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Artikel „Wachmann, Johann“ von Wilhelm von Bippen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 418–420, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wachmann,_Johann&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 15:50 Uhr UTC)
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Wachmann: Johann W., verdienter bremischer Staatsmann, geboren am 16. September 1611, † am 10. Februar 1685. Er war das einzige Kind eines begüterten Kaufmanns, der 1622 in den Rath und 1632 zum Bürgermeister erwählt wurde. Johann W. der Jüngere, wie er zur Unterscheidung von seinem Vaterbruder, dem Rathssyndikus Johann W. dem Aelteren, genannt wird, wurde schon in sehr jungen Jahren zur Theilnahme an den öffentlichen Geschäften herangebildet. Zu Anfang 1629, als er noch die lateinische Schule besuchte, begleitete er als „Aufwärter“, d. h. etwa Secretär, die bremischen Rathsgesandten zu den Lübecker Friedensverhandlungen, im Herbste desselben Jahres den Syndikus Preiswerk in das Lager Wallenstein’s vor Magdeburg und nach Magdeburg. Einen Monat später ging er mit demselben Gesandten in die Niederlande, von wo er erst Ende Januar 1630 zurückkehrte. Inzwischen war er zu Ostern 1629 in die bremische Hochschule, das Gymnasium illustre, eingetreten, an der er bis Ostern 1632 Jurisprudenz studirte. Zur Fortsetzung der Studien ging er dann nach Königsberg. Kurz nach seiner Rückkehr von [419] dort brach er im August 1634 wieder auf, um gemeinsam mit dem späteren bremischen Bürgermeister Heinrich Meier (s. A. D. B. XXI, 198) eine Studienreise anzutreten. Nach einem flüchtigen Besuche Englands hielten sich die Freunde dreizehn Monate in Frankreich auf, wo in Orléans, Saumur und Bourges die juristischen Studien fortgesetzt wurden. Anfang November 1635 trafen sie zu gleichem Zwecke in Genf ein und siedelten, nach einer Reise durch das südliche Frankreich, im October 1636 endlich nach Basel über. Hier erlangten sie am gleichen Tage, 19. December 1637, den juristischen Doctorgrad. Im April 1638 kehrten sie gemeinsam nach Bremen zurück.

Im September desselben Jahres wurde W., der sich kurz vorher verheirathet hatte, zum Professor der Rechtswissenschaft am Gymnasium illustre ernannt. Denn vom Rathe, in den sein Freund Meier schon wenige Monate nach der Rückkehr von den Studien erwählt worden war, war W., solange sein Vater im Rathe saß, verfassungsmäßig ausgeschlossen, und eine Syndikatsstelle war zur Zeit nicht erledigt. So blieb W., wahrscheinlich seiner Neigung sehr entgegen, vierzehn Jahre lang im akademischen Berufe, mit dem er eine advocatorische Praxis verband. Eine Anzahl römisch-rechtlicher Abhandlungen von ihm ist aus dieser Zeit erhalten.

Erst im September 1652, da sein Vater noch Bürgermeister und sein Oheim erster Syndikus des Raths war, wurde W. zum zweiten Syndikus ernannt. Es geschah inmitten einer schweren Krisis, die von zwei Seiten über Bremen hereingebrochen war. Schweden, das als Nachfolger der Erzbischöfe im Münsterschen Frieden die Anerkennung der vom Kaiser schon 1643 ausgesprochenen Reichsfreiheit der Stadt hintertrieben hatte, schickte sich an, Bremen zur Landstandschaft herabzudrücken, und mit Oldenburg befand sich die Stadt infolge des vom Grafen Anton Günther usurpirten und durch das Friedensinstrument anerkannten Weserzolls in einer Art von Kriegszustand. Unmittelbar nach seiner Ernennung wurde W. nach Regensburg geschickt, um dem schwedischen Widerspruche zum Trotz die Reichsstandschaft Bremens auf dem Reichstage zur Geltung zu bringen. Während er, in Begleitung eines Rathsherrn dahin unterwegs war, erfolgte auf Klage Oldenburgs wegen des thätlichen Widerstandes der Stadt gegen den Weserzoll die Erklärung Bremens in die Reichsacht. Die bremischen Gesandten sahen sich genöthigt, einstweilen in Nürnberg Halt und von da aus den Versuch zu machen, die Reichsacht, die sie an der Ausführung ihrer Mission hinderte, wieder zu beseitigen. Es hat W. sehr verdrossen, daß, während er auf dem besten Wege war, dies durch geeignete Vorstellungen am kaiserlichen Hofe zu erreichen, der bremische Rath sich in directe Verhandlungen mit dem Grafen Anton Günther einließ und infolge davon eine beträchtliche Entschädigungssumme an diesen zahlte. Erst am 17. September 1653 wurde die Reichsacht aufgehoben, und am 18. Februar des folgenden Jahres konnte W. endlich zum ersten Male wirklich im Reichsstädterath seinen Sitz einnehmen.

