ADB:Wattenwyl, Nikolaus Rudolf von

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Artikel „Wattenwyl, Nikolaus Rudolf von“ von Emil Blösch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 250–254, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wattenwyl,_Nikolaus_Rudolf_von&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 11:43 Uhr UTC)
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Wattenwyl: Nikolaus Rudolf v. W., Schultheiß von Bern und Landammann der Schweiz, wurde am 3. Januar 1760 zu Aarburg geboren, wo sein Vater, der Rathsherr Rudolf Sigmund v. W., damals Bernischer Festungscommandant und Landvogt war. Hier empfing er im Kreise einer sittlich ernsten, religiös gesinnten Familie seine erste Erziehung, die dann durch einen ausgezeichneten Hauslehrer, den späteren Professor Johann Ith (s. A. D. B. XIV, 643) und durch einen Aufenthalt in einem Institut in Straßburg fortgesetzt wurde. Mit 17 Jahren trat W. in ein Schweizer Regiment in holländischem Kriegsdienst, um sich in der allgemein üblichen Weise weiterer praktischer Ausbildung auf den in der Patricierfamilie selbstverständlichen Staatsdienst vorzubereiten. Im J. 1784 nach Bern zurückgekehrt, wurde er zuerst Hauptmann in einem Grenadierregiment, dann „Landmajor“ des Regiments „Thun“ und begann, nachdem er sich verheirathet hatte, 1795 seine politische Laufbahn durch Aufnahme in den Großen Rath, die souveräne Behörde der Republik, den Eingang zu allen höheren Staatsämtern für die Bernische Aristokratie. Allein bereits war diese Berner Aristokratie der Gegenstand gefährlicher Bedrohung, bald geheimer und bald offener Angriffe von seiten des revolutionären Frankreich. W. zählte sich zur Partei des Schultheißen v. Steiger (s. A. D. B. XXXV, 584), der nicht in schwächlichem Nachgeben, sondern in fester Behauptung der Selbständigkeit die Zukunft des Landes am besten zu sichern glaubte. Als es im März 1798 zum Kriege kam, stand W. zuerst mit 500 Mann bei Murten, und hatte nachher Gelegenheit, sich auszuzeichnen in dem zwar glücklichen, aber thatsächlich nutzlosen Gefechte bei Neuenegg. Nach dem Einzuge der Franzosen in Bern wurde er zum Mitgliede der provisorischen Regierung ernannt, zog sich aber bald, ferne vom politischen Leben, auf seinen Landsitz am Murtensee zurück. Erst 1802 betheiligte er sich wieder an der Vertreibung der unterdessen unbeliebt gewordenen Helvetischen Regierung, und erhielt dann einen Ruf zu dem vom I. Consul Bonaparte in Paris versammelten Rathe, der sogenannten „Consulta“, welche der Schweiz eine neue Verfassung geben sollte. Als Mitglied eines engeren Ausschusses kam W. in folgenreicher Weise in directen [251] Verkehr mit dem gewaltigen „Vermittler“. Als er „aus der Hölle der Politik“ wieder nach Bern zurückkehrte und sein Kanton sich wieder neu constituirte, wurde er jetzt sofort als Schultheiß an die Spitze gestellt. Die Aufgabe, die er damit übernehmen mußte, war eine außerordentlich schwierige, indem nicht nur das Verhältniß zu dem beständig drohenden Machthaber in Paris, sondern auch die Umtriebe innerer, in entgegengesetztem Sinne die Regierung bekämpfender Parteien jede ruhige Entwicklung störten. Mit dem Jahre 1804 wurde W. auch Landammann der Schweiz, nach den Bestimmungen der „Mediations-Verfassung“, welche diese neue Würde als Centralgewalt der Eidgenossenschaft eingeführt hatte. In dieser Eigenschaft hatte er das Glück, die französischen Truppen endlich