Aus den Rechtshallen des Mittelalters/2. Die Anwendung der gebräuchlichsten Folter- und Strafwerkzeuge
2. Die Anwendung der gebräuchlichsten Folter- und Strafwerkzeuge.
I.
„Da Du leugnest und nicht willst bekennen in gütlicher Weise, so übergebe ich Dich in Kraft meines Amtes dem Freimann, auf daß er thue an Dir zum rechten Bekenntniß, mit Schrauben und Leitern, mit Stricken und Feuer oder dem, was ich Dein Richter für gut halte in der scharfen Frage.“
Mit diesen Worten oder Formeln gaben die Richter der alten Zeit, welche man so häufig sonderbarer Weise die gute zu nennen pflegt, jeden Versuch auf, den Delinquenten zu einem Geständnisse zu bringen. Sie überantworteten ihn demnach der scharfen Frage oder der Folter. Man möchte fast behaupten, die erste Veranlassung zu dieser scheußlichen Procedur, deren sich selbst Griechen und Römer bedienten, habe ein übertriebener Amtsehrgeiz gegeben. Wie häufig fand der Richter bei aller Gewissenhaftigkeit nicht das Geringste vor, welches gegen den Verklagten zeugte – wie oft aber auch mag es im persönlichen Interesse des grausamen Inquisitors gelegen haben – Etwas herauszubekommen, gleichviel ob wirklich ein Verbrechen vorlag oder nicht!
Hierzu war die Folter ein treffliches Mittel. Es mußte schon ein abgehärtetes Individuum sein, das mit Ruhe und Entschlossenheit den furchtbaren Vorbereitungen zusehen konnte, welche auf Geheiß des Richters der Henker machte, um den Körper des zu Fragenden auseinanderzudehnen, zu brennen oder zu quetschen.
Selbstbekenntnisse mußten erpreßt werden, und die Werkzeuge dazu, von denen hier eine verhältnißmäßig nur geringe Zahl besprochen werden kann, prangten bald in jedem Gerichtshofe. Noch furchtbarer aber trat die Folter unter die geängstigte Menschheit, als jener entsetzliche Wahnglaube, der Satan könne in unmittelbaren Verkehr mit gewissen Personen treten, einer geistigen Pest zu vergleichen, die Gemüther befiel und ansteckte. Ein neues, nicht gekanntes Verbrechen war die Zauberei oder der Hexenunfug nun eben nicht; aber je weiter die Jahrhunderte fortschritten, desto mehr bildete sich die Ueberzeugung aus: teuflische Bündnisse und Vereinigungen könnten stattfinden.
Vom 14. bis zum 18. Jahrhundert dauerte der Wahnglaube fort, dessen letzten Opfer, eine Hexe, 1793 gefallen ist. Damit war aber der Gebrauch der Folter selbst noch nicht gefallen, denn noch im Jahre 1818 gab es in Deutschland Gerichtstage, bei denen sie angewendet wurde. Die bei weitem größte Anzahl der mit Folter Bestraften und ihren Qualen Erlegenen besteht indeß aus Hexen und Zauberern. Bei dem Verbrechen der Zauberei bedurfte es des eigenen Bekenntnisses, und das zu erlangen, bereitete man den Opfern die ausgesuchten Qualen der Folter. Zauberer zu überführen, war ein Triumph des Richters. – Betrachten wir daher die Vorgänge, welche bei Zaubereiprocessen stattfanden. Sie sind außergewöhnlicher Art, und doch sind zugleich die Grade und Werkzeuge der Folter dieselben, wie bei andern Verbrechen.
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„Sonderlich gut seind die Stöck wider die, so mit Teuffels-Künsten umgehen,“ sagt der alte Criminalist Döpler. Für leichtere Vergehen bestand die sogenannte „Fiddel“ (Figur II). In dieses Strafinstrument spannte man Hals und Hände.
War nun auch die Situation eine schmerzhafte und peinliche, so standen die Qualen doch in keinem Verhältnisse zu denen des Stockes, namentlich bezüglich der beängstigenden Pressung des Körpers, welche bei dem „Stock“ so arg war, „daß der also zusammengezogene Reus, wie ein Reiffen an die Wand gehänget werden kunnte“.Die scharfe Frage oder Folter, lief nach peinlicher deutscher (sächsischer und bambergischer, auch Carl’s V.) Halsgerichts-Ordnung durch folgende Grade: 1) Anlegung der Daumenschrauben oder Stöcke; 2) das Schnüren; 3) die Leiter mit Kloben, Corden und Siemen; 4) die Beinschrauben; 5) das Feuer.
Die Anwendung aller dieser Grade wird am anschaulichsten, wenn wir es versuchen einem peinlichen Verhöre beizuwohnen, in dessen Verlauf die gebräuchlichsten Instrumente in Thätigkeit gesetzt werden. Es sei hier noch bemerkt, daß es Verfahrungsarten des 17. Jahrhunderts sind und zwar aus dem letzten Viertel desselben, also durchaus nicht einer altersgrauen Vorzeit entnommen; ferner daß zu jener Zeit an Büchern kein Mangel war, welche Hexen- und Teufelskünstler-Processe erläuterten und jungen Rechtsgelehrten zum Leitfaden bei Folterverhören dienten, etwa so, wie man heutzutage die Lehre vom Wechselrecht, das Verfahren in Exmissions-Klagen nach dem allgemeinen Landrechte und dergleichen juristische Werke angekündigt findet.
