Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Weimann, Daniel“ von Ferdinand Hirsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 494–500, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Weimann,_Daniel&oldid=- (Version vom 15. Oktober 2024, 16:00 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Weiller, Cajetan von
Nächster>>>
Weimar, Georg Peter
Band 41 (1896), S. 494–500 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Daniel Weimann in der Wikipedia
Daniel Weimann in Wikidata
GND-Nummer 131911945
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|41|494|500|Weimann, Daniel|Ferdinand Hirsch|ADB:Weimann, Daniel}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=131911945}}    

Weimann: Daniel W., brandenburgischer Geheimer Rath und Kanzler des Herzogthums Cleve, geboren 1621, † am 29. October 1661. Er wurde zu Unna in der Grafschaft Mark als Sohn eines Rathsschreibers geboren, erhielt eine sorgfältige Erziehung, besuchte die Universitäten Köln, Utrecht und Leiden, wo er neben juristischen auch eifrig classische Studien trieb, und erlangte die juristische Doctorwürde. In die Heimath zurückgekehrt trat er 1646 in Berührung mit dem Hofe seines Landesherren, des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg, der damals in Cleve residirte, namentlich zu dem damaligen einflußreichsten Minister, dem Oberkammerherren Konrad v. Burgsdorff, wurde auf dessen Empfehlung 1647 zum „Rat von Haus aus“ und Ende 1649, als der Kurfürst vor seiner Rückkehr nach Berlin dem Verlangen der clevisch-märkischen Stände gemäß die dortigen Behörden nur mit einheimischen Beamten besetzte, zum clevischen Regierungsrath ernannt. Seine Berufung erwies sich als eine sehr glückliche. Er zeigte sich nicht nur als sehr tüchtiger Verwaltungsbeamter, sondern er ging auch mit Lebhaftigkeit auf die Intentionen des Kurfürsten ein, auch in seinen rheinisch-westfälischen Landen eine festere Regierungsgewalt zu begründen [495] und dieselben durch ein engeres Band mit seinen anderen Gebieten zu verknüpfen, und er hat in ebenso energischer wie besonnener Weise an der Durchführung dieser Absichten trotz des heftigen Widerstandes der dortigen Stände mitgewirkt. Bald wurde er auch zu anderen Aufgaben berufen. Als nach dem Tode des Generalstatthalters der Niederlande, Wilhelm II. von Oranien, Ende 1650, um die Vormundschaft für dessen nachgeborenen Sohn Wilhelm III. ein heftiger Streit zwischen der Mutter desselben, der sogenannten Princesse royale Henriette, Tochter König Karl’s I. von England, und der Großmutter des Prinzen, der sogenannten Princesse douarière Amalie von Solms, der Schwiegermutter des auch zum Vormund bestellten brandenburgischen Kurfürsten ausbrach, erbat sich letztere von dem Kurfürsten W. zu ihrem Beirath. W. hat einen Theil des nächsten Jahres im Haag sich aufgehalten, sich bemüht das Unheil, welches die beiden fürstlichen Frauen durch das Heranziehen der neuen, dem oranischen Hause feindlich gesinnten holländischen Regierung in die Vormundschaftsangelegenheit angerichtet hatten, wieder gut zu machen und dazu mitgewirkt, daß im August 1651 wenigstens vorläufig eine Einigung zwischen den Parteien zu Stande kam. Er hat sich damals das volle Vertrauen der alten Prinzessin von Oranien erworben, so daß diese auch späterhin sich fortgesetzt seines Rathes und seiner Hülfe bedient hat. Er hat aber auch diesen längeren Aufenthalt in den Niederlanden dazu benutzt, sich eine genaue Kenntniß der eigenartigen Verhältnisse dieses Staates und der dortigen maßgebenden Personen zu erwerben und zugleich einen tieferen Einblick in die allgemeine europäische Politik zu gewinnen, er hat sich so auch zum Staatsmann