Auf dem Angstplatze in Prießnitz

Textdaten
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Autor: August Diezmann
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Titel: Auf dem Angstplatze in Prießnitz
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aus: Die Gartenlaube, Heft 29, S. 396–399
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1857
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[396]
Auf dem Angstplatze in Prießnitz.

Superintendent Dr. Großmann.

An einem Februarnachmittage des jetzigen Jahres saß ein bejahrter Mann mit eisengrauem Schnurrbarte in einer Ecke eines Kaffeehauses zu Lyon und las in einem Zeitungsblatte, offenbar aber nur, um die Zeit hinzubringen, denn seine Blicke überflogen gleichgültig die Zeilen und nichts schien ein besonderes Interesse in ihm zu erregen. Mit einem Male aber spannten seine Züge sich eigenthümlich an; die Augen hefteten sich fast gierig auf eine Stelle des Blattes und sein ganzes Wesen verrieth tiefe Erregung. Er schien etwas zu lesen, das ihn ungewöhnlich ergriff. Bald indeß legte er langsam die Zeitung auf das Tischchen und lehnte sich [397] sinnend zurück. Sein Gesicht war sehr ernst geworden. Er versank entweder in tiefes Sinnen und Grübeln über einen Gegenstand oder er blickte auf einen Punkt seiner langen Vergangenheit zurück und bemühete sich, denselben hell und heller vor sein Seelenauge zu bringen. In seinen Zügen malte sich dabei abwechselnd tiefe Trauer und innige Rührung; einmal schienen ihm die Augen sogar feucht zu werden, obwohl seine noch immer straffe Haltung den ehemaligen Soldaten nicht verkennen ließ, der in seinem Leben viel gesehen und erfahren und der Thränen des Schmerzes wie der Rührung wohl hätte entwöhnt sein können.

Dann stand er auf. Er schien einen Entschluß gefaßt zu haben. Er nahm seinen Hut, verließ das Kaffeehaus, ging eine Strecke in der Straße hin, darauf in ein Haus und in das da befindliche Comptoir eines Fabrikanten, mit dem er bekannt sein mochte, denn nach nur flüchtiger Begrüßung sagte er mit einer gewissen Hast:

„Sie stehen ja mit Leipzig in Sachsen in Geschäftsverbindung. Reisen Sie bald dahin oder erwarten Sie binnen Kurzem einen oder den anderen Geschäftsfreund von dort?“

„Ich selbst werde vor dem Sommer nicht nach Deutschland reisen, einige Herren aber aus Leipzig erwarte ich in der nächsten Zeit.“

„Sie würden mir eine große Gefälligkeit erzeigen, wenn Sie mich von der Ankunft Eines dieser Herren sogleich benachrichtigen wollten. Ich las so eben etwas in einer Zeitung, das die Erinnerung an eine der entsetzlichsten Episoden aus meiner Soldatenlaufbahn lebendig in mir hervorrief. In Leipzig aber soll ein Mann noch leben, obwohl er fast so alt sein mag als ich, der in jener Episode eine hervorragende Rolle spielt. Ich möchte nun gar gern wissen, ob dies wirklich der Fall ist, um ihn bitten zu können, über mancherlei bei jenem Vorgange und über dessen Folgen mir Auskunft zu geben.“

Der Angstplatz in Prießnitz.

Der Fabrikant versprach die gewünschte Benachrichtigung zu geben, als aber etwa vierzehn Tage vergangen waren, wiederholte der alte Herr seinen Besuch, um sich zu erkundigen, ob noch immer Niemand aus Leipzig angekommen sei. „Ich habe keine Zeit, lange zu warten,“ sagte er: „ich bin ein Achtziger und muß jeden Tag gefaßt sein, durch den Tod abberufen zu werden, dem ich beruhigter folgen werde, wenn ich gute Nachrichten aus Leipzig erhalten habe.“

Man versprach ihm nochmals, ihn von der Ankunft eines Leipzigers sofort in Kenntniß zu setzen, er kam aber nach einigen Tagen immer selbst wieder, um sich zu erkundigen; ein Beweis, wie sehr ihm das an dem Herzen lag, worüber er Auskunft zu haben wünschte.

