ADB:Wolder, David
*): David W., geboren zu Hamburg, studirte von 1568 an zu Rostock Theologie und ward ebenda im J. 1573 Magister. Er war darauf Hauslehrer bei dem Professor der Theologie Lucas Bacmeister in Rostock (dem Aelteren, vgl. A. D. B. I, 750). Im J. 1577 wurde er als Prediger zu St. Petri in seine Vaterstadt Hamburg zurückberufen und in diesem Amte verblieb er bis zu seinem Tode; er starb an der Pest am 11. (nach anderer Angabe am 14.) December 1604. W. hat sich besonders in weiteren Kreisen bekannt gemacht durch die Herausgabe größerer Bibelwerke. Schon bei der durch Elias Hutter (A. D. B. XIII, 475) besorgten Ausgabe des hebräischen Textes des Alten Testamentes war W. betheiligt, ob nur durch seine Mitarbeit oder ob auch so, daß er einen Theil der Kosten auf sich nahm (vgl. unten), muß dahingestellt bleiben; jedenfalls hat er bei der Herausgabe geholfen. Das Werk erschien nach langen Vorbereitungen zu Hamburg 1587 (typis Elianis par Joannem Saxonem in Folio); obschon es in mancher Hinsicht verdienstlich ist und jedenfalls viel Fleiß und Mühe auf die Herstellung verwandt ward, fand es wenig Absatz. W. gab darauf für sich allein eine vollständige Bibel in [542] griechischer, lateinischer und deutscher Sprache heraus; in vier Columnen neben einander druckte er die Septuaginta, die Vulgata, die lateinische Uebersetzung von Pagnini (im N. T. die von Beza) und die deutsche Uebersetzung Luther’s ab; Das Werk erschien in sieben Theilen (gewöhnlich in 3 Bänden gebunden) in Folio Hamburg 1596, gedruckt bei Jacob Lucius dem Jüngeren, einem damals sehr thätigen Drucker und Verleger. Der Verleger verband sodann mit dieser Wolder’schen Polyglotte die Hutten’sche Ausgabe des hebräischen Textes des A. T.’s als ersten Band und gab dem ganzen (nun vierbändigen) Werke den neuen Titel: „Sacra biblia quadrilinguia“. W. widmete die Polyglotte dem Könige Christian III. von Dänemark und dem Herzog Johann Adolf, Erzbischof von Bremen und Bischof von Lübeck; aber obschon alle Kirchen der Herzogthümer Schleswig und Holstein ein Exemplar derselben kaufen mußten und W. auch sonst Beiträge zu den Kosten erhielt, wurden doch die Herstellungskosten nicht durch den Verkauf gedeckt. Darüber daß er im N. T. die Uebersetzung Beza’s, eines Reformirten, aufgenommen hatte, hatte W. noch besondere Angriffe zu bestehen. Gleichzeitig mit der Arbeit an der Polyglotte beschäftigte W. die Herausgabe einer niedersächsischen (plattdeutschen) Bibel; auch diese erschien zu Hamburg im J. 1596 gedruckt von Jacob Lucius dem Jüngeren und zwar in 3 Theilen in Folio. Auch auf die Herstellung dieser Bibel hat W. viel Mühe verwandt; er widmete sie in einer Zueignungsschrift den Räthen der sechs wendischen Städte (Lübeck, Hamburg, Stralsund, Rostock, Wismar und Lüneburg), deren Wappen sich in Holzschnitt auf der Rückseite des Titelblattes befinden; auch sonst ist sie mit vielen Holzschnitten geziert und zwar denselben, die sich auch in seiner Polyglotte befinden. Unter den übrigen von ihm herausgegebenen Werken ist noch besonders das „New Catechismus-Gesangbüchlein“ zu nennen, das in Hamburg 1598 bei Theodosius Wolder erschien; die Lieder Luther’s und anderer Dichter sind hier nach den Hauptstücken des Katechismus geordnet und mit ihren Melodien gedruckt. Es befinden sich unter den 250 Liedern dieser Sammlung auch vier eigne Lieder Wolder’s, die aber keine weitere Verbreitung gefunden haben. Wahrscheinlich ist er auch der Herausgeber eines kleinen niederdeutschen Gesangbuches, das auch im J. 1598 in Hamburg erschien; von seinen vier Liedern befinden sich in diesem zwei in niederdeutscher Uebertragung. – W. war ein durch Gelehrsamkeit und Fleiß ausgezeichneter Mann, der sich bei seinen Zeitgenossen eines nicht geringen Ansehens erfreute; trotzdem befand er sich mit seiner großen Familie – er hatte neun Kinder – vielfach und namentlich gegen das Ende seines Lebens in bitterer Noth. Es wird erzählt, daß er besonders bei dem Druck der großen Bibelwerke sein Vermögen zugesetzt habe. Nicht recht verständlich ist, was dieser Angabe hinzugefügt wird, daß er sich auch durch die Errichtung einer eigenen Buchdruckerei, in welcher sich hauptsächlich hebräische und griechische Lettern befunden haben sollen, in Noth gebracht habe; es soll das im J. 1597, also nachdem jene Bibelwerke erschienen waren, geschehen sein. Jedenfalls ist kein Werk nachweisbar, das in seiner Officin hergestellt wäre. Doch kann diese Erzählung auch nicht völlig erfunden sein, da nach glaublichen Angaben sein Schwiegersohn Hermann Möller im J. 1599 diese Druckerei übernommen hat. Dieser kommt schon seit 1597 als Verleger und dann seit 1599 (bis 1606) auch als Drucker vor; am 3. Decbr. 1599 heirathete er Wolder’s Tochter Cäcilia. Vielleicht hat W. für andere Drucker (Hutter und Lucius?) die ihnen fehlenden Typen auf seine Kosten besorgt und sie hernach, weil sie ihm nicht bezahlt wurden, wieder an sich genommen und seinem Schwiegersohn übergeben.
Wolder- Molleri Cimbria literata I, 739 sqq. – Jöcher IV, Sp. 2042. – Lexikon d. hamburgischen Schriftsteller VIII, 128 ff. – Goeze, Verzeichniß [543] seiner Sammlung u. s. f., S. 264 f. – Goeze, Historie d. gedruckten niedersächs. Bibeln, S. 374 ff. – (Ueber die Holzschnitte in der nieders. Bibel: Mittheilungen d. Vereins f. hamb. Gesch., 14. Jahrg., 1891, S. 228 ff.) – Koch, Gesch. d. Kirchenlieds u. s. f., 3. Aufl., 2. Bd., S. 296 f. – Wackernagel, Bibliographie, S. 440; – Derselbe, Das deutsche Kirchenlied V, 337 ff. – Goedeke2 II, 197, Nr. 115. – Lappenberg, Zur Geschichte der Buchdruckerkunst in Hamburg, S. XLVI.
[541] *) Zu Bd. XLIII, S. 723.