ADB:Willenbücher, Johann Peter

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Willenbücher, Johann Peter“ von Edward Schröder in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 43 (1898), S. 267–268, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Willenb%C3%BCcher,_Johann_Peter&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 17:45 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Willems, Marcus
Band 43 (1898), S. 267–268 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Nach Wikipedia-Artikel suchen
Johann Peter Willenbücher in Wikidata
GND-Nummer 117389811
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|43|267|268|Willenbücher, Johann Peter|Edward Schröder|ADB:Willenbücher, Johann Peter}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117389811}}    

Willenbücher: Johann Peter W., Schulmann und Förderer der altdeutschen Studien, wurde im J. 1748 zu Beerfelden in der Grafschaft Erbach von armen Eltern geboren und bezog, durch Privatunterricht und einjährigen Besuch der Prima des Frankfurter Gymnasiums vorbereitet, 1767 die Universität Halle: hier war er 1769 Senior des theologischen Seminars und genoß den nähern Umgang Semler’s, er unterrichtete an den Anstalten des Waisenhauses und las Privatissima in den classischen und orientalischen Sprachen. Sein ganzes weiteres Leben hat W. dann in Brandenburg a. d. Havel zugebracht, wo er seit 1770 als Lehrer der schönen Wissenschaften am Rittercollegium, von 1772–1777 als Rector der Salderischen Schule, von da ab als Rector des neustädtischen Lyceums wirkte. In beiden Rectorämtern hat er eine energische und mehr und mehr von Erfolg belohnte Thätigkeit entfaltet und sich sowol um die Verbesserung der Unterrichtsmethoden wie um die ökonomische Stellung der Lehrer verdient gemacht, sodaß sein Name in der brandenburgischen Schulgeschichte mit Ehren fortlebt. Am 31. August 1794 ist er gestorben. – Außer einer Anzahl von Schulprogrammen, in denen zumeist Fragen der Pädagogik und Didaktik behandelt werden, gab er ein „Magazin für Jünglinge oder Sammlung von prosaischen Aufsätzen, Gedichten und kleinen Schauspielen“ (2 Theile, Berlin 1783–1786) heraus und betheiligte sich als Mitherausgeber (mit Kinderling und E. J. Koch) sowie durch Beisteuer einiger culturgeschichtlich interessanter Urkunden aus dem Brandenburger Rathsarchiv an der Schrift „Für deutsche Sprache, Litteratur und Cultur“, welche die deutsche Gesellschaft zu Berlin 1794 ihren hochadlichen Gönnern Dalberg, Herzberg, Schlieffen u. s. w. widmete. Durch das Zeugniß Kinderling’s im Bragur 6, 127 wissen wir ferner, daß von W. herrührt die anonym erschienene „Praktische Anweisung zur Kenntniß der Hauptveränderungen und Mundarten der teutschen Sprache, von [268] den ältesten Zeiten bis ins 14. Jahrhundert, in einer Folge von Probestükken aus dem Gothischen, Altfränkischen, oder Oberteutschen, Niederteutschen und Angelsächsischen, mit spracherläuternden Uebersezzungen und Anmerkungen“ (Lpz. 1789). Man kann dieses Büchlein die erste altdeutsche Chrestomathie für Anfänger und zum Selbstunterrichte nennen. In 12 Abtheilungen gibt W. ausgewählte Stücke aus der althochdeutschen, altniederdeutschen, angelsächsischen und gotischen Prosalitteratur mit Uebersetzung und sehr umfangreichem Commentar. Die gelehrte Leistung ist freilich schwach und steht weit hinter dem zurück, was schon lange vorher Männer wie Dietrich von Stade und Frisch gewußt und gelehrt haben. Eine so plumpe Fälschung wie das „Hilli kroti Woudana“ wird mit Andacht vorgeführt und erläutert. Aber die Absicht des Verfassers, wie sie in der Vorrede dargelegt ist, verdient Anerkennung: W. erklärt die Bekanntschaft mit den älteren Sprachzuständen für jeden nothwendig, der die Muttersprache genauer verstehn wolle, er wünscht, daß diese Kenntniß nicht länger auf wenige Specialgelehrte beschränkt bleibe, sondern daß auch Schulmänner, Juristen, Geschichtskundige danach streben mögen, sie sich anzueignen, und er sieht in dem Mangel an „Vestigkeit in der grammatischen Auslegung“ das größte Hemmniß für den Fortschritt der altdeutschen Studien.

Beiträge z. Geschichte der Saldria in Brandenburg a. d. H. Festschrift 1889. I, S. 83 (O. Tschirch); dazu briefliche Mittheilungen von Dr. Tschirch aus den (1772–1777 von W. geführten) Annales Saldriae. – Rasmus im Progr. d. Vereinigten Alt- u. Neustädt. Gymnas. zu Brandenburg 1897, S. 35 ff. – Raumer S. 252.