ADB:Willer, Georg (gest. 1593 oder 1594)
[269] nur Bücher, die bei ihm zu haben waren. Wenn sie aber doch gleichzeitig den größten Theil der zur Messe gebrachten Schriften umfaßten, so setzt dies einen großen Umfang des Willer’schen Geschäftes voraus. In der That tritt uns denn ein solcher auch sonst entgegen. In allen veröffentlichten Rechnungsbüchern von gleichzeitigen Buchhändlern kommt sein Name vor, in dem von Feyerabend in Frankfurt mit weitaus den größten Summen. Niederlagen hatte er sowol in Tübingen als in Wien und sicher auch noch an manchem andern Orte; mit Wien war sein Verkehr so bedeutend, daß er jede Woche einen eigenen Boten dorthin gehen ließ. Er war mit einem Wort ein Großsortimenter, wie es deren damals in Deutschland wenige gab. Viel unbedeutender war im Vergleich zum Bücherhandel Willer’s Verlag. Doch fehlt derselbe nicht ganz. Als Marke hätte er dabei nach der Wiedergabe bei Lempertz das Bild einer Fichte gebraucht, um deren Stamm sich ein Spruchband schlingt mit der Aufschrift: Honos erit huic quoque pomo; doch muß hier eine Verwechslung bei Lempertz vorliegen, denn dieselbe Marke kommt auf den Werken des Welser’schen Verlagsgeschäftes ad insigne pinus vor und zwei Geschäfte haben sie sicher nicht gleichzeitig gebraucht. Die ersten Anfänge von Willer’s bedeutendem Geschäft haben wir nicht festzustellen vermocht. Sie fallen ohne Zweifel noch vor 1550; im Jahre 1557 erscheint das Geschäft jedenfalls bereits in Blüthe. Was den Mann selbst betrifft, so ergibt sich aus der Unterschrift eines Bildes von ihm, das Lempertz mittheilt nach einem Stich von Alexander Mair, daß er 1592 im 77. Lebensjahre stand, also 1514 oder 1515 geboren ist. Er wird Bürger von Augsburg genannt und stammte auch dorther. Wenn Mezger (Augsburgs älteste Druckdenkmale, 1840, S. 10 f.) ihn zu einem Dr. Willer und damit zu einem akademisch gebildeten Manne macht, so beruht dies nachweislich auf einem Mißverständniß (sein Sohn Elias dagegen, gleichfalls Buchhändler, kommt unter den Heidelberger Immatriculirten des Jahres 1576 vor). Sein Tod muß 1593 oder 1594 erfolgt sein; in ersterem Jahre ist er noch selbst, im letzteren ist seine Wittwe im Steuerbuche eingetragen. Seine Söhne Elias und Georg setzten das Geschäft fort, zunächst gemeinsam, bis 1598 ersterer einen Antheil am Feyerabend’schen Geschäft in Frankfurt kaufte, allerdings um später wieder nach Augsburg zurückzukehren. Hier führte inzwischen Georg W. für sich die Buchhandlung weiter, wobei nun auch der Verlag eine nicht unbedeutende Rolle spielte. Nach seinem Tod, 1631 oder 1632, verschwindet der Name W. aus den Meßkatalogen.
Willer: Georg W., ein Augsburger Buchhändler des 16. Jahrhunderts, dem ein bedeutsamer Fortschritt in der Entwicklung des Bücherverkehrs zu danken ist. Er ist es nämlich, der die buchhändlerischen Meßkataloge ins Leben gerufen hat. Bis dahin hatten zwar einzelne Verleger, um ihre Verlagswerke bekannt zu machen, von Zeit zu Zeit Verzeichnisse derselben ausgegeben, wenn es hoch kam, auch Reisende gehalten oder an drittem Ort Niederlagen errichtet. Hiemit wurde aber nur eine sehr beschränkte Anzahl der neu erschienenen Schriften zu weiterer Kenntniß gebracht und dazu noch innerhalb eines beschränkten Gebietes. Darüber hinaus waren die Gelehrten auf das angewiesen, was ihr Buchhändler zufällig von der Frankfurter Messe mitgebracht hatte, oder wovon sie durch ihren Briefwechsel mit Fachgenossen Kunde erhielten. Diese dürftigen Verhältnisse änderten sich mit einem Schlag für die Buchhändler wie für die Gelehrten, als W. anfing, seine Meßkataloge, d. h. Verzeichnisse der zur Frankfurter Messe gebrachten Bücher herauszugeben. Nun war die Bekanntmachung der neu erschienenen Litteratur mit einem Mal vervollständigt, einheitlich gestaltet und geregelt, und nicht nur dies: es ergab sich hieraus naturgemäß auch eine gesteigerte Nachfrage und weiterhin ein Aufschwung des Buchhandels, so bedeutend nach innen und außen, daß von da an ein neuer Abschnitt in der Geschichte desselben datirt. Zum ersten Mal gab W. seinen Meßkatalog in der Frankfurter Herbstmesse von 1564 heraus; von da ab ließ er jede Fasten- und Herbstmesse (nur die Fastenmesse von 1566 und 1567 macht eine Ausnahme) einen solchen erscheinen bis zu seinem Tod. Auch nachher noch wurde diese Veröffentlichung von seinen Söhnen fortgesetzt und noch aus dem Jahr 1627 kennt man einen Willer’schen Meßkatalog. Inzwischen war derselbe nicht nur von andern nachgeahmt worden, es waren ihm auch amtliche Verzeichnisse ähnlicher Art an die Seite getreten. Eine Zusammenfassung aber aller bis Frühjahr 1592 erschienenen Willer’schen Kataloge gab in letzterem Jahr Nicolaus Basse in Frankfurt heraus. Mit seinen Verzeichnissen wollte W. zunächst nur die Zwecke seines Geschäftes fördern; darum enthielten dieselben meist- Vgl. Schwetschke, Codex nundinarius, 1850, S. IX ff., 8 ff. – Kirchhoff, Beiträge zur Geschichte des deutschen Buchhandels. Bdchn. 2, 1853, S. 24 ff. – Lempertz, Bilder-Hefte zur Geschichte des Bücherhandels. Jahrg. 1860, Taf. I. – Geschichte des Deutschen Buchhandels. Bd. 1, 1886 (siehe Register). – Archiv f. Frankfurts Geschichte. N. F. Bd. 7, 1881 (= Pallmann, S. Feyerabend, s. Register). – Briefliche Mittheilungen von Stadtarchivar Dr. Buff in Augsburg.