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Artikel „Weber, Josef (v.)“ von Franz Heinrich Reusch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 316–318, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Weber,_Joseph_von&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 02:25 Uhr UTC)
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Weber: Josef (v.) W., katholischer Geistlicher, geboren zu Rain in Altbaiern am 23. Septbr. 1753, † zu Augsburg am 14. Febr. 1831. Er machte seine philosophischen Studien bei den Jesuiten zu Augsburg und studirte dann Theologie zu Dillingen, wo er sich den philosophischen Magistergrad erwarb. 1776 zum Priester geweiht, übernahm er eine Hofmeisterstelle zu Dillingen. 1779 ernannte ihn der Kurfürst Clemens Wenceslaus zum Repetitor des Kirchenrechts und der Katechetik in dem Seminar zu Pfaffenhausen, 1781 zum Professor der Philosophie und Physik zu Dillingen. Außer seinen Fachvorlesungen hielt er auch ökonomische Vorlesungen. Er gründete auch eine Lesegesellschaft, zu welcher außer den Professoren auch Beamte, Officiere und andere gebildete Männer aus der Stadt gehörten und zu welcher auch Studenten Zutritt hatten. In zwei Zimmern des vormaligen Jesuitencollegiums wurden die besten theologischen und philosophischen, auch einige schönwissenschaftlichen Zeitschriften aufgelegt. Der Graf Fugger-Glött ließ dort auch eine große Zahl von werthvollen, namentlich naturwissenschaftlichen Werken aus seiner Bibliothek aufstellen. Der Gegensatz zwischen den Augsburger Exjesuiten und den Dillinger Professoren trat schon 1787 bei Gelegenheit des sog. bairischen Hexenkrieges hervor (s. d. Art. Sterzinger A. D. B. XXXVI, 124). W. veröffentlichte zu Dillingen mit Approbation des Augsburger Ordinariates ein Schriftchen: „Ungrund des Hexen- und Gespensterglaubens, in ökonomischen Lesestunden dargestellt“. Es enthielt zwei Vorlesungen über den Ungrund des Hexenglaubens; ein in Aussicht gestelltes zweites Heft, welches ohne Zweifel den Gespensterglauben behandeln sollte, ist nicht erschienen; die 1787 zu Salzburg erschienene Schrift: „Die Nichtigkeit der Zauberey“ ist ein etwas veränderter Abdruck der ersten Vorlesung. Noch in demselben Jahre erschien in Augsburg „Ueber die Hexenreformation des Herrn Prof. Weber zu Dillingen. Von einem katholischen Weltmann“. Der Verfasser war wirklich kein Exjesuit, sondern ein Weltmann, aber ein solcher, der zu den Exjesuiten in den engsten Beziehungen stand und wahrscheinlich [317] in ihrem Auftrage, sicher mit ihrer Zustimmung schrieb, nämlich der Augsburger Tabakfabrikant Franz Josef Schmid, der in seiner Jugend einige Gymnasialclassen bei den Jesuiten absolvirt hatte und auch sonst im Sinne der Exjesuiten von St. Salvator schriftstellerte. Das Schriftchen wurde dann auch sofort in der Zeitschrift der Jesuiten (Kritik über gewisse Kritiken, 1787, II, 147) sehr gelobt. W. erklärte in öffentlichen Blättern, er werde nicht antworten. Von einem seiner Freunde, allem Anschein nach von Sailer, erschien aber zu Dillingen „Ein brüderliches Sendschreiben an den katholischen Weltmann, der die Pièce schrieb Ueber die Hexenreformation … Von einem Freunde der Wahrheit“. Schmid schrieb darauf: „Des katholischen Weltmanns Erörterung der Prof. Weber’schen Erklärung ans Publicum die Hexenreformation betreffend. Nebst einem Capitel: Wie widerlegen die Aufklärer?“ Für W. erschien dann noch „Gedanken eines Landpfarrers [Friedrich Bauer zu Mertingen] über den Ungrund des Hexenglaubens von Prof. Weber und über die Hexenreformation von einem katholischen Weltmann“ und von Schmid: „Der Satz: teuflische Magie existirt, besteht noch“.

