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Artikel „Villaume, Peter“ von Carl Euler in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 706–707, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Villaume,_Peter&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 20:12 Uhr UTC)
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Villaume: Peter V., 1746 zu Berlin geboren, studirte Theologie, wurde Prediger der französischen Colonie zu Halberstadt und gründete daselbst mit seiner Frau eine „Erziehungsanstalt für Frauenzimmer“, über die er 1780 eine gedruckte Nachricht zu Halle erscheinen ließ. 1783 besuchte ihn auf einer Reise von Dessau aus Salzmann, der bekannte spätere Begründer der Erziehungsanstalt Schnepfenthal, und berichtet über diesen Besuch im ersten Band der Reisen Salzmann’scher Zöglinge (1784). Er erzählt, daß V. ein entschiedener Freund der Gymnastik sei, daß sie auf einem Spaziergang allerhand körperliche Uebungen trieben, nicht allein die Knaben (Villaume’s Söhne und zwei jugendliche Reisebegleiter Salzmann’s), sondern auch die Mädchen und schließlich selbst die „Alten“.

V. wurde Jugendschriftsteller; seine „Geschichte des Menschen“, 1783 in deutscher und französischer Bearbeitung, erstere in Dessau und Leipzig, letztere „à Bronswic“ erschienen, erlebte mehrere Auflagen. 1786 am 18. September hielt V. in der litterarischen Gesellschaft zu Halberstadt auf König Friedrich II. die Gedächtnißrede, die gedruckt zu Berlin und Libau erschien. 1787 wurde V. als Professor der Moral und schönen Wissenschaften an das Joachimsthal’sche Gymnasium zu Berlin berufen. Litterarisch beschäftigten ihn damals zwei größere Arbeiten, die beide in Campe’s „Allgemeiner Revision des gesammten Schul- und Erziehungswesens“ im siebenten und achten Theil (1787) enthalten sind; in ersterem eine gekrönte Preisschrift „Ueber die Unzuchtsünden der Jugend“, in letzterem „Von der Bildung des Körpers in Rücksicht auf die Vollkommenheit und Glückseligkeit der Menschen, oder über die physische Erziehung insonderheit“. Macht in der ersteren Arbeit die rücksichtslose Aufdeckung aller Schäden der geschlechtlichen Jugendverirrungen bei Knaben und Mädchen einen fast unheimlichen Eindruck, so wird man von dem Inhalt der zweiten um so [707] wärmer berührt. Man kann letztere in gewissem Sinne eine Vorläuferin von Guts Muths „Gymnastik für die Jugend“ nennen. Fr. L. Jahn gedenkt ihrer in seinem „Deutschen Volksthume“.

Der Inhalt der wenig bekannten Abhandlung verdient noch jetzt volle Beachtung und möge daher der Inhalt kurz angegeben werden.

Nachdem in der Einleitung ausgeführt worden ist, daß es eine Kunst, den Körper zu bilden, gebe, die sich gliedere erstens in „Verhütung dessen, was den Körper des Kindes verunstalten kann“, zweitens in „die Vervollkommnung dessen, was die Natur zur Bildung des Körpers thut“, drittens in „Verbesserung des geschehenen Schadens oder angeborener Fehler“ – handelt das erste Capitel von den allgemeinen Mitteln der Kunst zur Bildung des Leibes. Dieselben sind: Diät, Uebung, dahin gehören Spiel und Gymnastik, und Arznei, letztere aber nur als Behelf in der Noth.

Das zweite Capitel bespricht die „allgemeinen Grundsätze der körperlichen Erziehung“, das dritte die „Zwecke der Bildung des Körpers“, das vierte den „unnöthigen Kleiderzwang“, das fünfte die „Unbesonnenheiten, welche den Körper verderben“, das sechste die „Unbesonnenheiten der Wärterinnen“ u. s. w., das zehnte „die Gymnastik“. V. behandelt letztere unter drei Gesichtspunkten: erstens „freie Spiele, welche man der Wahl der Jugend überläßt“, zweitens „künstlich eingerichtete Uebungen unter den Augen der Aufseher“, drittens „ernsthafte anhaltende Arbeit“. Es werden diese Gesichtspunkte in den folgenden Capiteln weiter ausgeführt. 1788 erschien von V. „Philothea, oder die ersten Lehren der Religion“; 1789 „Erkenntniß der Erde, des Menschen und der Natur“; 1790 „Rede am Geburtstag des Königs“; 1791 (in Libau) „Ueber das Verhältniß der Religion zur Moral und zum Staate“.

V. legte 1793 seine Professur am Joachimsthal’schen Gymnasium nieder und privatisirte zu Brahe-Trolleburg auf der Insel Fünen, wo er an einem „Dorfschul-Seminarium“ mitwirkte. Als Todesjahr wird das Jahr 1806 angegeben.

Vgl. Waßmannsdorff in der Deutschen Turnzeitung 1865, S. 402 ff. und in der Monatsschrift für das Turnwesen 1887, S. 235 ff.