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Artikel „Micklitz, Robert“ von Richard Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 384–387, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Micklitz,_Robert&oldid=- (Version vom 26. Dezember 2024, 04:43 Uhr UTC)
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Micklitz: Robert M., Forstmann; geboren am 24. Februar 1818 in Deutsch-Paulowitz (Oesterreichisch-Schlesien), † im 81. Lebensjahre am 24. October 1898 in Wien. Nach Absolvirung des Gymnasiums in Troppau bestand er einen praktischen Vorcursus zunächst unter Liebich’s Leitung (in Prag und Niemes-Wartenberg), dann bei dem Forstmeister Sternitzky (in Chřelitz) und zuletzt bei dem Forstverwalter Knapp (in Gläsendorf). Hierauf folgte ein zweijähriges Studium (1838–1840) an der k. k. Forstlehranstalt zu Mariabrunn. Seine praktische Thätigkeit begann er bei dem Waldamte der Olmützer fürsterzbischöflichen Herrschaft Keltsch. Vom 10. October 1842 bis 15. October 1843 fand er Verwendung als Forstamtsschreiber auf den Olmützer Capitulargütern und dann bis September 1844 als Revierjäger auf der Breslauer Bisthumsherrschaft Freiwaldau. Vom 1. Januar 1845 ab bekleidete er die Stelle als Oberförster der Herrschaft Hostalkov (Mähren); im November 1847 trat er als Forstmeister in die Dienste der Herrschaft Laas mit Schneeberg (Krain), und am 1. Juni 1850 übernahm er die Forstmeisterstelle in Kadolz (Niederösterreich). Der Ruf der Tüchtigkeit in theoretischer und praktischer Beziehung, den er sich in allen diesen Stellungen erworben hatte, veranlaßte 1852 seine Anstellung zum zweiten Professor der Forstwissenschaft an der vom Mährisch-Schlesischen Forstschulverein neu gegründeten Forstschule zu Aussee (Mähren). Hier docirte er vom 1. Juli 1852 ab bis 1855, um dann einer Berufung an die ebenfalls neu errichtete Forstschule zu Weißwasser (Böhmen) Folge zu leisten. Schon nach vier Jahren (1859) kehrte er aber, und zwar als Director und erster Professor der Forstwissenschaft, an die Mährisch-Schlesische Forstschule nach Aussee zurück und siedelte mit ihr nach Eulenberg über, wohin die Anstalt – wol vorwiegend auf seine Anregung – verlegt worden war. Einen 1868 an ihn ergangenen Ruf als o. ö. Professor der Forstwissenschaft an die Universität Gießen – als Nachfolger des an die Forstakademie Münden berufenen Professors Dr. Gustav Heyer – lehnte er aus Anhänglichkeit an sein Vaterland ab. Neben seiner lehramtlichen Thätigkeit [385] in Eulenberg führte er zugleich die Oberleitung mehrerer großer Privatforste, blieb daher, was ihm in seiner Stellung als Docent sehr zu statten kam, in fortwährender Fühlung mit der forstlichen Praxis.

Seine ausgedehnten Localkenntnisse der forstlichen Verhältnisse des ganzen Kaiserstaates in Verbindung mit seiner gründlichen theoretischen Fachbildung und seinem vorzüglichen praktischen Blick, wo es sich um Mißstände und Verbesserungen handelte, veranlaßten das österreichische Ackerbauministerium im Herbst 1872 zu der Anfrage, ob er geneigt sei, als forsttechnischer Referent in dieses mit der Leitung der Staatsforstwirthschaft betraute Ministerium einzutreten. Nachdem sich M. zur Annahme dieser Stelle bereit erklärt hatte, wurde er am 24. October 1872 zum Oberlandforstmeister mit dem Range eines Ministerialrathes ernannt. Ende März 1873 siedelte er nach Wien über, um seine neue Stelle anzutreten. Obschon ihm diese sehr viel Arbeit verursachte, zumal da er gleichzeitig noch verschiedene Nebenämter bekleidete (er betheiligte sich an den Arbeiten der Weltausstellungs-Jury, der Grundsteuer-Regulirungscommission, der Eisenbahntarif-Enquete, der Wiener Flußregulirungscommission etc.), so übernahm er doch im Cursus 1875/6, auf Wunsch des Ackerbauministers Grafen Mannsfeld, auch noch die Vorträge über Forstbetriebseinrichtung und Forsthaushaltungskunde an der k. k. Hochschule für Bodencultur in Wien. Ende 1884 trat er infolge vorgerückten Alters und eines andauernden Augenleidens in den Ruhestand. Auch die schweren Schicksalsschläge, die ihn in rascher Folge trafen – der Tod seiner Gattin und mehrerer Kinder – mögen für seinen Rücktritt mit bestimmend gewesen sein. Er nahm seinen Aufenthalt zunächst in Hietzing, später in Mödling, zog aber zuletzt wieder nach Wien, wo er den Rest seiner Tage in beschaulicher Muße verlebte. Schon während seiner Dienstzeit waren ihm Ehrungen verschiedener Art (Ordensauszeichnungen, Ernennung zum Ehrenmitglied verschiedener Vereine, insbesondere des Mährisch-Schlesischen Forstvereins etc.) zu Theil geworden. Eine besonders ehrenvolle und ihn daher hocherfreuende Kundgebung wurde ihm namentlich bei seinem Austritt als Chef der österreichischen Forstverwaltung durch die Ueberreichung eines prachtvoll ausgestatteten Albums von Seiten der Staatsforstbeamten bereitet.

