Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section/H16

Heft 15 des Leipziger Kreises Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen von Gustav Adolf Poenicke (Hrsg.)
Heft 16 der Section Leipziger Kreis
Heft 17 des Leipziger Kreises
Die Beschreibungen sind auch als Einzeltexte verfügbar unter:
  1. Lossa
  2. Rüben
  3. Machern
  4. Döben


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Lossa.


Lossa, ein sehr schönes, grosses Rittergut, wozu Deuben gehört, liegt an der Lossbach, ungefähr Dreiviertelstunden von Nitzschwitz, wohin das Rittergut sammt dem Dorfe eingepfarrt ist. Es ist dieses Nitzschwitz im Muldenthale dasselbe, welches in vorigen Zeiten dem reichen Premierminister von Brühl gehörte und wo der berühmte von Oeser gemalte Saal – Scenen aus der griechischen Götterlehre darstellend – zu sehen ist. An der Wand der Kirchhofsmauer von Nitzschwitz befindet sich das jetzige Erbbegräbniss der hochadeligen Familie von Könneritz, den Besitzern von Lossa, nachdem die Familiengruft derselben unterhalb ihrer Emporkirche in Nitzschwitz für immer vermauert worden ist. An der Kirche von Nitzschwitz selbst ist ein Anwurf angebaut, welcher die beiden Emporkirchen der Nitzschwitzer und der eingepfarrten Gerichtsherrschaften, sowie daneben und darunter die Betstübchen ihrer Dienerschaft, ingleichen die Sacristei in sich fasst, wozu der Zugang von Aussen sich befindet.

Das früher unter die Gerichtsbarkeit von Lossa mit gehörige Dorf Deuben hat seine eigene Kirche, welche sehr alt sein mag und mit der Parochie Nepperwitz verbunden ist, in welchen beiden Kirchen der Gottesdienst wechselt. Deuben ist ein sehr schönes Auendorf und seit dem Jahre 1835, wo es durch Brand fast völlig eingeäschert, wurde ganz neu wieder gebaut.

In den frühesten Zeiten soll an der Stelle, wo Deuben steht, ein grosser See gewesen sein, durch welchen die Mulde geflossen ist. An diesem Flusse liegen die schönsten Auendörfer, die alle, nach den Namen zu schliessen, ihre Entstehung den Sorben-Wenden verdanken. Denn die meisten Namen endigen sich auf ein itz oder owe, wie Bölitz, Thallwitz, Nitschwitz, Nepperwitz.

Da wir Nepperwitz (sonst Nippern) einmal erwähnt haben, so dürfte es nicht uninteressant sein, der von diesem Orte existirenden Sage zu gedenken:

In dem Eingange links in der Sacristei zu Nepperwitz stand früher ein altes, grausenerregendes Bild von kernfestem Holze in Mannsgrösse, schwarz von Farbe, mit grossem Barte und grossen, fürchterlichen Augen. Was man sich eigentlich darunter denken sollte, wusste Niemand genau. Einige wollten behaupten, es solle den Tod vorstellen, und daher auch das Sprichwort: „Der Tod von Nippern.“ Niemand durfte sich früher unterstehen, dieses Bild von seiner Stelle zu rücken. Zu Anfang des vorigen Jahrhunderts liess der damalige Pfarrer dieses Bild durch zwei Maurergesellen bei Restaurirung der Sacristei aus selbiger wegbringen. Die Maurergesellen wurden dafür zwei Nächte hindurch mit Kneipen und Ohrfeigen [122] regalirt, und in der Kirche selbst war ein solcher Lärm, dass man sich genöthigt sah, dem Bilde seinen Platz wieder einzuräumen.

Ein späterer Pfarrer verbrannte dieses Bild. Nun war auf einmal des Nachts die Kirche erleuchtet und Niemand durfte wagen, zu nächtlicher Weile ungemerkt vorüber zu gehen. Doch bald wurde diese Gespensterfurcht verscheucht. Man fand, dass diese Beleuchtung der Kirche weiter nichts war, als der Wiederschein eines Lichts, das aus einem etwas entfernt und schräg stehenden Hause seine Lichtstrahlen in den krummgelaufenen Fensterscheiben der Kirche brach. Das Licht wurde weggenommen und „der Tod von Nippern“ war verschwunden, und mit ihm so manche Furcht aus dem Herzen.

