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Artikel „Wessely, Joseph“ von Richard Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 55 (1910), S. 53–61, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wessely,_Joseph&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 20:05 Uhr UTC)
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Wessely: Joseph W., Forstmann; geboren am 6. März 1814 in Wien, † am 10. October 1898 daselbst im 84. Lebensjahre. Seine Eltern waren kleine Bürgersleute. Die Schulbildung erhielt er anfangs auf einer Volksschule, später – da diese seinem außergewöhnlichen Wissensdrang nicht genügte – auf der Realschule seiner Vaterstadt. Hierauf besuchte er die [54] technische Abtheilung des Wiener Polytechnikums und hörte nebenbei auch Vorlesungen an der Universität. Da seine Mutter einer Forstfamilie entstammte und auch Verwandte derselben im Forstdienste standen, verbrachte er fast alle Schulferien bei Forstmännern, lernte daher den Wald in seinen vielgestaltigen Formen schon frühzeitig kennen und lieben. Es war daher nicht zu verwundern, daß er den forstlichen Beruf ebenfalls ergriff. Noch nicht ganz 18jährig, trat er (1882) als Hörer in die k. k. Forstlehranstalt zu Mariabrunn ein und absolvirte den dreijährigen Lehrcursus (1835) mit solcher Auszeichnung, daß er alsbald nach seinem Austritt zum Assistenten an dieser Anstalt ernannt wurde. Nach den Ferien trat er diese Stelle an und verblieb in ihr zwei Jahre. Wahrscheinlich war die ihm hier obliegende Thätigkeit die erste Veranlassung für seine spätere Neigung zum Lehramte. Dann drängte ihn aber sein unruhiges Wesen, Land und Leute auch auswärts kennen zu lernen, hinaus in die Welt. Er verließ daher die Heimath Anfang Januar 1837 und wanderte nach Südtirol, wo er in den Forsten von Primiero, in denen die Katastrirungsarbeiten im Gange waren, Beschäftigung als Geometer fand. 1838 zum Leiter von fünf Geometern ernannt, arbeitete er zwei Jahre lang an der Triangulirung der dortigen Hochgebirgsgegend. Die Unsicherheit seiner Stellung veranlaßte ihn aber, Ende 1839 die Stelle eines „Waldschaffers“ (d. h. ersten Forstbeamten) an dem k. k. Bergwerk Agordo in dem damals noch österreichischen Venetien anzunehmen. In dieser Stellung wirkte er volle sechs Jahre. Sie bot ihm vortreffliche Gelegenheit, den alpinen Forstbetrieb mit seinem großartigen Bringungswesen, ausgedehnten Köhlereibetrieb und seinen Handelsbeziehungen inbezug auf Forstproducte gründlich kennen zu lernen. Zudem erfreute er sich in diesem ausgedehnten Wirkungskreis einer großen Selbständigkeit, was bei seinem Widerspruch nicht gut vertragenden Wesen ein weiterer Vorzug dieser Stellung war. Hierzu kam endlich noch die Pracht der Natur und der Reiz des italienischen Volksthums, wofür W. sehr empfänglich war. Die geringe Dotirung der Stelle in Verbindung mit der Unmöglichkeit des Vorrückens in pecuniärer Beziehung bewirkte aber, daß er – trotz dieser Annehmlichkeiten – doch abermals zum Wanderstabe griff. Nachdem er die ihm angetragene neugeschaffene Stelle eines Forstinspectors für den Kanton Graubünden aus Anhänglichkeit an sein Vaterland ausgeschlagen hatte, wendete er sich nach Böhmen, welches damals als das Land intensivster Waldwirthschaft im Oesterreichischen Kaiserstaate galt. Um die Absicht, hier eine seiner Fähigkeit entsprechende Stellung zu finden, zu verwirklichen, mußte er sich herbeilassen, zunächst die wegen Mangels an Bewerbern schon über ein Jahr nicht besetzte, nur geringe Befriedigung gewährende Stelle eines k. k. Raitförsters in Goldenhöhe (Erzgebirge) anzunehmen. Auf der Reise dahin (im Frühjahr 1846) ereilte ihn aber die Berufung als Waldamtsvorstand an dem berühmten k. k. Quecksilberbergwerk zu Idria (Krain), welcher er gern Folge leistete. Hier entfaltete er eine lebhafte Thätigkeit. Er begann mit dem Kunstwegebau in den Idrianer Staatsforsten, um den Holztransport und hierdurch die Holzpreise zu heben, übernahm die Aufarbeitung der Forstproducte in ärarische Regie, führte zu diesem Zwecke eine stramme militärische Organisation des Forstschutz- und Holzhauerpersonals ein und regelte das bäuerliche Einforstungswesen. Durch alle diese Verbesserungen erwarb er sich das Vertrauen der dortigen Bevölkerung in solchem Grade, daß ihn die Bergstadt Idria im Revolutionsjahr 1848 zum Commandanten der Nationalgarde wählte und sogar zum Bürgermeister bestellen wollte.