M. fühlte sich am wohlsten in seinem früheren Beruf als Lehrer. Obgleich seine Rednergabe nicht glänzend war, verstand er es doch vortrefflich, seine Schüler in die von ihm vertretenen Fachzweige einzuführen und zu tüchtigen Praktikern heran zu bilden.

Um die Entwicklung des österreichischen Staatsforstwesens, dessen Förderung er sich in streng methodischer Weise consequent angelegen sein ließ, hat er sich große und bleibende Verdienste erworben. Er griff insbesondere in die Geschäftszweige der Forsteinrichtung und des Culturwesens glücklich und erfolgreich ein, regelte das veraltete forstliche Staatsprüfungswesen und trug zur Verbesserung der materiellen und socialen Stellung der Staatsforstbeamten bei, wodurch deren Corpsgeist und Dienstfreudigkeit gehoben wurden.

Außerdem entwickelte er auch als forstlicher Schriftsteller eine rühmliche Thätigkeit. Von selbständigen Schriften sind zu erwähnen: „Forstliche Haushaltungskunde oder Darstellung des Forstorganismus nach seinen Zwecken und Aufgaben in seiner Begründung und Wirksamkeit“. Mit vorzugsweiser Rücksicht auf Oesterreich bearbeitet“ (1859, 2. Aufl. 1880); „Forst-Schematismus für Mähren und Schlesien oder vollständiges Verzeichniß des gesammten Forst- und Jagdpersonals in beiden Kronländern, nebst Angabe der Güterbesitzer, Waldflächen und Organisation“ (1861, gemeinschaftlich mit Professor Ed. Lemberg [386] herausgeben); „Beleuchtung der Grundsätze und Regeln des rationellen Waldwirthes von M. R. Preßler, unternommen vom praktischen Standpunkte; zugleich Nachweis zum Theil irrig oder unbillig entwickelter, einflußübender Waldwerthe“ (1861, gemeinschaftlich mit seinem Bruder Oberforstmeister Julius Micklitz herausgegeben); „Die Verordnung für die forstlichen Staatsprüfungen in Oesterreich nach dem an der k. k. Forstakademie zu Mariabrunn neu verfaßten Entwurfe dargestellt und kritisch besprochen“ (1869); „Bericht über den forstlichen Theil der Wiener Weltausstellung“ (1873) und „Beiträge zur Pensionsstatistik der land- und forstwirthschaftlichen Beamten“ (1883). Sein hervorragendstes Werk ist jedenfalls die „Forsthaushaltungskunde“. Dasselbe ist überhaupt die erste ausführliche Schrift über diese forstliche Disciplin, deren Bearbeitung durch einen österreichischen Fachgenossen deshalb von besonderem Werth ist, weil man gerade in Oesterreich auf verhältnißmäßig kleinen Territorien außerordentlich verschiedene Wirthschaften und Wirthschaftsführungen antrifft. Das System des Buches ist vollständig und logisch geordnet. Das Uebergreifen in die eigentliche forstliche Technik ist im allgemeinen mit großem Geschick vermieden. Die Darstellung ist streng wissenschaftlich gehalten und erschöpfend. Der Tendenz des Verfassers, daß der Schwerpunkt des Forsthaushalts nicht in Acten und Tabellen liegen dürfe, sondern im Walde zu suchen sei, wird man freudig zustimmen. Obschon das Buch auf die österreichischen Verhältnisse zugeschnitten ist, so dürfte die Mehrzahl der in ihm niedergelegten Grundsätze, Regeln und Winke doch auch für die deutschen Forsthaushalte Gültigkeit beanspruchen. Die gediegene und anregend wirkende Schrift fand daher auch in Deutschland eine sehr günstige Aufnahme und weite Verbreitung.

Außerdem betheiligte sich M. auch durch Abhandlungen, Referate und Mittheilungen fleißig an der forstlichen Journal-Litteratur. Als besonders werthvoll sollen hier nur die beiden Aufsätze: „Ueber Holzhauerwerkzeuge“ (Supplemente zur Allgemeinen Forst- und Jagdzeitung, 2. Band, 1860, S. 144–154) und „Nachträgliche Beobachtungen über die Leistungsfähigkeit verschiedener Holzhauerwerkzeuge“ (daselbst, S. 154–159, gemeinschaftlich mit seinem Bruder Julius Micklitz veröffentlicht) hervorgehoben werden, weil sie die ersten größeren exacten Versuche auf dem Gebiete der Statik der Holzfällungsgeräthe sind.

