ADB:Wengen, Burkart von
*): von W., schweizerischer Liederdichter aus einem ursprünglich edelfreien Geschlecht, das dann verarmte und erst den Grafen von Toggenburg, zuletzt dem Kloster St. Gallen dienstbar wurde; ihr Burgsitz stand „über dem rechten Murgufer in dem heutigen thurgauischen Dorfe Wängi oberhalb Frauenfeld“. Der Dichter war ziemlich sicher Burkart v. W., 1258–73 zu belegen, 1296 bereits todt. Erhalten sind von ihm (nur in der Heidelberger Sammlung) sieben lehrhafte Strophen; eine achte, die sonst den Fahrenden Stolle und Hardegger zugewiesen wird, spricht ihm Roethe (gegen Bartsch’s Zweifel) mit Recht ab. – Wir haben eine kräftige, in den localen Verhältnissen wurzelnde, dichterisch mäßig begabte Persönlichkeit vor uns. Wie der damalige Abt von St. Gallen ist W. – unter allen deutschen Spruchdichtern allein – eifriger Parteigänger des Papstes und Anhänger Heinrich’s Raspe (1246); er preist in einem Schmeichelspruch den Dichter und Dichtergönner Walther von Klingen, ermahnt aber auch die Thurgauer an den bedrängten Grafen von Kiburg treulich festzuhalten. Ritterlichkeit steht ihm überhaupt vor weltlichem Ansehn und denen die reich sind, aber nicht ritterlich, will er von den rechten Rittern den Gruß verweigert wissen. Ein armer Ritter, der die Romantik an Artus’ Hof und die archaistische Minnewelt Klingen’s der realistischen Zeit gegenüber bevorzugt, den aber vor den Irrwegen der Ulrich von Liechtenstein oder Fouqué die schweizerische Nüchternheit bewahrt, erhofft er von dem neuen König, der wieder wie der Mond von der geistlichen Sonne sein Licht nimmt, eine neue Zeit; aber er verkündet sie in ziemlich trockenen, reim- und bilderarmen Strophen und kommt in seiner Technik in schlimme Nähe mittelmäßiger Fahrender.
Wengen- Text: in Bartsch, Schweiz. Minnesinger, S. 84 f. – Litteratur: ebd. S. LXI; v. d. Hagen, MS. 4, 458; Bächtold, Gesch. d. d. Lit. in der Schweiz. S. 152; Roethe, Reinmar von Zweter, S. 180.
*) Zu Bd. XLI, S. 720.