Sein Stern sollte aber noch höher steigen. Im Frühjahr 1849 wurde [55] er auf Vorschlag des Ministers v. Thienfeld vom Kaiser in das neu gegründete Ministerium für Landescultur und Bergwesen nach Wien als Concipist berufen und dem Sections-, später Ministerialrath Rudolf v. Feistmantel als Hülfsarbeiter beigegeben. In dieser Stellung arbeitete er mit Feuereifer hauptsächlich an der Verwaltungsorganisation der Staatsgüter, sowie an der forstlichen Gesetzgebung, insbesondere an dem neuen Forstgesetz von 1852. Außerdem wurde er fast regelmäßig als Regierungscommissär in die Provinz gesendet, wenn es galt, Schwierigkeiten zu beseitigen, welche die Kraft der Provinzialbehörden überstiegen. So gelang ihm z. B. in den Alpenländern die Durchführung der Trennung der staatlichen Forstregie von jener der Berg- und Hüttenwerke, die Beseitigung von Auflehnungen gegen die Behörden in Einforstungs- und Triftangelegenheiten, die neue Einrichtung der Verwaltung und des Dienstes in Staatsdomänen (z. B. Wandhofen) u. dgl. m. Die Anforderungen des ministeriellen Dienstes veranlaßten ihn auch, Litteraturstudien zu machen und als Schriftsteller aufzutreten, wovon später die Rede sein wird.

Man hätte nun annehmen sollen, daß W., der nach so vielen Kreuz- und Querzügen, nach einer gleichsam zigeunerhaften Wanderzeit endlich in den Hafen der höchsten Landesculturbehörde eingelaufen war, seine Kräfte zu Gunsten der Allgemeinheit hier weiter verwenden würde, zumal er in diesem Falle bei seiner außerordentlichen Befähigung zweifellos noch höher gestiegen wäre! Allein sein unstetes Wesen, die Sucht, auf allen Gebieten als Reformator zu glänzen, ließen ihn nicht ruhen.

Im J. 1851 hatte sich der Verein für die Errichtung und Erhaltung der Mährisch-schlesischen Forstschule zu Aussee gebildet, und dieser verlangte W. zum Director der Anstalt und Verwalter des ihr vom Fürsten von Liechtenstein zugewiesenen Schulforstes. Nachdem W. die Annahme dieser Stellung zugesagt hatte, erwirkten die Repräsentanten der Anstalt bei dem Ministerium, daß er zur Uebernahme dieses Vertrauenspostens auf sechs Jahre beurlaubt wurde. Die neue Stelle trat W. im Sommer 1852 an. Er richtete die Forstschule nach seinen Ideen ein und übernahm bei Eröffnung derselben im Herbst die Vorträge über die Administrativfächer, die seine Domäne bildeten und in denen er daher reiche Erfahrungen besaß, sowie die Vorlesungen über Betriebseinrichtung und Taxation. Durch sein organisatorisches Talent und die Frische und Eleganz seines Vortrags erwarb er sich rasch Ansehen und Geltung.

