX, S. 104 u. 1884 No. XXXIX, S. 183 sowie No. XLI, S. 191).
  71. Vgl. Mikku als Name des Raben (Ak ‘g. Ull.’).
  72. Afanasiew, Сказки I². Beisp. S. 64.
  73. Ebend. S. 39.
  74. Ebend. S. 14.
  75. Grimm, RF. S. CLXXIX; Grundtvig, z. B. II. S. 118–122.
  76. Kolmatschewski, (S. 236–241) bringt das vorliegende Märchen mit anderen, sowohl europäischen wie asiatischen, Märchen in Verbindung, bei welchen jedoch keine andere Gemeinschaft damit zu bemerken ist, als das Festklammern und das darauf folgende Galoppieren. Eher erinnert daran: Dd (Grimm, KM. No. 132, II⁵. S. 257), aber so lange diese Aehnlichkeit nicht durch Uebergangs- und Nebenformen als aus einem wirklichen Zusammenhange hervorgegangen erwiesen ist, kann man schwerlich auf Grund derselben dem vorliegenden Tiermärchen eine weitere Verbreitung und ein höheres Alter geben.
  77. Cosquin, S. 161.
  78. Cosquin, S. 161.
  79. Teza, S. 18.
  80. a b c Cosquin, S. 161.
  81. Kolmatschewski, S. 167.
  82. a b Ders. S. 162.[WS 7]
  83. Cosquin, S. 161.
  84. Offenbar eine aus Deutschland auf schriftlichem Wege nach Estland gedrungene Variante.
  85. Wenn man nämlich diese für schon früher von den eingewanderten Ansiedlern mitgebracht halten kann.
  86. Vgl. besonders Aa ‘b. Martt.’ die Namen Haar-Inte und Foor-Inte (schwedisch: har inte und får inte = habe nicht und bekomme nicht).
  87. Wenn auch der Vorrat oft einem Menschen gestohlen wird, so erscheint doch der Mensch selbst nur äusserst selten als der Zurückfordernde seines Eigentums (Ak ‘Perho 2’, Na).
  88. Gött. gel. Anz. 1871, S. 2093.
  89. Weber a. a. O. S. 365 Anm.; vgl. Grimm, RF. S. XXIX, wo jedoch hierfür nichts bewiesen wird.
  90. Meines Wissens nur im Westen: Db 1–2 (Asbjörnsen & Moe, No. 42, I². S. 262 u. 471); Dd 1 (Kletke, II. S. 306), 2 (Haltrich-Wolff, S. 520); Df (Asbjörnsen & Moe, I². S. 471); Fd (Schneller, No. 41, S. 120); Ob (Harris, 1884, No. XX, S. 96).
  91. Meines Wissens nur im Osten: Ha 1–3 (Afanasiew, Сказки I². No. 43a–c, S. 141–143); Hc 1 (Rudtschenko, II. No. 1, S. 1), 2 (Tschubinski, No. I. 33, S. 109).
  92. Das Schuldig Erscheinenlassen des Unschuldigen, indem ihm irgend eine Flüssigkeit an den Mund geschmiert wird, ist an sich ein ganz allgemeiner Zug, der ohne Zweifel auch selbständig an verschiedenen Orten erfunden worden sein kann. Von Tiermärchen seien in dieser Beziehung erwähnt: Ia (Hahn, No. 85, II. S. 91) und Oc (Bleek, No. I. 43, S. 77).
  93. Afanasiew, Сказки I³. S. 105.
  94. Allerdings finden sich unter den Königs- und Teufelsmärchen Erzählungen mit gleichem Grundgedanken, so z. B. wenn der Bettelknabe den Königssohn dazu verleitet, was er selbst erbrochen zu essen oder der Mensch der Gegenwart den Riesen der Vorzeit oder den Teufel, sich beim Wettessen den Bauch aufzuschlitzen, damit noch mehr Speise hinein könne, aber das Verzehren der eigenen Eingeweide ist ein nur in Tiermärchen vorkommender Zug, der anderswo durchaus unnatürlich erscheinen würde.
  95. Diese Episode findet sich einmal (Aj ‘Eno’) in ein anderes, eigentlich zwischen Fuchs und Mensch sich abspielendes, Märchen (XXIV) verwandelt.
  96. Kolmatschewski S. 188.
  97. Vgl. Voigt, Ysengrimus, S. LXXXII und Kolmatschewski, S. 187–189.
  98. Ders. S. 106 Anm.
  99. Vgl. ders. S. 119.
  100. Kolmatschewski, S. 188.
  101. Den Wolf (A? ‘b?’) hat Salmelainen ganz eigenmächtig an die Stelle des Bären gesetzt und diesen wieder ebenso eigenmächtig an die des Greises (A? ‘a?’), offenbar in der Absicht, die beiden von einander ziemlich verschiedenen Formen des vorliegenden Märchens einer zusammenhängenden, aus den Märchen vom Bären, Wolfe und Fuchse gebildeten Erzählung anzupassen.