Nach dieser Abschweifung kehren wir zu Lossa zurück.

Lossa ist sehr alten Ursprungs und fehlen aus den frühesten Zeiten die näheren Nachrichten darüber. Das Schloss gehörte in dem vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert den Herren von Canitz und der Familie von Nitzschwitz, welche ausserdem noch Thallwitz und das frühere Vorwerk, spätere Rittergut Collmen, besassen.

Im Jahre 1568 war der Besitzer von Lossa und Collmen Moritz von Nitzschwitz, dem auch Röcknitz gehörte. Im siebzehnten Jahrhundert hat dieses Schloss, sowie die ganze Umgegend, durch die Qualen des 30jährigen Krieges sehr gelitten. In diesem Jahrhundert war der Besitzer Conrad von Stein, von welchem es auf den Herrn von Büchau überging und dann 1800 an Herrn von Bünau. Hernach kam das Gut durch Kauf an die hochadeliche Familie von Könneritz, die es bis auf die heutigen Zeiten noch besitzt. Der frühere Herr Justizminister von Könneritz, der jetzige Besitzer, hat solches durch Erbschaft in Besitz genommen. Der Ort selbst verdankt der Munificenz dieses Mannes viele Wohlthaten und Verbesserungen. So hat z. B. das Dorf Lossa durch die kräftige Verwendung des Herrn Staatsministers von Könneritz eine besondere Schule erhalten, während früher die Kinder wegen der weiten Entfernung zur Winterszeit oft die Schulstunden versäumen mussten.

Herr Staatsminister von Könneritz war durch das Vertrauen seines Königs seit dem Jahre 1830 an die Spitze der Regierung gerufen, welcher Hochderselbe bis zum Jahre 1848 mit Ehren als Chef des Ministeriums und als Justizminister vorgestanden und das Vertrauen vollkommen gerechtfertigt hat. Unter ihm und seinem ausgezeichneten Collegen, dem Herrn Finanzminister von Zeschau, hat sich Sachsen nur wohl befunden, wie dies von einem Manne mit hoher Begabung und humanem Charakter nicht anders möglich ist.

Wenn man diesem Manne im Jahre 1848 den Vorwurf gemacht hat, dass derselbe Reformen abgeneigt gewesen, so ist dies mit Unrecht geschehen. Sein einziges Streben war, Ideen und Neuerungen nicht das Wort zu reden und zu deren Einführung nicht die Hand zu bieten, so lange nicht der Nachweis geliefert werden konnte, dass sie wirklich heilsam und erspriesslich für das Volk seien. In diesem Sinne hat sich auch Herr Staatsminister von Könneritz selbst in der Debatte mit Referenten Dr. Braun, seinem Nachfolger im Amte, über die Einführung des öffentlich-mündlichen Gerichtsverfahrens ausgesprochen, eine Debatte, die von der grossen Beredtsamkeit und tiefen Sachkenntniss unsers damaligen Justizministers zeugt und die eine ewig denkwürdige Erinnerung an den Wettkampf geistiger Kräfte bleiben wird. Sachsens spätere unpartheiische Geschichtsschreiber mögen die Verdienste dieses Mannes nicht verkennen und in ihrem wahren Lichte darstellen!



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Rüben.


Das Dorf und Allodial-Rittergut Rüben, welches Filial von dem eine Viertelstunde entfernt liegenden Orte Zehmen ist, liegt eine Stunde von dem Städtchen Rötha, wohin ausser der alten Strasse ein doppelter, sehr anmuthiger Weg an beiden Seiten der Pleisse führt. Rüben selbst liegt am rechten Ufer der Pleisse, am Rande einer der schönsten, Holz- und Wiesenreichen Auen von Leipzigs Umgegend. Ausser den Rittergutsgebäuden hat das Dorf selbst noch elf Güter, einen an der Strasse gelegenen Gasthof und vierzehn Kleinhäusler mit 182 Einwohnern.

Aus den früheren Zeiten hat sich von Rüben eine Sage erhalten. Der Begründer des Schlosses soll nämlich von seinem Vater einen grossen Länderstrich erhalten haben, mit den Worten:

Willst du hier bauen Rüben,
So wird dein Glück erblühen.
Wirst du nicht achten auf mein Wort,
So musst du fort von Ort zu Ort.