Wir betreten also eine Folterstube. Wir versetzen uns in das Jahr 1693, zur Zeit des Juni-Monats. Inquisitin, eine Hexe, ist aus dem Stock entlassen und steht zitternd vor ihrem Richter. Schreiber, Amtsbote und Wächter, zwei Beisitzer und ein Gerichtsdiener sind zugegen. Es ist 3 Uhr Morgens. Die Folterkammer ist nur durch ein Fenster halb erhellt. Eine Lampe brennt auf dem Gerichtstische und beleuchtet nothdürftig den engen Raum, in dessen Hintergrunde sich verschiedene, nicht deutlich erkennbare Gegenstände aufgestapelt befinden. Wenn es draußen heller wird, werden sie schon kenntlich sein! – – Dem Richtertische gegenüber ist eine Thür. –
Es herrscht das Schweigen des Grabes. Fast meint man das Rauschen des Sandes hören zu können, welcher durch die Gläser einer Sanduhr läuft, die vor dem Schreiber auf dem Gerichtstische neben einer Glocke und einem Crucifixe steht. Die Mauern der Kammer sind ungeheuer dick, geschwärzt von Rauch, die Thüren, aus Eichenbohlen mit Eisen beschlagen, lassen keinen Ton hindurch, denn: „die Orthe da die Tortur vorgenommen wird, sollen abgelegen sein, auf daß keine Leuth hinzulauffen, damit der Richter die Urzichten des Hexen-Volckes geheim halten kann. Die Gewölber sollen dick sein: damit der Inquisiten Geschrei und Winseln den Umherwohnenden nicht beschwerlich falle.“
Die Inquisitin schaut sich entsetzt um. Sie klappert mit den Zähnen – Hunger, Angst und Frost, die quälende Gewalt des „Stockes“ haben sie einer Sterbenden gleichgemacht. Der Richter ergreift die Glocke und läutet. Alle erheben sich von ihren Sitzen.
Der Richter: „Es ist drei und ein halb Uhr Morgens nach puncto drei umgewendetem richtigen Stundenglase.“
Der Schreiber: „Es ist so wie Ihr saget, Herr Richter.“
Richter (zur Angeklagten): „Anna Wettermacherin,[1] Du erinnerst Dich, wie Du vor etlichen Wochen auf eingeholtes Erkenntniß, verdächtiger Hex- und Zauberei halber, durch die Du sehr beschrieen Dich gemacht hast, gefänglich gesetzet bist. Ob wir nun schon vermeinet, Du würdest stark bei dem ersten Verhör in Dich gegangen sein, Dein Gewissen erleichtert haben, bekennet wie Du Dich vom Satan verführen lassen, welche Unthaten Du begangen, damit Deine Seele vom ewigen Verderben gerettet und zum Bunde, den Du in der Taufe mit Jesu Christo gemachet, zurückgeführt werde, so haben wir leider doch das Gegentheil verspüret, dieweilen Du alles trotzig leugnest und verneinst, wiewohl alle Indicia der Hexerei wider Dich vorhanden sind. Du bist von dem Amtsdiener in Deinem Hause zu Drachenstädt in Beisein des Schulzen besuchet worden und hat man gefunden 1) in Deinem Mieder einen zusammengewickelten Zettul mit allerlei Charakteres und Kreuzen darauf gemalet; 2) im Querband Deines Rockes drei Pulver, ein weißes, ein rothes und schwarzes in Papier gewickelt, und in Deinem Keller 3) drei Scherben (Töpfe) mit gekochten Kräutern, ferner eine Schachtel mit Knochen von kleinen Kindern und einen zugedeckten Topf, darinnen eine grausame(!) große, rothbunte Kröte lebendig sich befunden, welche das Maul aufgesperret, hernach aber verschwunden.(!)
Es haben nebenbei die eidlich erhärteten Zeugen so viel verdächtige Dinge wider Dich ausgesaget, daß Dich Niemand für unschuldig halten kann(!), welches denn der Schöppenstuhl zu Peinhausen auch wohl überleget und Dir, so Du nicht bekennen willst, die Tortur oder scharfe Frage zuerkannt hat, so Du nicht in Güte Dein Bekenntniß thuest. Wir haben Mitleiden mit Dir, daß Du [541] Dich so schändlich von dem bösen Feind in sein höllisches Jäger-Netze hast ziehen lassen. Gieb Gott die Ehre und lege ein Bekenntniß ab. Traue dem Satan nicht, wenn er Dir etwa einbläset, Du solltest Nichts bekennen, er wollte Dir schon helfen; er ist von jeher ein Lügner und Betrüger gewesen. Lasse Dir Deine Glieder nicht durch die Folter zerreissen und verkrüppeln, sondern bekenne, ohne Dir grausame Schmerzen gemacht zu haben.“
Begreiflicherweise stellt die Inquisitin Alles in Abrede. Ihre Entgegnungen sind auch ganz vernünftig, Pulver, Knochen und namentlich die Erscheinung der großen Kröte erklärt sie auf die natürlichste Weise, wie sie eben Jeder erklären würde.
Aber die scharfsinnigen Richter begnügen sich nicht damit, sie lächeln ungläubig und geben sich durch Winke zu verstehen, daß ihrer Verschmitztheit die Inquisitin noch lange nicht gewachsen sei.
Der Richter: „Dieses Alles hast Du im vorigen Verhöre schon aufgebracht. Aber es stecken noch andre Dinge dahinter. Antworte mir auf die Articul Nr. 1. Bist Du zeither eine Hexe und Zauberin gewesen?“
Illa (die Angeklagte wird in den Protokollen so bezeichnet): „Nein, ehrliche Frau und keine Hexe.“
Der Richter läutet. Jetzt öffnet sich die kleine, dem Tische gegenüber befindliche Thür, und der Scharfrichter mit seinen Knechten tritt in das Gemach; letztere legen eine Menge eiserner Geräthschaften, Schnüre und Holzrollen zurecht.
Richter: „Meister Hans! Dieses trotzige und verstockte Weib will sich nicht durch Zureden gewinnen lassen; so übergebe ich sie Dir, dem Urtheil gemäß zu verfahren.“
Der Scharfrichter mahnt die Inquisitin zu bekennen. „Er hätte schon viele solcher blanken Mütter und Belials-Schwestern in Händen gehabt, aber sie hätten bekennen müssen, wenn er sie angegriffen hätte.“
Illa: „Ei, Meister Hans, meint Ihr ich sei eine Hexe? ich bin so rein wie die Sonne von Zauberei.“
Scharfrichter: „Dieses sind mir die Rechten, die so rein sein wollen. Mit Gottes Beistand (sic) wird man schon erfahren, wie rein von Hexerei Du bist.“
Die Knechte rücken nun den Marterstuhl zurecht, legen die Daumschrauben aus, breiten die Schnüre, Kloben und sonstigen Instrumente aus einander, alles absichtlich mit großem Geräusch. – Schon bemächtigt sich der Angeklagten eine entsetzliche Furcht, sie blickt mit halbverdrehten Augen die schauerlichen Vorbereitungen an. Dann senkt sie den Blick zur Erde. Soll sie aussagen? es ist der unvermeidliche Feuertod. Sie fühlt sich unschuldig, die düstre Anklage ist ihr fremd. Irgend ein neidisches Weib hat sie in die Hände der Richter geliefert. – Sie will versuchen, wie lange sie die Marter ertragen kann, die ihrer wartet. – Alles Ermahnen des Richters ist umsonst.
