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Artikel „Volpert Riedesel v. Bellersheim“ von Johannes Kretzschmar in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 40 (1896), S. 272–274, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Volpert&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 22:58 Uhr UTC)
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Volpert: Riedesel v. Bellersheim wurde nach dem Tode Wilhelm’s von Völkershausen (9. Sept. 1493) am 12. September 1493 zum Abte von Hersfeld erwählt und erhielt die Confirmation im folgenden Jahre. Seine Regierung wurde durch ununterbrochene Streitigkeiten mit seinen Unterthanen, mit der Stadt Hersfeld und mit seinen Nachbarn ausgefüllt. Ebenso lebte er mit seinem Schirmherrn, dem Landgrafen Wilhelm II. von Hessen (siehe diesen) in beständigem Zwiste, weil er sich dessen Bemühungen, die verfallene Zucht in den hessischen Klöstern wieder herzustellen, hartnäckig entgegenstellte. [273] Er fügte sich erst nach wiederholten Aufforderungen und Ausflüchten – so erklärte er sich z. B. bereit statt der Bursfelder Union, wie Wilhelm verlangte, der Kasteller beizutreten – und nachdem sich Landgraf Wilhelm auf eigene Faust von dem Abte von Bursfeld Visitatoren und Reformatoren für Hersfeld erbeten hatte (19. März 1506). Am 12. Jan. 1508 trat er schließlich der Bursfelder Union bei, wofür ihm der Landgraf seinen Schutz zusicherte und die Restitution der entfremdeten Klostergüter versprach. Die Ausführung ließ freilich zu wünschen übrig, denn kurz darauf schon beschwerte sich Wilhelm, daß man es „mit der Reformation zu keinem beständigen Grunde gebracht“ habe, und auch verschiedene Visitationen und Tagfahrten vermochten den beständigen Klagen nicht abzuhelfen, welche bis zu dem Tode des Landgrafen (1509) kein Ende nahmen. Als ihn dann die Streitigkeiten in Hessen um die Vormundschaft des jungen Landgrafen Philipp von der lästigen Aufsicht befreiten, konnte er seine anderen Zwistigkeiten mit mehr Energie verfolgen, unter denen die mit der Stadt Hersfeld von verhängnißvoller Bedeutung waren. So verlangte er u. a. das Recht des freien Geleites, das bisher die Stadt ungestört ausgeübt hatte; es kam zu einem langwierigen Processe vor dem Reichskammergerichte, der große Summen verschlang und das Stift an den Rand des Verderbens brachte. Sein „nächster Rath“ Jakob Mellhorn und der Fuldische Coadjutor Graf Hartmann von Kirchberg bestärkten ihn in seiner Hartnäckigkeit so lange, bis ihm die Schwierigkeiten über den Kopf wuchsen. Da faßte er den verzweifelten Gedanken abzudanken und gelobte am 9. März 1511 zu Hersfeld mit Wissen und Willen seines Conventes „sich mit dem Stifte Hersfeld dem Stifte Fulda zu ergeben und demselben ewiglich an-, in- und zugehörig zu machen“; Hersfeld sollte seine eigene Verwaltung behalten und bei allen wichtigen Beschlüssen, wie Abts- und Decanswahlen, mit Fulda ein corpus bilden; er versprach zu resigniren, sobald Kaiser und Papst ihre Genehmigung zu dieser Incorporation ertheilt hätten. In der That erhielt Hartmann – seit dem 20. Mai 1513 Abt von Fulda – auf Bitten Kaiser Maximilian’s I. die päpstliche Bestätigung derselben (6. Mai 1513) und von dem Kaiser selbst die Belehnung mit den Regalien (15. Dec. 1513). Hartmann sandte am 9. Sept. 1513 den Fuldischen Decan nach Hersfeld, um sich von dem dortigen Convente schwören zu lassen, – Kraft Mylle (Crato Miles) allein, der spätere Abt von Hersfeld, weigerte sich – konnte aber selbst nicht in die Stadt Hersfeld gelangen, um die Huldigung der Bürgerschaft entgegen zu nehmen, da diese ihm die Thore verschloß. Er besetzte das Schloß Eichen (10. Sept.) und empfing hier von dem Abte V. und dem Decan Andreas Marschall die Hersfeldischen Siegel als Zeichen ihrer Resignation; mit ihnen, den wichtigsten Hersfeldischen Privilegien, einigen kostbaren Geräthen und Büchern begab er sich wieder nach Fulda. V. zog sich in das Kloster St. Andreasberg bei Fulda zurück und beschloß als Propst daselbst am 14. April 1540 sein unruhiges Leben. Hessen konnte dieser Incorporation, die seinen Rechten und Verträgen mit Hersfeld schnurstracks entgegenlief, nicht ruhig zusehen und vereinigte sich mit dem Theile der Hersfelder Geistlichkeit, der unter der Führung Mylle’s und Georg’s v. Weitershausen, des Propstes von Frauensee, für die Selbständigkeit des Stiftes eintrat. Nach langwierigen Verhandlungen und Fehden mußte sich Hartmann, der sich durch sein unbedachtsames Regiment selbst die Fuldische Land- und Ritterschaft zu Gegnern gemacht hatte, zu einem Vergleiche verstehen (Hamelburg, den 25. März 1516), worin er seine Ansprüche auf das Stift Hersfeld aufgab und durch seine Procuratoren in Rom und beim Kaiser die Uebertragung auf Ludwig v. Hanstein, den Abt von Helmershausen, zu erwirken versprach. (Verzichtsurkunde d. d. 1. April.) Er war froh, daß Hessen sich seiner gegen seine eigene Ritterschaft annahm.

[274] Acten des Marburger Staatsarchivs. – C. G. Ledderhose, jurium Hassiae principum in abbatiam Hersfeldensem assertio, Marburg 1787. – Schannat, hist. u. dioec. Fuld. – Rommel, Hessische Gesch. III, 235 u. die dort angeführten Quellen.