Der Sohn verstand die weise Lehre des Vaters falsch. Derselbe erbaute ein grosses Schloss und nannte solches Rüben. Mit dieser Erbauung ging der Stern dieser Familie unter. Merkwürdig ist, dass das Gut an verschiedene Familien gekommen ist. Die Nachrichten selbst datiren sich von 1444. Damals besass das Gut ein gewisser Paul von Gronow, in welcher Familie es bis zum Jahre 1533 verblieb. Im Jahre 1534 acquirirte es Georg von Haugwitz, von welchem es auf Jost Brand 1574 überging. Diese Brand’sche Familie besass es am längsten, ungefähr 124 Jahre. Von dem letzten Sprossen derselben erkaufte es der Kanzler Baron Otto Heinrich von Friesen auf Rötha im Jahre 1698. Von diesem kam es an die von Osterhausensche Familie auf Imnitz im Jahre 1720. Dann besass das Gut die von Dieskauische Familie bis zum Jahre 1749, von welcher Herr von Bölzig solches käuflich an sich brachte und in Lehn erhielt. Letzterer verkaufte es wieder an den Kaufmann Peter Richter zu Leipzig. Dieser verwendete auf den Bau der Kirche in Rüben, wozu 2000 Gulden aus dem Kirchenvermögen bestimmt waren, über 4000 Thaler von seinem eigenen Vermögen, wodurch das Dorf die jetzige Kirche erhielt, eine Zierde des Ortes. Das ihm gesetzte Denkmal trägt folgende Inschrift:

„Dem Andenken eines redlichen Mannes und edlen Freundes, Herrn Peter Richter, dachte, lebte, starb als Christ. Geboren den 21. November 1706, gestorben den 16. Januar 1782. Verwandelt sich, um schöner wieder aufzustehen.“

Ausserdem findet sich noch im Innern der Kirche ein steinernes Denkmal, ungefähr 3½ Elle hoch und 1½ Elle breit, das aus der frühern Kirche in die neue mit herüber genommen worden, auf welchem eine weibliche Figur in Lebensgrösse sich befindet mit folgender Inschrift:

„Anno domini 1597. Den 29. Juli in Gott seligklichen entschlafen die edle und ehren, viel tugendsame Frau Magdalene Blankin, eine geborne von Einsiedel vom Genandstein.“

Die Nachrichten, ob diese geborne von Einsiedel blos auf dem Gute lebte oder deren Ehemann selbst Besitzer war, fehlen gänzlich. Nach Peter Richters Tode ererbte das Gut Johann Christoph Richter, Kaufmann in [124] Leipzig. Nach dem Ableben Christoph Richters nahm es dessen Sohn, Wilhelm Richter, Kauf- und Handelsherr in Leipzig, in Lehn, welcher es bis zum Jahre 1827 besass. In diesem Jahre kam es an den Amtsrath Johann Christian Degener, der in diesem Jahre erst mit Tode abgegangen ist und die Brandstetter’schen Kinder aus Hof in Baiern als Erben seines Besitzthums eingesetzt hat.

Die Collatur des Pfarramtes in Rüben und Zehmen steht den Besitzern von Zehmen und Rüben abwechselnd zu, und ist die Reihe bei der letztern Besetzung desselben an den Gerichtsherrn von Zehmen gewesen. Dagegen wird die Schulstelle allein durch den Besitzer von Zehmen besetzt. Zehmen und Rüben ist eine combinirte Parochie.

Schon im Jahre 1574 werden die beiden Orte Zehmen und Rüben als vereinigt aufgeführt, und zwar Zehmen als Hauptpfarre und Rüben als Filial.

Die Kirche zu Rüben hat eine sehr schöne Lage inmitten des Rübener Pfarrgartens, welcher mit dem Gottesacker von einer Mauer umschlossen ist, welcher letztere gegen West und Nord an den herrschaftlichen Garten und Hof gränzt. Die Kirche selbst ist in den Jahren 1780 und 1781 von Grund aus neu und auf der genannten Stelle und einer andern als der frühern erbaut. Die alte Kirche befand sich dicht neben den herrschaftlichen Gebäuden. Am 5. Sonntag post Trinit. 1783 ist die neue Kirche vom Superintendent Dr. Körner eingeweiht worden, und haben seit dem Jahre 1534 bis auf die neueste Zeit an der alten und neuen Kirche in Rüben zwanzig Pfarrer fungirt. Der jetzige ist Herr M. Abendroth, welcher von Herrn Dr. Schmiedel als Pfarrer von Zehmen und Rüben berufen worden und seit zwei Jahren sein Amt verwaltet.