Einiges Aufsehen erregte es in streng kirchlichen Kreisen, als W. 1793 gegen B. Stattler’s scharfe Kritik der Kantischen Philosophie (s. A. D. B. XXXV, 502) auftrat in der Schrift: „Versuch, die harten Urtheile über die Kantische Philosophie zu mildern“ (s. Werner, Gesch. d. kath. Theologie, S. 290). W. war als Professor in Dillingen zugleich Pfarrer auf dem in der Nähe liegenden Dorfe Demmingen (später zu Wittislingen). Er ließ die Pfarrei durch einen Vicar verwalten, brachte aber die Feiertage und die Ferien dort zu und war sehr thätig in der Seelsorge. Er verfaßte auch für seine Pfarrkinder ein eigenes Gebetbuch; er hat auch einige andere Erbauungsbücher, Predigten u. dgl. drucken lassen.

Im J. 1793 ließ sich der Kurfürst Clemens Wenceslaus nach langem Widerstreben durch die Exjesuiten zu Augsburg bestimmen, gegen seine Dillinger Professoren vorzugehen (s. d. Art. Sailer, A. D. B. XXX, 193). W. erhielt zunächst den Befehl, seine ökonomischen Vorlesungen einzustellen, die Philosophie lateinisch zu dociren und über Kant’s Kritik nicht mehr zu lesen. Dann wurde er auf den Vortrag der Physik beschränkt.

Im J. 1799 wurde W. zum Professor der Physik und Chemie an der Universität Ingolstadt ernannt, die 1800 nach Landshut verlegt wurde. Da Sailer und Zimmer dort Professoren der Theologie wurden, war also das „Dillinger Kleeblatt“ wieder vereinigt. Die drei wohnten zu Landshut zusammen in dem Hause eines Neffen von W. Schon 1803 beantragte aber W. seine Versetzung nach Dillingen; er wurde zum Rector des dortigen Gymnasiums und Lyceums ernannt, übernahm auch wieder die Verwaltung seiner Pfarrei. 1820 wurde er Domcapitular zu Augsburg, 1836 Domdecan und Generalvicar.

W. erfand 1778 einen elektrischen Apparat, den er Luftelektrophor nannte. Er erhielt dafür von der Münchener Akademie der Wissenschaften eine Preismedaille und die Ernennung zum Mitgliede. In den folgenden Jahren veröffentlichte er mehrere Schriften und Aufsätze über Elektricität u. a. „Abhandlung vom Luftelektrophor“, 1779; „Die Theorie der Elektricität“, 1783; „Vollständige Lehre von den Gesetzen der Elektricität und von der Anwendung derselben“, 1791 (diese Schrift ist ein Theil der 1789–93 erschienenen „Vorlesungen aus der Naturlehre“). Dazu kamen noch die Schriften: „Physische Chemie“, zweite mit Rücksicht auf die Entdeckungen Lavoisier’s u. a. m. neu bearbeitete Auflage, 1798; „Der Galvanismus“, 1802; „Lehrbuch der Naturwissenschaft“, 1803–1808; „Vom dynamischen Leben der Natur überhaupt und von dem elektrischen Leben im Doppelelektrophor insbesondere“, 1816; „Der thierische Magnetismus oder [318] das Geheimniß des menschlichen Lebens aus dynamisch-physischen Kräften verständlich gemacht“, 1816; „Dynamische Licht-, Farben- und Wärmetheorie“, 1818; „Physik als Wissenschaft oder die Dynamik der gesammten Natur“, 1819. Von Weber’s philosophischen und theologischen Schriften sind noch zu erwähnen: „Logica in usum eorum qui eidem student“, 1794; „Metaphysica“, 1796; „Metaphysik des Sinnlichen und Uebersinnlichen mit Hinsicht auf die neue und neueste Philosophie“, Landshut 1802; „Die einzig wahre Philosophie nachgewiesen in den Werken des Seneca“, 1807; „Philosophie, Religion und Christenthum im Bunde zur Veredlung und Beseligung des Menschen“, 6 Hefte, 1809, dazu als Nachtrag: „Die Philosophie in einer freien Darstellung“, 1811; „Katechismus für die studirende und größere christlich-katholische Jugend“, 2. Aufl., 1819.

Chr. Schmid, Domdecan Joseph v. Weber, Augsbg. 1831. – J. B. Weber, Versuch einer Geschichte der kgl. bairischen Stadt Rain und biographische Notizen von Doctor und Professor Joseph Weber, sammt dem vollständigen Verzeichniß seiner (101) gedruckten Schriften, Landshut 1819. – Neuer Nekrolog 1831, 140. – Waitzenegger, Lexikon II, 486. – G. Aichinger, J. M. Sailer, S. 86 u. f.