Zum zweiten Male suchte ihn die Schweiz zu gewinnen, indem ihm 1854 die Uebernahme der ersten Professur und Leitung der forstlichen Abtheilung des neu gegründeten eidgenössischen Polytechnikums in Zürich angeboten wurde. Auch diesmal lehnte er aber ab, weil er bei Annahme des Rufes das österreichische Indigenat hätte aufgeben müssen, was seine Liebe zur angestammten Heimath nicht zuließ.

An der Mährisch-schlesischen Forstschule hatten sich die Verhältnisse inzwischen zum Verdruß von W. leider wesentlich verändert. Der Vorstand des Schulvereins huldigte feudalen Tendenzen und wollte nur eine möglichst beschränkte fachliche Ausbildung ertheilt wissen. W. hingegen vertrat freisinnige Grundsätze und war principiell für eine möglichst weitgehende intensive Bildung der Forstschüler. Nach dreijährigem Ringen mit dem reactionären Vorstand verließ er daher die Anstalt und nahm die Stelle eines Local-Domänendirectors und Oberforstmeisters an der eben zu Stande gekommenen k. k. privilegirten Staatseisenbahngesellschaft im Banate an, die – außer dem Pachte von Eisenbahnen – auch Staatsgüter (Bergwerke, Hüttenwerke und Forste) [56] von 40 Meilen Fläche erworben hatte. Nachdem seiner an die Uebernahme der Stelle geknüpften Bedingung, daß die Verwaltung und Verrechnung der Domänen und Forste selbständig, d. h. völlig getrennt von der des Montanums erfolgen müsse, entsprochen worden war, begab er sich im Sommer 1855 auf seinen neuen Posten nach Oravicza in das ungarische Banat. Sein großartiges Organisationstalent, wobei er stets nur die Hauptpunkte ins Auge faßte, nach großen Gesichtspunkten handelte und alles Kleinliche bei Seite ließ, bewährte sich auch hier in glänzender Weise. Er organisirte sofort die ganze Domänenverwaltung nach seinen Ideen und regelte die Wirthschaft nach rationellen Grundsätzen, was schon deshalb mit besonderen Schwierigkeiten verknüpft war, weil der größte Theil der Beamtenstellen mit Männern aus anderen Provinzen besetzt werden mußte. Hierbei fanden viele Abiturienten der Mährisch-schlesischen Forstschule Verwendung. Auch später bildeten die Zöglinge dieser Anstalt vorzugweise den jüngeren Beamtennachwuchs für die betreffende Verwaltung. Die übermäßigen Anstrengungen und seelischen Conflicte, denen W. während dieser verschiedenen dienstlichen Stellungen ausgesetzt war, übten schließlich, was nicht zu verwundern war, einen nachtheiligen Einfluß auf seine sonst kräftige Körperconstitution aus. Im Sommer 1857 zog er sich sogar einen gefährlichen Blutsturz zu, der ihn zwang, für den Winter bis zur Herstellung seiner Gesundheit nach dem warmen Süden überzusiedeln. Er wählte das ihm von seiner früheren Amtirung her bekannte und schon damals ans Herz gewachsene Venetien zum Aufenthalt und verfaßte hier, da er nicht unthätig sein konnte, u. a. den vortrefflichen Aufsatz: „Die beweglichen Triftrechen, insbesondere die Bockrechen in den italienischen Alpen Oesterreichs“ (Supplemente zur Allgemeinen Forst- und Jagd-Zeitung, 4. Bd., 1863, S. 1). Da die Aerzte nach seiner Rückkehr das weitere Verbleiben im localen Verwaltungsbetrieb für unzulässig erklärten, löste der Verwaltungsrath der Gesellschaft die Localdirection in Oravicza auf und vereinigte deren Geschäfte mit denen der Domänen- und Bergwerksabtheilung der Centraldirection in Wien. W. siedelte infolgedessen (1858) in die österreichische Hauptstadt über und wurde hier der Centraldirection als Generalinspector für Domänen und Bergwerke beigegeben. Sein Hauptwerk in dieser Stellung war die Katastrirung des gesammten Güterbesitzets. Dieses Kataster, welchem ein mit Uebersichtskarten ausgestattetes statistisches Generalgemälde des ganzen Domänengebiets und des darin liegenden Grundeigenthums mit seinen Rechten und Verpflichtungen beigegeben war, faßt alles Hierhergehöriqe zusammen und schildert Land und Leute, Natur und Wirthschaft, sowie alle den Domänenbetrieb beeinflussenden Verhältnisse so eingehend, daß hierdurch ein ausgezeichneter Behelf für die fortlaufende Verwaltung und ein vorzügliches Einführungswerk für neu eintretende Beamte erlangt wurde. Mit der im Vorsommer 1865 von der Staatseisenbahngesellschaft vorgenommenen Reorganisation ihres Montan- und Güterwesens war aber W. nicht einverstanden, weil hierdurch die Verrechnung der Domänen- und Bergwerksabtheilung – gegen seinen schon früher wohlbegründeten Widerspruch – wieder zusammengeworfen wurde. Er bat daher die Direction um Enthebung vom Dienste, welche ihm in der Mitte des Jahres gewährt wurde. Seinen Titel als Generalinspector behielt er jedoch bei. Er schied mit der Absicht aus, keine neue Dienststelle zu übernehmen, sondern als freier Mann für die Interessen des Vaterlandes und seiner Bodencultur nach eigener Ueberzeugung auf Grund seiner langjährigen, gereiften Erfahrungen auf diesem Gebiete zu wirken. Der Plan, ganz nach freiem Ermessen und unabhängig von ihm übertragenen Geschäften [57] zu leben, kam aber wegen seiner außerordentlichen Befähigung und Brauchbarkeit doch nicht zur Ausführung, wie aus Folgendem hervorgeht.