Zehmen und Rüben sind rücksichtlich ihrer Lage von der Natur begünstigt. Das daselbst erbaut werdende Getreide gehört zu den besten im Umkreise, so wie die Ernten an allen Orten Gartenfrüchte und Obst mit seltenen Ausnahmen stets sehr reiche zu nennen sind. Die Wiesen an der Pleisse geben reichliches und gutes Futter für das Vieh, weshalb auch von hier viel Butter und Milch nach Leipzig gebracht wird.

Fröhlichkeit und Freundlichkeit findet man stets unter den Bewohnern beider Dörfer Zehmen und Rüben, was wohl seinen Grund mit darinnen hat, dass von jeher die Insassen sich guter, braver und humaner Gerichtsherrschaften zu erfreuen hatten.




Machern.


Machern kommt schon zu Ende des zehnten Jahrhunderts unter dem Namen Mucherini, später Macherum, vor, und gehörte dem Erzbischofe Gero von Magdeburg und liegt 4 Stunden von Leipzig, 3 Stunden von Grimma, 2½ Stunden von Eilenburg und 1½ Stunde von Wurzen. Machern hat eine sehr gesunde Lage und wird von der Leipzig-Dresdner Eisenbahn berührt; sonst ging die Leipzig-Dresdner sehr lebhafte Chaussee bei dem Dorfe vorüber, welches 29 grössere Bauergüter und 18 Kleinhäusler, sowie eine Wind- und eine Wassermühle hat und gegen 550 Seelen zählt. Häusler und Mietheinwohner haben einen nährenden Erwerbszweig seit dem Erbau der Leipzig-Dresdner Eisenbahn an der letzteren gefunden.

Die dasige Kirche wurde im Jahre 1343 von dem Merseburger Bischof Heinrich dem Vierten zu einer Pfarrkirche erhoben, während sie bis zu dieser Zeit eine Tochterkirche von Brandis war. Machern gehörte zu den Kirchen, wo die neue Lutherlehre zuerst neuen Fuss fasste, weshalb der Pfarrer Kluge im Jahre 1522 in den Bann gethan wurde. Die Kirche hat einen sehr schönen, hohen Thurm, der im Jahre 1753 ganz neu erbaut worden ist. Als Zierde der Kirche ist nicht unerwähnt zu lassen das von Italienischem Alabaster dem Reichsgrafen Wolf von Lindenau, Besitzer von Machern, Zeititz, Cossen und Eulenfeld, auch Sächsischer Amtshauptmann zu Leipzig und Wurzen von der reichsgräflich von Lindenau’schen Familie gesetzte Monument. Die früheren Besitzer des Gutes Machern sind nämlich seit dem Jahre 1430 bis zum Jahre 1802, mithin 372 Jahre lang ununterbrochen die Herren Grafen von Lindenau gewesen. Wolf von Lindenau, Amtshauptmann von Wurzen und Leipzig, ist am 3. Juni 1710 auf Machern [124] gestorben. Von ihm stammt die neue Orgel in der Kirche. Die auf dem Thurme befindlichen drei Glocken führen folgende Aufschriften:

Die grosse: Ihesus nassarenus rex judeorum iar anno dom MCCCC.
Die mittlere: Dise beide glocken hat heinrich vo Lideau lase machen MCCCC.
Die kleine: Maria. MD.

Das Gut selbst ist in Hinsicht auf seine gute Lage herrlich[WS 1] und im grossartigen Style aufgeführten Gebäuden zu den schönsten, bezüglich seiner Ergiebigkeit der Grundstücke zu den vortheilhaftesten, und in Rücksicht auf seine übrigen Nutzungen zu den besten Gütern in Sachsen zu rechnen. Es hat die herrlichsten Anlagen und in der Nähe des Schlosses einen Park, der zu den Sehenswürdigsten gehört, was man in dieser Art nur finden kann. Ueber 600 Arten ausländische Bäume und Sträucher, über 50 Staudenarten und gegen 200 Treibhauspflanzen zieren denselben. Ebenso merkwürdig ist die daran stossende Ritterburg, ein anschauliches Bild aus den Zeiten der Chevalerie. Hier ist der Platz, wo Jüngling und Jungfrau, eingedenk der alten Tugenden unserer Vorfahren, ihre schönsten Träume träumen dürfen und, wenn sie wollen, zur Wirklichkeit bringen können. Machern war von jeher stark besucht als Vergnügungsort und öfters sah man von Leipzig aus in langen Zügen und Wagenreihen dahin wallfahrten. Auch der König von Preussen Friedrich Wilhelm II. beehrte mit zahlreicher Begleitung Machern im Jahre 1792, wo dasselbe noch die von Lindenau’sche Familie besass, mit einem Besuche und übernachtete daselbst.

