ADB:Rimbert
Ansgar einst sein flandrisches Kloster Turholt besuchte, fiel ihm unter den dortigen Schülern Rimbert durch den Ernst seines Wesens auf; er ließ ihn zum Geistlichen erziehen und nahm ihn, vielleicht nachdem ihm jenes Kloster von Karl dem Kahlen entzogen war, ganz zu sich. R. wurde der unzertrennliche Begleiter Ansgar’s, sein Tröster noch auf dem Sterbebette und unmittelbar nach Ansgar’s am 3. Februar 865 erfolgtem Tode von Klerus und Volk zu seinem Nachfolger erwählt. R. hatte bis dahin kein Klostergelübde abgelegt, aber in seiner neuen Stellung, welche ihm mit dem Erzbisthum zugleich die Mission in Dänemark und Skandinavien übertrug, mußte er das Bedürfniß fühlen, mit dem Kloster Corvey und durch dieses auch mit Alt-Corbie, von dem direct oder durch Vermittlung des Tochterklosters Ansgar und die Mehrzahl seiner Missionsgehülfen ausgegangen waren, in engste Beziehung zu treten. Er ging deshalb sofort nach Corvey und von dem dortigen Abte Adalgar begleitet an den Hof des Königs. Von Ludwig dem Deutschen empfing er zu Mainz den Hirtenstab, dann, da Hamburg noch keine Suffragane hatte, auf des Königs Anordnung vom Erzbischof von Mainz unter Assistenz der Bischöfe von Paderborn und Minden die Weihe. Auf der Rückkehr vom Hofe sprach er nochmals in Corvey vor und trat nun in die Gemeinschaft der Benedicitiner ein. Zugleich gab ihm der Abt in seinem gleichfalls Adalgar genannten Bruder einen Gehülfen für die Missionsarbeit mit. R. scheint in den nächsten Jahren mehrmals in Dänemark und Schweden gewesen zu sein, über die Erfolge seiner Thätigkeit aber fehlt uns jede Nachricht. Die kleinen Christengemeinden in Schleswig, Ripen und Birka werden sich unter der zur Zeit im Norden noch vorwaltenden Ruhe zunächst wol erhalten haben. Wie König Horich der jüngere von Dänemark, so scheinen auch seine Nachfolger Sigfrid und Halfdan nicht nur zum fränkischen Reiche, sondern auch zu Rimbert ein friedliches Verhältniß bewahrt zu haben. Erst mit dem Jahre 880, als R. selbst schon seit längerer Zeit, wie es scheint, durch Krankheit verhindert gewesen war, sich persönlich an der Mission zu betheiligen, brach ein neuer Ansturm der Nordmannen gegen die deutschen Küsten los, unter dem vermuthlich auch jene Christengemeinden zu Grunde gegangen sind. Mit der furchtbaren Niederlage, welche die Sachsen unter Führung des Ludolfinger Herzogs Bruno am 2. Februar 880 an einem Punkte der Unterelbe erlitten, begann eine weit über Rimbert’s Tod hinaus dauernde schwere Heimsuchung auch der zum Hamburg-Bremischen Erzbisthum gehörigen Lande. Im J. 884 gelang es im friesischen Gau Nordendi einmal der persönlichen Anfeuerung des zufällig anwesenden R., einen Angriff der Dänen zurückzuschlagen. Sonst waren Sachsen und das östliche Friesland, vom Reiche völlig im Stiche gelassen, höchsten durch die stärkeren Lockungen geschützt, welche die Rheinstädte und die westfränkischen Küsten auf die Nordmannen ausübten. Von Hamburg ist in der Zeit Rimbert’s niemals die Rede, es scheint aus den Trümmern des Jahres 845 noch nicht wieder erstanden zu sein. Rimbert’s regelmäßige Residenz war Bremen. Für dieses erwarb er noch kurz vor seinem Tode ein nicht mehr in seine Hände gelangtes Münz-, Markt- und Zollprivileg von König Arnulf, vielleicht schon früher ein [617] gleiches von Karl dem Dicken. Er wird in jenem Privileg auffallender Weise Erzbischof von Bremen und nicht von Hamburg genannt. Einige Meilen oberhalb Bremen gründete R. in Bücken ein neues geistliches Stift. Sonst ist über seine Diöcesanthätigkeit nichts überliefert als seine Sorge für Arme und Kranke, worin er dem Vorbild seines Meisters Ansgar nacheiferte. An den Reichsgeschäften hat R. in den früheren Jahren mehrfach theilgenommen. Wir finden ihn 868 in der Synode der deutschen Bischöfe zu Worms, 873 auf dem Reichstage zu Frankfurt, wo der von einem bösen Geiste befallene Königssohn Karl ihm das Zeugniß ausgestellt haben soll, daß er allein unter den Bischöfen sein Amt würdig verwalte. Später ließ sich R. mit Genehmigung des Königs in den Reichsgeschäften von Adalgar vertreten. Das dauerndste Gedächtniß hat sich R. durch das schöne Denkmal der Pietät gestiftet, welches er seinem Meister Ansgar in dessen Lebensbeschreibung setzte. Er hat sie gemeinschaftlich mit einem andern verfaßt laut einer Angabe der vita Rimberti, welche in den neuerdings bemerkten stilistischen Verschiedenheiten der vita Anskarii eine Stütze zu erhalten scheint. Die Lebensbeschreibung ist den Brüdern von Alt-Corbie, dem Mutterkloster Ansgar’s gewidmet und zeichnet sich, wenn auch die Schilderung der Visionen Ansgar’s, dem frommen Zwecke des Buches entsprechend, einen breiten Raum einnimmt, doch durch eine Fülle thatsächlicher Mittheilungen und durch das treue Charakterbild, welches sie von ihrem Helden entwirft, vor anderen gleichartigen Arbeiten aus. Leider theilt die Lebensbeschreibung Rimbert’s, welche bald nach seinem Tode verfaßt wurde, diese Vorzüge keineswegs. So kommt es, daß wir über Rimbert’s Leben so außerordentlich dürftig unterrichtet sind. Von der umfangreichen Correspondenz, welche R. geführt haben soll, ist uns nichts erhalten, als ein kleines Bruchstück über die Nordmannenschlacht von 884, welches Adam von Bremen aus einer verlorenen Schrift des Abtes Bovo von Corvey gerettet hat. Von den Briefen, welche R. empfing, besitzen wir zwei des Mönchs Ratram von Corbie, de cynocephalis und de propinquorum conjugiis handelnd. Gestorben ist R. zu Bremen am 11. Juni 888. Er ist nach seinem eigenen Wunsche nicht im Dome selbst, sondern vor dessen Ostmauer begraben, wo später über seinem Grabe eine Capelle errichtet wurde.
Rimbert, Erzbischof von Hamburg-Bremen, 865–888. Als