Im Winter 1865/66 übernahm er im Auftrag der Niederösterreichischen Landwirthschaftsgesellschaft die Besorgung der forstlichen Abtheilung der großen Agriculturausstellung, die 1866 im Prater stattfand. Für die in dieser Beziehung entwickelte Thätigkeit wurde ihm das Ritterkreuz des Franz Josephordens verliehen. 1867 wurde er von der Regierung zum Commissär für die Oesterreichisch-Ungarische Ausstellung bei der Weltausstellung in Paris ernannt und daselbst zum Obmann der forstlichen Abtheilung der internationalen Jury gewählt. Die ihm übertragenen Functionen besorgte er in so vorzüglicher Weise, daß ihm die goldene Medaille für Wissenschaft und Kunst zu Theil wurde.

Inmitten seiner Pariser Thätigkeit erfolgte seine Ernennung zum Director der zu einer Forstakademie erhobenen alten Forstlehranstalt Mariabrunn, wohin er schon im Herbst 1867 übersiedelte. Die Ausführung der decretirten Reform war eine große Aufgabe. Aber das warme Interesse von W. für das forstliche Unterrichtswesen und seine Neigung zu organisatorischen Arbeiten bewogen ihn, sich denselben zu unterziehen. Ausschlag gebend waren auch die Umstände, daß die maßgebenden Mitglieder des Ministeriums den von ihm entworfenen Umgestaltungsplan gebilligt, ihm das Festhalten hieran zugesagt und zugleich für die auf sechs Jahre veranschlagte Durchführungsperiode der Reform weitgehende Befugnisse zugestanden hatten. Unter seiner Leitung ging die Reform rasch und gut von statten. Er selbst hatte auch hier die Vorträge über die administrativen Lehrfächer übernommen. Im dritten Jahre seiner Thätigkeit wechselten aber die Machthaber im Ackerbauministerium und hiermit auch die Ansichten über die Zweckmäßigkeit des seither eingehaltenen Systems. Hierzu kamen Klagen der Lehrer über den von seiner Seite ausgeübten directorialen Satteldruck. Die Differenzen mit dem Lehrercollegium nahmen mehr zu, als ab. Alle diese Verhältnisse zusammen bewirkten, daß er im J. 1870 – nach Durchführung des erst halben Reformwerks – abermals von einer Stellung im öffentlichen Dienste zurücktrat. Seine Wirksamkeit für die Allgemeinheit hörte aber deshalb noch nicht auf, da er wiederholt officielle Functionen übernahm, um deren Durchführung er ersucht wurde.

