ADB:Willisen, Adolf Freiherr von

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Artikel „Willisen, Adolf Freiherr von“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 43 (1898), S. 290–291, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Willisen,_Adolf_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 8. November 2024, 05:01 Uhr UTC)
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Willisen: Friedrich Adolf Freiherr v. W., königlich preußischer General der Cavallerie, am 11. August 1798 zu Magdeburg geboren und in der Basedow’schen Schule zu Dessau unterrichtet, trat am 1. Mai 1815 beim 27. Infanterieregimente in den Dienst, nahm an den Junikämpfen dieses Jahres in den Niederlanden theil, ward am 25. October 1816 Officier und kam im J. 1823 in den Generalstab, in welchem er verblieb bis er, am 24. April 1838 als Major und Escadronchef in das 3. Dragonerregiment versetzt, zur Cavallerie überging. Inzwischen hatte er sich am 11. November 1834 mit einer Tochter des Generals v. Brause, des früheren Militärgouverneurs Kaiser Wilhelm’s I., damals Director der Allgemeinen Kriegsschule, einer Schwester der Gemahlin seines Bruders Wilhelm (s. u. S. 292), verheirathet. Im Jahre 1837 lernte er die Kriegführung der Franzosen in Algerien kennen und wohnte u. a. der Einnahme von Constantine bei. König Friedrich Wilhelm IV., Willisen’s großer Gönner, wählte ihn bald nach seiner Thronbesteigung, am 21. October 1840, zum Flügeladjutanten. Aus dieser Stellung kehrte W. am 31. März 1846 in den Frontdienst der Cavallerie zurück und commandirte zunächst das 10. Husarenregiment, ward aber schon am 27. Juli 1848 von dieser Stellung wieder entbunden und zum General à la suite des Königs ernannt, wohnte im Hauptquartiere Radetzky’s den Feldzügen der Oesterreicher von 1848 und 1849 in Italien bei, übernahm am 28. August des letzteren Jahres das Commando der 13. Cavalleriebrigade in Münster, vertauschte dieses nach Jahresfrist mit dem der 8. in Erfurt und erhielt am 7. Juni 1856 die 6. Division, von deren Commando er am 8. Juli 1858 auf sein Ansuchen entbunden wurde. Inzwischen war er zum Generallieutenant aufgerückt und seit 1856 auch zum Oberstallmeister des Königs ernannt. Als Preußen am 23. Juli 1862 das Königreich Italien anerkannt hatte, ward er Gesandter am dortigen Hofe. Der [291] Eintritt in die Diplomatie beendete Willisen’s wechselvolle Laufbahn. Er starb in dieser Stellung, am 17. März 1863 zum General der Cavallerie befördert, am 24. August 1864 zu Genzano im Albanergebirge an der Malaria.

W., in der Oeffentlichkeit, um ihn von seinen beiden Brüdern, welche gleich ihm Officiere waren, zu unterscheiden, meist mit dem in der Taufe ihm nicht beigelegten Namen „Eduard“ und einem hinzugefügten nicht gerade schmeichelhaften Beiworte bezeichnet, war unter König Friedrich Wilhelm IV. eine gewichtige Persönlichkeit, die auf sehr verschiedenen Gebieten ihren Einfluß äußerte. Vor mancherlei Neuerungen, welche er dem preußischen Heere zugedacht hatte, blieb dieses zu seinem Glücke bewahrt. Sie stammten aus Frankreich, für dessen Einrichtungen W. eine große Vorliebe hatte. Zuerst war es die Einführung der mit dem Namen des Stallmeisters Baucher, eines Cirkuskünstlers, bezeichneten Art und Weise Pferde zuzureiten, eines trügerischen Blendwerkes; dann folgten, als die Früchte einer im J. 1855 von W. nach Frankreich unternommenen Reise, der Vorschlag, nach dortigem Muster an Stelle von Truppenübungen in wechselndem Gelände die Ausbildung in stehenden Lägern treten zu lassen, und das Verlangen, das seit 1848 in der Ausgabe begriffene Zündnadelgewehr durch eine Umarbeitung der vorhandenen glatten Infanteriegewehre in gezogene zu ersetzen, wie es die französische Heeresverwaltung nach den Angaben des Capitän Minié gethan hatte. Die Verwirklichung beider Vorschläge wurde durch den damaligen Prinzen von Preußen abgewendet (vgl. Militärische Schriften Kaiser Wilhelm’s des Großen, 2. Bd., Berlin 1897). Der erstere ward ohne große Schwierigkeiten erledigt, der andere aber wurde erst nach heftigen Kämpfen, an denen der König sich persönlich in Willisen’s Sinne betheiligte, und unter Abschwächung der von dessen Widersachern aufgestellten Forderungen, zu Gunsten des Zündnadelgewehres entschieden und keineswegs ist ausgeschlossen, daß das preußische Heer ohne diese Waffe in die Einigungskriege eingetreten wäre, wenn nicht die Erkrankung des Königs dessen Nachfolger in der Regierung die Macht verliehen hätte, die von ihm stets und mit aller Ueberzeugung vertretene Fortsetzung der Ausrüstung mit derselben Waffe zu befehlen. Des Prinzen von Preußen Wege hatte W., damals noch Major und Flügeladjutant, bereits im J. 1843 gekreuzt, als der König diesem auftrug, ein Exercierreglement für die Cavallerie zu bearbeiten, während der Prinz von Preußen an der Spitze einer für Cavallerieangelegenheiten berufenen Commission stand, zu deren Geschäftsbereiche jene Arbeit gehört hätte. Auch zum Zwecke der Reorganisation des Heeres verfolgte W., von dem es im Heere hieß, daß er wie Baucher schösse und wie Minié ritte, seine eigenen Pläne, die aber nur eine akademische Bedeutung erlangt haben.

Den Glauben an Baucher und seine Künste theilte mit ihm Willisen’s ältester Bruder, Karl Freiherr v. W., geboren am 21. December 1788, † am 22. April 1873 als Generallieutenant außer Dienst, welcher auf dem Titelblatte des von ihm übersetzten Buches „Methode der Reitkunst nach neuen Grundsätzen von F. Baucher“ (Berlin 1843) sich „einen Ueberzeugten“ nennt, das Vorwort aber mit seinem Namen und als Commandeur des 7. Cürassierregiments unterzeichnet.