Richter: „Meister Hans, leget der Sünderin die Daumschrauben an.“
Diesen ersten Grad der scharfen Frage (Fig. III) vollzieht der Scharfrichter auf folgende Weise: Der Inquisit wird auf einen Schemel gesetzt und die Arme ihm rückwärts gezogen. Darauf muß er die Daumen zwischen die nach innen mit Zacken versehenen Eisen A und B legen. Die Knechte halten die Arme, und der Meister schraubt mittelst des Schlüssels C die Eisen A und B so aufeinander, daß sie die Daumen pressen.
Wird die Procedur stehend vollzogen, so hält ein Henkersknecht den Inquisiten.
„Daß man die Daumen also strafet, geschiehet billig deshalb, weil sie die meiste Stärke besitzen und in vielen delictis, sonderlich aber beim Diebstahl das meiste beim Zugriff thun. So man die Daumenstöcke ansetzet, soll man Acht haben, daß man sie oft versetzet, denn sonst verstocket das Geblüt und der Sünder empfindet nicht Schmerzen genug“ – so belehrt eine Gerichtsverordnung aus der herrlichen, guten alten Zeit!! – –
Die Inquisitin schreit entsetzlich. „Au, verdammt – wie drücket das Schelmending so arg!“
Der Richter verbietet ihr das Fluchen.
Scharfrichter: „Das ist nur Anfang und Kinderspiel. Es thut noch ganz anders.“
Er schraubt die Eisen noch fester zusammen. Inquisitin schreit und verschwört sich hoch und theuer, daß sie keine Hexe sei. Der Richter fordert sie auf die Wahrheit zu bekennen, worauf der Henker die Schrauben lüftet.
Das Schnüren mit den Banden. Inquisitin holt tief Athem und fragt, was sie bekennen solle. Jetzt schon sind ihre Augen gräulich anzusehen!! – (Armes Wesen! die schmerzverzerrten Blicke nehmen die Richter für eine durch teuflische Gewalt hervorgebrachte Umwandlung.)
Richter: „Herr Actuar, betet das bei Hexenfoltern übliche Gebet.“
Der Actuar betet. Da die Inquisitin verstockt bleibt, befiehlt der Richter, zum „Schnüren mit den Banden“ zu schreiten.
Dieses Torturverfahren, bei welchem das Fig. IV abgebildete Werkzeug angewendet wurde, bestand im Zusammenbinden der Arme. Wie bei den Daumenstöcken, zog man dem Inquisiten die Arme nach rückwärts. Einer der Knechte hielt die Hände zusammen, um die Bewegung zu hindern, der Zweite umfing von hinten die Taille des Inquisiten, damit derselbe nicht ausweichen konnte. Der Meister legte nun die sehr festgedrehte Schnur in Form einer Schlinge um das Handwurzelgelenk und wand das herabhängende Ende um beide Arme, aber dergestalt, daß zwischen jeder Umlage immer ein Finger breit Zwischenraum blieb. Aus diesem Zwischenraum quoll, sobald mittelst des hölzernen Handgriffes die Schnur angezogen wurde, das Fleisch hervor. Der Henker zog nun mit einem kräftigen Ruck die Schnur gegen sich, wodurch dieselbe, einer stumpfen Schneide gleich, in das Fleisch des Armes drang und furchtbare Schmerzen verursachte. Nach dem ersten Rucke ließ er ein wenig nach und indem er, die Bewegung des Sägens machend, seine Schnüre vor- und rückwärts zog, bewirkte er zugleich, daß kein Theil der Arme, vom Handwurzelgelenk bis zum Ellnbogen, von den Berührungen der Schnüre verschont blieb, welche stets auf andere Stellen übersprangen.
Diese Torturart blieb lange in Anwendung. Ein in Hannover veröffentlichtes Buch behandelt in ausführlicher Weise diese Procedur. Es ist betitelt: „Vom Schnüren Anfang.“ Die Halsgerichtsordnung der Kaiserin Maria Theresia v. J. 1769 enthält saubere Kupferstiche, welche alle Griffe und Stadien des Schnürens darstellen. In den Verordnungen dazu steht: „Es hat der Freymann darauf zu achten, daß er zwei Knebeln mit Schnur bei sich habe, falls die eine reißet (!). Dann aber (wie milde!) soll der Inquisit nicht so hoch gepeinigt werden. Denn da nach dem Gesetz die erste Schnur vierzehn Mal umgelegt werden soll, so soll nach Reißung einer Schnur die neue nur zehn Mal umgelegt werden.“ Ferner: „Zeichen der höchsten Grade dieser Tortur sind: Wenn das Fleisch zwischen den Schnuren blau(!) und blutig(!) emporsteigt, oder wenn (beim[542] Rückwärtsziehen der Arme) beide Arme aneinanderstoßen. – Wenn der Inquisit scharf anzugreifen ist, so sollen zwei Freymänner die Schnur hin- und herbewegen, wodurch die Nerven besonders irritirt werden.“ – Entsetzliches Verfahren, welches 1769 in die Welt geschleudert ward, zu einer Zeit, wo Lessing bereits seine „Minna von Barnhelm“ und den „Laokoon“ vollendet hatte!
Wenn der Henker nun mit dem Schnüren anhebt, so ertönt ein fürchterliches Jammergeschrei. Die Inquisitin bittet um Gnade. In ihrer Pein ruft sie: „Ach, was soll ich thun, was soll ich lassen? Du liebes Göttchen, gieb es mir ein.“
Richter: „Wen meinst Du mit dem Worte Göttchen?“
Illa: „Ich weiß es nicht. Höret nur auf, ich will Alles sagen, was ich weiß. Ich weiß nur einen Segen, den ich von meiner Großmutter gelernt.“
Richter: „Wie lautet derselbe?“
Illa: „Lasset den Meister Hans aufhören, denn ich kann es vor Schmerzen nicht aushalten.“
Der Richter befiehlt dem Scharfrichter, mit dem Schnüren innezuhalten.
