ADB:Anton Günther (Graf von Oldenburg)

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Artikel „Anton Günther, Graf von Oldenburg“ von Johann Friedrich Ludwig Theodor Merzdorf in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 1 (1875), S. 491–493, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Anton_G%C3%BCnther_(Graf_von_Oldenburg)&oldid=- (Version vom 24. April 2024, 21:38 Uhr UTC)
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Anton Günther, letzter Graf von Oldenburg, ein Sohn des Grafen Johann XVI. und der Gräfin Elisabeth von Schwarzburg, geb. 9. Nov. 1583 zu Oldenburg, † zu Rastede 19. Juni 1667. Seinen Unterricht erhielt er durch Magister Velstein mit seinen vier Schwestern, von denen die älteste Anna Sophie die bedeutendste war. Reisen nach Braunschweig, Cassel, Hamburg und körperliche [492] Uebungen trugen zur Entwicklung seiner leiblichen und geistigen Vorzüge bei. Nach dem Tode seines Vaters, 12. Nov. 1603, übernahm er die Regierung des Landes, aber vorläufig unter Vormundschaft des Königs Christian IV. von Dänemark; er machte daher auch jetzt noch einige Reisen (1606 und 1609) durch Deutschland, die Schweiz, Oberitalien, Frankreich, England und Holland. Als er nun die Zügel der Regierung selbst in die Hand nahm, zeigte er sich als thätiger und kräftiger Regent, der da, wo er den Umständen, weil sie mächtiger als er waren, nicht gebieten konnte, sie oft mit leisem Drucke zu seinem Vortheile zu lenken wußte. Dies zeigte sich namentlich im dreißigjährigen Kriege, in dem er sein Ländchen von den Schrecken und Lasten fast ganz frei zu halten und von allen kriegführenden Parteien Neutralitäts- und Sauvegardebriefe zu erlangen wußte. Als Selbstherrscher hat er für sein Land (und sich) gesorgt, als er die ostfriesischen Ansprüche wegen der von Oldenburg beschafften Eindeichungen abwies, als er den von seinen Vorwesern (1562) angeplanten Weserzoll endlich (1623) nach vielen Mühen erlangte, jenen Zoll, der erst 1820 aufgehoben wurde. Wie er Delmenhorst wieder für Oldenburg gewann, so auch Kniphausen, welches ihm von Ostfriesland streitig gemacht wurde, auch suchte er durch Berichtigung von Gränz-, Hut- und Weidestreitigkeiten die innere Landeshoheit mehr zu festigen und zu consolidiren, so wie er auch – ganz im Sinne seines Jahrhunderts – den Adel und die Städte abhängig machte und die Landeseinkünfte durch einen verbesserten Staatshaushalt vermehrte. Er legte den Grund zu der heute noch blühenden Pferdezucht und verbesserte das Justiz- und Polizeiwesen. Bei allen diesen Maßregeln ist aber nicht zu verkennen, daß der Mangel an successionsfähigen Leibeserben (denn seine Ehe mit einer schleswig-holsteinischen Prinzessin war kinderlos) einen zu großen Einfluß auf sein Regierungssystem hatte, indem sein Bestreben für seinen geliebten natürlichen Sohn (welchen er mit einem Fräulein Ungnad von Weißenwolf, später Frau von Marenholz, gezeugt hatte) so viel als möglich zu erübrigen, manche Rücksichten auf das Beste des Landes schwächte und den Regenten dem Vater unterordnete. Aus diesem Grund ist auch der rendsburgische Vergleich (16. April 1649) zu erklären, den er gegen die Ansicht seiner treuen Räthe mit Uebergehung des um einen Grad nähern Herzogs von Holstein-Sonderburg oder Plön Joachim Ernst, mit dem Könige von Dänemark und dem Herzoge von Holstein-Gottorp abschloß, durch welchen Vergleich er für seinen Allodialerben den größten Vortheil erlangte und die besten Stücke des Landes erwarb. In eben diesem Sinne wurde mit Braunschweig-Lüneburg als Lehnsherrn über Stad- und Butjadingerland am 19. Mai 1653 der Hamburger Vergleich abgeschlossen, so wie (1655 und 1656, 1657, 1665) die Vereinigungen mit dem Fideicommisse der ehemaligen Johannitergüter, dem Fürsten Johann von Anhalt-Zerbst. Auf Grund dieser Verträge glaubte nun A. G. über die ihm zugesicherten Stücke zum Besten seines durch ein kaiserl. Diplom (v. 15. Juli 1653) zur Reichsgrafenwürde gelangten, 1633 geborenen, natürlichen Sohnes, Anton I. von Aldenburg frei disponiren zu können und übergab diesem schon bei seinen Lebzeiten einen Theil dieser Stücke, so z. B. 1658 Kniphausen und testamentarisch sogar noch einen Theil des Weserzolls. Um ganz sicher zu gehen, übertrug er schon bei Lebzeiten die Grafschaften mit allen Lehns-Pertinenzien, jedoch mit Vorbehalt der Landesregierung und des lebenslänglichen Genusses aller Einkünfte am 1. Oct. 1664 an den königl. dänischen und herzogl. Gottorpischen Bevollmächtigten, wie er schon 1660 die Herrschaft Jever seinem Schwestersohne dem Fürsten Johann von Anhalt-Zerbst übergeben hatte. So war das mühsam zusammengebrachte Land wieder zerstückt, und der Grund zu Streitigkeiten gelegt, die Jahrhunderte fortdauerten und erst in den letzten Jahren, (s. Bentinck) beigelegt wurden und [493] das Land wieder in seinem früheren Umfange herstellten. Diese väterliche Liebe verdunkelte das schöne Regentenbild des Mannes, der jetzt noch im oldenburgischen Volksbewußtsein populär fortlebt, der für sich jede Standeserhöhung abschlug, obgleich ihm, wie von Halem sagt, weiter nichts fehlte, als ein Königreich, um als ein großer König zu glänzen.

J. J. Winkelmann, Oldenb. Chronica. Oldenb. 1671. – Relatione de gli stati, e corte di sua Ecc. il Sign. Antonio Gunthero Conte di Oldenbourg etc. Kiobenhavn. 1756. – L. H. E. Meiners, Geschichte Anton Günthers. Oldenb. 1867.