In dieser Beziehung sind beispielsweise zu nennen: die Constatirung und Verwerthung der großen und werthvollen Eichenaltholz-Ueberschüsse Slavoniens sowie die Vorschläge zur Aufforstung der dem Militärärar gehörigen Banater Sandwüste. Die gründliche Erledigung dieser beiden Arbeiten erforderte die Bereisung der bezüglichen Forste und Gegenden, welcher sich W. unterzog. Ende 1871 übernahm er das Arrangement der Ausstellung des Ungarischen Forstwesens auf der Wiener Weltausstellung, wobei er großes Verständniß für die fachliche Inscenirung und zugleich Geschmack entfaltete. Im J. 1874 erhielt er den Auftrag des commandirenden Generals Freiherrn v. Mollinary, den kroatisch-slavonischen Karst zu studiren und Vorschläge bezüglich dessen Wiederbewaldung zu machen. Für die gleichfalls auf Grund persönlicher Inaugenscheinnahme bewirkte Durchführung dieser Aufgabe erhielt er den Orden der Eisernen Krone III. Classe, womit die Erhebung in den erblichen Ritterstand verbunden ist.

Neben allen diesen mannichfachen Beschäftigungen in den verschiedensten dienstlichen Stellungen nahm W. auch lebendigen Antheil am forstlichen Vereins- und Zeitschriftenwesen. Er gehörte mit zu den drei Begründern des Oesterreichischen Reichsforstvereins (1849). Nachdem er dauernd nach Wien übergesiedelt war, trat er in das Directorium und später in das Präsidium [58] dieses Vereins ein und bekleidete das Amt eines zweiten Präsidenten von 1860 bis 1878. Die Redaction der Vereinsschrift (Oesterreichische Monatsschrift für Forstwesen) führte er von 1862 ab. In diese Zeitschrift lieferte er zahlreiche und werthvolle Beiträge, insbesondere Leitartikel über forstliche Tagesfragen. Seine Feder griff in alle Gebiete der österreichischen Forstpolitik ein. Mit besonderer Vorliebe behandelte er die Angelegenheiten des Holzhandels, der Industrie und des Aktienwesens auf forstlichem Gebiete, was ihn bei seinem schneidigen Wesen wiederholt in Conflicte mit dem Verein brachte, die schließlich seinen Rücktritt von der Redaction (1882) zur Folge hatten. (Vom 1. Juli 1882 ab ging die Monatsschrift unter der Bezeichnung „Oesterreichische Vierteljahresschrift für Forstwesen“ an Robert Micklitz als Redacteur über.) Ferner betheiligte er sich an der Gründung des Ungarischen Forstvereins (1851) und an dessen späterer Umgestaltung (1861). Von 1860 bis 1865 fungirte er auch in diesem Vereine als zweiter Präsident.