Inquisitin: „Ich habe einen Segen wider die kalte Gicht von meiner Großmutter gelernt, nämlich: ‚Turteltäubchen ohne Gallen, kaltes Gichtchen, du sollst fallen.‘ Weiter weiß ich nichts zu sagen.“
Richter: „Meister Hans, ziehet die Schnüre an!“
Inquisitin verbeißt den Schmerz und beginnt mit dem Maule zu pröpeln(!).
Richter: „Weshalb bewegst Du das Maul?“
Illa: „Ich bete.“
Richter: „Warum nicht laut?“
Inquisitin schreit laut: „Ich bin ein Christenweib, man wird nichts aus mir herausbringen.“
Der Richter ermahnt sie mit aller Macht der Rede, ebenso der Actuar und der Scharfrichter, da Inquisitin aber verstockt bleibt, so befiehlt der Richter (gerade als die Uhr auf halb fünf zeigt), die Sünderin zum dritten Grade der scharfen Frage, zur Leiter zu führen.
Dieser sehr scharfe Torturgrad, dessen Werkzeug unter Fig. V abgebildet ist, hat sich leider ebenfalls lange Zeit erhalten. AA ist eine starke Leiter von zwanzig Sprossen, ward schräg gegen die Wand gestellt. Die Walze B, welche sich in DD mittelst der Handgriffe E drehen läßt, hat einen starken eisernen Ring bei C. In diesen Ring wurde das Ende des sechs Ellen langen Strickes F festgeknotet. Der oben im Stricke F befestigte Holzknebel ward dem Inquisiten über die Fußblätter gelegt, sodann umschlang man die Knöchel mit dem Stricke, wodurch der Knebel fest angezogen und zugleich die Füße oberhalb der Knöchel zusammengeschnürt wurden, das mit der Walze verbundene Ende des Strickes hing zwischen den Füßen herab. Während dies geschah, stand der Inquisit auf den Sprossen der Leiter. Man knebelte ihm nun die Hände auf den Rücken und band sie dann an die oberste Leitersprosse. War der Körper in solcher Weise oben und unten gefesselt, so gab der Scharfrichter-Meister ein Zeichen, worauf der an der Walze bei den Handgriffen E stehende Knecht langsam zu drehen begann. Der Körper des zu Folternden ward nun auseinandergezerrt. Um zu verhindern, daß der Inquisit sich mit den Hacken gegen die Sprossen stemme, tritt einer der Knechte hinter die Leiter und schiebt den Körper nach vorn, während der Meister zur linken Hand des Inquisiten auf den Sprossen stand, seinen linken Arm unter den Rücken des zu Folternden schob und mit der rechten Hand den Körper, am Hosenbunde anfassend, aufhebt, damit ein zu schnelles Hinabgleiten vermieden werde. Der die Walze B dirigirende Knecht mußte seine Augen auf den Richter geheftet haben; es geschah nämlich nach jeder Frage, wenn die Antwort des Inquisiten ein Leugnen enthielt, eine Umdrehung. Die Aufgabe des Knechtes war, die Walze nach jeder Wendung so fest zu halten, daß die aufgewundenen Stricke nicht zurückwichen.
Der Richter commandirte: „Ziehet an!“ worauf die Drehung erfolgte. „Doch soll,“ sagt die theresianische Gerichtsordnung, „der Grad der Folter nicht über fünfzehn Minuten dauern.“ Diese scheußliche Auseinanderzerrung des menschlichen Körpers bewirkte am häufigsten Bekenntnisse, denn der Schmerz war es nicht allein, der solche erpreßte. Der Gemarterte litt an unaussprechlicher Seelenangst. Sämmtliche Muskeln, Knochenbänder und Sehnen renkten sich aus, und wenn der Strick ganz um die Walze gewickelt war, erschien der Körper um ein Beträchtliches länger, als in natürlichem Zustande. „Es soll,“ sagt die Halsgerichtsordnung Carl’s V., „der hartnäckige Inquisit also auseinandergezogen werden, daß man durch seinen Bauch ein Licht scheinen sieht, welches hinter ihm gehalten wird.“
Nach der theresianischen Gerichtsordnung waren die höchsten Grade der Tortur folgende, 1) Wenn die Hände des Inquisiten über dem Kopfe zu sehen; 2) wenn die Schulterhöhen unterwärts gestellt sind; 3) wenn die Achselhöhlen verloren; 4) wenn die Flechsen des Brustmuskels sammt der Haut also angespannt sind, als ob sie reißen wollten und die Haut glänzend ist; 5) wenn bei der Achselhöhle ein Schnapper oder Kracher (sic) zu hören ist, welches ein Zeichen, daß durch die bisherige Anspannung der Kopf des Armbeins von der Fläche der Articulationshöhle sich gehoben habe, nach welchem Schnalzer nicht mehr angezogen werden darf.“
Dies war also der höchste Grad, bei weichem buchstäblich die Gelenke des Unglücklichen in ihren Fugen krachten. Eine Verschärfung war der „Kloben“ oder „Siemen“, welcher über die Handgelenke gelegt wurde und neben der Auseinanderzerrung noch ein sehr schmerzhaftes Pressen bewirkte.
„Doch soll der Kloben, so wie der Bock (eine Art Daumschrauben, in welche auch zugleich die Zehen(!!) gepreßt wurden, so daß der Eingespannte wie bei Fig. I, dem Stock, kreisförmig zusammengebogen war), nur bei Hexen, Zauberern und Andern, so ein Pactum mit dem Teufel gemacht haben, angewendet werden.“ Gerichtsordnung Carl’s V.
Die Inquisitin liegt also auf der Leiter, deren Mechanismus wir soeben beschrieben. – Sie leugnet hartnäckig, eine Hexe zu sein. „Ziehet an!“ ruft der Richter. Der Knecht hebt die Walze an und macht eine Wendung. Inquisitin schreit: „Ach, helft mir!“ Scharfrichter preßt die Kloben, und da sie immer leugnet, so zieht der Knecht weiter.