Endlich kam ein Leipziger Geschäftsfreund des Lyoner Fabrikanten an, Herr Louis B., und man theilte ihm mit, daß ein ehemaliger Soldat dringend wünsche, mit ihm zu sprechen. Man ging zu dem alten Herrn. Dieser, George Antoine Augustin Govéan, hatte damals in dem Kaffeehause einen Bericht, der aus der Augsburger Allg. Zeitung in französische Blätter übergegangen war, über die einfache rührende Feier der fünfzigsten Wiederkehr des 16. October in dem Dorfe Prießnitz bei Naumburg gelesen und erzählte nun, daß er bei dem grauenvollen Vorgange in jenem Orte am 16. October 1806, welchem die Gedenkfeier gegolten, vorzugsweise betheiligt gewesen sei, weshalb er zu wissen wünsche, wie es den Bewohnern von Prießnitz seitdem ergangen, ob der junge Mann, der damals so muthig und warm zu Gunsten seiner Landsleute gesprochen, wirklich der Superintendent Großmann in Leipzig sei und Anderes mehr. Schließlich ersuchte er Herrn B., diese Fragen, die er aufschreiben wolle, Großmann [398] vorzulegen und denselben zu bitten, ihm brieflich bald darauf Antwort zu geben. Großmann gab die Antwort mit Freuden ganz ausführlich und dieser sein Brief vorn 6. April d. J. nach Lyon ist der letzte gewesen, den er geschrieben hat. Der Dankbrief Govéan’s darauf traf ihn bereits auf dem Krankenlager, von dem er nicht wieder erstehen sollte, und er hat von dem Inhalte nur unvollkommen Kenntniß erhalten, was um so mehr zu bedauern ist, da jenes Schreiben Govéan’s nicht nur zuerst die vollständige Aufklärung über die Vorgänge auf dem „Angstplatze“ in Prießnitz gibt, sondern auch in dem Absender einen Mann von der bewundernswürdigsten Geistesgegenwart und dem edelsten Herzen erkennen läßt, der einer großen That erst nach fünfzig Jahren und mit der seltensten Bescheidenheit gedenkt. Sein Brief liegt mir in Abschrift vor. Nach ihm und der kleinen Schrift „über die Einäscherung von Prießnitz“, die Großmann 1810 herausgab, sei der fragliche Vorgang hier erzählt.

Am Tage nach der Schlacht bei Jena, Mittwoch am 15. Oct. 1806, zogen mehrere Franzosen raubend und Geld erpressend in der Umgegend umher. Zwischen dem Dorfe Rauschwitz und einem damals neuen Gasthofe, in einer muldigen Tiefe der Landstraße, wurden Einige jener Maraudeurs von aufgebrachten Bauern überfallen und erschlagen. In demselben Augenblicke kam auf der Straße ein französischer Wagentransport mit schwacher Bedeckung daher. Kaum hatten diese Soldaten gesehen, wie es ihren Kameraden erging, so fürchteten sie ein gleiches Schicksal, hieben deshalb in größter Eile die Zugstränge der Pferde durch, ließen die Wagen im Stich und flohen, um zu melden was geschehen.

„Sehr früh am 16. October,“ erzählt nun Govéan, „ließ mich Guigner de Revel rufen, der Commandant des III. Linienregiments, in welchem ich damals Capitain der Grenadiere (der ersten Compagnie) war, und das in Naumburg stand. Er zeigte mir eine Ordre des Marschalls Davoust, das Dorf Prießnitz – weil französische Soldaten da ermordet worden – umzingeln und besetzen, die Alten, die Weiber und die Kinder fortbringen, die andern Einwohner sämmtlich erschießen und alle Gebäude niederbrennen zu lassen.“