  102. Diese Erklärung hat Salmelainen (A? ‘a?’) entweder einer verschwundenen (einer von Lönnrot aufgezeichneten russisch-karelischen?) oder vielleicht einer norwegischen Variante (vgl. VIII Db) gemäss zu einer Erklärung des weissen Schwanzendes beim Fuchse umgeändert. Noch weniger kann man wissen, woher er das Lahmwerden des Hasen infolge eines von Joukahainen ausgesprochenen Fluches genommen hat (A? ‘b?’).
  103. Tritt der Arzt an die Stelle desselben (Ha 2), so ist dies ein späterer, nach dem Wegfall der Sängerkandidaten aufgekommener, corrumpierter Zug.
  104. Klar ausgesprochen Krohn, I. No. 31, S. 47.
  105. Kota, eine Art Zelt, ursprünglich von den Finnen als Wohnstätte benutzt, gegenwärtig nur noch als Feuerstätte.
  106. Ah ‘a. Rusk.’ zeigt auch sonst eine nahe Verwandtschaft.
  107. Salmelainen, 3. Teil S. 83.
  108. Aus dem XIII. Jahrh. (s. Heidelb. Jbr 1870, S. 161.)
  109. Orbeliani-Tsagareli, No. 139, S. 155.
  110. Bladé, III. No. C. famil. IV. III, S. 200.
  111. Sébillot, Tr. & Sup. de la H.-Br. I. S. 329.
  112. a b Kolmatschewski, S. 122.
  113. a b Sébillot, Tr. & Sup. de H.-Br. I. S. 329.
  114. Das Fischen mit dem Schwanze (VII) z. B. ist, wie ich schon dar gelegt habe, kein thatsächliches, seinen Zweck erreichendes Fischen.
  115. Vgl. auch die schlaue Antwort des Löwen auf die Frage des Schakals. Kap. I. 2. K. & D. 1.
  116. Auch Liebrecht scheint zu glauben, dass in der mündlichen Tradition kulturhistorische Thatsachen sich besser erhalten als irgend welche andere Ereignisse (Heidelb. Jbr 1864, S. 208), und an anderer Stelle warnt er ausdrücklich vor der Verwechslung und Vermengung der eigentlichen Geschichte, d. h. der Schilderung wirklicher Ereignisse, und der Kulturgeschichte, d. h. der Darstellung sowohl der geistigen, also auch religiösen, wie der materiellen Entwicklung eines Volkes (Or. u. Occ. II. S. 269).
  117. In welchem Falle teilweise eine Rückwanderung stattgefunden hätte, da sich in dieser Erzählung offenbar nicht bloss aus dem Westen, sondern auch aus dem Osten, also gerade aus dem Gouvernement Archangel, stammende Stoffe vereinigt haben.
  118. Sonst, ausser wo es unter dem Einflusse von VII in irgend ein mit diesen verbundenes Märchen als Name zu dem Taufplatz (IV. Aa, b ‘a. Raisio, Ylöj.’), dem Butterfass des alten Weibes (V. Ab ‘a. Köyliö’), der Mühle (V. Am ‘b, Haukip.’), der sauren Milch der alten Weiber (VIII. Aa ‘a. Raisio’) und zu dem Käse des alten Weibes (XXXI. Ab ‘a. Köyliö’) gedrungen ist, ist es bloss in der am spätesten entwickelten c-Form von III sowie in der b-Form des Gesanges der Schwalbe (XCV) und auch in diesen nur in Österbotten (III. Ah ‘c. Muola t. Walkij.’ ist in Österbotten aufgezeichnet worden) üblich, und zwar in der ersteren als Name der Hütte, in der zweiten dagegen ebenso wie in VII als Name der Hausfrau; zweimal ist es gar zum Namen für die Jäger (XXII. Ag ‘a. Iis.’ u. Ao ‘a. Ruija’, wo die Form Ilkkola zu bemerken ist) und nur einmal für die ein Nachtlager suchenden reisenden Tiere (XL. As ‘c. Pohj.-I. 2’) geworden.
  119. Zs. f. d. österr. Gymnasien 1870, S. 47–48.
  120. Gubernatis, S. 434–435.
  121. S. S. 90.
  122. Grimm, RF. S. CCXCV–CCXCVI.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Fuches
  2. Vorlage: und und
  3. Vorlage: Fuche
  4. Vorlage: Mich
  5. Vorlage: anderes anderes
  6. Vorlage: Skavenküste
  7. Diese Anmerkung bezieht sich auf „Cosquin, S. 161“ nicht auf Kolmatschewski.
  8. Vorlage: gründlichse
  9. Vorlage: enstanden
  10. Vorlage: vorlieliegenden
  11. Vorlage: Rankengegewächs


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