Sein gesundheitlicher Zustand zwang ihn schließlich, ganz vom öffentlichen Leben zurückzutreten, namentlich von solchen Veranstaltungen, die lautes Sprechen verlangten. Nachdem 1877 abermals ein Blutsturz eingetreten war, legte er sein Amt als Vorsitzender des Reichsforstvereins 1878 nieder und zog sich 1883 ganz in das Privatleben zurück. Einen großen Theil seiner Muße verbrachte er auf einem kleinen Landsitze in Klosterneuburg bei Wien. Die Thätigkeit war ihm aber auch hier noch Bedürfniß. Er beschäftigte sich immer noch mit Vorliebe mit dem Güter- und Forstwesen vom socialen Standpunkt aus im Hinblick auf die österreichischen Verhältnisse. Den Plan, seine Biographie in zwei Theilen zu schreiben, von denen der erste bloß auf das Persönliche sich beziehen, während der zweite sein öffentliches und fachliches Wirken schildern sollte, scheint nicht zur Ausführung gelangt zu sein. Dies ist entschieden zu bedauern, weil durch diese Unterlassung werthvolle Rückblicke und geistreiche Vorblicke, die mancherlei Anregung gegeben haben würden, nicht zur Kenntniß der Epigonen gelangt sind.

Große Ehrungen durch Gratulationen, Adressen von Vereinen und Privaten, insbesondere von seinen früheren Hörern aus allen Kronländern der großen Monarchie, sowie sonstige Zeichen von Verehrung wurden W., dem Nestor der österreichischen Forstmänner, dem „forstlichen Humboldt“, wie er von Manchem genannt wurde, am 6. März 1894 zu Theil, an welchem Tage er sein 80. Lebensjahr zu verleben das Glück hatte. Mit vollem Recht! Denn er hatte alle ihm gewordenen Auszeichnungen durch sein Streben und Wirken für Oesterreichs Wohlfahrt, durch sein Wollen und Handeln für das allgemeine Wohl reichlich verdient.

Nach drei Seiten hin hat W. fruchtbringend, sogar bahnbrechend gewirkt: in der österreichischen Staatsforstverwaltung, im Lehrfach und als Schriftsteller.

Von energischem, stürmischem, zu Reformen geneigtem Naturell hat er sich in erster Linie um die Hebung der österreichischen Forstwirthschaft nach allen Richtungen hin, um ihre Befreiung von dem Drucke vormärzlicher Ueberlieferungen und um die moderne Ausgestaltung aller forstlichen Einrichtungen große Verdienste erworben. Was er als richtig erkannt hatte, vertrat er mit Feuereifer und großer Energie. Die rücksichtslose Kritik aller öffentlichen Zustände, die ihm nicht zusagten, war seine stärkste Seite, zumal, wenn es galt, die Standesinteressen der Forsttechniker zu fördern. Er besaß selbst ein scharf ausgeprägtes Selbstbewußtsein, übertrug dieses aber überhaupt auf die forstlichen Fachkreise. Seiner Ueberzeugung, die ihm über alles ging, [59] opferte er sogar einige Male seine Stellung, mochte sie auch noch so glänzend sein, wie aus der Schilderung seines Lebensganges hervorgeht.

Auch als Organisator des forstlichen Unterrichts hat dieser genial angelegte, rastlos thätige Mann Großes geleistet. Während seiner Lehrthätigkeit als Director von Mariabrunn verstieg er sich zwar, wenn er Widerstand bei seinen Collegen fand, durch sein ungestümes Vorwärtsdrängen oft zu unnöthiger Schärfe. Allein seinen Reformideen lagen doch stets große und zugleich praktische Gesichtspunkte zu Grunde, für welche kleinlichen, pedantischen und zaghaften Naturen das richtige Verständniß leicht abgeht. Es liegt außerdem im Wesen jeder Herrschernatur, daß sie zur Schärfe geneigt ist. Besondere Erwähnung verdient hier noch, daß er durch seine rastlose Betriebsamkeit großartige Sammlungen von Lehrmitteln jeder Art (Geräthe, Instrumente, Modelle, Naturobjecte etc.) zu Stande brachte. Als Lehrer erfreute er sich der vollen Verehrung und Zuneigung seiner Hörer. Er war ein Meister der Rede, der es vortrefflich verstand, die forstliche Jugend mächtig anzuregen und für ihr Fach zu begeistern. Selbst einen spröden statistischen Stoff mit vielen Zahlen wußte er interessant zu gestalten.