und Diplomaten vorgebildet. Der Kurfürst hat dieses wol erkannt, und als er im Herbst 1652 sich entschloß die schon früher begonnenen Unterhandlungen mit den Generalstaaten wegen des Abschlusses einer Allianz wieder aufzunehmen, betraute er W. nebst seinem Residenten im Haag, Copes, mit der Führung derselben. Doch konnten diese vorläufig wegen des Uebelwollens der jetzt an der Spitze der Republik stehenden Partei de Witt’s und des Bestrebens derselben mit England, dessen damalige republikanische Regierung der dem stuart’schen Hause eng befreundete Kurfürst verabscheute, zum Frieden zu kommen, nichts ausrichten und so begab sich W. zu Ende des Jahres 1652 nach Berlin. Hier wurde er am 2. Januar 1653 vom Kurfürsten zum Mitglied des Geheimen Rathes ernannt und vorläufig zurückbehalten. Er hat so in den nächsten Monaten an den Sitzungen und sonstigen Arbeiten dieser kurz zuvor reorganisirten höchsten Behörde in den Landen des Kurfürsten theil genommen und ist in nähere Verbindung mit den anderen Mitgliedern derselben, namentlich mit den beiden damals einflußreichsten Rathgebern des Kurfürsten, dem Grafen Georg Friedrich von Waldeck und dem Freiherrn Otto von Schwerin, zu dem letzteren sogar in enge freundschaftliche Beziehungen getreten, welche bis zu seinem Tode fortgedauert haben. Im März kehrte er nach dem Haag zurück, er hat fortan abwechselnd dort und in Cleve sich aufgehalten und unter den schwierigsten Verhältnissen (die Spannung zwischen dem Kurfürsten und den clevischen Ständen war auf das höchste gestiegen und in Holland hatten de Witt und dessen Parteigenossen die von Cromwell als Preis des Friedens verlangte Ausschließung des Hauses Oranien von den hohen Staatsämtern durchgesetzt und war dadurch sowie durch weiteren Hader der beiden oranischen Fürstinnen die Vormundschaftssache noch verwickelter und schwieriger geworden) im Interesse des Kurfürsten und des oranischen Hauses zu wirken gesucht. Natürlich mußten unter so ungünstigen Verhältnissen die Allianzverhandlungen mit Holland vorläufig ruhen, erst zu Anfang des Jahres 1655 gaben die nordischen Wirren, die Rüstungen des neuen schwedischen Königs Karl X. Gustav und dann der von diesem gegen Polen begonnene Krieg Veranlassung, dieselben wieder aufzunehmen. Da der Kurfürst [496] fürchtete, daß der schwedische König es auch auf sein Herzogthum Preußen, namentlich auf die dortigen Häfen Pillau und Memel abgesehen habe, und darauf rechnete, daß auch die holländische Regierung den auf die Beherrschung der ganzen Ostsee zielenden Plänen desselben werde entgegentreten müssen, so befahl er W. bei derselben Hülfe für den Fall, daß er von Schweden in Preußen angegriffen werden sollte, nachzusuchen. W. wußte dort so geschickt auf die Handelswelt, namentlich in Amsterdam einzuwirken und auch der Regierung die den holländischen Interessen von Schweden drohende Gefahr klar zu machen, daß diese jetzt bereitwillig auf seine Anträge einging, auch allmählich in den Forderungen, die sie ihrerseits stellte, nachließ und so kam das Bündniß vom 27. Juli 1655 zu Stande, in welchem die Generalstaaten versprachen, dem Kurfürsten, wenn er in Cleve oder in seinen Besitzungen an der Ostsee angegriffen werden sollte, 4000 Mann zu Hülfe zu schicken, während dieser sich verpflichtete, den Holländern dieselben Handelsvortheile wie bisher in seinen Häfen zu gewähren und letztere niemand anders zu überlassen. Freilich führte der Kurfürst zu gleicher Zeit auch Unterhandlungen mit Schweden, er war bereit, wenn ihm der König den freien Besitz von Preußen und einen Antheil an der polnischen Beute zusicherte, mit ihm gemeinsame Sache zu machen, und als bei den darüber in Stettin