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Artikel „Velschberger, Der“ von Gustav Roethe in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 574–575, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Velschberger,_der&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 16:21 Uhr UTC)
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Velschberger: Der V. (Velczberger), Schwankdichter des 15. Jahrhunderts. Sein Name, der gewiß nicht allegorisch gemeint ist, kann zu näherer Localisirung kaum helfen; von den beiden Gedichten, die ihm in Handschriften beigelegt werden, zeigt zwar der Streit zwischen Wolf und Pfaffen die charakteristischen Merkmale österreichischer oder steirischer Herkunft; aber gerade dieser Spruch wird in einer [575] andern Quelle dem sonst unbekannten Stephan Vohburg aus Oesterreich beigelegt. Die rohen Spottverse auf alte Weiber aber, in denen sich der V. selbst nennt, ergeben nur sprachliche Kriterien, die, ohne Oesterreich gerade auszuschließen, doch besonders gut an das bairisch-schwäbische Grenzgebiet hinpassen würden; dazu stimmt es, daß hier die Sitte des Klopfan als landesüblich vorausgesetzt wird. Beide Gedichte sind zu kurz, als daß sie sichere Entscheidung gestatteten; aber aus sprachlichen wie aus stilistischen Gründen halte ich es für richtiger, zur Beurtheilung des V. nur sein sicheres Eigenthum, den Altenweiberspruch des Cgm. 5919, zu benutzen. Es ist ein grobes, von Schimpfwörtern strotzendes Product, das auch formell sehr vernachlässigt scheint: doch mag da die Ueberlieferung Mitschuld tragen. Velschberger’s hervorstechendes Kunstmittel ist eine lose, aber frevelhafte Parodie. In der Manier der Scherzpredigten Fröschel’s von Laidnitz und ähnlicher knüpft er an die Passionen der vier Evangelisten an, ohne das Motiv übrigens tiefer wirken zu lassen: es gibt eigentlich nur den Refrain ‚Das steht auch im Passion‘ her. In diesem Rahmen entwirft er groteske übertriebene Caricatuten von bösen Weibern, die er z. B. als Satans Schachfiguren anschaulich vorführt. Parodisch wieder läuft das Gedicht endlich aus in eine gröbliche Verzerrung der üblichen hübschen Neujahrswünsche des ‚Klopfan‘, zur derb spöttischen Verwünschung. So vertritt der V. lediglich die Freude am plump Häßlichen, wie sie das 15. Jahrhundert allzureichlich besitzt, aber ohne daß etwa gesteigerte Kraft der Lebenswahrheit oder der sittliche Hintergrund der Satire den widerwärtigen Eindruck milderte; der Dichter speculirt auf den gemeinen Ungeschmack eines verrohten Publicums.

Erzählungen aus altdeutschen Handschriften, gesammelt durch Adelbert v. Keller (Bibliothek des Stuttgarter Litterarischen Vereins Bd. XXXV, 192 ff. Stuttg. 1855). – Anzeiger für Kunde der teutschen Vorzeit herausg. von Frz. Jos. Mone, vierter Jahrgang 1835 Sp. 181–183.