ADB:Johann Georg II. (Fürst von Anhalt-Dessau)

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Artikel „Johann Georg II., Fürst von Anhalt-Dessau“ von Ferdinand Siebigk in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 14 (1881), S. 116–117, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Johann_Georg_II._(F%C3%BCrst_von_Anhalt-Dessau)&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 08:31 Uhr UTC)
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Johann Georg II., Fürst von Anhalt-Dessau, der Enkel des Vorhergehenden, der zweite und einzig Überlebende Sohn Fürst Johann Casimirs und seiner Gemahlin Anna von Hessen-Kassel[WS 1], ward am 17. November 1627 zu Dessau geboren. Er erhielt durch Johann Christoph Schloer und Justus Albinus eine gute Erziehung und erwarb sich mannichfache Kenntnisse, die er auf einer unter des nachmaligen Gesammt- und Geheimen Rathes Wilhelm Heinrich von Freiberg Leitung in den Jahren 1645/47 unternommenen Reise nach Hamburg, den Niederlanden, Frankreich und Italien nach jeder Richtung zu vermehren eifrig bemüht war. Im J. 1655 trat der Prinz, der bereits 1644 bei der Vertheidigung der Stadt Sandersleben gegen Streifparteien aus den kaiserlichen und schwedischen Lagern bei Bernburg seine Kaltblütigkeit gezeigt, in die Dienste König Karl Gustavs von Schweden, der ihm ein Reiterregiment verlieh, nahm Theil an dem Kriege gegen Johann Casimir von Polen, wo er 1656 die Stadt Conitz erfolglos, aber mit vielem Muthe vertheidigte, und sodann mit gleicher Auszeichnung an dem Feldzuge Schwedens nach Dänemark. Ueberall benahm er sich menschenfreundlich und rettete vielen Menschen Leben und Ehre. Im J. 1658 trat er, als Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg ihm Aussicht auf Uebertragung der Statthalterschaft der Kurmark und eine Familienverbindung mit dem Hause Oranien machte, in des ersteren Dienste, zum großen Bedauern seines bisherigen Kriegsherrn, der sich dahin äußerte, daß er ihm zwar auch dergleichen hohe Würden verleihen könne, aber freilich zu einer Braut aus dem Hause Oranien ihm zu verhelfen außer Stande sei. Der junge Fürst fand sich nicht getäuscht. Der Kurfürst ernannte ihn zum General der Cavallerie, übertrug ihm die gedachte Statthalterschaft und wirkte dahin, daß am 9. Juli 1659 zu Gröningen die Vermählung des Fürsten mit der Prinzessin Henriette Katharina von Oranien[WS 2] zu Stande kam, wodurch der letztere ihm verschwägert ward. Fürst J. G. ward in seiner neuen Stellung bald eine wesentliche Stütze des Kurfürsten. Er stand ihm bei den Bemühungen seine durch den 30jährigen Krieg sehr mitgenommenen Lande und das zerrüttete Staatswesen wieder in Aufnahme zu bringen und herzustellen, treu zur Seite, wurde von ihm zu den wichtigsten Verhandlungen gebraucht und leistete ihm namentlich bei dem Einfall der Schweden in die Mark, 1674, die wesentlichsten Dienste, indem er die letztere möglichst vertheidigte, bis der Kurfürst, der gegen Frankreich am Rhein zu Felde lag, auf sein Andringen plötzlich erschien und die Schweden durch den Sieg bei Fehrbellin, 1675, aus dem Lande jagte. Mehrfach zu wichtigen Sendungen an den Kaiser verwendet, war J. G., der im J. 1670 die Feldmarschallswürde erhalten, auch bei Gelegenheit des türkischen Einfalls in die Erbstaaten 1683 am kaiserlichen Hoflager und bei der Entsetzung Wiens durch die deutschen und polnischen Heere unter Johann Sobieski gegenwärtig. Die hohe Gunst, welche