Der Bataillonscommandant war in der heftigsten Aufregung über diesen grausamen Befehl. Empört stieß er seinen Säbel an den Boden und rief: „Fallait-il être arrivé à mon âge pour voir de telles horreurs et d’être chargé de leur exécution! (mußte ich so alt werden, um solche Gräuel zu sehen und mit ihrer Ausführung beauftragt zu werden!)“ Er erklärte, lieber seinen Degen zu zerbrechen, als sein Gewissen durch eine so blutige That zu beschweren und die Ehre der französischen Waffen durch solche Barbarei beflecken zu helfen. Es wurde dem Capitain Govéan schwer, seinen braven Commandanten etwas zu beruhigen und durch seine Vorstellungen zu überzeugen, daß er ein sehr schlimmes Beispiel von Insubordination geben werde, wenn er sich weigere, einem so bestimmt lautenden Befehle nachzukommen. Mit schwerem Herzen gab Guigner endlich Befehl zum Abmarsche nach Prießnitz. Das Dorf wurde besetzt. Wer von den Bewohnern entkommen oder sich verstecken konnte, entfloh oder versteckte sich. Im Nu aber waren Soldaten in den Häusern; alle, die sie trafen, mußten stehen und liegen lassen, was sie eben in der Hand hatten, wurden ergriffen und, wie sie waren, aus dem Dorfe hinausgetrieben. Niemand wußte wohin und warum. Großmann, der sich im Hause des Pfarrers, seines Vaters, befunden, war unter den zusammengetriebenen Bewohnern. Er verstand Französisch, er hatte Muth und so trat er vor zu dem Commandanten, um zu fragen, was sie verbrochen hätten und welches Schicksal ihnen bestimmt wäre. Als Antwort empfing er eine geschriebene Proclamation, die wörtlich also lautete:

„Die Einwohner des Dorfes … haben die Verwegenheit gehabt, einzelne auf ihrem Gebiete durchpassirende Franzosen zu ermorden; sie haben einen Transport angehalten und geplündert. Ein schreckliches Beispiel war nothwendig, um solchen Frevelthaten Einhalt zu thun; es ist auch gegeben worden. Die Einwohner der erwähnten Dörfer sind alle mit Tode gestraft, Greise, Weiber und Kinder ausgenommen, und ihre Häuser in Brand gesteckt worden. Eine gleiche Behandlung ist allen denjenigen vorbehalten, welche dem Beispiel dieser Rebellen nachahmen würden; dagegen verspricht man allen ruhigen Einwohnern Schutz und Sicherheit. Sachsens Einwohner! Lasset den Militairpersonen die Sorge, die etwa zwischen beiden Nationen bestehenden Zwistigkeiten zu beendigen. Bleibet ruhige Zuschauer der Gefechte und nehmet daran keinen Theil, indem solches nach allen unter den civilisirten Völkern angenommenen Grundsätzen ein Verbrechen ist, welches nicht ungeahndet bleiben wird. Naumburg, den 16. October 1806.“

Nachdem er erfahren, um was es sich handele und welche gräßliche Gefahr drohe, hielt er eine Ansprache an die französischen Officiere, in welcher er die Unschuld der Bewohner von Prießnitz mit beredten Worten darlegte und auf den Irrthum aufmerksam machte, dem sie zum Opfer fallen sollten. Auf den Commandanten Guigner de Revel, der schon vorher nur durch dringendes Zureden hatte vermocht werden können, nicht in auffallender Weise gegen die ihm aufgetragene Execution zu protestiren, machte jene warme Darstellung Großmann’s einen um so tieferen Eindruck und er wollte sofort sein Bataillon wieder abmarschiren lassen, ohne den Befehl des Marschalls auszuführen. Er erklärte dies seinen Officieren, die er zu sich berief und die ihn nur durch einen vermittelnden Vorschlag davon abbringen konnten. Sie trugen nämlich darauf an, vor der Vollstreckung des Befehls einen Officier nach Naumburg mit der Meldung an den Marschall Davoust zu schicken, daß das Dorf Prießnitz an den ihm schuldgegebenen Verbrechen unschuldig zu sein scheine, daß es Dörfer mit ähnlich klingenden Namen gäbe und daß es darum wohl rathsam sein dürfte, mit der Vollstreckung der Strafe Anstand zu nehmen.