„Da verhänget es der höllische Verführer, daß die Inquisitin alsbald die Augen zuthuet und in tiefen Schlaf verfället, alswobei sie schnarchet gleich einem Menschen, der in tiefem Schlafe liegt, welches der sogenannte Hexenschlaf ist.
Der Scharfrichter aber beräucherte sie mit Teufels-Dreck, Weihrauch, rothen Dosten und schwarzem Kümmel, hielt ihr auch angezündeten Schwefel unter die Nase, da sie gleich aufwachte und das Maul gräulich flerrte.“[2]
[603]Wir verließen die Inquisitin auf der Leiter. „Wie der Scharfrichter sie zum andern Mahle wieder zwei Sprossen weiter zog“ – heißt es in dem Protokoll ferner – „erhub sich ein überaus starker Sturm-Wind, welcher so gewaltig wider die Fenster der Volterstuben ging, daß man meinet, sie würden mit sammt den Rahmen hinein in tausend Stücke geworfen. Inzwischen wurde gebetet: ‚Heilige Dreifaltigkeit stehe uns bei.‘
Inquisitin: ,Ach Göttchen, hilf mir balde?‘
Richter: ,Wer soll Dir helfen?‘
Inquisitin antwortet nicht, sondern fähret fort zu rufen: ,Ach, hilf mir, hilf mir!’
,Ziehet an!’ rufet der Richter, die Knechte drehen immer weiter, daß man die Gelenke knacken höret (!) Da kam eine Mauß aus der Spalten der Diele wie der Blitz nach der Leither zu. Nach welcher Mauß der Scharffrichter und seine Knechte mit Stäben, auch der Amtsdiener, der gerufen und eben ein Bund Schlüssel in der Hand hielte, tapffer zuschlugen, sie aber nicht treffen konnten, indem sie hoch über Stäbe und Schlüssel auf und nieder sprang, als wenn sie Flügel hätte, verschwund auch drauf in einem Augenblick, daß man sie nicht weiter sahe, es legete sich auch der Sturmwind und ward Alles stille. Von den meisten Schlüsseln aber waren die Kämme (Bärte) herab oder doch krumm, daß man sie wieder machen lassen mußte. Also suchete der höllische Menschenjäger in Gestalt einer Mauß seine Freundin zu befreien.“
Es ist überflüssig, ein Wort zur Erklärung hinzuzufügen, die sich Jedem von selber aufdrängt. Daß die Verfinsterung jener Zeiten die Bewohner aller Gerichtslocale, als Mäuse, Schaben, Motten und Fliegen, für verkappte Teufel hielt, die im Augenblicke der Folterung ihren Freunden beizustehen kommen, bezeugen sämmtliche Gerichtsordnungen. „Es sollen die Gerichtsleuthe immer wol auf ihrer Huth sein. Da es denn häufig genug geschiehet, daß der böse Feind Gestaltens einer Mauß, Schmeißfliegen, Hummel oder Hörnisse hereinfähret, da denn die Gerichtspersohnen wohl Ursache haben, fleißig Gott anzuruffen, ehe und während sie bei dem Hexen-Gesindel seind und den schweren Handel der Tortur anheben.“
Einige Worte mögen noch über den „Hexenschlaf“ gesagt sein, der jedenfalls nichts weiter, als ein in Folge der fürchterlichen Anstrengung und Erregung aller Nerven eingetretener Starrkrampf war. „Aber,“ sagt der alberne Geheimrath Döpler, „das Zaubrer- und Hexen Gesindel wird von ihrem Buhlen dem Teufel gehärtet, daß sie keine Marter noch Pein fühlen, sondern auff der Leither schnarchen und schlafen, wie Jemand so von langer Reise heimgekehret. Offtmalens fähret ihnen der Erzfeind in die Kehlen, da sie dann nicht zu sprechen vermögen, sondern krächzen und ihnen ein Schaum vor den Mund tritt.“
„Nachdem nun der Richter diesen Vorfall (mit der Maus) protocoliren lassen, klopfete der Scharffrichter mit einem Stecken der Inquisitin auf die Brust. Er sagte: ,Es ist Zeit, daß Du bekennest?‘
Illa: ,Lasset nach, Meister Hans, ich will bekennen, ich will eine Hexe sein, da man es also begehret. Ihr habet ja Hexen genug unter Händen gehabt?‘
Richter: ,Nehmet die Inquisitin herab von der Leiter.‘
Dieses geschieht. Der Scharffrichter renket ihr die Gliedmassen ein und lasset sie setzen, welches man aber bei den Zaubrern und Hexen nicht gerne thuet (!). Bringt ihr auch, so es Noth thut, eine Stärkung bei, derohalben immer Wasser, Essig, Schlagtränke, Zimmet und Rosenwasser bei denen Folterungen vörhanden sein sollen. Inquisitin hat sich kaum erholet, so wird sie ermahnet, zu bekennen. Sie lachet höhnisch und sagt: ,Was sol ich aussprechen? Meister Hans, saget es mir doch vor.‘ Der Richter ermahnt sie noch ein Mal, da sie aber verstockt bleibt und glaubt, sie habe die Tortur überstanden, befiehlt der Richter, ihr um dreiviertel fünf Uhr die Beinschrauben anzulegen.“
Dieses Instrument des vierten Foltergrades, dargestellt in Fig. VI., hatte verschiedene Formen. Die hier abgebildete ist eine der ältesten und führt den Namen „spanische Stiefeln“, auch „würtembergischer Fußstock“. Die in späterer Zeit gebräuchlichen Beinschrauben waren in der Form den Daumschrauben ziemlich gleich. Die Anwendung wird durch den Holzschnitt ganz leicht erklärt. Die stiefelförmigen Hülsen sind inwendig mit eisernen Zacken versehen. Ein Vorderstück dient zur Deckung des Schienbeins, ein Hinterstück deckt die Wade. Die mit Schlüsseln versehenen Schrauben ziehen die Stücke gegeneinander, bis sie fast zusammenstoßen und sich fest auf die bedeckten Theile des Beines legen. Die äußerst empfindliche Construction des Schienbeines machte diesen Torturgrad zu einem der qualvollsten. Da der Stiefel das Bein über dem Knöchel umschloß, so war ein vollständiges Absterben der Füße die Folge, und gewöhnlich hinterließ dieser Grad zeitlebens die traurigsten Spuren an dem Körper des Gemarterten. Bei der Vollziehung mußte der Inquisit sitzen und das zu marternde Bein auf einen Fußschemel legen. Ein Knecht hielt ihn von rückwärts, ein zweiter drückte die Beine fest, und der Meister schraubte auf Befehl des Richters langsam zu. Blieb der Inquisit mit den Stiefeln an den Beinen hartnäckig, so bedienten sich die Scharfrichter eines Kunstgriffes, um den ohnehin grausamen Schmerz noch zu erhöhen. Er klopfte nämlich mit dem Schraubenschlüssel gegen[604] den das Schienbein umhüllenden Theil des Folterstiefels. Die Schmerzen, welche diese Schläge verursachten, müssen entsetzlich gewesen sein, denn häufig folgte hierauf das erpreßte Bekenntniß.
