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Artikel „Schill, Ferdinand von“ von Hermann Petrich in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 210–212, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schill,_Ferdinand_von&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 08:08 Uhr UTC)
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Schill: Ferdinand Baptista v. S., preußischer Parteigänger, geboren am 6. Januar 1776 zu Wilmsdorf bei Dresden. Der Vater, Johann George, seit 1780 in Ober- und Nieder-Sodow, Kr. Lublinitz, ansässig, hatte im siebenjährigen Kriege gegen Friedrich den Großen gefochten. Die Mutter war früh gestorben. S. trat, nach seinen Breslauer Schuljahren, bei den braunen Husaren ein, aber kurz darauf zu den Ansbach-Baireuthschen Dragonern (Graf Kalckreuth in Pasewalk) über. In Naugard und Gartz a. O. hat er nachweislich gestanden. Militärische Talente verrieth er im Frieden nicht. Als Secondlieutenant zog er 1806 in den Krieg, wurde bei Jena verwundet und rettete sich über Magdeburg [211] und Stettin bis nach Kolberg, wo er sich bei dem Commandanten von Lucadou bald gesund meldete. Auf seinen Wunsch gestattete ihm dieser, mit wenigen Leuten Streifzüge in der Umgebung zu unternehmen. Die Verbindungen des auf Kolberg oder Danzig ziehenden Feindes zu unterbrechen, preußische Kassen- und Magazinbestände aufzubringen, kleinere französische Commandos zu überfallen und aufzuheben war sein geschickt betriebenes Tagewerk. Der Ueberfall von Gülzow am 7. December 1806 verschaffte ihm den Verdienstorden. Eine Cabinetsordre vom 12. Januar 1807 ermächtigte ihn zur Errichtung und Führung eines Freicorps aus Ranzionirten, das in Uebereinstimmung mit dem Gouvernement Pommern decken sollte. Die Bevölkerung unterstützte den thatenlustigen Soldaten, der ihre Hoffnungen zu beleben verstand, auf alle Weise. Bei mangelhafter Ausrüstung herrschte in seiner Truppe die damals so seltene patriotische Begeisterung. Vom Haff bis nach Westpreußen zogen seine Leute. Die kleineren Unternehmugen verliefen meist glücklich, die größeren unglücklich. Der am 15. Februar 1807 versuchte Ueberfall Stargards wurde mit Verlusten zurückgeschlagen, das befestigte Naugarder Amt an den folgenden Tagen von Schill, der damals vom Secondlieutenant zum Rittmeister aufrückte, tapfer, aber erfolglos vertheidigt. Er mußte verwundet nach Kolberg zurück. Hier verschärfte sich der Gegensatz zwischen dem Commandanten, der seine Sorge nur auf die Festung beschränken wollte, und dem Freischärler, der immer ins Weite schweifte, bis zum Unerträglichen. Mitte März ging dieser nach Stralsund, um ein Handinhandgehen mit den Schweden zu verabreden, Mitte April zu demselben Zweck nach Stockholm, am 12. Mai schiffte er sich mit seiner Cavallerie von Kolberg nach Vorpommern zu Blücher ein, während die Infanterie zur Vertheidigung der Maikuhle zurückblieb. Aber die Schlacht bei Friedland zwang Preußen zum Frieden und S. mußte, ohne das Schwert gezogen zu haben, mit Blücher sich grollend in den Demarcationsbezirk zwischen Kammin und Köslin zurückziehen. Die nächsten Jahre brachten die innere Wiedergeburt des Staates, auch die Reorganisation des Heeres; Schill’s Reiterei ging als „Zweites Brandenburgisches Husarenregiment“, dessen Inhaber der Major v. S. wurde, seine Fußtruppe als „Leichtes Bataillon von Schill“ beim Leibregiment in die Armee über. Am 10. December 1808 rückte er, auf des Königs Befehl allen Truppen vorauf, in Berlin ein. Die Gunst des Volkes und der Beifall der Patrioten hoben ihn über sich selbst hinaus. In den für 1809 geplanten Aufständen war ihm eine wichtige Rolle zugedacht. Aber er konnte nicht warten. Am 28. April ritt er wie zur Uebung mit seinem Regiment aus Berlin. Eine Ansprache, durch die er eine Meile jenseits der Stadt zur Befreiung des Vaterlandes aufrief, bestärkte den Glauben, er handle in höherem Auftrag. Den Befehl der Commandantur zu sofortiger Rückkehr befolgte er nicht. Aber schon Anfang Mai empfing er die Nachricht von der Besiegung der österreichischen Erhebung. Seine eigne Hoffnung sank damit bedeutend, aber seine Officiere drängten ihn vorwärts. Ein Gefecht bei Dodendorf unweit Magdeburg am 5. Mai verlief siegreich. An demselben Tage hatte Jérôme einen Preis von 10 000 Frs. auf seinen Kopf gesetzt. Der König von Preußen sprach sich scharf über seine unglaubliche That aus. Der Zug, durch Werbung von Nachschub sich mehrend, ging an die untere Elbe, von dort, durch Holländer und Dänen verfolgt, auf Stralsund, dessen aus Polen und Mecklenburgern bestehende Besatzung ihm entgegengerückt, aber schon bei Damgarten geworfen war. Am 25. Mai ritt er plötzlich in Stralsund ein. In fieberhafter Eile wurde an Wiederherstellung der fast zerstörten Werke gearbeitet. Die Truppen wuchsen durch Aushebung auf 2–3000 Mann. Allen sachverständigen Mahnungen zum Trotz wollte S. den Platz halten. Er sollte ein zweites Saragossa werden. Aber schon am 31. Mai 1809 wurde er von dem holländischen General Gratien [212] und dem dänischen Ewald genommen. In der Stirn von einem Schwerthieb, im Hinterkopf von einer Kugel getroffen, fiel S., abseits und unbemerkt von den Seinen, in der Fährstraße. Sein Kopf ging als Trophäe an den König von Westfalen, der Rumpf wurde auf dem Stralsunder Kirchhof verscharrt. Eine Anzahl seiner Leute wurde in Braunschweig, 11 seiner Officiere wurden in Wesel am 16. September standrechtlich erschossen. Den Desertionsproceß gegen den Führer schlug Friedrich Wilhelm nieder. Erst 1837 wurde der Kopf, der lange in einem Leydener Naturaliencabinet gestanden hatte, zu Braunschweig bestattet. Jetzt sind in Stralsund der Platz seines Todes wie sein Grab mit Denkmälern geschmückt. Bei Würdigung Schill’s muß scharf zwischen seiner militärischen und seiner volksthümlichen Bedeutung geschieden werden; jene ist gering, diese nicht hoch genug anzuschlagen. Sein Name und Handeln bewahrte die Hoffnung weiter Kreise vor dem Versinken.

J. C. L. Haken, Ferd. v. Schill, eine Lebensbeschreibung nach Originalpapieren. 2 Bändchen. 1824. – O. Francke, Aus Stralsunds Franzosenzeit. 1870. – Petrich, Pommersche Lebens- und Landesbilder II, 1, S. 149 bis 231 und S. 279, wo weitere Quellenangaben.