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Artikel „Rikimer“ von Felix Dahn in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 615–616, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rikimer&oldid=- (Version vom 18. April 2024, 19:15 Uhr UTC)
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Rikimer, germanischer Heerführer in römischem Dienst. Schon im 4. Jahrhundert – unter den Constantiern – finden wir zahlreiche Germanen – Franken, Alamannen, Gothen verschiedener Stämme – in den wichtigsten Aemtern des römischen Staatsdienstes in Heer und Verwaltung: so zwar, daß wohlgemeinte, aber verspätete Regungen des römischen Volksgefühls gegen diese „Senatoren in der Wildschur“ sich erheben. Mit dem vorschreitenden Verfall des Reiches, der Entrömerung der Römer wachsen Zahl und Schwergewicht dieser Erscheinungen: jener Franke Arbogast (s. A. D. B. I, 511) war thatsächlich zu Ende des 4. Jahrhunderts Kaiser des Abendreiches gewesen. Aehnliche Stellung nahm um die Mitte des 5. Jahrhunderts R. ein. Er war ein echter Kaisermacher, daher auch gelegentlich Kaisermörder. Sein Vater war ein Suebe – wohl den spanischen Sueben angehörig –, seine Mutter eine Tochter des Westgothenkönigs Walja; als Comes schlug er eine vandalische Flotte bei Corsica, setzte, als Retter Italiens heimgekehrt, Kaiser Avitus ab (456) und erhob an dessen Stelle, nachdem er einige Zeit allein – ohne den Kaisernamen anzunehmen – als „patricius“ geherrscht hatte, Majorian auf den Thron, um 461 auch diesen zu stürzen und wahrscheinlich zu ermorden: er war ihm wohl zu tüchtig, d. h. vor allem zu selbständig gewesen. R. gab nun den Kaisernamen Libius Severus, an dessen Statt er 6 Jahre Italien beherrschte: aber Dalmatien und Gallien behaupteten wider ihn Marcellinus und Aegidius, und durchaus nicht immer gelang es R., die Raubschiffe Geiserich’s von den Küsten und Inseln des Mittelmeeres abzuwehren. Nach des Severus Absetzung und Tod (Ermordung?) 467 näherte sich daher R. Byzanz und ließ sich von Kaiser Leo einen neuen Imperator, Anthemius, einsetzen, dessen Tochter R. heirathete. Aber gegen beide Kaiser und R. verbanden sich nun erfolgreich Geiserich der Vandale und Eurich der Westgothe; nicht lange danach brach zwischen Anthemius und R., der sich von Rom nach Mailand zurückgezogen, Zwietracht aus. Einmal noch vermittelte zwischen Beiden Sanct Epiphanius, Bischof von Pavia, aber 471 erhob R. als Gegenkaiser Olybrius, den Gatten Placidia’s, der Tochter Valentinian’s III., eroberte und plünderte Rom, nahm Anthemius gefangen und ließ ihn tödten (11. Juli 472); schon am 18. August desselben Jahres starb R. an einer Krankheit. Das Merkwürdigste an diesen Rom beherrschenden Barbaren (von 330) aber ist, daß Keiner von ihnen – weder Arbogast, noch Stilicho, noch Aëtius, noch R., noch Odovakar, noch Theoderich – den Kaisernamen annehmen: sie begnügen sich mit römischen Amtstiteln oder mit dem germanischen Königthum; [616] erst 3 Jahrhunderte später überschreitet die Kluft, welche das römische Imperium von den Barbaren, auch von germanischem Königthum, zu trennen schien, Karl der Große; ihm hatte der Pontifex, „der Brückenbauer“, die Brücke hiezu geschlagen.

Gibbon, History of the decline and fall of the Roman empire VI, 139 f., Leipsick 1829. – v. Wietersheim-Dahn, Geschichte der Völkerwanderung II, Leipzig 1881. – Dahn, Die Könige der Germanen V, 90 f., Würzburg 1870.