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Artikel „Wilhelmi, Ludwig Wilhelm“ von Wilhelm Sauer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 43 (1898), S. 231–232, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wilhelmi,_Ludwig_Wilhelm&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 08:57 Uhr UTC)
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Wilhelmi: Ludwig Wilhelm W. wurde am 19. November 1796 in dem damals kurpfälzischen Dorfe Neuenhain als Sohn des dortigen reformirten Pfarrers Johann Ferdinand W. geboren und erhielt den ersten Unterricht in der Elementarschule seines Heimathdorfes. Die starke confessionelle Mischung der Bevölkerung des Ortes (Katholiken, Lutheraner, Reformirte) übte nachhaltigen Einfluß auf die kirchlichen Anschauungen des Knaben aus; in allen späteren Stellungen zeichnete ihn ein wohlwollendes Entgegenkommen gegen andere Confessionen aus. Den Gymnasialunterricht erhielt er von seinem zehnten Jahre ab in Idstein unter Snell, dem er ebenso wie dessen Sohne Ludwig Snell (s. A. D. B. XXXIV, 503 u. 508) namentlich auf dem Gebiete der Philosophie viel verdankte. Im Frühjahr 1814 bezog er die Universität Marburg, dann 1815 Heidelberg. Bereits im December 1816 übernahm er die Hülfspredigerstelle bei der deutsch-reformirten Gemeinde in Frankfurt a. M., bestand dann, nachdem sein Heimathsdorf Neuenhain inzwischen dem Herzogthum Nassau zugefallen, [232] in Wiesbaden im März 1817 das theologische Staatsexamen. Nach kurzer Beschäftigung in Neuenhain wurde er am 30. Mai 1818 als 3. Pfarrer zu Wiesbaden, zugleich als Hofcaplan in Biebrich angestellt. Hier durchlief er seine weitere Laufbahn, welche ihn schließlich an die Spitze der protestantischen Kirche in Nassau führte. Nebenbei führte er zeitweilig (1820–35) die Schulinspection für Stadt- und Landbezirk Wiesbaden, in welcher Stellung er die Grundsätze des nassauischen Schuledicts, welches die simultane Verfassung des Schulwesens eingeführt hatte, streng vertrat. Der damals von ihm verfaßte und 1831 in die Schulen eingeführte „Neue evangelisch-christliche Landeskatechismus“ fand jedoch nicht allseitig Beifall. Dem erkrankten evangelischen Landesbischof Heydenreich wurde er 1841 mit dem Titel „bischöflicher Commissar“ beigeordnet und folgte diesem nach dessen Tode 1858 als Landesbischof. So zur Leitung der nassauischen Kirchenverwaltung berufen, vertrat er diese auf der Berliner Kirchenconferenz 1845/46, wo er freundschaftliche Beziehungen zu Dräseke, Kanzler Niemeyer, de Wette und Anderen begründen konnte. Diese Vertretung blieb ihm, nachdem sich aus jener Conferenz die Eisenacher Conferenzen gebildet hatten. W. besuchte dieselben regelmäßig und führte in denselben nach dem Rücktritt von Grüneisen in den Jahren 1870–1876 den Vorsitz. Seit der Uebernahme des Amtes eines bischöflichen Commissars häuften sich eine Anzahl theologischer Aemter und Ehrenstellen auf ihn. Außerdem war er bereits 1840 als zweiter Vertreter der evangelischen Geistlichkeit in die Kammer der Landesdeputirten gewählt, der er bis in das Sturmjahr 1848 angehörte. Die Wahl für den am 22. Mai 1848 eröffneten Landtag führte ihn nicht wieder in das Haus. Hingegen berief ihn bei Neubildung der nassauischen Ständekammer auf Grund der Verfassung von 1851 das Vertrauen des Landesherrn zum Mitgliede der ersten Kammer, der er bis zum Jahre 1866 angehörte. Die Ereignisse des Jahres 1866 haben auf seine persönliche Stellung keine Einwirkung ausgeübt. Doch begann er, alternd, sich allmählich von dem öffentlichen Leben zurückzuziehen. Im J. 1875 finden wir ihn noch in der Commission, in welcher die Ausführung des Reichsgesetzes, betr. die Beurkundung des Personenstandes berathen wurde. Nachdem dem rüstigen Greise noch die Feier des achtzigsten Geburtstages und des sechzigjährigen Dienstjubiläums vergönnt gewesen war, starb er zu Wiesbaden am 11. Mai 1882.

Acten. – Wilhelmi, Aufzeichnungen aus meinem Leben, 1861. – Dem Andenken an L. W. Wilhelmi, Wiesbaden 1882.