Im Jahre 1802 kaufte es die Freifrau Anna von Wylich, geborne Gräfin zu Stollberg-Wernigerode, und im Jahre 1806 kam es in die Hände des jetzigen Erb-, Lehn- und Gerichtsherrn Wilhelm Schnetger, Kauf- und Handelsherrn zu Leipzig, der es heutigen Tages sammt dem Vorwerke Zeititz besitzt, welches letztere nach Lhulitz[VL 1] eingepfarrt ist, und in einer holzreichen, hügeligen Gegend, die sich bis zur Leipzig-Dresdner Eisenbahn erstreckt, liegt. Es ist ziemlich fruchtbar und hat ein Braunkohlenlager. Das Rittergut oder Vorwerk Zeititz war früher mit Machern ein Besitzthum und gehörte drei Jahrhunderte hindurch der gräflichen Familie von Lindenau.

Seit dem Jahre 1825 liess Herr Schnetger grösstentheils auf seine eigene Rechnung nicht nur einen ganz neuen Altar und eine neue Kanzel erbauen, sondern auch das Innere der ganzen Kirche zu Machern pflastern ausweissen und anstreichen, so dass dadurch solche ein weit herrlicheres Ansehen erhielt.

Im Jahre 1832 machte der Gutsbesitzer, Herr Schnetger, ein neues Geschenk, welches in einem kostbaren Altargemälde bestand, den Heiland im Garten am Oelberge in der Leidensnacht im Gebete darstellend. Die Pfarr- und Schulgebäude liegen ziemlich in der Mitte des Dorfes, ganz in der Nähe der Kirche.

Die Parochie Machern stand sonst unter der Ephorie Eilenburg. Bei der grossen Theilung Sachsens im Jahre 1815, wo Eilenburg an Preussen kam, wurde sie dem Ephoralamt Leipzig, kurze Zeit darauf der Ephorie Grimma, und nach Aufhebung des Stifts-Consistoriums zu Wurzen der Superintendur Wurzen, wohin sie noch gehört, zugetheilt.

In früherer Zeit war der Verkehr zwischen Machern und Wurzen sehr erschwert, da bekanntlich auf der Chaussee von Leipzig nach Wurzen keine Brücke über die Mulde führte. Der Bau einer solchen Brücke wurde erst im Jahre 1831 begonnen und im Jahre 1838 beendet. Die Brücke selbst ist in dreifacher Abtheilung der Hauptstrombrücke, Landbrücke und Mühlgrabenbrücke mit dazwischen aufgeführten, hohen und festen Dämmen hergestellt. Diese Brücken mit den dazu gehörigen Dämmen hergestellt. Diese Brücken mit den dazu gehörigen Dämmen haben vom Gasthof zum Kreuz in Wurzen bis zum Dorfe Bennewitz eine Ausdehnung von einer Viertelstunde, und auf diese Weise ist der Verkehr und die Passage auch bei dem höchsten Wasserstande nicht mehr gehemmt.

Wenige Jahre nach Vollendung dieser Brücke begann der Bau der zweiten Muldenbrücke oberhalb der ersten in einer Entfernung von 600 Schritten. Diese Brücke dient blos zur Ueberfahrt für die Dampfwagen der Leipzig-Dresdner Eisenbahn, und darf sonst vom Publikum nicht benutzt werden.

Ob Machern selbst durch den Bau der Eisenbahn gewonnen oder verloren hat, dürfte schwer zu beantworten sein. Der Verkehr in Machern selbst Jahr aus Jahr ein durch die vielbelebte Leipzig-Dresdner Chaussee war früher ein grosser; durch die Eisenbahn werden aber in den schönern Monaten des Jahres dem Orte mehr Reisende zugeführt wie früher, und so wird sich wohl Gewinn und Verlust ziemlich ausgleichen.