geführten Unterhandlungen der über den Zweck und den Verlauf der Verhandlungen mit Holland wohlunterrichtete König vor allem das Aufgeben derselben verlangte und sich den Anschein gab, als ob er im übrigen zu einer Verständigung bereit sei, da befahl der Kurfürst W., vorläufig den Abschluß des Bündnisses mit Holland hinzuziehen. Da aber die auf diese Verhandlungen mit Schweden argwöhnische holländische Regierung jetzt zum Schluß drängte, so entschloß sich W. doch, den Vertrag zu unterzeichnen, und reiste selbst mit demselben nach Berlin, um sein Verfahren zu rechtfertigen. Inzwischen aber waren die Verhandlungen in Stettin infolge der übermüthigen Forderungen, welche der schwedische König zuletzt gestellt hatte, gescheitert, daher war dem Kurfürsten und dessen Rathgebern das Zustandekommen der Allianz mit Holland sehr erwünscht, dieselbe wurde ratificirt und W. sofort nach dem Haag zurückgeschickt, um dort die Auswechslung der Ratificationen zu bewerkstelligen und von der holländischen Regierung, im Fall es zum Bruch zwischen Schweden und dem Kurfürsten kommen sollte, nicht nur das vertragsmäßige Hülfscorps sondern auch weitere militätische, diplomatische und Geldunterstützung zu fordern. W. ist dafür auch mit Erfolg thätig gewesen, die Generalstaaten sagten Subsidien und für den nächsten Frühling auch die Sendung von Kriegsschiffen und Hülfstruppen zu. Aber inzwischen gerieth der Kurfürst dadurch, daß der schwedische König, nachdem er fast ganz Polen unterworfen hatte, sich gegen ihn nach Preußen wandte, so ins Gedränge, daß er sich genöthigt sah, am 17. Januar 1656 den Vertrag von Königsberg einzugehen, in welchem er demselben die Lehnshoheit über sein Herzogthum Preußen und den Besitz des polnischen Preußens zugestand, sich verpflichtete, Feinden desselben keinen Zutritt zu seinen preußischen Häfen zu gestatten, dort ebensolche Zölle, wie sie der König in den Häfen des polnischen Preußens einführen werde, zu erheben und den Ertrag dieser Zölle mit demselben zu theilen. Dadurch wurden thatsächlich gerade die wichtigsten Bestimmungen des mit Holland geschlossenen Vertrages aufgehoben, trotzdem aber wünschte der Kurfürst auch im Bündniß mit Holland zu bleiben und W. erhielt nun die schwierige Aufgabe, dort diesen Wechsel der Politik seines Herrn zu rechtfertigen und den Fortbestand der Allianz auch unter den veränderten Verhältnissen durchzusetzen. Das ist auch gelungen. Als dann der Kurfürst noch weiter ging und sich durch den Marienburger Vertrag vom 25. Juni mit dem Könige von Schweden zur Theilnahme am Kriege gegen Polen verband, nun aber die Gefahr [497] drohte, daß Holland namentlich um Danzig zu retten feindlich gegen Schweden auftreten werde, wurde er beauftragt, dieses zu verhüten und vielmehr zu einer Verständigung zwischen diesen beiden Mächten mitzuwirken, die auch wirklich durch den Elbinger Vertrag vom 11. September 1656 erreicht wurde. Ebenso hat er nachher die weiteren Veränderungen in der Politik des Kurfürsten, die freiere Gestaltung seines Verhältnisses zu Schweden durch den Vertrag von Labiau (20. November 1656), dann im nächsten Jahre seine Abwendung von dieser Macht und seine Verständigung mit den Gegnern derselben, zu rechtfertigen und auf eine entsprechende Stellungnahme Hollands zu diesen Mächten hinzuarbeiten gehabt. In geschicktester Weise hat er den Holländern klar zu machen gewußt, daß eine selbständige und mächtige Stellung des Kurfürsten inmitten der nordischen Mächte ihren Interessen förderlich sei, und er hat sie wiederholt von der engherzigen Absicht, die bedrängte Lage desselben dazu zu benutzen um sich selbst in den Besitz seiner preußischen Häfen zu setzen, abgebracht.