„Die Scharffrichter sollen mit den Schlüsseln gegen die Beinschienen kloppen, da der Schmerz denn empfindlicher wird. Auch sollen sie solche lüften. So sie die Schienen abnehmen, müssen die Füß braun (!) und blau (!) sehen, als hätte man eine Form hineingedrücket. Zuweilen, wenn der Scharffrichter ungeschickt schraubet, läuffet das Blut an den Beinen herab, wo denn der Judex dreinreden sol.“
So sagt die sächsische Halsgerichtsordnung von 1693. Die fast hundert Jahre später erschienene theresianische bestimmt fünfzehn Minuten Dauer für diesen Foltergrad „bei großen Bösewichtern“ und befiehlt dem Richter, besonders darauf zu sehen, „daß der Freimann nicht die Schienbeine breche, sondern menschlich (!) mit dem Sünder umgehe“. – Es ist überhaupt bemerkenswerth, daß in den Vorschriften so häufig ein Ton von Wohlwollen durchklingt, z. B. „wenn man den Sünder von der Leiter fallen ließe, so könnte er sich den Rücken brechen, oder die Arme verrenken!!“ Dafür zerrte sie ihm der Henker auseinander! – Oft werden Richter und Henker vor „grausamen Handlungen“ gewarnt, während sie doch Stunden lang den Höllenqualen ihrer Mitgeschöpfe beiwohnten.In einem Artikel der sächsischen Halsgerichtsordnung wird streng befohlen, „die Tortur Morgens vorzunehmen, da der Reus ganz nüchtern ist. Denn hätte er gegessen, so würde ihm durch Umdrehung des Magens und Erbrechen nicht allein schwerere Pein am Leibe, sondern auch Schaden an der Gesundheit zugefüget.“ – Es scheint fast, als hätte man sich hin und wider der Gewaltmaßregeln geschämt und sich hinter solchen nichtigen Auslassungen verschanzt. Zuweilen wird der Scharfrichter aber auch vor den Hexen bei der Folter gewarnt, „daß sie seinem Leibe nicht schaden. Wie denn zu Eisenach Anno 1661 eine Hexe, die alte Hirtin genannt, bei der Tortur den Nachrichter zu Mühlhausen, Werner, als er sie mit abgewendetem Gesichte auf die Leiter ziehen wollte, ehe er sich dessen versahe, durch das Koller in die Achsel gebissen, darvon er ohnmächtig geworden.“ – Häufig wird der Henker gewarnt, keine Zaubermittel bei der Tortur anzuwenden.
Die Inquisitin sitzt auf dem Folterschemel und hat die Beinschrauben an. „Da sie den Henker bittet, er solle ihr sagen, was sie schwatzen müsse, antwortet er: ‚Ich will Dir schon weisen, was Du sagen sollst.‘ Er zieht die Schlüssel an.
Inquisitin: ,Au, Meister Hans, thut gemach! laßt mich besinnen.‘
Scharffrichter: ,Ei was, dazu ist Zeit genung gewesen.‘ Er schraubt das rechte Bein zu.
Illa: ,Au weh, Ihr bringt mich um’s Leben! Das kann kein Pferd aushalten.‘
Worauf aber der Richter befahl, ihr mit der Beinschraube hefftig zuzusetzen, bis der Seiger fünff Striche vor Voll stand. Worauff die Inquisitin ein so furchtbares Brüllen erhoben, daß Alle sich entsetzet, auch in eine Ohnmacht verfallen, die Mundwinkel verzogen, endlich, als der Scharffrichter mit dem Schlüssel die Schienbeine geklopfet, aus der Ohnmacht erwecket (!) und geruffen: ,Ich will Alles bekennen, nehmet mir die Dinger von den Beinen.‘ Hier befiehlt der Richter, die Inquisitin herabzunehmen und ermahnet sie noch ein Mal, Alles zu gestehen.“
Die Willenskraft der Unglücklichen ist durch die ungeheuren Schmerzen gebrochen, sie vermag nicht mehr zu widerstehen. Sie bekennt. – Die in den Protokollen enthaltenen Vorschriften bezüglich der Abnahme der Bekenntnisse, so wie diese selbst, sind fast stets dieselben. Sie sind so haarsträubender Art, so fürchterlichen Inhaltes, daß Mitleid, Schauer über die schreckenerregende Verfinsterung der Geister und Unwillen über die Willkür der geistig beschränkten Richter mit einander wechseln, wenn man die Acten durchliest. Bündniß mit dem Satan, der als Junker Hans, Fritz, David oder so ähnlich benannt erscheint, Hexentänze in der Teufelsnacht, Geständnisse von angestiftetem Unheil, getödtetem Vieh, verzauberten Kindern, Hineinbeschwören der sogenannten „Elben“ oder bösen Dinger in den Körper eines Feindes, Liebschaft mit dem Teufel und endlich das Zugeständniß, daß der böse Voland sie auf der Folter in Gestalt einer Maus oder Fliege besucht, sie aber endlich verlassen – dies Alles wogt und wirbelt wüst durcheinander, die Actenfascikel der Gerichtshöfe mit beklagenswerthem Unsinn füllend.