abziehen zu sehen, war jedoch gleich darauf genöthigt, einen Aufstand im Kanton Zürich mit großer Energie niederschlagen zu müssen, um einem neuen Einmarsch der Fremden zuvorzukommen. Im April 1805 hatte er in Chambéry mit Napoleon zu verhandeln, als gewisse Aeußerungen des Kaisers und daherige Gerüchte ernste Besorgnisse weckten für das Schicksal der Schweiz. Beim Ausbruch des Krieges zwischen Frankreich und Oesterreich wurde ihm von der Tagsatzung der Oberbefehl übertragen über die zur Sicherung der Grenzen aufgestellten Truppen. Das Jahr 1806 brachte ihm eine neue Sendung nach München und 1807, nach dem Abschluß des Friedens von Tilsit, eine solche nach Paris, die ihn vom Juli bis in den October festhielt. Bei der Abschiedsaudienz versicherte ihn Napoleon nicht nur seines persönlichen Zutrauens, sondern auch seines Wohlwollens für die Schweiz; allein kurz hernach war wieder von der Absicht des Kaisers die Rede, die Schweiz mit Frankreich zu vereinigen. Mit dem Jahre 1810 fiel W. zum zweiten Mal die Würde und Verantwortlichkeit des obersten Magistraten der Eidgenossenschaft zu. Je höher die Macht des Franzosenkaisers stieg, um so schwieriger wurde es, auch nur den Schein der Selbständigkeit zu wahren. Die Schweiz mußte mit großen Anstrengungen ihre Regimenter im französischen Dienste vollzählig halten, mußte sich zum Anschluß an das Continentalsystem bequemen, mußte es geschehen lassen, daß Frankreich im November 1810 den Kanton Wallis um der neuerbauten Simplonstraße willen einfach wegnahm und einen Theil des Tessinischen Gebietes besetzte. Nur durch Schweigen war dem gänzlichen Untergang auszuweichen; aber an seinen Freund, den Landammann Reinhard von Zürich (siehe A. D. B. XXVIII, 39), schrieb W.: „Meine Seele überquillt von Indignation, von Trauer und von Ingrimm.“ Und mit allen diesen Demüthigungen, die dem Patrioten zugemuthet wurden, konnte man es nicht hindern, daß Napoleon in böser Laune den Abgesandten der eidgenössischen Tagsatzung die Worte hinwarf: „Un beau jour, à minuit, je signerai la réunion!“ Schließlich verlangte derselbe auch noch von der Schweiz die Betheiligung am russischen Feldzuge, und so wenig als andere größere Staaten war sie in der Lage, sich diesem Ansinnen zu entziehen. Hier hatte W. auch persönlich zu leiden; sein ältester Sohn, der gegen seinen Wunsch aus politischer Rücksicht aus dem preußischen Dienste in die französische Armee hatte eintreten müssen und in der Umgebung Napoleon’s vielfach ausgezeichnet worden war, kam, erst 24 Jahre alt, bei Borodino um. Die Schwierigkeiten der politischen Stellung nahmen zu, als der Krieg von 1813 die Weltmacht Frankreichs zum Wanken brachte. Noch wußte man nicht, wohin der Sieg sich schließlich wenden würde. W. hoffte, daß die Schweiz neutral bleiben könne, die alliirten Mächte dagegen wünschten den Anschluß an die Niederwerfung des Unruhestifters, und ihre Generäle namentlich forderten, daß ein Theil ihrer Armeen die Straßen durch die Schweiz benützen sollte. Am 20. November 1813 erklärte sich die Tagsatzung für den Grundsatz der Neutralität und erließ eine bezügliche Proclamation; W. wurde auch diesmal (22. Mai) [252] dazu berufen, als General der eidgenössischen Truppen diesem Grundsatz Achtung zu verschaffen; allein es gab in Bern eine Partei, „bei welcher die Erinnerung an die Vergangenheit die Erkenntniß in die Bedürfnisse der Gegenwart überwog“, eine Partei, die für W. um so gefährlicher