Zugleich aber ist er auch fortgesetzt mit den clevischen Angelegenheiten beschäftigt gewesen. Anfang October 1655 ging er auf den Wunsch der Prinzessin von Oranien, welche im Auftrage des Kurfürsten eine Verständigung mit den dortigen Ständen zu vermitteln suchte, dorthin und nahm an den Verhandlungen theil, mit deren Ergebniß der Kurfürst freilich keineswegs zufrieden war. Ihm übertrug dann der Kurfürst die Sorge für die Truppenwerbungen und Steuererhebungen, welche er eigenmächtig dort in den nächsten Jahren vornehmen ließ, und W. vor allen war es, der den Machinationen der dadurch aufs neue zur heftigsten Opposition gereizten Stände entgegentrat, ihre Bemühungen in ein Schutzverhältniß zu den Niederlanden zu treten, vereitelte, die anfangs zaghafte Regierung zu kräftigerem Auftreten ermuthigte, für die militärische Sicherung des Landes sorgte und so auch die feindlichen Anschläge des Pfalzgrafen von Neuburg zu nichte machte. Aber nicht nur als Vollstrecker der Befehle des Kurfürsten ist er thätig gewesen, er hat auch seinerseits auf die Entschlüsse desselben Einfluß ausgeübt, indem er theils in seinen Berichten an denselben, theils in seinen vertraulichen Briefen an seinen mehr und mehr im Rathe desselben die Oberhand gewinnenden Freund Schwerin seiner eigenen Meinung über die Lage der Dinge und über die einzuschlagenden Wege Ausdruck gab. Dringend hat er gerathen, daß der Kurfürst, um Holland nicht vollständig vor den Kopf zu stoßen, die in dem Königsberger Vertrage festgesetzte Erhöhung der Hafenzölle zu verzögern suche, auf das lebhafteste hat er darauf gedrungen, daß der Kurfürst die günstige Gestaltung der Dinge im Herbst 1656 dazu benutze, um sich von dem Lehnsverhältniß zum König von Schweden frei zu machen, mit gleichem Erfolge hat er 1657 vor einem vorschnellen Bruch mit Schweden gewarnt und auch den clevischen Ständen gegenüber hat er zu verhüten gesucht, daß durch zu hartes und schroffes Auftreten dieselben zum äußersten getrieben würden. Noch in einer anderen Angelegenheit hat er der Sache des Kurfürsten genützt. Gegenüber den Bemühungen des Pfalzgrafen Adolf, des Bruders des schwedischen Königs, um die Hand der Prinzessin Henriette von Oranien, der Schwester der Kurfürstin, hat er die Vermählung derselben mit dem Fürsten Johann Georg von Anhalt, den man Aussicht hatte auf diese Weise zum Verlassen des schwedischen Dienstes und zum Eintritt in denjenigen des Kurfürsten zu bestimmen, in Vorschlag gebracht und zustande zu bringen gesucht. Auf den Wunsch der alten Prinzessin von Oranien reiste er, um diese Angelegenheit zu ordnen und um eine Steuerermäßigung für die damals durch eine Ueberschwemmung schwer betroffenen clevischen Lande zu erwirken, im April 1658 wieder nach Berlin. Er hat dort nicht nur eine günstige Erledigung dieser Angelegenheiten erwirkt, sondern damals auch neue [498] Beweise der Huld des Kurfürsten empfangen. Derselbe trug ihm damals die vacant gewordene clevische Kanzlerstelle an und am 20. Mai hat er die Eidespflicht für dieses neue Amt abgelegt, doch wurde diese Ernennung vorläufig noch geheim gehalten; erst am 8. Januar 1659 ist er in Cleve durch den Statthalter, den Fürsten von Nassau feierlich in dieses Amt eingeführt worden. Als jetzt aber der Kurfürst Schwerin zu dem schwedischen Könige schickte, um einen letzten Versuch zu machen, denselben zum Abschluß eines allgemeinen Friedens unter billigen Bedingungen zu bewegen, da gab er W. demselben als Begleiter mit und W. hat so theil genommen an jener berühmten Sendung nach Flensburg, deren Ausgang (der König wollte den Gesandten nur unter demüthigenden Bedingungen Audienz gewähren, dieselben aber ließen sich darauf nicht ein, sondern reisten sofort wieder ab) den Anlaß zu dem offenen Bruch des Kurfürsten mit Schweden gab. Infolge dessen erhielt W., der im September wieder nach Holland zurückkehrte, den Auftrag, dort und unterwegs bei den braunschweigischen Herzögen und dem Bischof von Münster Hülfe für den Kurfürsten, welcher befürchtete, daß