Es wurde wirklich ein Pferd herbeigebracht, der Lieutenant Sico setzte sich auf und jagte davon. Die Todesangst aber, welche die Harrenden eine so lange Zeit erleiden mußten, male sich jeder selbst aus. Früh gegen sieben Uhr etwa waren sie auf den Platz getrieben worden, der bis zum heutigen Tage davon der Angstplatz heißt, und vor 11 Uhr Mittags konnte der Adjutant nicht zurückkommen. In jener kleinen Schrift Großmann’s heißt es: „indessen wurden von Zeit zu Zeit immer noch Männer und Weiber, die sich bis dahin verborgen gehalten hatten, zu den Uebrigen herausgetrieben. Einer war in diesem, der andere in jenem Winkel entdeckt worden; manchen hatte man aus Heu und Stroh und Getreide durch fühlende Degenspitzen aufgeschreckt, manchen aus dem Backofen hervorgezogen. Aber in demselben Verhältnisse wie die Menge der Gefangenen zunahm, wurde auch die allgemeine Erwartung gespannter. Der Commandant selber wußte nicht, was die Oberen beschließen würden. Bald ward gefürchtet, bald gehofft, wieder gefürchtet und wieder gehofft. Kleine Kinder weinten und jammerten nach Brod; ein Greis von achtzig Jahren lehnte, auf seinen Stab gestützt, an einer Hecke und schien allmählich zu erstarren; die Frauen, meist nur leicht oder nur halb bekleidet, weinten laut und selbst kräftige Männer zitterten, denn es wehete ein kalter Wind und starker Reif bedeckte den Boden.“

Endlich sah man den abgesandten, mit so großer Angst und so hoher Hoffnung erwarteten Officier in gestrecktem Galopp querfeldein daher kommen. Brachte er Tod oder Rettung? Er sprang vom Pferde; die anderen Officiere stellten sich im Kreise um ihn her. Und die Antwort des Marschalls Davoust? Sie lautete kurz und barsch: „der Befehl ist sofort zu vollziehen!“ Die Unglücklichen von Prießnitz wurden durch dieselbe kaum schwerer niedergedrückt, als der Commandant Guigner. Er befand sich in der peinlichsten Lage, da er sich zur Vollstreckung des Befehls nicht entschließen konnte und doch auch nicht offen ungehorsam sein wollte. „Da kam ich,“ schreibt Govéan bescheiden in seinem Briefe an Großmann, „auf den guten Gedanken (il me vint la bonne idée), ihm zu sagen, er möge abmarschiren und mir die Ausführung des Befehls überlassen, denn ich mit meiner Compagnie werde bleiben.“

Der Commandant trat in der That sofort den Rückmarsch an und nur Capitain Govéan mit seiner Compagnie blieb zurück. Er ließ alsbald die Trommel rühren und schickte einige seiner Leute mit hoch auflodernden Strohbunden, die an den Feuern umher angezündet worden waren, nach dem Dorfe ab, um an der Seite, wo der Wind am wenigsten Schaden thun konnte, einige Häuser und Scheunen in Brand stecken zu lassen. Die Flammen schlugen auch sogleich aus den strohgedeckten Gebäuden empor. Während dies geschah und die so lange und so qualvoll geängstigten Einwohner weinend, händeringend und betend ihr Eigenthum vernichten sahen, ruckten Govéans Grenadiere raschen Schrittes gegen die dichtgedrängten Haufen an, so daß Keiner mehr zweifelte, daß sie nun alle niedergeschossen werden sollten, indeß das Feuer ihre Häuser verzehre. [399] Govéan aber wollte durch dieses Anrücken die Leute nur forttreiben, zur Flucht zwingen, während er seinen Grenadieren befahl, einige junge Bursche zu fangen und festzuhalten. Sobald die Unglücklichen merkten, daß sie fliehen dürften, liefen alle, die nicht mit Gewalt zurückgehalten wurden, athemlos hinaus in’s freie Feld, ohne sich umzusehen. Sieben junge Bursche allein waren gefangen genommen worden und sie wurden zurückgetrieben auf den früheren Platz, den Angstplatz. „Was in ihrem Innern vorgegangen, kann keine Beschreibung darstellen, keine Sprache aussprechen, keine menschliche Vorstellung fassen. Sie fielen in heißer Todesangst zur Erde nieder; Einer umfaßte mit flehender Geberde die Kniee des Capitains.“

