Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Küster, Ludolf“ von Conrad Bursian in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 438–439, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:K%C3%BCster,_Ludolf&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 09:44 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 17 (1883), S. 438–439 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand August 2019, suchen)
Ludolph Küster in Wikidata
GND-Nummer 117553735
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|17|438|439|Küster, Ludolf|Conrad Bursian|ADB:Küster, Ludolf}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117553735}}    

Küster: Ludolf K. – auf dem Titel einiger seiner früheren Schriften hat er seinen Namen in Neocorus gräcisirt –, einer der tüchtigsten unter den deutschen Gräcisten der vorwolfischen Periode, war im Februar 1670 in Blomberg im Lippe’schen (Westfalen) geboren. Im Alter von 14 Jahren bezog er das Joachimsthal’sche Gymnasium in Berlin, an welchem ein älterer Bruder von ihm als Lehrer angestellt war. Durch Ez. Spanheim wurde er dem Grafen Schwerin empfohlen, der ihm den Unterricht seiner Söhne übertrug und ihm zum Dank für seine Thätigkeit die Anwartschrift auf eine Lehrerstelle am Joachimsthal, sobald eine solche erledigt sein würde, verschaffte. Unterdessen hielt sich K. einige Zeit in Frankfurt a. O. auf, wo er an der Universität humanistische und juristische Studien trieb und im J. 1696 seine Erstlingsschrift, die „Historia critica Homeri“ veröffentlichte, eine ziemlich oberflächliche und unselbständige Arbeit, von welcher der Verfasser selbst in späteren Jahren geringschätzig urtheilte. In dem gleichen Jahre wandte er sich nach Holland und ließ sich in Utrecht nieder, wo er seit April 1697, Anfangs allein, seit 1698 in Gemeinschaft mit dem Orientalisten Heinrich Sike aus Bremen, eine litterarische Zeitschrift unter dem Titel „Bibliotheca librorum novorum“ herausgab (5 Bde., 1697–99; der letzte Band ist von Sike allein bearbeitet). Daneben schrieb er für Jacob Gronov’s großes Sammelwerk, den Thesaurus antiquitatum graecarum, eine „Diatribe de museo Alexandrino“ (t. VIII, p. 2767 ss.) und übersetzte für Graevius’ Thesaurus antiquitatum romanarum die Abhandlungen von L. Savot über die alten Münzen aus dem Französischen (t. XI) und G. P. Bellori’s Erklärung der Wandgemälde des Grabmals der Nasonier aus dem Italienischen ins Lateinische (t. XII). In der Mitte des J. 1699 ging er nach England, brachte den größten Theil des J. 1700 in Paris zu, um auf der dortigen Bibliothek die Handschriften des Lexicons des Suidas zu vergleichen und kehrte gegen Ende des Jahres nach England zurück, wo er in den nächsten vier Jahren, durch den persönlichen Verkehr mit R. Bentley vielfach gefördert, seine große Ausgabe des Suidas mit lateinischer Uebersetzung und Anmerkungen bearbeitete, die in der akademischen Druckerei zu Cambridge gedruckt, Anfang 1705 in drei Foliobänden ans Licht trat und ihm von der Universität Cambridge die juristische Doctorwürde eintrug. Er hatte das stattliche Werk dem König Friedrich I. von Preußen gewidmet, der ihn bisher großmüthig unterstützt und eben damals nach Berlin berufen hatte, wo er neben der ihm schon früher in Aussicht gestellten Lehrerstelle am Joachimsthal auch eine Stellung an der königlichen Bibliothek mit dem Rathstitel erhielt. Aber nach kaum einem Jahre waren ihm, wesentlich durch seine eigene