der Fürst durch seine Treue und Klugheit bei Kurfürst Friedrich Wilhelm sich erworben, dauerte auch bei dessen Nachfolger ungeschwächt fort. Obwol vielfach abwesend, sorgte doch J. G. treu und väterlich für sein eigenes Land, dessen Regierung er nach dem 1660 erfolgten Tode seines Vaters, des Fürsten Johann Casimir, übernommen hatte und erwarb sich um dasselbe vielfache Verdienste. Er erwarb 1669 das bisher zu den Senioratsgütern gehörige Groß-Alsleben, baute in dem hart an der damaligen kursächsischen Grenze liegenden Orte Nischwitz 1683 seiner Gemahlin ein Schloß und vergrößerte und verschönerte diesen Ort, der ihr zu Ehren den Namen Oranienbaum erhielt und auch von ihm mit einer neuen Kirche versehen wurde, auf vielfache Weise. Dann sorgte der Fürst thunlichst [117] für Fabrikentwickelung, begünstigte den Ackerbau, war auf Hebung und Erleichterung des Verkehrs durch Erbauung einer sogenannten fliegenden Fähre über die Elbe, 1682, bedacht und gab mehrfach Beispiele christlicher Duldung, so gestattete er 1686 den Juden in der Stadt Dessau den Bau einer Synagoge und gewährte 1690 den bisher sehr gedrückten Lutheranern freie Religionsübung in seiner Residenz und die Errichtung eines eigenen Gotteshauses daselbst. Nach dem Tode Fürst Friedrichs von Harzgerode 1670 übernahm er das Seniorat des anhaltischen Fürstenhauses und verwaltete es 23 Jahre, stets eifrig bemüht bei den wichtigen an letzteres damals herantretenden Ereignissen die Rechte desselben möglichst zu sichern. Durch seine Bemühungen kam 1679 der Zerbster Religionsvertrag, sowie 1681 ein Abkommen wegen des Gesammtgymnasiums daselbst zu Stande und in demselben Jahre erreichte er einen Vertrag mit Kurbrandenburg, wodurch dieses auf die ihm wegen des Herzogthums Magdeburg zustehende Lehnsherrlichkeit über große Theile des Bernburgischen und Köthnischen Landes verzichtete. Die Verhältnisse, unter denen J. G. die Ansprüche seines Hauses auf das diesem im 14. Jahrhundert entfremdete Aschersleben erneuerte, schienen günstigen Erfolg hoffen zu lassen, doch aber erhielt Anhalt 1683 nur die Mitbelehnung und die Anwartschaft, sowie auf 24 Jahre die Befreiung von allen Reichs- und Kreislasten, genoß aber letztere Vergünstigung bei der damaligen Bedrängniß des Reichs nur sehr unvollkommen. Unter des Fürsten Seniorat begannen auch die bis in die neueste Zeit stets erfolglos fortgesetzten Bemühungen des Hauses Anhalt um den Besitz des ihm nach dem Erbvergleich vom 15. März 1678 zukommenden, durch den Tod des letzten askanischen Herzogs Julius Franz, 1689, erledigten Herzogthums Sachsen-Lauenburg, dessen Titel und Wappen die anhaltischen Fürsten damals annahmen. J. G. II. starb am 7. August 1693 in Berlin. Von seinen zehn Kindern überlebten ihn fünf Töchter und ein Sohn, der nachmals so berühmte Fürst Leopold von Dessau. Für diesen, der noch minderjährig war, führte seine Mutter, die Fürstin Henriette Katharina von Oranien, die Regierung mit vieler Klugheit und Einsicht. Sie stiftete sich durch Gründung von Wittwen- und Waisenhäusern ein gutes Gedächtniß und gab zahlreiche gute Verordnungen, bis dann 1698 ihr Sohn die Regierung selbst übernahm. Ihr Tod erfolgte 1708 in ihrem Wittwensitze Oranienbaum, dessen Verschönerung und Hebung ihr sehr am Herzen lag.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Tochter des Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel
  2. Tochter des Prinzen Friedrich Heinrich von Oranien