„J’avançai moi-meme entre eux et les grenacliers (ich selbst trat vor zwischen sie und die Grenadiere),“ schreibt Govéan, „dann ließ ich laden und anschlagen. Schossen meine Grenadiere so, wie ich es von ihnen erwartete, so war alles gut; schossen sie anders, nun so fiel ich mit den Unglücklichen, vor denen ich stand und die ich zu retten suchte; die Subordination aber, der Stolz der französischen Armee, blieb jedenfalls unverletzt. Und nun mit einer Bewegung des Säbels commandirte ich: „Feuer!“

Die Grenadiere schossen über ihren Capitain – wie er es erwartet hatte – und über die hinter ihm Knieenden hinweg. Niemand wurde verletzt. Unmittelbar nach der Salve und ehe noch der Pulverdampf sich verzogen hatte, commandirte Govéan rasch: „rechts um kehrt!“ führte, ohne sich aufzuhalten, seine Compagnie nach Naumburg zurück und meldete dort ordnungsgemäß: „die Ordre ist vollzogen.“

Die unglücklichen Sieben, die den Tod so nahe an sich gesehen hatten, wußten nicht, wie ihnen geschehen war, da keine der Kugeln sie getroffen hatte, die Franzosen aber sich entfernten. Lange vermochten sie nicht zu fliehen, kaum aufzustehen und zu gehen. Langsam gelangten sie an einen großen wilden Birnbaum, unter dem ein wildverwachsener Dornenbusch stand. Unter diesem Busche fand endlich Einer der Geretteten, der Sohn des Schullehrers Baum, Worte. „Laßt uns niederfallen,“ sagte er zu den Anderen, „und ein andächtiges Vaterunser beten dafür, daß der liebe Gott uns errettet hat.“ Und die sieben jungen Bursche knieten neben einander nieder und beteten, während hinter ihnen die Flammen in dem Dorfe prasselten.

Auf dem „Angstplatze“ wurde später ein einfaches Denkmal errichtet und alljährlich am 16. Octbr. erinnert eine einfache Feier an jene Rettung, ohne daß man bisher mit Bestimmtheit wußte, wem man dieselbe eigentlich verdankte und warum sie erfolgte. Von jetzt an wird man ganz besonders der echten Mannesthat Govéan’s gedenken, der in seinem Briefe an Großmann also schließt:

„Gern hätte ich von dem nicht gesprochen, was ich selbst in jener unglücklichen Episode gethan habe, aber es war nicht zu vermeiden, da ich berichten mußte, was und wie es geschehen ist. Das freundliche Andenken an eine ganz natürliche That der Menschlichkeit rührt mich tief und ich wünsche mir nun doppelt Glück über mein damaliges Verhalten. … Der Commandant Guigner de Revel, der in Chambery geboren war, starb fünf bis sechs Monate nach jenem Vorgänge zu Thorn an der Weichsel und der Lieutenant Sico, ein Piemontese, verschied vor jetzt etwa fünfzehn Jahren in Metz. Ich selbst stehe am Ende einer langen militairischen Laufbahn, in welcher ich alle Leiden und Schrecken, die der Krieg mit sich bringt, in der Nähe gesehen und oft Gelegenheit gehabt habe mich zu überzeugen, daß er auch zu nutzlosen Härten führt etc. … George Antoine Augustin Govéan, ehemals Capitain der Grenadiere des III. Linienregiments, jetzt pensionirter Oberst vom 13. Linienregimente.“
Diezmann.