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Artikel „Tümpling, Adam von“ von Paul Mitzschke in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 782–784, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:T%C3%BCmpling,_Adam_von&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 13:10 Uhr UTC)
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Tümpling: Adam v. T., preußischer General der Cavallerie und Generaladjutant, geb. zu Soldau in Ostpreußen am 10. Mai 1781, † zu Potsdam am 10. August 1871. Von seinem Vater Ferdinand (s. d.) hatte er sowohl den militärischen Geist, wie die ernste, mit Herzensgüte verbundene Sinnesart ererbt, und damit bahnte er sich den Weg zu den höchsten Stellen. Aus seinem Tagebuch, daß er von früher Zeit an geführt hat (jetzt im Familienarchiv zu Thalstein bei Jena), offenbaren sich Treue und Gewissenhaftigkeit eines pflichteifrigen Dieners seiner Könige, leuchten Milde und Hoheit einer wahrhaft vornehmen Natur, zeigen sich kindliche Frömmigkeit und demüthige Bescheidenheit eines ernsten Christen, und diese Eigenschaften vereinigen sich zu einem Gesammtbilde, das den Beschauer zu aufrichtiger Verehrung zwingt. T. leistete 1795 in Pasewalk den Fahneneid als Standartenjunker beim Dragonerregiment Ansbach-Baireuth. Im J. 1799 wurde er Secondlieutenant und nahm als solcher 1806 mit dem Regimente an der Schlacht von Auerstedt theil, wo er, selbst verwundet, seinen gleichfalls verwundeten Kameraden Ferdinand v. Schill rettete. Im J. 1812 zum Stabsrittmeister ernannt, zeichnete er sich im J. 1813 bei Möckern (5. April) durch einen kühnen Angriff aus; die Tage von Groß-Görschen, Bautzen, Haynau, Hoyerswerda und Luckau sahen ihn gleichfalls im Feuer. Der Tag von Hoyerswerda trug ihm das Eiserne Kreuz 2. Classe ein. Zum Adjutanten des Generals v. Oppen berufen, focht er nach Ablauf des Waffenstillstandes mit bei Wittstock, Großbeeren, Dennewitz und Leipzig und zog sodann mit Oppen nach Holland, wo er sich beim Sturm auf Arnheim (30. Nov. 1813) das Eiserne Kreuz 1. Classe errang. Im Frühjahr 1814 rückte er mit nach Frankreich, kämpfte bei Laon und zog am 31. März mit in Paris ein. „Ich habe Gott dem Allmächtigen in meinem Leben vieles zu verdanken gehabt, aber aus der Fülle meines Herzens danke ich Ihm für den Hochgenuß, das Vaterland von dem Joche eines fremden Tyrannen befreit gesehen zu haben und in seine Hauptstadt eingezogen zu sein.“ Heimgekehrt, mußte er 1815 den Tod seiner Gemahlin Wilhelmine geb. Gräfin v. Bohlen a. d. H. Stretense erleben, mit der er seit 1807 glücklich verheirathet war und die ihm u. a. den 1809 geborenen Sohn Wilhelm (s. d.) geschenkt hatte. Napoleon’s Rückkehr von Elba führte ihn alsbald wieder nach Frankreich, doch nahm sein Truppentheil diesmal an wirklichen Kämpfen nicht theil. Am Tage der Schlacht von Waterloo ward er zum Major befördert und ging dann als Adjutant Gneisenau’s in dessen Hauptquartier Coblenz. Dort verheirathete er sich zum zweiten Male 1818 mit Johanna v. Lebens, an deren Seite er noch 53 Jahre einen glücklichen Ehestand führen konnte. Eine neue Richtung nahm sein Leben an, als er 1820 zum Adjutanten des damaligen Kronprinzen Friedrich Wilhelm ernannt wurde. Bis 1827 blieb er in dieser Stellung in Berlin, da berief ihn der König zum Commandeur des 1. Garde-Ulanen-Landwehr-Regiments nach Potsdam, wo er 1831 zum Obersten, 1838 zum Generalmajor und Commandeur der 1. Garde-Cavallerie-Brigade aufrückte. Inzwischen hatte er 1835 den preußisch-russischen Manövern bei Kalisch beigewohnt und in der 1837 unter Vorsitz des Prinzen Wilhelm gebildeten Commission zur Entwerfung eines Dienstreglements mitgewirkt. Nach der Thronbesteigung Friedrich Wilhelm’s IV. nahm T. 1841 wiederum an den Arbeiten der vom Prinzen Wilhelm geleiteten Cavalleriecommission theil und begleitete den Prinzen, dessen besonderes Wohlwollen er sich erworben hatte, zur Bundesinspection nach Oesterreich. Auf [783] Wunsch des Prinzen von Preußen wurde er 1844 zum Commandeur der Gardecavallerie ernannt. Im J. 1845 wurde er Generallieutenant. Sein 50jähriges Dienstjubiläum feierte er 1845 in der Stille in Coblenz; Friedrich Wilhelm IV. ernannte ihn bei diesem Anlaß zu seinem Generaladjutanten. Bei allen Ehrenbezeigungen, die ihm zu theil wurden, bewahrte er sich tiefste Demuth, wovon die Tagebuchnotizen wiederholt rührendes Zeugniß ablegen. Seine Lebensweisheit faßte er in die Worte: „Prüfe dich öfters, daß niemals Herrschsucht dich überfalle, huldige stets der Demuth, sei niemals geringschätzig gegen deinen Nächsten und betrachte die Verhältnisse und Dinge in der Welt nicht zu schroff.