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Döben.


Döben liegt eine kleine halbe Stunde von Grimma an dem rechten Muldenufer auf einem Berge, das Zettengebirge genannt, welches von Höfchen aus bis nach Schmorditz das Ufer des Flusses begränzt und mit seinen Bäumen, seinen Thälern und Höhen neben der laut dahin rauschenden Mulde der ganzen Gegend die Anmuth und den Reiz verleiht, wodurch selbst aus der Ferne Besucher herbeigeführt werden.

Döben findet man schon in den ältesten Urkunden und wird Dewie benannt und soll früher ein Städtlein gewesen sein. Dewie bedeutet in wendischer Sprache die Jungfrau und deutet auf einen Ursprung dieses Ortes zu einer Zeit, wo noch die Sorben-Wenden das Meissnische Land bewohnten.

Schon im Jahre 1117 kommt das Städtlein Dewie in der Geschichte vor. Zu dieser Zeit hat Graf Wiprecht diese Stadt durch List eingenommen und soll einen solchen Vorrath an Sachen daselbst davon gebracht haben, dass alle seine Soldaten ihren Mangel dadurch abhelfen konnten.

Kaiser Heinrich V. hatte nämlich den Vater dieses Wiprecht, den berühmten Landgrafen Wieprecht von Groitzsch, gefangen und im Schlosse Dewin verwahrt, die Söhne desselben aber das kaiserliche Heer bei Dewin geschlagen, ein verschanztes Lager erbeutet und ihren Vater befreiet. Von dieser Verschanzung sind noch Spuren zu finden, welche an der Nordostseite des Dorfes bis an das in einer steilen Felswand gebildete Muldenufer laufen.

Das Schloss Döben ist auf einem steil anstrebenden Felsen erbaut, das Souterain fast gänzlich in Felsen gehauen. Von dem eigentlich alten Baustyl ist nicht viel mehr vorhanden. Ein Thurm ist noch da, der zwar noch Spuren gothischer Baukunst trägt, aber seine Bedachung ist aus der Neuzeit. Auf diesem Thurme soll dem Markgrafen Otto dem Reichen sein Aufenthalt auf einige Wochen angewiesen gewesen sein, als derselbe von seinem Sohne, Albrecht dem Stolzen, im Jahre 1188 gefangen genommen war, weil er die Erbtheilung zu Gunsten seines jungen Sohnes Dietrich ändern wollte. Albrecht musste seinen Vater auf Befehl des Kaisers Friedrich I. wieder freilassen, jedoch die Streitigkeiten selbst wurden erst später beigelegt.

Das Schloss hat gar nichts Alterthümliches mehr, als den Rittersaal, zu welchem aus dem Keller eine Wendeltreppe führt. Die Grösse des Saals beträgt 2500 Quadratfuss und der Saal selbst hat einen Ofen von 5 Ellen lang, 2¼ Ellen breit und 6½ Ellen hoch, in welchem eine Feuerung von in Leipzig klein gemachtem Holze schwerlich an ihrem Platze sein dürfte.

Die Geschichte von Dewie erzählt uns von ihren Burggrafen. In einer Urkunde auf dem Landtage, welcher auf dem Kulmberge bei Oschatz 1185 abgehalten worden, hat ein solcher Burggraf den Rang von den Burggrafen zu Leisnig und Dohna. Ein Burggraf Albrecht von Dewin war der Beförderer des Baues des Georgen-Hospitals bei Grimma im Jahre 1241, weshalb auch Döben mit dem Rittergute Böhlen abwechselnd das Recht hat, in diesem in eine Waisen-Anstalt umgewandelten Hospitale eine Stelle mit einer männlichen oder weiblichen Waise zu besetzen. Im Jahre 1286 verschwinden die Burggrafen von Döben, bis sie ausgestorben, oder [127] nach Abtretung der Burggrafschaft Döben an die Burggrafen von Wettin, blos den Namen Herren von Döben fortgeführt und ein adliches Geschlecht gegründet haben, welche in Meissen bis Ende des sechszehnten Jahrhunderts unter dem Namen Herren von Staucha vorkommen, ist ungewiss.

