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Artikel „Taxis, Lamoral, Graf von“ von Josef Rübsam in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 37 (1894), S. 508–509, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Taxis,_Lamoral_Graf_von&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 10:18 Uhr UTC)
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Taxis: Lamoral, Graf v. T., Sohn und Nachfolger des königlich spanischen und kaiserlichen Generaloberstpostmeisters Freiherrn Leonard I. v. T. (S. 514) widmete sich nach einer vorzüglichen Erziehung zunächst der militärischen Laufbahn und wurde von Don Juan de Austria, welcher ihn zu seinem Kämmerer ernannte, mit der Führung einer Compagnie deutschen Fußvolkes betraut. Auf den Wunsch seines Vaters begab sich Lamoral zu längerem Aufenthalt an den königlichen Hof zu Madrid. Bei seiner Rückkehr nach den Niederlanden (1581) gab ihm Philipp II. einen Empfehlungsbrief an Alexander Farnese von Parma mit, in welchem der königliche Statthalter angewiesen wurde, den Ueberbringer auf jede Weise zu begünstigen, da er es verdiene und ein Sohn und Verwandter von Männern sei, welche sich durch vortreffliche Dienstleistungen ausgezeichnet hätten. Im J. 1589 übergab Lamoral das Commando über das von ihm ruhmvoll geführte Fähnlein einem Stellvertreter, da die Unterstützung seines alternden Vaters in der obersten Leitung des Postwesens seine Anwesenheit in Brüssel erforderte.

Nach seiner 1603 erfolgten Ernennung zum kaiserlichen Truchseß hielt sich Lamoral zumeist in Prag auf und verwaltete, am 3. Februar 1606 auch zum kaiserlichen Kämmerer erhoben, daselbst das Amt eines Hofpostmeisters bis zum Tode seines Vaters. Ein schmerzliches Steinleiden verzögerte die Rückkehr Lamoral’s nach den Niederlanden zur Antretung des Generaloberstpostmeisteramtes, auf welches er bereits zu Lebzeiten seines Vaters die Anwartschaft erhalten hatte. Bald nach seiner Ankunft in Brüssel ließ Lamoral die Taxis’sche Familiengrust in der Kirche Notre Dame des Sablons auf das glanzvollste ausstatten.

Von größter Wichtigkeit für die Ausbreitung der Taxis’schen Posten im deutschen Reiche war die Erhebung des Generaloberstpostmeisteramtes zu einem Erbmannlehen durch kaiserliches Diplom vom 27. Juli 1615. In dem Lehenreverse, welchen Lamoral auf den Antrag des Reichserzkanzlers, Kurfürsten Johann Schweickhardt von Mainz ausstellen mußte, erkannte er das Protectorat [509] des Erzkanzlers über die Reichsposten an und versprach, die Posten auf eigene Kosten nicht nur in ihrem hergebrachten „esse“ zu erhalten, sondern auch zu erweitern. Neben der dem Kaiser zustehenden Portofreiheit wurde dieselbe ausdrücklich auch dem Erz- und Vicekanzler, den geheimen Reichshofräthen und „anderen dero hohen Officiren“ zugesichert. Die kaiserlichen Hof- und niederösterreichischen Postämter blieben jedoch von der Belehnung Lamoral’s ausgeschlossen. Damit das Postregal den Nachkommen der „ersten Erfindere und –Erhebere des Postwerkes“ auf alle Fälle gesichert bliebe, verordnete Kaiser Ferdinand II. am 27. October 1621, daß das Reichsposterbmannlehen nach dem Erlöschen des Mannesstammes auf eine der beiden Töchter Leonard’s II. (s. d.), dessen einziger Sohn Lamoral Claudius Franz (S. 510) damals erst acht Monate alt war, und deren männliche Descendenz übergehen solle.

Während um die Mitte des sechzehnten Jahrhunderts im Reiche wöchentlich nur eine Ordinaripost im Gange war, welche von den Niederlanden über Flamisoul, Kreuznach, Rheinhausen durch das Württemberger Land nach Augsburg lief, um von da ihren Weg nach dem kaiserlichen Hofe oder nach Venedig, Mantua, Mailand, Rom und Neapel zu nehmen, wurde das Postnetz im Reiche unmittelbar nach der Erhebung des Generalates zu einem erblichen Lehen bedeutend erweitert. Abgesehen von den bereits unter Leonard I. (S. 514) bestehenden kleineren Zweiglinien von Wölstein (bei Kreuznach) über den Hunsrück nach Köln und von Rheinhausen nach Frankfurt, wurden nunmehr die Kurse von Antwerpen nach Köln, von Köln nach Frankfurt, von Frankfurt über Würzburg nach Nürnberg und von da nach Rötz in der Oberpfalz bezw. der nächsten kaiserlichen Hofpost auf österreichischem Gebiete, von Nürnberg nach Augsburg, von Frankfurt über Fulda und Erfurt nach Leipzig, von Leipzig nach Hamburg, von Hamburg nach Köln angelegt, wobei der schneidige Frankfurter Postmeister Birghden vortreffliche Dienste leistete. Leider hemmten Zwistigkeiten, welche zwischen Lamoral und seinem einzigen Sohne Leonard II. ausbrachen, damals die weitere Entfaltung des Postgeneralates. Lamoral, welchem auch von Kaiser Ferdinand II. die Kämmererwürde verliehen war, wurde durch Diplom von 8. Juni 1624 in den erblichen Reichsgrafenstand erhoben, starb aber bereits am 7. Juli desselben Jahres zu Brüssel. Ein schönes Porträt Lamoral’s aus dem Jahre 1619 von Lucas Kilian mit dem zweifeldrigen Taxis’schen Wappen findet sich bei O. Veredarius, Das Buch von der Weltpost, S. 119. Berlin 1885.

v. Beust, Versuch einer ausführlichen Erklärung des Post-Regals I, 120 ff. Jena 1747. – Faulhaber, Geschichte der Post in Frankfurt am Main, S. 30 ff. Frankfurt 1883. – Quetsch, Geschichte des Verkehrswesens am Mittelrhein, S. 131 ff. Freiburg im Breisgau 1891. – Henne et Wauters, Histoire de la ville de Bruxelles III, 408 ff. Bruxelles 1845. – Opel, Die Anfänge der deutschen Zeitungspresse 1609–1650. Im Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels. 3. Bd., S. 71 ff. Leipzig 1879. – Rübsam, Zur Geschichte des internationalen Postwesens im XVI. und XVII. Jahrhunderte. Im Historischen Jahrbuche der Görresgesellschaft XIII, 24 ff. – Gust. Schäfer, Geschichte des sächsischen Postwesens vom Ursprunge bis zum Uebergang in die Verwaltung des norddeutschen Bundes, S. 25 ff. Dresden 1879. – G. Schott. Die Familie von den Birghden. In den Mittheilungen des Vereins für Geschichte und Alterthumskunde in Frankfurt a. M., S. 176 ff. Frankfurt a. M. 1869. – H. Schmid, Zur Streitfrage über Begriff und Ursprung der heutigen Post. In der österr. Monatsschrift für christliche Social-Reform. 5. Jahrg., S. 653 f. Wien 1883. – Bericht vom Postwesen, vom Postmeister Birchden zu Franckfurth verfasset. In J. G. v. Meiern’s Acta pacis Westphalicae publica V, 444 ff. Gött. 1743.