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Artikel „Wigand, Karl Samuel“ von Wilhelm Grotefend in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 510–512, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wigand,_Karl_Samuel&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 18:12 Uhr UTC)
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Wigand **): Karl Samuel W., Professor am Cadettencorps und Hofarchivar zu Kassel, wurde zu Wernigerode als Sohn des gräflich Stolbergischen Conrectors und Bibliothekars Karl Christian W. am 5. März 1744 geboren. Seine [511] Mutter war Anna Marie, geb. Gottsched aus Königsberg, eine Verwandte des bekannten Professors Johann Christoph Gottsched, während der Vater aus Marksuhl im Eisenachschen stammte. Durch den frühen Tod des Vaters (27. Mai 1748), und der Mutter (1751), die nach dessen Tode mit dem Prediger Johann Anton Schumacher in Straußfurt zu einer zweiten Ehe geschritten, bald aber wiederum verwittwet war, gestaltete sich die Jugend Wigand’s und seiner Brüder nicht glänzend, doch ermöglichte es das Eintreten der gräflich Stolbergschen Familie zu Wernigerode, einer unverheiratheten Schwester der Mutter und deren Bruders, des Dompredigers Gottsched in Halberstadt, daß die Kinder eine gute Erziehung erhielten. In Halberstadt durchlief W. die Domschule, um nach beendigtem Schulbesuch 1763 als Student der Theologie nach Halle a. S. zu gehen. Nach absolvirtem Triennium war W. darauf angewiesen sich zunächst als Hauslehrer (Informator) weiterzuhelfen. Er fand in dieser Eigenschaft zuerst bei dem Superintendenten Kuntz in Baruth (Niederlausitz) und hernach im April 1768 bei dem Kammerrath Diederich in Oschersleben Unterkunft, in zwei Häusern, aus denen er angenehme Erinnerungen mit fortnahm. Von Mai 1767 bis zum Frühjahr 1768 beschäftigte er sich als Hülfslehrer an den Franckeschen Stiftungen zu Halle. Von Oschersleben aus kam W. noch in demselben Jahre als Hofmeister in das Haus des hessischen Kriegs- und Domänenraths v. Zanthier zu Kassel, durch dessen Einfluß er 1774 mit dem gleichen Titel als Lehrer und Erzieher an das Collegium Carolinum daselbst berufen wurde. 1778 wurde er in eine entsprechende Stelle zu dem neu errichteten Cadettencorps versetzt, wo er zunächst in Religion, Geographie und Französisch zu unterrichten hatte. 1793 wurde ihm die Charakterisirung als Professor zu Theil, im Jahre 1800 die Ernennung zum Hofarchivregistrator im Nebenamt, zwei Jahre später die zum Hofarchivar, nachdem er im J. 1801 noch die Redaction der amtlichen Hessischen seit 1803 Kurhessischen Zeitung übernommen hatte. W. starb am 16. Juni 1805 zu Kassel. Aus der am 16. October 1785 geschlossenen Ehe Wigand’s mit Johanna Magdalene Vorwerck, zweiten Tochter des Kasseler Wageninspectors Vorwerk, entsprossen zwei Söhne und eine Tochter, von denen der noch zu besprechende Paul W. der älteste war. Abgesehen von seiner Thätigkeit als praktischer Schulmann ist auch der schriftstellerischen Wirksamkeit Wigand’s zu gedenken, die sich auf Abfassung von Leitfäden in der Mythologie, Geographie und Geschichte – von denen der letztere unbedingt der verhältnißmäßig am besten gelungene ist –, ja sogar auf Herausgabe von eigenen und fremden Gedichten erstreckte. Eine originelle Erscheinung in der deutschen Litteratur sind: „Des Hessischen Grenadiers Joh. Tobias Dick Gedichte nach seinem Tode herausgegeben von C. S. Wigand“ (Cassel 1789). Dieser Tobias Dick war ein hessischer Grenadier, der seine Mußestunden der Dichtkunst widmete und zu bedeutenderen Dichtern wie Hölty und Gleim persönliche Beziehungen besaß. (Ueber ihn ist zu vergleichen: Strieder, Grundlage z. e. hess. Gelehrten- u. Schriftsteller-Gesch., Bd. 3. Göttingen-Cassel 1783, S. 18–21; Einleitung Wigand’s z. d. Ausgabe der Gedichte; A. S. [= Hermann Heuser], Grenadier Johann Tobias Dick, ein Casseler Dichter des vorigen Jahrhunderts. Cass. Tagebl., Jg. 1889, Nr. 56.) – Der Vollständigkeit wegen seien hier auch die sonstigen Schriften Wigand’s aufgezählt, zumal sie sonst kaum irgendwo aufgeführt sind. A. Auf poetischem Gebiete: 1. „Hessische Cadettenlieder mit Melodien von Vierling“ (Cassel 1782, ohne des Verfassers Vorwissen erschienen). Ein weiteres Bändchen ließ der Verfasser 1783 folgen, eine zweite, vermehrte und verbesserte Ausgabe des Ganzen, mit Melodien von Vierling Cassel 1788; 2. „Empfindungen bey dem Tode des Erlösers. Ein Passionsoratorium. In Musik gesetzt von J. C. Kellner“ (Cassel 1791); 3. „Dem Durchlauchtigsten Herrn Erbprinzen, Landgrafen [512] zu Hessen etc. und Höchst dero Frau Gemahlin Königlichen Hoheit Friederike Christine Auguste, geborenen Königl. Prinzessin von Preußen etc. bey Höchstderoselben Ankunft von Berlin … gewidmet“ (Cassel 1797); im Besitze von Wigand’s Urenkelin, der Schriftstellerin Frau Henriette Keller-Jordan in München, befinden sich ungedruckte Gedichte Wigand’s an seine Gattin, die sehr herzlich gehalten sind. B. Auf pädagogischem Gebiete: 1. „Anfangsgründe der Geographie zum Unterricht der Hochfürstl. Hessischen Cadetten“ (Cassel 1784); 2. „Versuch einer kurzgefaßten Mythologie für Anfänger“ (Eisenach 1792); 3. „Kleine Heßische Chronik für die Jugend“ (Cassel, I 1792, II 1793, III 1795, nicht ohne wirklichen Werth); 4. „Kleine Völkergeschichte“ (1. [und einziges] Bändchen, Cassel 1800).

Friedr. Wilh. Strieder’s Grundlage z. e. Hess. Gelehrten- u. Schriftsteller-Geschichte, Bd. 17. Hsg. von Karl Wilhelm Justi. Marburg 1819, S. 45–53, sowie die in der Ständischen Landesbibliothek zu Kassel vorhandenen Schriften Wigand’s. – Gelegentliche Bemerkungen über das etwas steife pedantische Wesen des Prof. Wigand auch in den noch ungedr. Briefen Jacob u. Wilhelm Grimm’s, namentlich des ersteren, an ihren Jugendfreund Paul W. – Bibl. Cassell. Msc. Hist. Litt. Fol. 21.

[510] **) Zu Bd. XLII, S. 457.