war, weil sie aus seinen Standesgenossen, den Bernischen Aristokraten, bestand. Diese glaubten, von seiten des österreichischen Hofes dazu ermuthigt, den Einmarsch der alliirten Armeen benützen zu sollen zur Auflösung der bisherigen Regierung und zur Wiederherstellung der vorrevolutionären, oligarchischen Verfassung. Am 19. December erschien der Graf von Senfft-Pilsach vor dem Kleinen Rathe der Stadt Bern und gab, zwar ohne förmliche Beglaubigung, aber „im Auftrage seines Herrn, des Kaisers von Oesterreich“, die Erklärung ab: „Es haben die verbündeten Mächte die Nothwendigkeit erkannt, das Schweizerische Gebiet durch ihre Armeen betreten zu lassen. Die Neutralität der Schweiz, zuerst verletzt durch französische Gewaltthat, sei bei der dermaligen Lage der Dinge ein leeres Wort. Die Constitution des Kantons Bern, welche, auf der Mediationsacte gegründet, das Gepräge fremder Willkür trage, könne keinen Tag länger bestehen, sobald dieser fremde Druck aufhöre u. s. w.“ Die Behörde lehnte es ab, auf dieses Ansinnen einzugehen, aber zwei Tage später wurde dasselbe wiederholt, in einer Weise, die jeden Zweifel und damit auch jeden Widerspruch ausschloß. W. war als Obergeneral von Bern abwesend, und während er schriftlich, aber umsonst, vor solchen Umtrieben warnte, mußte er nun seinerseits – er hatte nur 12 500 Mann um Basel herum zu seiner Verfügung – der militärischen Uebermacht weichen, um nicht durch völlig nutzlose Widerstandsversuche die Zukunft des Landes noch schwerer zu gefährden. Die Truppen wurden entlassen und der General legte sein Commando nieder. Die Auflösung der Berner Regierung erfolgte im gleichen Augenblick, da die ersten Abtheilungen der alliirten Armeen in die Stadt einrückten. Die Mitwirkung in der sich neu bildenden Behörde lehnte W. ab; sein Urtheil über das Vorgehen der Mächte geht aus einem Gespräch mit Senfft-Pilsach hervor, in welchem er dasselbe in Parallele setzte mit den Wegen, welche das revolutionäre Frankreich 1798 gegen Bern eingeschlagen hatte. Zu dieser Auffassung war um so mehr Grund, als auch die aristokratische Partei in den erregten Erwartungen getäuscht wurde; von einer Wiedergewinnung der ehemaligen Unterthanenlande, den nunmehrigen Kantonen Waadt und Aargau, konnte nicht mehr die Rede sein, und Bern lief Gefahr, durch diese Forderung sich gänzlich von der übrigen Eidgenossenschaft zu trennen; erst im J. 1815 entschloß es sich wieder zur Beschickung der eidgenössischen Tagsatzung. Bei Bestellung einer neuen Regierung wurde W. wieder zum Schultheißen erwählt; trotz der Feindschaft, die er sich bei den extremsten Anhängern der alten Zustände gezogen hatte, war er doch der einzige, welcher unter den leidenschaftlich aufgeregten Parteien das allgemeine Vertrauen besaß und in den Schwierigkeiten der Lage nicht entbehrt werden konnte. Er hatte nur den Standpunkt Berns zu vertreten bei der Neugestaltung der Schweiz in den Verhandlungen einerseits mit der eidgenössischen Tagsatzung, andererseits mit dem Wiener Congreß. Bern mußte auf Waadt und Aargau verzichten, dann auch – nach anfänglicher Ablehnung – als angebliche Entschädigung sich das ehemalige Fürstbisthum Basel anfügen lassen, ein in Bekenntniß und Sprache fremdes Gebiet. W. stand an der Spitze derjenigen Partei, welche „die nun einmal zur Thatsache gewordenen Zustände nach dem Geiste der Verfassung zum allgemeinen Wohl und zur Befriedigung billiger Wünsche auszubilden trachtete, ohne