ADB:Unni
Ansgar († 865) und Rimbert († 888) begonnene nordische Mission wieder aufnahm. „Von Erzbischof Adalbert dem Großen wird Unni als der dritte und letzte Apostel des Nordens bezeichnet“ (Dehio S. 119). Rimbert’s drei Nachfolger waren Mönche „von beschränktem Gesichtskreise“. Die verheerenden Kriegszüge der Normannen – 880 die Niederlage der Sachsen an der Elbe (s. A. D. B. XXVIII, 616) –, der Obotriten 895, endlich das Vordringen der Ungarn bis Bremen 918 waren die Ursache, daß an eine Fortsetzung der nordischen Mission nicht zu denken war. U. wurde 918 von König Konrad I. zum Erzbischofe ernannt. Freilich hatten noch Volk und Clerus nach alter Weise das Recht der Bischofswahl. Thatsächlich aber stand die Entscheidung bei dem König. Durch Unni’s Ernennung bethätigte Konrad I. sein günstiges Urtheil über ihn. Von dem Volk und Clerus war Leidrad, der Bremer Dompropst, gewählt worden. Als derselbe sich bei Hofe vorstellte, reichte jedoch der König den Hirtenstab nicht ihm, sondern seinem ihn begleitenden Kaplan, dem U., obgleich U. von unansehnlichem Aeußeren, jener ein stattlicher Mann gewesen sein soll (Dehio S. 102). Wie gering aber die Aussichten für eine nordische Mission im Todesjahr des Königs (918) waren, geht aus den Worten Adam’s von Bremen (bei v. Schubert S. 51) hervor: „Das möge uns genügen, daß alle Dänenkönige noch Heiden waren und trotz aller Thronstreitigkeiten und Kriegszüge noch ein klein wenig von der christlichen Pflanzung Ansgar’s übrig geblieben, nicht alles zu Ende war“. Damals war das Erzbisthum noch im höchsten Grade gefährdet. In Dänemark hatte König Gorm der Alte dem Theilkönigthum ein Ende gemacht und herrschte über Jütland und die Inseln. Wegen seiner Feindschaft gegen das Christenthum nennen ihn die alten Chronisten auch Worm (vermis). der als Lindwurm die Christen, wo er sie fand, tödtete. Als Heinrich I. bis an die Schlei vorgedrungen war, besiegte er dort Gnuba aus schwedischem Geschlecht. Er mußte sich taufen lassen, wurde aber von Gorm besiegt und getödtet. So wenig war noch Heinrich’s Macht gefestigt und schwerlich dort von dem deutschen König eine Mark begründet (so v. Schubert S. 54, auf Grund von Sach und R. v. Liliencron, s. u.). Nach weiterem Vordringen Heinrich’s gelang es ihm, „Gorm zum Frieden und zu jährlichem Tribut zu zwingen, und mehr noch, der berüchtigte Feind der Christenheit mußte sich dazu bequemen, deutschen Priestern sein Land zu öffnen und ihrer Predigt Freiheit und Schutz zu geloben. Die Pforten des Heidenthums waren gesprengt, und „angeweht vom Geiste seiner Vorgänger säumte U. nicht, durch sie einzudringen“ (Dehio S. 118). Zuvor eilte U. nach Duisburg an den Hof des Königs, um sich der Zustimmung desselben zu seinem Unternehmen zu versichern. Sein rascher Muth erregte Bewunderung; man sieht es daraus, daß in Bremen das ganze Domcapitel ihm das Geleit gab (Hauck III, 80), als er sich nach [735] seiner Diöcese aufmachte. Dann ergriff er Besitz von dem für seine Diöcese gewonnenen Arbeitsfeld, d. h. von Dänemark und Schweden, Ansgar’s und Rimbert’s Spuren folgend. Dies wird der Grund gewesen sein, warum U. nicht die von Adalward, dem Bischof von Verden († 833; Dehio, Kritische Ausführungen, S. 62), begonnene Wendenmission, von deren Erfolg übrigens nichts bekannt ist (v. Schubert S. 55), nicht fortsetzte. U. fand in seinem Missionswerke eine willige Unterstützung durch Gorm’s Sohn, Harald Blaatand, der zwar noch nicht getauft – erst um 947 ließ er sich taufen (v. Schubert, Chronologische Tabelle) –, doch die Religion der Deutschen zu bekennen erlaubte. U. sammelte in Jütland „die versprengten Reste, deren er also doch noch vorfand, bestellte den verlassenen Kirchen Priester und übergab die neugewonnenen Christen dem Schutze Harald’s“ (v. Schubert S. 55). Auf den dänischen Inseln, wo noch nie das Evangelium verkündet worden war (Dehio S. 119), stärkte er die gefangenen deutschen Christen (v. Schubert S. 55). Gleich seinem Vorbilde Ansgar fuhr er nun nach Schweden, und zwar nach Birka am Mälarsee, „wo damals König Ring und seine Söhne Erich und Emund herrschten und Unni gastlich aufnahmen, wie nachmals Adam von Bremen von Svein Estridsson vernommen hat. Im Begriff, von Birka heimzukehren, erkrankte Unni und starb daselbst am 17. September 936. Sein Haupt aber brachten die Jünger nach der Heimath zurück und setzten es vor dem Hauptaltar des Bremer Domes bei; der Hügel aber, unter dem zu Birka sein Körper ruhete, blieb noch lange den nachlebenden Geschlechtern eine geweihte Stätte“ (Dehio S. 119). „Die hamburgische Kirche hat das Gedächtniß an Unni treulich gehegt. Adam von Bremen’s Erzählung giebt ein Bild seiner Persönlichkeit: er war ein Mann klein von Gestalt, aber immer voll freudigen Muthes … Unni fehlte in Einem: der Gedanke an die nordische Mission drängte den an die Wendenmission ganz in den Hintergrund. Dies war nothwendiger, denn die Wenden gehörten zum Reich; die Dänen und Schweden waren Fremde“ (Hauck III, 82). Warum wir uns diesem letzten Urtheil über U. nicht anschließen mögen, der eben in Ansgar’s Fußstapfen ging, und Zeuge von Adalward’s Mißerfolg gewesen war, ist oben angedeutet.
Unni, sechster Erzbischof von Hamburg-Bremen von 918–936. Nur Weniges ist von ihm berichtet, und doch stimmen mit Recht die neuesten Darsteller der Kirchengeschichte Hamburgs (Hauck und v. Schubert, siehe unten) darin überein, daß mit U. eine neue Zeit für Hamburg-Bremen begann. Seine Bedeutung liegt darin, daß er die von den beiden ersten Erzbischöfen- Hauck, Kirchengeschichte Deutschlands, 3. Theil. Leipzig 1896. – G. Dehio, Geschichte des Erzbisthums Hamburg-Bremen, 2 Bde. Berlin 1877. – H. v. Schubert, Kirchengeschichte Schleswig-Holsteins I. Kiel 1907. – A. Sach, Das Herzogthum Schleswig in seiner ethnographischen und nationalen Entwicklung, 1. Abth. Halle 1896, S. 54 ff. – R. von Liliencron, Der Runenstein von Gottorp. Kiel 1888, S. 9 ff. – R. Ballheimer, Zeittafeln zur Hamburger Geschichte. Programm d. Gelehrtenschule d. Johanneums. Hamburg 1895. 1898 (enthält vielfache Abdr. d. Quellen).