Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Wiben, Peter“ von Wetzel. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 302–303, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wiben,_Peter&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 12:51 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 42 (1897), S. 302–303 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Peter Wiben in der Wikipedia
Peter Wiben in Wikidata
GND-Nummer 139105301
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|42|302|303|Wiben, Peter|Wetzel.|ADB:Wiben, Peter}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=139105301}}    

Wiben: Peter W. (Wibe, Wiebe, Wybe – Peters, Petersen) wohnte in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts im süderdithmarsischen Kirchspiel Meldorf und war 1531 neben Claus Marx Hargen Führer von 500 Mann, die auf Befehl der Achtundvierziger zur Abwehr eines Einfalls des entthronten dänischen Königs Christian II. bei Brunsbüttel zusammengezogen wurden. Etwa acht Jahre später wiesen die Achtundvierziger seine Ansprüche auf eine streitige Erbschaft ab und, als seine Berufung an die Landesversammlung keinen anderen Erfolg hatte, „hefft he siek up een widt Peerd gesettet, des Landes Boek in de Hand genahmen und trotziglich sick darup beropen und na demsulven der Saken Erörterung und Entschedung begehret oder sich des Landes Fiend erkläret!“ Da ihm sein „Trotz“ nichts nützte, verließ er Haus und Hof und, als sein Bemühen, König Christian III. von Dänemark gegen seine Landsleute „in Harnisch zu bringen“ vergeblich war, unternahm er, wie die Dithmarscher behaupten, Raub- und Plünderungszüge gegen das Heimathland. Im Herbste 1541 wurde er auf holsteinischem Gebiete zur Haft gebracht, aber nicht den Dithmarschern ausgeliefert, sondern im folgenden Jahre vor das Loding in Rendsburg gestellt, ein Volksgericht, in dem die eingesessenen Bauern des Amts in Gegenwart oder unter Vorsitz des königl. Amtmanns das Urtheil zu finden hatten. Obwohl die Dithmarscher gegen das Gericht der ihnen eben nicht freundlich gesinnten holsteinischen Bauern Verwahrung eingelegt haben sollen, fällte dies doch das Urtheil, sprach W. frei und verurtheilte die Dithmarscher – so bezeugt es der Urtheilsschein des Amtmanns Kai Ranzow – „in alle kosten, schaden, schmache und schande“. Auch wurde das Urtheil nach sechs Wochen von der höheren Instanz, dem Göding „thom Jarisken Balken“ bestätigt, so bezeugen Bürgermeister und Rath der Stadt Itzehoe; ja es gelang W. 1544 sogar von Kaiser Karl V. selbst ein günstiges Mandat zu erwirken, das, wenn die Dithmarscher sich mit dem Rendsburger Spruch nicht zufrieden geben wollten, die Streitsache an den Erzbischof von Bremen als kaiserlichen Commissar verwies, dem das Land in kirchlichen Angelegenheiten unterworfen war. Dieser, Herzog Christoph von Braunschweig und Lüneburg, nahm sich aber nicht persönlich der Sache an, sondern subdelegirte zwei Räthe, vor denen sich zu verantworten die Dithmarscher ablehnten. Sie appellirten vielmehr an das kaiserliche Kammergericht, vor dem der Rechtsstreit sich ohne Entscheidung bis in das Jahr der Unterwerfung Dithmarschens (1559) fortsetzte. – Inzwischen hatten jedoch die Dithmarscher auf eigene Hand ihren Willen durchgesetzt und gemeinsame Rache an ihrem unbotmäßigen Landsmann genommen. Als nämlich W. unter dem Namen „Hans Pommerink“ von der Insel Helgoland aus gegen die dithmarsische Küste förmliche Kriegszüge unternahm, thaten sich einige herzhafte Männer des Landes zusammen, brachten aus ihren Kirchspielen etwa 100 Mann auf und fuhren am 17. Mai 1545 auf zwei Schiffen unter Führung des alten Claus Suel gen Helgoland. W., der zu seinem Unglück alle seine Leute, bis auf seinen Bruder Hans und zwei Andere ausgeschickt hatte, wähnte sich auf der Felseninsel der Feinde erwehren zu können und wollte, wie es heißt, von einem Ergeben auf dithmarsisches Recht nichts wissen. Die Dithmarscher aber, denen die Kugeln seiner Geschütze über die Köpfe weggingen, stürmten schnell die Kirchhofsmauer, hinter der W. Schutz gesucht hatte, drangen ihm in die Kirche nach und schossen ihn und seinen Bruder, als sie sich auf den Kirchenboden flüchteten, von unten durch die hölzerne Decke todt. Ihre Leichname wurden im Triumph nach Heide in Dithmarschen gebracht und dort unter großem Zulauf des Volks geköpft und gerädert. – Doch wurde die Verletzung des holsteinischen Gebietes – Helgoland – mit eine Ursache für den Untergang „der so lange und muthvoll vertheidigten dithmarsischen Landesfreiheit“.

[303] Daß W. „hefft des Landes Boek oder Land Recht in Druck verferdigen laten“, wie Neocorus behauptet, ist stark angezweifelt worden, ist aber gar nicht so unwahrscheinlich. Wer sich näher mit W. beschäftigt, wird erkennen, daß er nicht ein gewöhnlicher Abenteurer oder gar Straßenräuber und Wegelagerer, sondern ein bedeutender „Landesfeind“ war, dessen Ansprüche rechtlich begründet waren.

Vgl. Neocorus hrsg. von Dahlmann, Bd. 2, S. 83 ff. – Michelsen, Das alte Dithmarschen, S. 73 ff. – Derselbe, Samml. altdithm. Rechtsquellen, S. XXI f. – Brinkmann, Aus d. deutsch. Rechtsleben, S. 74 ff. – Liliencron, Histor. Volkslieder, Bd. 4, S. 259 ff. (mit zwei Volksliedern, von denen eins Reinholt Junge gedichtet, auf W.). – Chalybaeus, Geschichte Dithmarschens, S. 222 ff.
Wetzel.