Noch nicht recht gelüftet ist ein Theil des Schleiers, welcher die Mysterien der Hexenprocesse bedeckt, das sind die fast unbegreiflichen [605] Momente der Selbstanklage! Es ist hier, wo es sich um Beschreibung der Folterwerkzeuge handelt, nicht Raum gegeben, um auf dieses Thema näher einzugehen. Was aber trieb die vielen Elenden zur Richterbank, um sich der unnatürlichsten, unmöglichen Verbrechen anzuklagen? Von einem dunklen, unbewußten Drange gejagt, lieferten sich jene Besessenen dem Richter freiwillig aus. Wie religiöser Wahnsinn seine Anhänger zu den verkehrtesten Dingen trieb, so läßt sich auch hierbei nur annehmen, daß eine Verwirrung des Geistes die höllischen Gespenster heraufbeschwor und daß diese Störungen die Bewohner ganzer Landstrecken, förmlich epidemisch, ergriffen, eine fürchterliche Manie erzeugend.
Die Strafen betreffend, welche die Zauberer u. Hexen nach überstandener Folter ereilten, so lauteten die Urtheile meist auf Tod durch das Schwert, durch den Galgen oder durch das Feuer. War mit den Bezauberungen ein Mord verbunden, so condemnirte man sie zum Rade. Das Fig. VII. abgebildete Rad ist oben mit einem scharfen, messerförmigen Kamm versehen, welcher die Glieder abstieß; bei der Procedur selbst griff der Henker in die Speichen und schlug auf die Gebeine des zu Richtenden.
Die Strafe des Galgens, Hexen und Zauberer treffend, wurde durch besondere Vorrichtungen vollstreckt. Fig. VIII. a und b. zeigen unter a. einen „Hexenhaken“ mit Feder, welchen der Henker an beliebiger Stelle einschraubte; b. einen „kunstgerecht“ geschlungenen Strang zum Hängen gerichtet. Diese besonderen Requisiten für Zaubererexecutionen wurden deshalb in Bereitschaft gehalten, weil mit den Stricken, Haken etc. Mißbrauch getrieben ward. „Es sollen die Schöffen darauf sehen, daß die Henker nicht Strick, Haken oder Stäbe von denen armen Sündern nach ihrer Abthuung liegen lassen; dieweil allerlei Hexenwerk mit solchen Dingen getrieben wird.“
Fig. IX. zeigt unter a. und b. ein zur Folter gebrauchtes Instrument, welches jedoch älterer Zeit entstammt. Es ist dies eine „Würgbirne“, a. geschlossen, b. geöffnet. Diese Birne ward, im 16. Jahrhundert namentlich, den zu Folternden in den Mund gesteckt. Mittelst einer Feder öffnete sich das Instrument (b) und füllte den Mund vollständig aus, wodurch jeder Schrei oder sonstige Gewaltthat z. B. Beißen des Henkers, verhindert wurde. Die Würgbirnen sind eine spanische Erfindung und waren bei den peinlichen Fragen des Inquisitionsgerichtes ein beliebtes Requisit.
Hieran dürfte sich unmittelbar das unter Fig. X. abgebildete Straf-, nicht Folterinstrument schließen. Im 16. Jahrhundert wurden diese Zangen Ungulae genannt. Man behielt ihren Gebrauch jedoch bei und nannte sie später „Spinnen“, mit welchem Insecte sie der Form nach auch Aehnlichkeit haben. Der empörende Gebrauch, den man von der Spinne machte, stempelt sie zu einem der fluchwürdigsten Werkzeuge menschlicher Tyrannei.
Diese spitzen Klauen, diese scharfen Eisen schlug man in das Fleisch des Verurtheilten. Jeder Biß dieser Zangen riß große Stücke aus dem Körper. Namentlich – es ist haarsträubend – zermarterte man damit die Brüste der Verdammten. Wunderlich genug scheint die Spinne durch religiöse Verehrung in Aufnahme gekommen zu sein. Unter Papst Paul III. soll man zu Rom auf dem Vaticanischen Gottesacker ein solches Werkzeug in dem Grabe eines Märtyrers gefunden haben. Die Reliquie ward im Vatican aufbewahrt; sie gab leider einem Finsterlinge das erwünschte Model.
Daß die ersten Christen mit ähnlichen scheußlichen Instrumenten gepeinigt wurden, dürfte übrigens keinem Zweifel unterliegen.
War nach abgelegtem Geständnisse etwa ein neuer Widerruf erfolgt, so schritt man zur Feuerfolter, dem fünften Grade. Er [606] bestand kurz gesagt darin: daß sechs zu einem Bündel geschnürte Lichte angezündet und dem auf der Folter liegenden Inquisiten die Flammen unter die Achselhöhlen gehalten wurden. Die Feuerstrafe ward durch die theresianische Gerichtsordnung geregelt und bis 1793 ausgeübt.
Die leichteren Strafen der Hexen bestanden in 1) Brandmarkung; 2) Ausstäupung und Landesvertreibung; 3) Ausstellung an den Pranger in einer Schandlarve – Strafen, die jedoch auch alle Verbrecher anderer Art trafen. Die Brandmarke (Fig. XI.) drückte man dem Verurtheilten auf die Schulter, Brust, Backen etc. Noch heute wird dieses abscheuliche Verfahren, das Gesicht zu brandmarken, an Missethätern in Ostindien ausgeübt, und leider nach den dort herrschenden Gesetzen, welche ein auf der höchsten Stufe der Civilisation stehenwollendes Volk – die Engländer – proclamirt haben.
Im 17. und theilweise 18. Jahrhunderte brannte man Namen – ja Sprüche ein. Z. B. „Hexe“ oder „Hütet Euch vor diesem!“ Bei Zaubereiprocessen brannte der Henker auch das sogenannte „Hexenzeichen“, „Hexenkratzer“, „Stigma“ oder „Teufelsdruck“ mit glühendem Eisen aus.
