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Artikel „Vechner, Daniel“ von Friedrich Koldewey in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 517–519, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Vechner,_Daniel&oldid=- (Version vom 6. Dezember 2024, 14:24 Uhr UTC)
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Vechner: Daniel V. wurde am 7., oder wie von anderer Seite berichtet wird, am 11. Januar 1572 zu Goldberg in Schlesien als ein Sohn des dortigen Bürgermeisters Georg V. geboren. Die Grundlage für seine ausgezeichnete Kenntniß der lateinischen und der griechischen Sprache gewann er auf der Gelehrtenschule seiner Vaterstadt, deren Name mit dem ihres ersten evangelischen Rectors, des berühmten Schulmonarchen Trotzendorf (s. A. D. B. XXXVIII, 661), unzertrennlich verknüpft ist. Unter seinen Lehrern ist vor allen Pancratius Crüger (Crugerius) aus Finsterwalde zu nennen, der 1589 an die Spitze der Goldberger Anstalt trat, nachdem er schon vorher von 1576–1581 an der neubegründeten Juliusuniversität zu Helmstedt als deren erster Professor der Poesie und der lateinischen Sprache, sodann als Rector zu Lübeck gewirkt hatte. Derselbe ging 1594 als Professor der griechischen Sprache an die Hochschule zu Frankfurt a. O. und ist in dieser Stellung 1614 gestorben. Mit welcher Hochachtung und Dankbarkeit V. seinem Lehrer ergeben war, hat er nicht blos durch einzelne gelegentliche Aeußerungen – er nennt ihn virum inter paucos doctissimum, virum aeterna laude dignissimum – zu erkennen gegeben, sondern vor allem dadurch, daß er ihm nach seinem Tode eine ehrenvolle Gedächtnißrede hielt. – Wann V. die Goldberger Schule verlassen, welche Universitäten er besucht, wo er die Magisterwürde erworben, liegt im Dunkel. Jedenfalls nahmen die Humanitätswissenschaften sein Interesse in ganz besonderem Maße in Anspruch. Im Alter von 26 Jahren wurde er Lehrer in Goldberg und legte hier ein so erfreuliches Lehrgeschick und eine so hervorragende Gelehrsamkeit und Redegabe an den Tag, daß er 1610 als Rector nach Jauer berufen wurde. Aber schon nach einer Zeit von nicht ganz 8 Jahren kehrte er als Professor und Prorector in seine Vaterstadt zurück. Diese Stellung, in die er am 24. Juli 1618 in Gegenwart seines Landesherrn, des Herzogs Georg Rudolf von Liegnitz, von dem gelehrten Superintendenten Simon Grunaeus feierlich eingeführt wurde, behielt er bei, bis Trotzendorf’s Anstalt infolge des Religionskrieges am 4. November 1622 aufgehoben und das Lehrercollegium, der Rector Jonas Melidaeus und V. an der Spitze, entlassen wurde. V. blieb in Goldberg zunächst als Privatmann zurück, wurde dort 1625 Rathsherr und [518] zweiter Bürgermeister (proconsul) und verwaltete dieses Amt bis zu seinem Tode, der ihn am 23. Juni 1632 – nach andern 1631 – im Bade zu Hirschberg dahinraffte.

V. zählt zu den tüchtigsten Kennern der alten Sprachen, die zu seiner Zeit auf deutschem Boden vorhanden waren. Das Lateinische handhabte er, wie sein Lehrer Pancratius Crüger, nicht blos in Prosa, sondern auch in gebundener Rede mit großer Gewandtheit. Wegen seiner Gedichte wurde er – man weiß leider nicht, wann – zum Poeta laureatus Caesareus ernannt. Auch seine lateinischen Reden, von denen einige im Druck erschienen sind, erfreuten sich der Bewunderung der Zeitgenossen. Seine übrigen Schriften, die meist für die Zwecke des Unterrichts bestimmt waren, sind sehr selten geworden und theilweise vielleicht ganz verloren gegangen. Aus dem Titel der einen: „De adstruendo ianuae Comenianae latinitatis templo exempla, cum proplasmate liminis, atrii, ostii“, darf man schließen, daß V. als praktischer Schulmann auf Seiten des großen mährischen Schulreformers stand. Das bedeutendste von seinen Werken sind seine „Hellenolexia, sive Parallelismi Graecolatini libri duo“. Das Buch erschien zuerst 1610 zu Frankfurt. Eine Anzahl von Exemplaren dieser Editio princeps wurde im folgenden Jahre von dem Verleger mit dem schwerlich vom Verfasser herrührenden Titel in die Welt geschickt: „Illustres ac perpetui grammaticorum canones ac observationes linguae, tam Romanae, quam Graecae, quibus scholastica pubes tam quoad etymologiam, quam quoad syntaxin carere nequit: docens (!) utriusque linguae inflexiones, significationes, elefantias, imitationes, auctore M. Dan. Vechnero paedagogiarcha Goldbergense“. Eine 2., von V. noch selbst verbesserte und auf den doppelten Umfang erweiterte Bearbeitung trat 1630 zu Straßburg ans Licht. Zum dritten Male wurde das Werk 1680 von einem Ungenannten – er hieß Joh. Nicolaus Werner – herausgegeben, leider aber dabei durch viele theils werthlose theils unrichtige Einschiebsel verunstaltet. Dagegen zeichnet sich die vierte und letzte Ausgabe, die der gelehrte und scharfsinnige Joh. Mich. Heusinger (s. A. D. B. XII, 334 f.) mit einem Vorworte vom 7. October 1733 zu Gotha erscheinen ließ, durch große Sorgfalt, insbesondere auch durch zahlreiche Berichtigungen und lehrreiche Zusätze aus. So erstreckte sich die Einwirkung von Vechner’s Hellenolexie weit über ein Jahrhundert hinaus. Es ist darin in reicher Fülle und in guter Ordnung zusammengestellt, was die Römer hinsichtlich des Wortschatzes, der Etymologie, der Syntax, sowie hinsichtlich der Figuren und Tropen und sonstiger Redewendungen, nach der Meinung des Verfassers von den Griechen entlehnt haben. Daß dabei auch manches, was zu dem ursprünglichen Besitzthume der lateinischen Sprache gehört, mit zu dem hellenischen Lehngute gerechnet wird, darf um so weniger auffallen, als zu Vechner’s Zeit von einer Wissenschaft der Sprachvergleichung überhaupt noch nicht die Rede war und insbesondere die auch heute noch nicht zureichend aufgeklärten Verwandtschaftsverhältnisse zwischen Griechen und Italiern noch völlig im Dunkel lagen. Jedenfalls ist es richtig, was Konrad Bursian bemerkt, „daß das ganze Buch für die feinere Kenntniß des griechischen sowohl als des lateinischen Sprachgebrauchs sehr förderlich geworden ist“. Und auch das darf dem Verfasser der Hellenolexie nicht vergessen werden, daß er durch sie die Ueberzeugung von der Nothwendigkeit der griechischen Studien für ein wirklich genaues und gründliches Verständniß des Lateinischen (non quisquam citra adminiculum Graecarum litterarum auctores latinos satis assequetur) in hohem Maße und in weiten Kreisen verbreitet und befestigt hat.

Vgl. Jo. Henr. Cunradi Silesia togata (Lignicii 1706, 4°), p. 319. – Heusinger, Vita Danielis Vechneri, vor dessen Ausgabe der Hellenolexie, [519] Bl. c 4 ff. – Jöcher, Gel.-Lexicon IV, 1485 f. – Bursian, Gesch. der class. Philol. in Deutschland, S. 300 f.