Schuld, diese Stellungen so verleidet, daß er gegen eine anständige Abfindungssumme, welche ihm ausgezahlt wurde (10 000 Livres), dieselben aufgab und sich wieder nach Holland wandte, wo er zuerst in Amsterdam, später in Rotterdam seinen Wohnsitz nahm. Früchte seiner gelehrten Muße in dieser Zeit sind eine Ausgabe der Schriften des Jamblichus und des Porphyrius de vita Pythagorae (Amsterdam 1707), eine Ausgabe der Komödien des Aristophanes mit reichem kritischen Apparat, den griechischen Scholien, lateinischer Uebersetzung und [439] Anmerkungen von Casaubonus, Spanheim, Bentley und dem Herausgeber (Amsterdam 1710) und eine Ausgabe des griechischen Neuen Testaments nach der des Engländers J. Mill, dessen kritischer Apparat durch K. vermehrt und besser geordnet wurde (Amsterdam 1710); ferner eine Vertheidigung seiner Suidas-Ausgabe gegen die von J. Gronov auf dieselbe gemachten Angriffe (in J. Clericus’ Bibliothèque choisie t. XXIV, im Separatabdruck unter dem Titel „L. K. Diatribe Anti-Gronoviana“, Amsterdam 1712) und eine Streitschrift gegen J. Perizonius über die Bedeutung des aes grave („Epistola in qua praefatio quam V. C. I. P. novissimae dissertationi suae de aeri gravi praeposuit refellitur“, Leyden 1713). – Im J. 1713 ging K. nach einem kurzen Aufenthalt bei den Jesuiten in Antwerpen nach Paris, wo er am 25. Juli 1713 öffentlich zum Katholicismus übertrat. Darauf wurde er durch den Abbé Bignon dem König Ludwig XIV. vorgestellt, der ihm einen Jahresgehalt von 2000 Livres verlieh und die Académie des inscriptions et belles-lettres veranlaßte, ihn zu ihrem außerordentlichen Mitgliede (associé surnuméraire) zu ernennen. In Paris veröffentlichte K. zunächst eine werthvolle Schrift über den richtigen Gebrauch der medialen Verba im Griechischen und den Unterschied derselben von den activen und passiven Verbis, der er eine Untersuchung über das lateinische Verbum cerno anhängte („De vero usu verborum mediorum apud Graecos eorumque differentia a verbis activis et passivis. Annexa est epistola de verbo CERNO“, Paris 1714; ed. II, Leyden 1717); ferner eine scharfe Kritik der Ausgabe des Herodotus von Jacob Gronov, der ihn durch hämische Bemerkungen über seine Suidas-Ausgabe aufs Neue gereizt hatte („Examen criticum editionis novissimae Herodoti Gronovianae“, in der Bibliothèque ancienne et moderne t. V) und eine Abhandlung über eine griechische Inschrift aus Smyrna („Remarques sur une inscription grecque envoyée de Smyrne en 1715“, in den Mémoires de l’académie royale des inscriptions t. IV, p. 665 s.; vgl. A. Boeckh, Corpus Inscriptionum Graecarum t. II, p. 767, no. 3311). Hauptsächlich aber arbeitete er an einer kritischen Ausgabe des Lexicons des Hesychius, welche ein Gegenstück zu seiner Ausgabe des Suidas bilden sollte. Mitten in der Arbeit wurde er jedoch Ende August 1716 von einer schweren Krankheit ergriffen, der er am 12. October 1716 erlag; die von ihm hinterlassenen, bis in den Buchstaben Θ reichenden Bemerkungen zu Hesychius sind in der Ausgabe von J. Alberti (Leyden 1746) abgedruckt.

Vgl. Mémoires pour l’histoire des sciences et des beaux arts. Recueillis par l’ordre de son altesse ser. Monseigneur Prince souverain de Dombes. Mars 1717 (De l’imprimerie de S. A. S. à Trevoux), p. 497 ss.Histoire de l’académie royale des inscriptions et belles-lettres depuis son établissement avec les éloges des académiciens morts depuis son renouvellement. T. II (Paris 1740), p. 67 ss.