Schweden protestirte dagegen auf dem Reichstage und mit den Waffen, indem es einen regelrechten Krieg gegen die Stadt eröffnete. Wohl erlangte dann W. am Reichstage kaiserliche Mandate gegen diese schwedischen Attentate, aber eine effective Hülfe konnte weder er, noch andere Rathsgesandte bei deutschen und außerdeutschen Höfen erwirken. Unter starker bewaffneter Begleitung, die der Rath von Bremen aus ihm entgegen gesandt hatte, mußte W. im Juni 1654 seinen Wiedereinzug in die von Schweden umlagerte Stadt halten. Im October desselben Jahres mußte W. an der Spitze der Rathsgesandtschaft die leidigen Friedensverhandlungen mit Schweden in Stade führen, die, ohne die Anerkennung der Reichsfreiheit von Seite Schwedens zu bringen, die Stadt zur Abtretung der Gebiete von Lehe und Bederkesa an Schweden nöthigten.

[420] In den folgenden Jahren wurde W., der nach dem Tode seines Oheims 1659 zum ersten Syndikus des Raths befördert wurde, mit zahlreichen Missionen an benachbarte Fürsten und Herren, am häufigsten mit Verhandlungen mit der schwedischen Regierung der Herzogthümer Bremen und Verden betraut. Denn immer wieder erneuerten sich die Prätensionen Schwedens auf die Untergehörigkeit der Stadt Bremen. Im J. 1665 spitzte sich das Verhältniß zwischen beiden zu einer neuen Krisis zu, so daß W. mit Vermittlungs- und Hülfsgesuchen an die Höfe von Berlin, Dresden, Halle und Braunschweig gesandt wurde. Er fand jetzt so wenig, wie früher, Neigung zu bewaffnetem Eingreifen gegen Schweden, und erst als im nächsten Jahre, nachdem W. in langwierigen Verhandlungen mit dem schwedischen Reichsfeldherrn Grafen Wrangel die bestehenden Differenzen vergeblich beizulegen versucht hatte, Schweden zu einer neuen Belagerung Bremens schritt, fanden sich die benachbarten Fürsten zu diplomatischer Vermittlung zwischen den Kämpfenden bereit. Auch durch den am 15. Novbr. 1666 zu Habenhausen abgeschlossenen Frieden erlangte zwar Bremen die schwedische Anerkennung seiner Reichsstandschaft nicht, aber dem diplomatischen Geschick Wachmann’s war es doch gelungen, die Entscheidung dieser Frage bis zum Schlusse des Jahrhunderts zu vertagen. In Wirklichkeit ist dadurch Bremens Reichsfreiheit für die Dauer des Reichs gerettet worden. W. starb im vierundsiebenzigsten Lebensjahre am 10. Februar 1685. An Anerkennung hat es ihm schon bei Lebzeiten nicht gefehlt. Die bremische Bürgerschaft hat ihm mehrmals seiner Verdienste wegen Befreiung vom Schoß zugebilligt; der Kaiser hatte ihn schon 1654 zu seinem Rathe und zum comes palatinus ernannt, auch sein ererbtes Wappen mit einer goldenen Krone auf dem offnen Helm geziert.