begehrlichen Rückblick in die vergangene Zeit“. Als Schultheiß von Bern jetzt Jahr um Jahr mit seinem Freunde N. Fr. v. Mülinen (s. A. D. B. XXII, 783) wechselnd, konnte W. sich jetzt dem inneren Ausbau zuwenden, der Bekämpfung [253] der Noth im Theuerungsjahre 1817, und gesetzgeberischen Arbeiten, namentlich der Aufstellung eines vollständigen bürgerlichen Gesetzbuchs. Im Juni 1818 wurde die Einverleibung des neuen Gebietes förmlich vollzogen. W. stand an der Spitze der Bernischen Abordnung bei der Feierlichkeit. Allein bald erhoben sich neue Störungen von außen her. Nachdem der Liberalismus des Kaisers Alexander I. die volle Wiederaufrichtung der Aristokratie in Bern verhindert hatte, zeigte sich jetzt eine entgegengesetzte Stimmung. Das Metternichische Legitimitätsprincip nahm Anstoß an den demokratischen Formen und war voller Mißtrauen gegen die republikanische Schweiz. Der eben jetzt zur katholischen Kirche übergetretene Karl Ludwig v. Haller (s. A. D. B. X, 431) und eine kleine, aber eifrige, mit ihm in Verbindung stehende Partei – worunter selbst der Gesandte eines auswärtigen Staates – waren beflissen, die Vorurtheile zu unterhalten. Beständige Beschwerden wegen angeblicher Begünstigung der Revolution und Duldung geheimer staatsfeindlicher Gesellschaften ließen das Land nicht zur Ruhe kommen und hemmten das Wirken des so durch und durch conservativ-denkenden Staatsmannes, der sich seinerseits beklagen mußte über die Benutzung sehr fragwürdiger Mittelspersonen durch die Vertreter der europäischen Ordnung. Sogar die Fälschung des Wortlautes diplomatischer Noten scheute man nicht, um gegen die unbequeme Mäßigung Wattenwyl’s im Auslande Mißtrauen zu wecken. Das Jahr 1821 brachte den Schultheißen zwar in persönliche Berührung mit dem Könige von Preußen, den er auf dessen Reise nach Verona im Fürstenthum Neuenburg zu begrüßen hatte; aber die Kundgebungen allgemein menschlichen Interesses für die Befreiung Griechenlands und die Aufnahme der griechischen Flüchtlinge schufen neuen Anstoß, und die Reklamationen nahmen kein Ende. In scharfen Worten gab W., der 1823 wieder als Präsident des Vorortkantons auch die eidgenössischen Geschäfte zu leiten hatte, vor der versammelten Tagsatzung seinem Unmuth über diese Anfeindungen in einer nachher gedruckten Rede Ausdruck: „Leidenschaftliche Menschen, die unter dem Scheine des Eifers für Rechtmäßigkeit gleichwohl von eigentlich revolutionärem Sinne behaftet sind, denen die ungestörte Ruhe und Eintracht der Schweiz zur Erreichung ihrer feindseligen Absichten hinderlich ist, und die durch vorgebliche Aufdeckung selbsterfundener Complotte und Verschwörungen sich Geld und Ehren zu verschaffen hoffen, haben beim Auslande Magistrate, Regierungen und ganze Massen von Einwohnern der Schweiz als Anhänger und Beförderer ruhestörender und staatsgefährlicher Grundsätze zu verdächtigen, jede aufgefaßte, freie, individuelle Aeußerung über politische Ereignisse verleumderisch als allgemein revolutionäre Gesinnung darzustellen und dadurch selbst die wohlwollenden Gesinnungen großer Monarchen gegen unser Vaterland zu schwächen gesucht.