der schwedische König nun seinen Angriff zunächst gegen ihn richten werde, nachzusuchen, darauf aber auch nach England zu gehen und zu versuchen Cromwell von der Seite des schwedischen Königs ab und auf die der Gegner desselben zu ziehen. Aus der Reise nach England ist infolge des Todes Cromwell’s, der darauf dort ausbrechenden inneren Wirren und fortgesetzten Parteinahme für Schweden nichts geworden, in Holland aber ist W. wieder auf das eifrigste und anfangs auch mit gutem Erfolg für die Sache des Kurfürsten thätig gewesen. Er erwirkte, daß eine holländische Flotte in die Ostsee gesendet wurde, um den König von Dänemark, gegen den sich unerwarteter Weise aufs neue der schwedische König gewendet hatte und der in seiner Hauptstadt Kopenhagen schwer bedrängt wurde, Beistand zu leisten und auch dem Kurfürsten, der an der Spitze der verbündeten Armee die Schweden in Holstein angegriffen hatte, die Hand zu reichen. Aber schon zu Ende dieses Jahres machte sich die Einwirkung Englands und Frankreichs zu Gunsten Schwedens in Holland geltend und im nächsten Jahre ließ sich die holländische Regierung trotz der eifrigsten Gegenbemühungen Weimann’s und des dänischen Gesandten zum Abschluß erst des ersten und dann des zweiten Haager Concertes bestimmen, welche darauf abzielten, den Frieden zwischen Dänemark und Schweden herzustellen und so letzterem freie Hand gegen seine anderen Gegner zu schaffen. Nur der trotzigen Weigerung des schwedischen Königs, sich den von jenen Mächten an ihn gestellten Bedingungen zu fügen, hatte man es zu verdanken, daß zu Ende des Jahres die holländische Flotte wieder an dem Kampfe gegen denselben theilnahm. Zwischenein hatte W. zusammen mit dem von Berlin aus geschickten Freiherrn v. Löben im Haag die letzten Verhandlungen über die Heirath des Fürsten von Anhalt geführt und er hat dann an der am 18. Juli zu Gröningen gefeierten Hochzeit, zu welcher auch die Kurfürstin von Brandenburg erschienen war, theilgenommen. Auch im nächsten Jahre ist er bis zum Friedensschluß bemüht gewesen, Holland zur Abkehr von der Concertpolitik und zu engem Zusammenwirken mit dem Kurfürsten zu bewegen, doch ist er darin ebenso wenig erfolgreich gewesen, wie in dem Versuche, den er im Verein mit der oranischen Partei im Lande selbst machte, die Aufhebung der Seclusionsacte durchzusetzen.

Der gleichzeitig mit der Beendigung des nordischen Krieges eingetretene Umschwung in England, die Wiederherstellung des stuartschen Königthums, hat W. mit der größten Freude und der Hoffnung erfüllt, jetzt in England einen Bundesgenossen für den Kurfürsten, der nach wie vor von Schweden bedroht schien, zu gewinnen und dadurch auch Holland enger an denselben zu ketten. Er rieth daher gleich nach der Ueberkunft König Karl’s II. nach London dem Kurfürsten, dorthin eine Gesandtschaft zu schicken und Unterhandlungen wegen [499] eines Bündnisses zu beginnen. Der Kurfürst ging darauf ein, ließ zunächst durch v. Pöllnitz den König beglückwünschen und schickte dann im Februar 1661 den Fürsten Moritz von Nassau und W. selbst nach England hinüber. Sie erhielten den Auftrag, dort über ein Vertheidigungs- und Handelsbündniß zu verhandeln, zugleich es dahin zu bringen, daß die aufs neue über die Vormundschaft des Prinzen von Oranien ausgebrochenen Streitigkeiten beigelegt, die Leitung derselben auch von dem englischen König, dem seine inzwischen verstorbene Schwester, die Mutter des Prinzen, ihre Rechte übertragen hatte, der Großmutter desselben überlassen, die Eingriffe der holländischen Regierung in dieselbe zurückgewiesen, zugleich aber auch von englischer Seite den Gewaltschritten entgegengetreten werde, welche sich der König von Frankreich gegen das zu dem oranischen Besitz gehörige Fürstenthum Orange erlaubt hatte. Endlich sollten sie womöglich eine Heirath zwischen König Karl II. und der Prinzessin Marie von Oranien, der jüngsten Schwester der Kurfürstin, zu Stande bringen. Auf der Hinreise sollten sie auch in Holland über jene Vormundschaftsangelegenheit