Textdaten
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Autor:
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Titel: Auf dem Standesamt
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 3, S. 40–41, 52
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1891
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[40–41]

Auf dem Standesamt.
Nach dem Gemälde von B. Vautier.

[52] Auf dem Standesamt. (Zu dem Bilde S. 40 u. 41.) Der Schullehrer in Oberwiesenbach hat immer eine große Freude gehabt an des Bauern Hinterhöfer blonder Veva, weil sie so schön schreiben konnte, schöner als alle die anderen Kamerädinnen. „Da, nehmt Euch die Veva zum Exempel, die schreibt wie gestochen!“ so hatte er gern den Ehrgeiz seiner Blldungsbefohlenen anzustacheln versucht.

Nun, heute hat sie Gelegenheit, ihre Kunstfertigkeit in vollem Lichte erstrahlen zu lassen! Sie hat ja ihren Namen unter das standesamtliche Protokoll zu setzen, das sie und ihren getreuen Balthasar zu rechtmäßig verbundenen Eheleuten macht. Aber merkwürdig: heute will es gar nicht recht gehen! Nicht als ob sie ihren Bräutigam nicht von Herzen gern hätte, als ob sie vor dem letzten Schritt bangte, der sie ihm zu eigen giebt. Im Gegentheil! Sie ist ihm schon lange verlobt und hat den Hochzeitstag fast nicht erwarten können! Aber trotzdem – oder gerade deshalb? – zittert ihre Hand und die Augen flimmern ihr, daß sie den Platz für ihre Unterschrift nicht finden kann und der etwas verdrießliche Standesbeamte ungeduldig zum zweiten und dritten Male mit dem Finger darauf weisen muß.

Der Bräutigam verliert die Ruhe darüber nicht; gelassen steht er neben der verlegenen Liebsten und wartet mit männlicher Ueberlegenheit, bis sie glücklich ins Reine gekommen ist; es schmeichelt am Ende nur seinem Selbstgefühl, wenn seine getreue Veva über der Wichtigkeit dieser entscheidenden Handlung etwas aus der Fassung geräth. Auch der Vater, der alte Hinterhöfer, läßt sich nicht aufregen; aber natürlich, die zwei Brautjungfern, die naseweisen Dinger, die können es nicht lassen, lose Scherze mit gedämpfter Flüsterstimme auszutauschen, in ihr festtägliches Taschentüchlein zu kichern und die Würde des Orts aufs schnödeste zu mißachten. Das kann der Bäuerin, der Hinterhöferin, nicht gefallen! Sie ist immer für Zucht und Ordnung gewesen, immer und überall, und vollends heute und hier, wo ihre einzige Tochter vor dem Amt steht und etwas so Ernstes unterschreiben muß. Mißbilligend fliegen ihre Blicke hinüber zu den respektlosen Ruhestörerinnen; am liebsten würde sie gleich handgreiflich dazwischen fahren, aber da das auch wieder nicht geht, so ballt sie wenigstens die Faust – um ihrem inneren Grimm doch etwas Luft zu machen. Nur einer hat seine Freude an dem Geschäker der zwei hübschen Mädel. Das ist der junge Amtsdiener, der mit seiner Aktenmappe hinter ihnen steht und wartet, bis der Akt fertig ist und er sein Trinkgeld kriegt. „Solche Gesellschaft hab’ ich nicht alle Tage!“ denkt er – und das ist angesichts der Sachlage ein sehr begreiflicher Gedanke! =