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regalirt, und in der Kirche selbst war ein solcher Lärm, dass man sich genöthigt sah, dem Bilde seinen Platz wieder einzuräumen.

Ein späterer Pfarrer verbrannte dieses Bild. Nun war auf einmal des Nachts die Kirche erleuchtet und Niemand durfte wagen, zu nächtlicher Weile ungemerkt vorüber zu gehen. Doch bald wurde diese Gespensterfurcht verscheucht. Man fand, dass diese Beleuchtung der Kirche weiter nichts war, als der Wiederschein eines Lichts, das aus einem etwas entfernt und schräg stehenden Hause seine Lichtstrahlen in den krummgelaufenen Fensterscheiben der Kirche brach. Das Licht wurde weggenommen und „der Tod von Nippern“ war verschwunden, und mit ihm so manche Furcht aus dem Herzen.

Nach dieser Abschweifung kehren wir zu Lossa zurück.

Lossa ist sehr alten Ursprungs und fehlen aus den frühesten Zeiten die näheren Nachrichten darüber. Das Schloss gehörte in dem vierzehnten und fünfzehnten Jahrhundert den Herren von Canitz und der Familie von Nitzschwitz, welche ausserdem noch Thallwitz und das frühere Vorwerk, spätere Rittergut Collmen, besassen.

Im Jahre 1568 war der Besitzer von Lossa und Collmen Moritz von Nitzschwitz, dem auch Röcknitz gehörte. Im siebzehnten Jahrhundert hat dieses Schloss, sowie die ganze Umgegend, durch die Qualen des 30jährigen Krieges sehr gelitten. In diesem Jahrhundert war der Besitzer Conrad von Stein, von welchem es auf den Herrn von Büchau überging und dann 1800 an Herrn von Bünau. Hernach kam das Gut durch Kauf an die hochadeliche Familie von Könneritz, die es bis auf die heutigen Zeiten noch besitzt. Der frühere Herr Justizminister von Könneritz, der jetzige Besitzer, hat solches durch Erbschaft in Besitz genommen. Der Ort selbst verdankt der Munificenz dieses Mannes viele Wohlthaten und Verbesserungen. So hat z. B. das Dorf Lossa durch die kräftige Verwendung des Herrn Staatsministers von Könneritz eine besondere Schule erhalten, während früher die Kinder wegen der weiten Entfernung zur Winterszeit oft die Schulstunden versäumen mussten.

Herr Staatsminister von Könneritz war durch das Vertrauen seines Königs seit dem Jahre 1830 an die Spitze der Regierung gerufen, welcher Hochderselbe bis zum Jahre 1848 mit Ehren als Chef des Ministeriums und als Justizminister vorgestanden und das Vertrauen vollkommen gerechtfertigt hat. Unter ihm und seinem ausgezeichneten Collegen, dem Herrn Finanzminister von Zeschau, hat sich Sachsen nur wohl befunden, wie dies von einem Manne mit hoher Begabung und humanem Charakter nicht anders möglich ist.

Wenn man diesem Manne im Jahre 1848 den Vorwurf gemacht hat, dass derselbe Reformen abgeneigt gewesen, so ist dies mit Unrecht geschehen. Sein einziges Streben war, Ideen und Neuerungen nicht das Wort zu reden und zu deren Einführung nicht die Hand zu bieten, so lange nicht der Nachweis geliefert werden konnte, dass sie wirklich heilsam und erspriesslich für das Volk seien. In diesem Sinne hat sich auch Herr Staatsminister von Könneritz selbst in der Debatte mit Referenten Dr. Braun, seinem Nachfolger im Amte, über die Einführung des öffentlich-mündlichen Gerichtsverfahrens ausgesprochen, eine Debatte, die von der grossen Beredtsamkeit und tiefen Sachkenntniss unsers damaligen Justizministers zeugt und die eine ewig denkwürdige Erinnerung an den Wettkampf geistiger Kräfte bleiben wird. Sachsens spätere unpartheiische Geschichtsschreiber mögen die Verdienste dieses Mannes nicht verkennen und in ihrem wahren Lichte darstellen!



Empfohlene Zitierweise:
Gustav Adolf Pönicke (Hrsg.): Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen I. Section. Expedition des Albums Sächsischer Rittergüter und Schlösser, Leipzig 1860, Seite 122. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Album_der_Schl%C3%B6sser_und_Ritterg%C3%BCter_im_K%C3%B6nigreiche_Sachsen_I.djvu/190&oldid=- (Version vom 14.9.2022)