Gleiche Befähigung zeigte er auch als Schriftsteller. Als scharfer Denker, klarer Kopf und zugleich eleganter Darsteller behandelte er schwierigere forstliche Fragen selbst für das große allgemeine Publicum in verständlicher Fassung und anregender Form. Man kann im Hinblick auf diese Eigenschaften wohl behaupten, daß er unter den forstlichen Schriftstellern Oesterreichs den ersten Rang einnimmt. Seine selbständigen Werke und Abhandlungen in der Zeitschriftenlitteratur beziehen sich vorwiegend auf die forstlichen Administrativfächer (Forstpolitik, Forststatistik, Forstverwaltung etc.); jedoch schrieb er auch über Gegenstände der forstlichen Productionslehre. Nachstehend folgt ein chronologisches Verzeichniß über seine Werke:

„Die Oesterreichischen Alpenländer und ihre Forste“, 2 Theile (1858). I. Theil: Die Natur, das Volk, seine Wirthschaft und die Forste der Oesterreichischen Alpenländer. II. Theil: Forststatistik der österreichischen Kronländer Kärnthen, Krain, Salzburg, Steiermark, Tirol und Vorarlberg; „Dienstunterricht für die öffentlichen Forst- und Jagdwachen des österreichischen Kaiserstaates. Eine Schrift für Forst- und Gutsbeamte, Wald- und Jagdbesitzer, Gerichts- und politische Beamte, Forst- und Jagdaufseher etc.“ (1855; zweite Auflage 1868); „Die Einrichtung des Forstdienstes in Oesterreich in seinem Zusammenhange mit der Domänen-, Montan- und Finanzverwaltung. Ein Buch für Güterbesitzer, Forstwirthe, höhere Domänen-, Montan- und Finanzbeamte“ (1861; neue wohlfeile Ausgabe 1866); „Die Verrechnung der Urproduction (Land-, Forst-, Berg- und Domänenwirthschaft)“ (1869 oder 1870); „Der Europäische Flugsand und seine Cultur“ (1872); „Die Bodencultur Oesterreichs. Im Auftrage des k. k. Ackerbauministeriums“ (1873, gemeinschaftlich mit J. R. Lorenz); „Das Karstgebiet Militärkroatiens und seine Rettung, dann die Karstfrage überhaupt“ (1877); „Das Futterlaub, seine Zucht und Verwendung“ (1877); „Gedanken über unsere forstliche Unterrichtsfrage“ (1880); „Forstliches Jahrbuch für Oesterreich-Ungarn“ (1880, 1881 und 1882). In diesem umfassend angelegten Werke gedachte W. eine österreichische Landeskunde für die Interessenten des Forstwesens zu schaffen. Im ersten Jahrgang ist die österreichische Monarchie als Ganzes behandelt (1880). Im zweiten und dritten Jahrgang sind die Donauländer (Ober- und Niederösterreich mit Wien) dargestellt (1881 ff.). Die weitere Fortsetzung dieses Unternehmens, durch welches der Cultur ein bisher noch wenig bebautes Feld von großer Fruchtbarkeit eröffnet wurde, mußte leider wegen mangelnder [60] Unterstützung unterbleiben. „Oesterreichs Jagdrecht, seine morschen Stellen und seine zeitlich beste Reform mit Beginn 1890.“ Außerdem gab er das Hauptwerk von Leopold Grabner: „Grundzüge der Forstwirthschaftslehre“, zwei Bände in 3. Auflage, und zwar beide Bände zusammen, heraus (1866). – Von der Aufzählung der zahlreichen Abhandlungen und Mittheilungen in der forstlichen Journallitteratur, in Berichten der Wiener Handelskammer u. s. w. muß mit Rücksicht auf den uns zu Gebote stehenden Raum abgesehen werden.

W. gehört mit zu den Koryphäen unter den österreichischen Forstmännern. Sein Name ist daher mit der Geschichte des österreichischen Forstwesens untrennbar verknüpft. Seine sterbliche Hülle liegt – seinem Wunsche gemäß – auf dem Friedhofe zu Mariabrunn; er wollte an der Stätte ruhen, welcher er seine beste Kraft als Bildner der akademischen Jugend gewidmet hatte.