Auch als Redacteur forstlicher Jahrbücher und Zeitschriften war er thätig. Von 1859 bis 1870 redigirte er den „Forst- und Jagdkalender für Oesterreich“. Mit Gustav Hempel gab er 1875 und 1876 die beiden ersten Jahrgänge des „Centralblatt für das Gesammte Forstwesen“ heraus, dessen Redaction von 1877 ab Hempel allein besorgte. Von 1882 bis Ende 1883 redigirte er auch die „Oesterreichische Monatsschrift [jetzige Vierteljahresschrift] für Forstwesen“.

Die Grundzüge seines Wesens waren Bescheidenheit, Güte und Wohlwollen; sein Charakter war höchst ehrenwerth. Seinen Schülern blieb er auch über die Schulzeit hinaus ein treuer Berather und warmfühlender Freund. Das Reformwerk, welches er im Verein mit anderen hervorragenden Männern als Leiter des Staatsforstwesens durchführte, wurde in der ihm vom Ministerialrath Dimitz gehaltenen Grabrede als ein Markstein in der Geschichte des österreichischen Staatsforstwesens bezeichnet, von welchem ab ein radicaler Umschwung in der Verwaltung und Bewirtschaftung der österreichischen Staatsforste ausgegangen sei, der namentlich auch die volle Gleichstellung der Staatsforsttechniker mit allen anderen Beamten, welche der akademischen Vorbildung als Grundlage bedürfen, zur Folge gehabt habe.

[387] Am Vereinswesen nahm er lebhaften Antheil. Durch sein ruhiges, überlegendes Wesen förderte er den Gang der Verhandlungen, insbesondere beim Auftreten von Meinungsverschiedenheiten, und sein gesellschaftliches Naturell trat belebend in die Schranken bei den der Erholung gewidmeten Zusammenkünften der Grünröcke.

Die allgemeine Liebe und Verehrung für M., den Altmeister im österreichischen Forstwesen, gab sich bei seiner Bestattung auf dem Friedhofe zu Hietzing (am 26. October 1898) in ergreifender Weise kund.

Im J. 1900 wurde von seinen Schülern und Verehrern die Idee angeregt, ihm ein Denkmal zu errichten, welche allgemeinen Anklang fand. Ein am 14. Februar 1901 von dem vorbereitenden Comité beschlossener Aufruf zu Beiträgen für die Errichtung von zwei Denkmälern (Micklitz und Wessely) hatte Beiträge aus allen Ländern der österreichisch-ungarischen Monarchie und auch aus Deutschland zur Folge. Zur Zeit ist jedoch die Errichtung des Denkmals, welches an der Hochschule für Bodencultur in Wien seinen Platz finden soll, noch nicht erfolgt.

G. von Schwarzer, Biographien, S. 19. – Fr. v. Löffelholz-Colberg, Forstliche Chrestomathie, III, 1, S. 723, Bemerkung 836 bb; IV, S. 48, Nr. 2301b und S. 236, Nr. 2858; V, S. 124, Anmerkung 21; S. 125, Anmerkung 22 und S. 128, 4. – Monatschrift für das Forst- und Jagdwesen, 1873, S. 145 (Berufung zum Oberlandforstmeister, von A. Buchmayer). – Forstliche Blätter, N. F., 1885, S. 72 (Eintritt in den Ruhestand). – Forstwissenschaftliches Centralblatt, 1885, S. 247 (Kurze Skizze aus Anlaß der Versetzung in den Ruhestand), S. 496 (Ovation); 1899, S. 64 (Todesnachricht), S. 175 (Nekrolog); 1901, S. 490 (Denkmal). – Centralblatt für das gesammte Forstwesen, 1883, S. 52 (Biographische Notiz mit Porträt); 1885, S. 41 (Rücktritt), S. 232 (Abschiedsgruß); 1894, S. 37 (Ovation); 1898, S. 142 (Feier des 80jährigen Geburtstages), S. 511 (Forstliche Trauertage, das Ableben von Wessely und Micklitz betreffend); 1901, S. 235 (Aufruf zur Errichtung eines Denkmals). – Allgemeine Forst- und Jagd-Zeitung, 1898, S. 414 (Todesnachricht); 1899, S. 96, hier S. 99 (Lebensgang). – Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen, 1899, S. 174 (Nekrolog) und S. 364 (Forstliche Totenliste für das Jahr 1898). – Kraetzl, Die Mährisch-Schlesische Forstlehranstalt Außee-Eulenberg während ihres ersten Vierteljahrhunderts, 1877, S. 52. – Mittheilungen des Niederösterreichischen Forstvereins an seine Mitglieder, 1885, 1. Heft, S. 46. – Verhandlungen der Forstwirthe von Mähren und Schlesien (1898, 4. Heft, S. 418, Nekrolog, von Fr. Kraetzl). – Oesterreichische Vierteljahresschrift für Forstwesen, N. F., XVI. Band, 1898, S. 209 (Todesnachricht) und S. 351 (Nekrolog). – Schweizerische Zeitschrift für Forstwesen, 1898, S. 404 (Kurzer Nekrolog).