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Artikel „Wingen, Joost van“ von Hermann Arthur Lier in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 43 (1898), S. 428–429, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wingen,_Joost_van&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 09:16 Uhr UTC)
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Wingen: Joost van W. oder Winghe, Maler, wurde im J. 1544 oder wahrscheinlicher 1542 in Brüssel geboren. Wer sein erster Lehrer war, ist nicht bekannt. Später ging er zu seiner Ausbildung nach Italien und war vier Jahre lang in Rom bei einem Cardinal thätig. Nach seiner Rückkehr in seine Vaterstadt wurde er Hofmaler des Herzogs Alexander Farnese von Parma in Brüssel. Seit dem Jahre 1584 oder später lebte er in Frankfurt am Main, wo er reiche Beschäftigung fand. Er starb daselbst im J. 1603. W. gehört zu den italienisirenden Niederländern der gewöhnlichen Art, ist aber nicht schlechter wie die übrigen, ja er verräth wenigstens in seinen früheren Bildern eine gewisse Eigenart, z. B. in dem der Düsseldorfer Akademiesammlung gehörigen Gemälde: „Simson und Delila“. Mit Vorliebe behandelte er allegorische Gegenstände und malte Porträts. Ein solches, eine Dame aus dem Frankfurter Patriciergeschlecht der von Stalburg darstellend, bewahrt die Sammlung des Städel’schen Instituts zu Frankfurt a. M. Die kaiserl. Gemäldesammlung in Wien besitzt zwei denselben Gegenstand behandelnde Bilder des Künstlers: Apelles, der die Geliebte Alexander’s des Großen, die schöne Campaspe, als schaumgeborene Venus malt. Im Reichsmuseum zu Amsterdam befindet sich die Darstellung eines „Nachtmahls mit Maskerade“, in Gotha „Loth und seine Töchter“ und in Pest „die Anbetung der Magier“. Sadeler, Hondius, Goltzius und Andere haben Bilder Wingen’s durch den Stich vervielfältigt. Jost van W. hatte einen Sohn Namens Jeremias, der im J. 1587 in Frankfurt a. M. geboren wurde und gleichfalls Maler war. Er erlernte die Anfangsgründe seiner Kunst bei seinem Vater und begab sich dann nach Amsterdam, um Schüler von Franz Badens zu werden. Hierauf trat er die übliche Kunstreise nach Italien an, wo er fleißig arbeitete. Nach seiner Rückkehr nach Frankfurt a. M. vermählte er sich mit einem reichen Mädchen und vernachlässigte im Wohlleben seine Kunst, bis ihn die Noth zwang, wieder zum Pinsel zurückzukehren. Er starb in Frankfurt im J. 1658.

Vgl. Gwinner, Kunst und Künstler in Frankfurt a. M. Frankfurt a. M. 1862. S. 81, 82. – Kunsthistorische Sammlungen des allerhöchsten Kaiserhauses. Gemälde. Beschreibendes Verzeichniß von Ed. v. Engerth. Wien [429] 1884. II, 555, 556. – C. van Mander, Le livre des peintres. Traduction par H. Hymans. Paris 1885. II, 87–91. – A. Woltmann und K. Woermann, Geschichte der Malerei. Leipzig 1888. III, 84.