Döben ist bald von den Wettinern an die Leisniger Burggrafen gekommen, welche an 200 Jahre als Lehnsherrn über das Schloss Döben figuriren.

Seit Anfang des vierzehnten Jahrhunderts bis 1440 werden die Herren von Luppa als Lehnsherren von Döben erwähnt. Um das Jahr 1440 kam Döben an die Herren von Maltitz, und zwar durch die Vermählung des heimlichen Raths Hans von Maltitz mit einem Fräulein von Luppe. Dieser Hans von Maltitz war in den Diensten des Kurfürsten Friedrich des Sanftmüthigen und hat in dem Bruderkriege auf seinen Gütern viel Verwüstungen erleben müssen. Hans von Maltitz ist auf einer Wallfahrt nach dem heiligen Grabe, die er mit Herzog Albrecht unternommen hatte, gestorben. Ihm folgte sein Sohn Dietrich von Maltitz, welcher mit vielen Sorgen zu kämpfen hatte und bei seinem Tode drei unmündige Kinder hinterliess. Die beiden Brüder Bernhardt und Heinrich von Maltitz sollen die Erbauer einer Capelle in Döben sein, und dürfte diese Capelle derjenige Theil der jetzigen Kirche sein, auf welchem der Altar steht. Von Bernhardt von Maltitz kam das Gut an Christoph von Maltitz. Letzterer konnte solches nicht erhalten und überliess es seinem Schwager Wolf von Hirschfeld. Die Söhne Wolf von Hirschfelds, Georg und David, theilten das Gut. Georg kaufte 1561 in Böhlen ein Bauergut, riss die Gebäude nieder, erbaute ein Herrenhaus, vereinigte die Dienste und Zinsen damit, welche ihm in der Theilung zugefallen waren, und so entstand das Rittergut Böhlen bei Grimma. Beide Brüder waren aber gezwungen, ihre Güter zu verkaufen, und zwar Böhlen an Tamm Pflug und Döben an von Kanitz. Letzterer verkaufte später seine Besitzung an Ernst und Georg von Schönfels. Diese beiden Brüder starben ohne Leibeserben und es kam nun Döben durch Erbschaft an Hans von Schönfels, den Bruder, welcher 1599 starb, aber sechs Söhne und fünf Töchter hinterliess, so dass Döben an Wolf von Schönfels fiel, welcher wieder fünf Söhne hatte, die durch den 30jährigen Krieg so herabkamen, dass sie Döben an den in jenem Kriege berühmten Sächsischen General von Arnheim verkaufen mussten, dessen Geschlecht Döben bis heute mit der einzigen Veränderung besitzt, dass es 1783 auf die weibliche Descendenz Marie Charlotte von Arnim überging, welche an den herzoglich Coburgischen Ober-Landjägermeister von Böhlau vermählt war, dessen Enkel, Herr Otto von Böhlau dieses Gut zugleich mit dem von seinem Grossvater erkauften, eine Viertelstunde entfernten, Rittergut Haubitz jetzt im Lehn und Besitz hat.

Im 30jährigen Kriege hat Döben sehr gelitten. Mehrere Einwohner haben für ihre Kranken Hütten im Holze bauen müssen. Ebenso ist Döben vom Feuer heimgesucht worden. Im Jahre 1791 ist ein Feuer im Dorfe Döben durch brennenden Schwamm, welchen der Wind Bergleuten, die einen Brunnen graben wollten, entführt hat, entstanden. Im Jahre 1806 brannten die Wirthschaftsgebäude der Pfarre und im Jahr 1809 acht Bauergüter ab.

Als Merkwürdigkeit in Döben ist der Altar der Kirche zu erwähnen. Es ist eine Familiengruppe in Holz geschnitten, wovon die unverbürgte Geschichte erzählt wird: Die Gemahlin des Herrn von Schönfels sei scheintodt, dem Begraben nahe, wieder erwacht und habe hierauf noch neun Kinder geboren. Dies die Veranlassung zu der Gruppirung.

Aus Grimma und andern Orten ist Döben den Sommer über häufig besucht und die moderne Welt im Concerte hier stellt einen grossen Contrast zu den früher vielleicht hier stattgefundenen ritterlichen Uebungen dar.




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Anmerkungen der Vorlage

  1. handschriftliche Korrektur: Leulitz

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: herrl c
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