Kleine Flecke, eine Warze oder ein Mal genügten, um des Pactes mit Satan verdächtig zu sein. „Denn,“ sagt Erasmus Franz salbungsvoll, „dieser verdammte Betrüger und höllische Menschenjäger zeichnet seine lieben Getreuen mit seinem Merkmahle als: Krötenfüssen, Ratten, Maus, Spinne und Fliegen-Bildern. Der Henker soll sie mit einem Pfriemen durchstechen, nachher aber ausbrennen, worauff sie denn gestehen, daß der höllische Schauspieler sie ihnen eingedrückt.“ Bei den Ausstellungen am Pranger in Schandlarven war Fig. XII. die schwerere und peinigendere Larve. Sie bestand aus eisernen Platten und Reifen und wurde durch ein Charnier geschlossen. Fig. XIII., welche der Curiosität halber beigegeben ist, sieht allerdings weit fürchterlicher aus, ist aber nur bei leichteren Vergehungen angewendet worden und war eine Strafe für Verleumder, Ehrabschneider und böswillige Neider. Den Ungeheuerkopf stülpte man dem Verurtheilten über, die beiden Schlangen mußte er in den Händen halten. Fig. XIV. und XV. sind Strafinstrumente, deren Anwendung an das Humoristische streifte. Fig. XIV. ist der Schellenkragen, den Modenarren tragen mußten. Die überhandnehmende Putzsucht verleitete zu den tollsten Ausgaben und trieb häufig dem Verbrechen in die Arme. Um „Exempla zu statuiren“, wurden die Uebertreter der Kleiderverbote einige Male in solche Maschinen gesteckt, mit denen sie umherstolziren mußten. Fig. XV. ist ein Strafinstrument für zänkische Weiber. Zwei Frauen, die sich auf offenem Markte gezankt oder gar thätlich gegen einander vergangen hatten, schloß der Büttel in ein, wie Fig. XV. zeigt, durchlöchertes Holz, und zwar so, daß durch die an beiden Enden befindlichen, weiten Löcher die Hälse, durch die kleinen die Arme gesteckt wurden. In dieser Lage, die Gesichter gegeneinander gekehrt, die zum Kampf bereiten Hände gefesselt, mußten die Marktfriedenbrecher eine Stunde lang auf offenem Platze verharren.
Der Leser möge diese Probe des alten Strafrecht-Humors als kleine Aufheiterung nach so vielen düsteren Schilderungen hinnehmen; vergegenwärtigt man sich die Situation, so macht sie eine komische Wirkung.
Aehnliche Bewandniß wie mit dem Ungeheuerkopfe hat es auch mit dem unter Fig. XVI. abgebildeten Todtenschädel. Derselbe ist aus einer Art Pergamentpapier gefertigt und mit Reifen inwendig ausgesteift. Seine Oeffnung, hinter den Kinnladen befindlich, ist so weit, daß ein Mensch bequem seinen Kopf hineinstecken und das Ganze wie einen Helm aufsetzen kann. Wenn der Ungeheuerkopf zur Strafe der Verleumdung, des Ehrabschneidens oder sonstiger injuriöser Handlungen getragen werden mußte, so hatte freilich der Todtenschädel als Schmuck für das Haupt eines Delinquenten ernstere Rechtsceremonien zu repräsentiren. Der Schädel ward nämlich solchen Leuten aufgestülpt, die zum Tode verurtheilt und plötzlich begnadigt wurden. Es war das ein sehr altes Herkommen. Im Westphälischen, im Ansbachischen und in Franken trugen die begnadigten Missethäter einen wirklichen Todtenkopf und zwei Röhrknochen darunter auf der Brust, womit sie an den Pranger gestellt wurden.
Fig. XVII., ein Marterwerkzeug, mit welchem wir schließen wollen, sei deshalb an das Ende gestellt, weil es eigentlich zu keiner besonderen Art regelrechter Torturwerkzeuge gehörte. Es scheint in der That nur eine Spielerei der grausamsten Art gewesen sein. Sein Gebrauch läßt sich sehr leicht einsehen und anschaulich machen. Die beiden Enden, eiserne Stiele, befanden sich zwischen Breterlagen, so daß das Ganze leicht herumgedreht und gerollt werden konnte. Die aus der Walze hervorragenden Spitzen waren Holzstifte meist achteckiger Form. Man zog nun den zu Marternden, indem er auf dem Rücken lag, über dieses Holz, dessen rollende Bewegung nicht geringe Schmerzen verursachte. Hatte man hochgezogen, so ließ man langsam wieder herabfallen und dieses Manöver wiederholte man verschiedene Male. Aufgabe war für den Henker, „den Reus nicht so zu reissen, daß Blut komme, sondern ihn nur glimpflich (!) zu torquiren“. Das Werkzeug führte den harmlosen Namen der „gespickte Hase“. Es findet sich jedoch in keinem eigentlichen, richterlichen, rechtmäßigen Folterinventar, und obgleich es häufig vorkommt, so ist es doch wohl nur eine Laune tyrannischer Richter gewesen, die sich hier und da Bürgerrecht verschafft haben mag. Besondere Stellung im peinlichen Rechtsgange nahm sie nicht ein.
Die beigegebenen Illustrationen sind nach den in der Sammlung des Herrn Dr. Geuder auf der Burg zu Nürnberg befindlichen Originalen gefertigt. Ein Besuch dieser merkwürdigen Sammlung ist dem Leser, den sein Weg nach der schönen altdeutschen Pegnitzstadt führt, dringend anzurathen, wäre es auch nur, damit er sich in dankbarer Freude recht lebhaft bewußt werde, daß die Anschauungsweise jener guten alten Zeit, die dergleichen Werkzeuge raffinirter Grausamkeit erfunden und gehandhabt hat, für immer zu den überwundenen gehört.
- ↑ Die Namen der Personen und Ortschaften sind fingirt, da das Ganze ein zu jener Zeit gebräuchliches Schema für Protokolle bei Hexenfoltern ist. Die Indicien: Pulver, Kröte, Knochen etc., sind fast stets dieselben.
- ↑ Dieser Vorgang, sowie die nachfolgenden, müssen häufig beobachtet worden sein, da sie sich in den meisten Protokollen aufgezeichnet finden und, gewissermaßen als zum Gange der Procedur gehörig, den jungen Richtern ein genaues Verfahren bei solchen Zwischenfällen in bestimmter Form vorgezeichnet wird.