“ Besonders unangenehm gestaltete sich schließlich das Verhältniß zu dem Botschafter Frankreichs; in der royalistischen Pariser Presse wurde W. als „Jakobiner“ bezeichnet. Eine trefflich geordnete und gewissenhafte innere Verwaltung, welche ohne Steuererhebung die Bedürfnisse des Staates bestritt, hatte unterdessen den Volkswohlstand wieder gehoben, aber mit den Anforderungen der Neuzeit doch nicht Schritt zu halten vermocht. Der fast vollständige Ausschluß der Landbewohner von allen bürgerlichen Rechten wurde mit wachsendem Unmuthe ertragen. W. suchte einer Erweiterung der Stimmberechtigung Eingang zu verschaffen, aber die meisten seiner Freunde glaubten nur in der unbedingten Festhaltung des Bestehenden die Bürgschaft für die Zukunft erblicken zu müssen. Die Julirevolution in Paris gab das Zeichen zum Ausbruch einer Unzufriedenheit, über deren weite Verbreitung die Regierenden sich getäuscht hatten. Für das Jahr 1831 wurde W. noch einmal zum Schultheißen ernannt, und die Rücksicht auf das bereits erschütterte Ansehen der Regierungsgewalt zwang ihn, wider seinen Willen die Wahl anzunehmen; [254] allein nachdem eine große Volksversammlung die Forderung einer Verfassungsänderung aufgestellt hatte, beschloß der Große Rath am 13. Jan. 1831, die ganze Regierungsgewalt niederzulegen. Noch einmal suchte W. durch Ausarbeitung eines eigenen Verfassungsentwurfes auf den Gang der Umwälzung in mäßigendem Sinne einzuwirken; die weitergehenden Bestrebungen schritten über die wohlgemeinten Rathschläge hinweg. Am 31. Juli 1831 wurde die auf Rechtsgleichheit der Bürger und allgemeines Stimmrecht begründete Verfassung mit überwältigender Mehrheit angenommen, und am 21. October die Regierung an die neu erwählten Räthe übergeben. Dem Schultheißen v. W. fiel diese Aufgabe zu, und er vollzog sie im Namen der Abtretenden „mit ruhigem Gewissen und mit dem Bewußtsein, getreu, gerecht, aufrichtig und mit warmer Liebe zum Vaterlande das ihrer Sorge anvertraute Land regiert zu haben.“ Damit war Wattenwyl’s politische Laufbahn zu Ende, aber auch sein Leben eilte rasch dem Schlusse zu; seine Kraft war gebrochen; er starb, ohne die verdiente Ruhe genießen zu können, schon am 10. August 1832, in derselben einfachen Frömmigkeit, die er, jeden Tag mit dem Lesen der heiligen Schrift beginnend, stets bewährt hatte. Ohne eigentlich hervorragende oder gar geniale Begabung war er, vermöge seines praktischen Verstandes, seiner Ehrlichkeit, Nüchternheit, Gerechtigkeitsliebe und eines tief empfundenen, zu jedem Opfer fähigen Patriotismus ein trefflicher Staatslenker auch in so außerordentlich bewegter Zeit. Als richtiger, geborener Republikaner hat er in einer seiner Reden (1827) als Ziel seiner Regierung bezeichnet: „Religiosität und Sittlichkeit ehren und bei unserem Volke durch Beispiel und festen Willen immer mehr pflegen, strenge Gerechtigkeit mit väterlicher Liebe und Unparteilichkeit ausüben und handhaben, das wahre nationale Interesse vorzüglich beachten, die Ehre und Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft schützen und zu allem die Hand bieten, was wahrhaft Nutzen bringt.“ In diesen Worten liegt sein Wesen als Mensch wie als Staatsmann.

E. F. v. Fischer (gew. Schultheiß), Erinnerung an Nikl. Rud. v. W. Bern 1867. Mit Bildniß (608 S.). – v. Tillier, Geschichte der Helvet. Republik. Bern 1843. 3 Bde. – Derselbe, Geschichte der Eidgenossenschaft während der Herrschaft der sog. Vermittelungsakte (1803–13) und während der sog. Restaurationsepoche (1814–1830). Bern 1845–46 u. 1848–50. 2 Bde. u. 3 Bde. – Wurstemberger, Lebensgeschichte des Schultheißen Nikl. Friedr. v. Mülinen, im Schweizerischen Geschichtsforscher Bd. IX. Bern 1837. – Hilty, Polit. Jahrbuch der Schweiz. Jahrg. II–IV (1887–89).