“ Ein Adjutant, der 12 Jahre lang um ihn war (Freiherr v. Danckelman), gibt ihm das Zeugniß: „In dem täglichen Umgange mit ihm habe ich das Wenige von Umsicht, Charakterbildung und Verständniß des Lebens, was ich mein eigen nennen darf, erlernt. Ich liebe und verehre ihn daher wie einen zweiten Vater.“ Die Märztage 1848, in denen er die Cavallerie commandirte und über die sein Tagebuch interessante Mittheilungen enthält, erschütterten ihn tief. Wiederholt suchte er um seinen Abschied nach und erhielt ihn im Herbst 1848 unter warmer Anerkennung seiner Verdienste mit dem Charakter als General der Cavallerie bewilligt. Der Prinz von Preußen schrieb ihm damals: „Niemand bedauert dies mehr als ich, der so lange Zeuge Ihrer überaus erfolgreichen Wirksamkeit war.“ Fortab lebte er in Potsdam, doch immer in regem Verkehr mit dem königlichen Hofe. Als der Prinz von Preußen 1861 den Thron bestieg, stellte er sogleich T. als Generaldjutanten zu seiner Disposition, 1862 à la suite des 1. Garde-Ulanen-Regiments. Am 15. Juni 1865, dem Tage, an dem T. vor 70 Jahren zur Fahne geschworen hatte, überbrachte ihm König Wilhelm persönlich den Schwarzen Adlerorden „mit einer Cabinetsordre, die mich schamroth macht, weil sie meine geringen Dienste weit überhebt“. Am 14. März 1868 feierte der alte General der Cavallerie unter persönlicher Theilnahme des königlichen Hauses seine goldene Hochzeit, und wenige Tage später hatte er die Freude, auch seinen Sohn Wilhelm, der seit 1866 das 6. Armeecorps commandirte, zum General der Cavallerie befördert zu sehen. Charakteristisch für seine Auffassung von den Pflichten des Officierstandes sind die Worte, die er zu Beginn des Jahres 1863 seinem Sohne schrieb: „Du stehst an der Spitze von 15- bis 20,000 Soldaten. Du wirst damit einst Schlachten, ja vielleicht das Schicksal eines Krieges entscheiden können. Sorge für den Soldaten in aller Beziehung. Gerechte Strenge, Hebung des Ehrgefühls, Nachsicht in unwesentlichen Dingen, Vermeidung aller nutzlosen Plackereien – dies ist der Weg, auf dem man den Soldaten zur größten Hingebung und Opferwilligkeit veranlassen kann … Es ist eine Haupteigenschaft unseres Soldaten, daß ihm die Religiosität im allgemeinen und im besonderen zu Zeiten der Gefahr Bedürfniß ist. Auf dieser Basis beruht seine unbesiegbare Tapferkeit und die Masse seiner guten Eigenschaften, die bei richtiger Leitung zu den größten Folgen führen müssen.“ Am 15. Juni 1870 feierte T. sein 75jähriges Dienstjubiläum. Die Ereignisse von 1870/71 bewegten sein altes, aber soldatisch stets junges Herz aufs mächtigste. Noch war ihm die Freude beschieden, seinen Sohn Wilhelm und dessen Sohn Wolf, beide wohlbehalten und geschmückt mit dem Eisernen Kreuz, aus dem französischen Feldzuge heimkehren zu sehen. Er starb nach kurzer Krankheit am 10. August 1871 zu Potsdam und wurde dort beigesetzt. Seine Gemahlin überlebte ihn um beinahe 3 Jahre. Aus vielen Kundgebungen des Königs Wilhelm erhellt, wie hoch dieser die militärischen Verdienste Tümpling’s schätzte. So schrieb er ihm 1866: „Unser Instrument zum Siege ist herrlich vorbereitet, und Sie haben herrlich dazu mitgewirkt“, und 1867: „Jeder, also auch Sie im vollsten Maße, der mit unablässiger Thatkraft die herrliche Armee seit langen [784] Friedensjahren vorbereitet hat, um nun diese Thaten verrichten zu können, der muß den Lohn seiner Thätigkeiten in seiner Brust empfinden. So sei es auch mit Ihnen!“

C. M. v. Schöning und W. O. v. Tümpling, Geschichtliche Nachrichten über die v. Tümpling’sche Familie. S. 91–97. – Wolf v. Tümpling, Geschichte des Geschlechtes v. Tümpling. II, 517–598. – H. O. Stölten, Erbaulich-patriotische Bilder aus der Tümpling’schen Geschlechtsgeschichte. S. 23–41.