verhandeln, zu erwirken suchen, daß die dortige Regierung sich mit der Leitung der Erziehung des Prinzen begnüge, ferner die Herausgabe einer die geheimen Papiere des Vaters desselben enthaltenden eisernen Kiste verlangen. Die Gesandten haben zunächst dort diese Aufträge ausgerichtet, zwar gelang es ihnen nicht über die Vormundschaftssache eine Verständigung zu erreichen, wol aber verstand W. es, durch keckes Zugreifen sich jener Kiste zu bemächtigen und sie in Sicherheit zu bringen. In England, wo sie Anfang März anlangten, wurden ihnen hohe Ehren erwiesen und sie haben hier in der Hauptsache ihr Ziel erreicht. Zwar konnten sie die Heirathsangelegenheit gar nicht vorbringen, da König Karl sich schon zur Vermählung mit einer portugiesischen Prinzessin entschlossen hatte, es gelang ihnen aber zunächst am 17. Mai einen Vertrag über die oranische Vormundschaft, welcher im wesentlichen den Wünschen des Kurfürsten und seiner Schwiegermutter entsprach, dann am 1. Juni einen solchen über gemeinschaftliche bei dem Könige von Frankreich zu Gunsten des Fürstenthums Orange zu unternehmende Schritte, endlich am 20. Juli ein Bündniß auf 10 Jahre abzuschließen, durch welches sich England verpflichtete, dem Kurfürsten, wenn er in Preußen, Pommern oder Brandenburg angegriffen würde, Hülfe zur See zu leisten, sowie den Kaufleuten aus dessen Landen dieselben Rechte, wie die englischen Kaufleute dort genossen, und dieselben Vergünstigungen wie den Holländern und Dänen zu gewähren. Allerdings gelang es einer Partei am Hofe des Kurfürsten, diesem und auch der Prinzessin von Oranien einzureden, daß in jenem ersten Vertrage die Interessen der letzteren nicht genügend gewahrt seien, und der Kurfürst hat anfangs denselben nicht gebilligt, er ließ sich aber durch die gründlichen und freimüthigen Darlegungen der Gesandten eines besseren belehren, so hat er zwar den leidenschaftlichen Ton ihres Schreibens getadelt, aber in der Sache selbst ihnen Recht gegeben und alle drei Verträge gut geheißen, und auch die alte Prinzessin von Oranien hat ihnen nach ihrer Rückkehr wieder ihre Gunst zugewendet. Bald darauf starb W. im Haag am 29. October 1661, erst 40 Jahre alt, tief betrauert in seiner Heimath, von seinen Freunden am Hofe des Kurfürsten und auch von den holländischen und englischen Staatsmännern, welche seine hohen Gaben und seine hervorragende Tüchtigkeit kennen gelernt hatten. Ein Denkmal derselben liegt noch jetzt vor in dem von W. angelegten Journal, in welchem zu jedem Tage Abschriften seiner amtlichen Correspondenz mit dem Kurfürsten, der clevischen Regierung und den anderen Vertretern des Kurfürsten im Auslande, ferner sein vertraulicher Briefwechsel mit hervorragenden Personen, namentlich mit Schwerin, dann aber auch zahlreiche in seine Hände gekommene Actenstücke und endlich sogenannte Nouvelles, zeitungsartige Berichte, [500] welche aus den verschiedensten Gegenden in Holland eingetroffen und zu seiner Kenntniß gekommen waren, eingetragen sind und welches so eine höchst reichhaltige und interessante Quelle für die Geschichte jener Zeit bildet. Leider sind davon nur noch 10 Bände erhalten, von denen 9, die Zeit vom Januar bis September 1655 und vom September 1656 bis August 1659 umfassend, jetzt im Berliner, der 10., nur auf clevische Angelegenheiten bezügliche Schriftstücke enthaltend, im Düsseldorfer Staatsarchiv aufbewahrt werden. W. scheint dasselbe nicht nur aus geschäftlichen Rücksichten geführt, sondern auch die Absicht gehabt zu haben, auf Grund derselben einst eine Darstellung der Zeitgeschichte abzufassen. In einem Briefe an Schwerin vom 11. April 1659, in welchem er diesem für die Mittheilung von Schriftstücken dankt, bemerkt er: „Mir ist’s sonderlich lieb zu erhalten und sonsten meine Memoiren damit zu bereichern. Vielleicht gebe ich noch eine historiam belli nostri“.

Urkunden u. Actenstücke zur Geschichte des Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg IV–IX. – Weimann’s Journal und andere Acten des Berliner Staatsarchivs.