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Artikel „Sturtz, Georg“ von Georg Müller in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 37 (1894), S. 54–56, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sturtz,_Georg&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 21:51 Uhr UTC)
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Sturtz: Georg St. (Sturcz, Stortz, Sturtius, Sturciades, Opercus = Stürze), Maecen der Humanisten, Arzt und Professor der Medicin zu Erfurt in der Reformationszeit, war 1490 in Buchholz bei Annaberg als Sohn eines durch den Bergbau reich gewordenen Grubenbesitzers, Andreas St., geboren, der 1509 Bürgermeister von Annaberg war. Er hatte zwei Brüder, Michael und Wolf. Nachdem er die lateinische Schule zu Annaberg besucht hatte, bezog er 1505 die Universität Erfurt. Im October 1506 erwarb er sich mit Helius Eobanus Hessus die Würde eines Baccalaureus, aber erst 1521 mit Joachim [55] Camerarius die eines Magisters, wobei Eoban die Promotionsrede hielt. Nachdem er bereits früher eine Reise nach Italien unternommen hatte, von der er 1519 zurückkehrte, finden wir ihn 1521 auf einer zweiten Fahrt. Diesmal nahm er auf seine Kosten Euricius Cordus mit. Der Weg führte nach Venedig, Mantua, Rom und Ferrara, wo Euricius Cordus sich von Nicolaus Leonicenus zum Doctor promoviren ließ, während St. in Venedig weilte. Nach einer Andeutung Michael Barth’s scheint St. seine Reise bis Frankreich und Spanien ausgedehnt zu haben. Vielleicht bezieht sich diese Angabe nur auf die Absicht, dorthin zu gehen (vgl. Böcking II, 50). In die Heimath zurückgekehrt, ließ sich St. in Erfurt als praktischer Arzt nieder und hielt gleichzeitig an der Universität Vorlesungen. Im Sommersemester 1523 bekleidete er das Rectorat. Ein Zeichen für den Niedergang der Hochschule war es, daß er nur fünfzehn Studenten einzuschreiben hatte. Namentlich die medicinische Facultät war in einem argen Zustande. Er erwarb sich daher in Wittenberg am 9. December 1523 die medicinische Doctorwürde. Sein Haus, die „Engelsburg“, war der Sammelpunkt der Humanisten. Als ein „neuer Augustus“ waltete er in seiner Studirstube, die mit den Bildern der berühmtesten Aerzte geschmückt war. Einem Chörilus (Cordus) und Maro (Eoban), sowie zahlreichen anderen Humanisten und Medicinern, unter letzteren z. B. Martin Hune und Ambrosius Carlau, ließ er seine Gunst in hohem Maaße zu theil werden. Sie zeigte sich in Einladungen zu den üppigen Trinkgelagen, deren Folgen („rothe Nase“) zu heilen er dann wol als Arzt angegangen wurde, wie in fürstlicher Freigebigkeit, namentlich Eoban gegenüber. Er wurde von den beglückten Freunden in immer neuen Lobeserhebungen gefeiert. Eoban z. B. widmete ihm eine Reihe seiner Schriften. Die Erfurter Unruhen und Wirren veranlaßten St. im Sommer 1525 in seine Heimath zurückzukehren. Nach einem kurzen Aufenthalte in Annaberg finden wir ihn in dem benachbarten böhmischen, schnell aufgeblühten, namentlich von Sachsen aus aufgesuchten Bergstädtchen Joachimsthal. Er war hier Arzt und Stadtphysikus; zugleich gründete er eine Apotheke, für die ein zur Beilegung der Bergwerksstreitigkeiten niedergesetzter Ausschuß im genannten Jahre die grundlegenden Bestimmungen entwarf. Für die Erfurter Verhältnisse, über die er brieflich, wie durch die Besuche der Freunde eingehend unterrichtet wurde, zeigte er nach wie vor großes Interesse. Ob der mangelnde äußere Erfolg, ob die Sehnsucht nach dem Zusammensein mit den Freunden, ob die größere Beruhigung in Erfurt die Veranlassung war, im Anfange des Jahres 1528 siedelte St. mit seiner Familie wieder nach Erfurt über. Seine Stelle in Joachimsthal übernahm Georg Agricola, der ihn in seinen Schriften rühmend erwähnt. Nur selten, z. B. 1531 und 1536, diesmal mit Eoban, besuchte er das Erzgebirge. Im ganzen überließ er die Verwaltung der Bergwerke seinem Bruder Michael. Seine humanistische Bildung wurde von den Freunden nicht hoch geschätzt. Es fehlte ihm die classische Feinheit und Eleganz des lateinischen Stils. Doch regte er wol zu litterarischen Arbeiten an, so Eoban zur Psalmenübersetzung. Als medicinischer Schriftsteller tritt er nicht hervor: 1524 schrieb er „σχήματα febrium“, zehn Jahre später ein Buch über die Pest, der Stadt Marienberg zugeeignet. Als praktischer Arzt wurde er hoch geschätzt. 1537 behandelte er Luther bei seiner schweren Erkrankung in Schmalkalden und leitete den Rücktransport bis Weimar. Hierher wurde er drei Jahre später an das Krankenbett seines Freundes Melanchthon gerufen, als dieser auf der Reise nach dem Hagenauer Convente erkrankte. St. starb am 7. April 1548.

Melchior Adami, Vitae Germanorum Medicorum. Heidelbergae 1620. p. 49–51, wo die ältere Litteratur verzeichnet ist. – M. J. Dietericus, De Annaberga et claris viris. Lips. 1702. – Operum Helii Eobani Hessi farr. [56] duae. Francof. 1549. – Opera poëtica Euricii cordi. Francof. 1564. – Euricius Cordus, Epigrammata ed. Krause. Berolin. 1892. – Karl Krause, Helius Eobanus Hessus. Gotha 1879. 2 Bände. – Derselbe, Der Briefwechsel des Mutianus Rufus. Kassel 1885. S. 665, 667. – J. C. H. Weißenborn, Acten der Erfurter Universität. Halle 1884. II, 240, 325. Hier befindet sich die Beschreibung des Wappens, das die oben gegebene Erklärung von Opercus nahe legt. – J. Köstlin, Martin Luther II² (Elberfeld 1883), 396, 399, 401. – D. Martin Luther’s Briefwechsel. Hrsg. von C. A. H. Burkhardt. Leipzig 1866. S. 247. – Joach. Camerarius, Libellus novus. Lipsiae 1568. D 6b, D 7. – Epp. Ulrichi Hutteni ed E. Böcking. Lips. 1859. II, 50 f. – Gustav C. Laube, Aus der Vergangenheit Joachimsthals. Prag 1873. S. 8, 9.