Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Schilher, Jörg“ von Gustav Roethe in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 210, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schilher,_J%C3%B6rg&oldid=- (Version vom 10. November 2024, 21:39 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 31 (1890), S. 210 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Jörg Schilcher in der Wikipedia
Jörg Schilcher in Wikidata
GND-Nummer 118911139
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|31|210|210|Schilher, Jörg|Gustav Roethe|ADB:Schilher, Jörg}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118911139}}    

Schilher: Jörg S. (auch Schiller, in der Tradition der Meistersänger Heinz Schüller; der Name bedeutet „Schieler“), Meistersänger des 15. Jahrhunderts, der jedesfalls schon vor 1476 gedichtet haben muß. In der meistersängerischen Terminologie rangirt er unter den „alten Nachmeistern“, den Epigonen der 12 alten Meister. Ueber sein Leben ist nichts bekannt; sein Respect vor dem Adel mag darauf hindeuten, daß er ein Fahrender war; die Sprache seiner Gedichte weist ihn ins östliche Schwaben. Die unglückselige, von Frauenlob eingeführte Mode des Meistergesangs jener Tage, über göttliche Mysterien in unverständlichen Phrasen zu orakeln, machte S. nicht mit; er gesteht, daß er die 7 Künste nicht kennt und schlägt volksthümlichere Töne an. Sein Lieblingsstoff ist die Satire auf alle Stände, in die auch seine geistlichen Lieder gern einlenken: er schont nicht den habgierigen Klerus, die unkeuschen Mönche, die Nachts wie Fledermäuse auf der Straße schwärmen, die betrügerischen Kaufleute, die leichtfertigen Frauen und Mädchen, die Schwörer und Feiertagsschänder; der Bauer, der den Adel im Kleiderprunk nachzuahmen sucht – eine namentlich in Oesterreich alte Klage –, ist ihm der Esel in der Löwenhaut. Seine Bare wurden handschriftlich und bald auch in gedruckten Flugblättern viel verbreitet. Von seinen Tönen wurde am meisten benutzt der vierzehnreimige Hofton; seltener die Maienweise, benannt nach seinen Frühlingseingängen, und der süße Ton; auch ein sanfter Ton, eine Thronweise, ein Reihen und ein überkünstelter Barat sind unter seinem Namen bezeugt. Als sicher echt dürfen nur die Gedichte gelten, in deren letzter Zeile er sich selbst nennt; schon sehr früh wurde in seinen Tönen auch von andern gedichtet.

Die wichtigsten Quellen sind die Heidelberger Handschriften Nr. 392 und 109; alte Einzeldrucke namentlich in dem Erlanger Mischband Incun. 1446a. Neu gedruckt sind Dichtungen Schilher’s in Phil. Wackernagel’s Deutschem Kirchenlied 2, 840 fgg. und in Görres’ Altdeutschen Volks- und Meisterliedern S. 259. Das Lied No. 28 im Liederbuch der Hätzlerin gilt meist als Schilher’s Werk, ist aber wohl eher von Mich. Müller (A. D. B. XXII, 653).