Am 2. April 1901 erschien ein von zahlreichen Notabilitäten unterzeichneter Aufruf zur Errichtung eines Denkmals für Joseph Wessely (und eines zweiten für Robert Micklitz). Beide auf dem Linnéplatz unmittelbar vor dem Gebäude der k. k. Hochschule für Bodencultur errichteten Denkmäler wurden am 16. Mai 1908 unter großartiger Theilnahme enthüllt. Sie sind vorzüglich gelungen und ein schönes Zeugniß dafür, wie hoch man in Oesterreich verdiente Forstmänner ehrt.

G. von Schwarzer, Biographien etc., S. 27. – Allgemeine Forst- und Jagd-Zeitung, 1882, S. 33 (Biographie); 1898, S. 414 (Todesnachricht); 1899, S. 96, hier 98 (Forstliches aus dem Jahre 1898). – Forstwissenschaftliches Centralblatt, 1882, S. 493 (Rücktritt von der Redaktion der Oesterreichischen Monatsschrift für Forstwesen); 1899, S. 64 (Todesnachricht); 1899, S. 175 (Joseph Wessely und Robert Micklitz). – Centralblatt für das gesammte Forstwesen, 1885, S. 34 (Biographie mit Porträt); 1888, S. 268, hier 274 (der „Berühmteste“ und die „Aeltesten“ aus der Forstlehranstalt Mariabrunn. Kurze Biographie mit Bild, von Dimitz); 1894, S. 132 (80. Geburtstag); 1894, S. 180 (Achtzigster Geburtstag, von B); 1898, S. 511 (Forstliche Trauertage, betr. das Ableben, von β); 1901, S. 235 (Wessely-Micklitz-Denkmäler). – Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen, 1899, S. 114 (Nekrolog); 1899, S. 365 (Kurzer Nekrolog, von Laspeyres). – Die mährisch-schlesische Forstlehranstalt Aussee-Eubenberg während ihres ersten Vierteljahrhunderts. Denkschrift von Fr. Kraetzl. Olmütz, 1877, S. 48. – Verhandlungen der Forstwirthe von Mähren und Schlesien, 1894, S. 170 (80. Geburtsfest mit Porträt, von K.); 1898, S. 414 (Todesanzeige und Bericht über die Leichenfeier, von Fr. Kraetzl; 1901, S. 171 (Aufruf zur Gründung eines Denkmals); 1905, S. 53 (Wessely- und Micklitz-Denkmäler). – Oesterreichische Vierteljahresschrift für Forstwesen, 1894, S. 93 (Mittheilung über die Feier des 80. Geburtstages mit Bild); 1898, S. 209 (Todesanzeige); 1898, S. 346 (Nekrolog); 1901, S. 129 (Denkmäler für Joseph Wessely und Robert Micklitz, Aufruf), S. 223 (Beiträge für die Wessely-Micklitz-Denkmäler), S. 469 (desgl., zweiter Ausweits); 1902, S. 83 (desgl., dritter Ausweis); 1905, S. 85 (Wessely- und Micklitz-Denkmäler). – Oesterreichische Forst-Zeitung, 1894, Nr. 9 (Biographie mit Porträt). – Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen, 1898, S. 362 (kurzer Nekrolog). – Centralblatt für das gesammte Forstwesen, 1908, S. 132 (Denkmäler für Wessely und Micklitz, von Dr. L. Dimitz). – Oesterreichische Vierteljahresschrift für Forstwesen, 1908, S. 191 (Enthüllung der Denkmäler); Centralblatt für das gesammte Forstwesen, [61] 1908, S. 308 (desgl.); Allgemeine Forst- und Jagd-Zeitung, 1908, S. 332 (desgl.); Forstwissenschaftliches Centralblatt, 1908, S. 503 (desgl.).