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Artikel „Streber, Franz Ignaz von“ von Sigmund Ritter von Riezler in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 36 (1893), S. 551–553, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Streber,_Franz_Ignaz_von&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 15:36 Uhr UTC)
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Streber: Franz Ignaz v. St., geboren am 11. Februar 1758 zu Reisbach, einem Marktflecken im niederbairischen Vilsthal, als Sohn eines unbemittelten Marktschreibers und Aufschlägers, verdankte der Kirche und seiner guten Singstimme die Möglichkeit des Studiums. Als Singknabe in den Seminaren zu Ingolstadt und Landshut erzogen – die Herzogin von Sulzbach ließ ihn einmal in den Ferien eigens nach Sulzbach kommen, um ihn singen zu hören –, wurde er 1774 in das Institut der Bartholomäer in Ingolstadt aufgenommen, wo er 1776 den philosophischen Magistergrad erlangte und drei Jahre später die Theologie absolvirte. Nachdem er ein Jahr lang als Aushilfslehrer am Lyceum in Landshut und als Musikpräfect im Seminar daselbst beschäftigt gewesen war, kam er 1780 als Hofmeister in die Familie des geheimen Rathes v. Widder nach München. Dort vollendete der Sänger Anton Raff Streber’s Ausbildung im Gesange und schloß mit seinem Schüler so enge Freundschaft, daß er bis an sein Lebensende mit ihm zusammenwohnte. Noch wichtiger für Streber’s weitere Entwicklung erwies sich, daß der junge Hofmeister im Hause Widder’s, der eine auserlesene Münzsammlung besaß, die erste Anregung und Anleitung zum Studium der Numismatik erhielt. Schon 1782, während er zugleich [552] als Secretär des Prälaten v. Maillot bei der Hofbibliothek wirkte, wurde er vom Cardinal v. Häffelin, Vorstand des kurfürstlichen Hausschatzes und Münzcabinets, als sein Gehülfe in der letzteren Sammlung verwendet. Drei Jahre später ward er zur Einrichtung des Münz- und Antikencabinets namentlich beigezogen und bald darauf mit der Aufsicht über diese Sammlung sowie den Hausschatz und die Reiche Capelle betraut. Zugleich ward er 1783 überzähliger Hofcaplan, in Anbetracht „seiner wahrhaft geistlichen Sitten, wissenschaftlichen Kenntnisse und trefflichen Singkunst und Stimme“. Unter drei Landesfürsten, von jedem derselben hochgeschätzt und ausgezeichnet, behielt St. diese Doppelstellung in der Hofcapelle und im Münzcabinet und stieg auf der Leiter der Ehrenstellen von Stufe zu Stufe. Präses des Bartholomäer-Instituts, 1792 geistlicher Rath und Censurrath, ward er 1797, wiewol damals der jüngste Rath des Collegiums, Vicedirector, 1799 wirklicher Director des geistlichen Rathes, 1800 zweiter und 1803 wirklicher Hofcapelldirector. Dazwischen schufen die Stürme der neuen Zeit auch in seinen persönlichen Verhältnissen Wandel. Der geistliche Rath ward 1802 aufgelöst, St. als Director quiescirt, als Präses des Bartholomäer-Instituts in Untersuchung gezogen. Dagegen erfolgte 1803 seine Ernennung zum o. Mitgliede der Akademie der Wissenschaften in der historischen Classe. St. gewann nun mehr Muße für die Thätigkeit im Münzcabinet, das er nach der seit dem dreißigjährigen Kriege eingerissenen Unordnung und nach Vereinigung des Mannheimer mit dem Münchener Cabinete (1785) zum ersten Male wissenschaftlich ordnete. Fünf Mal hat er in den Kriegsjahren dieser Epoche die Sammlung eingepackt, aus München geflüchtet, wieder ausgepackt und geordnet. Wer fühlte ihm nicht nach, wenn er wehmüthig klagt: „Ach, wie wenige Stunden waren hinreichend, die mühevolle Arbeit so vieler hundert auf einmal zu vernichten!“ Dazu waren die neuen Erwerbungen zu verarbeiten, die gerade in dieser Periode massenhafter als sonst zuströmten. In den Denkschriften der Akademie hat St. die Geschichte dieses reichen Cabinets veröffentlicht, um dessen Einrichtung und Erläuterung er sich die größten Verdienste erwarb und das über acht Jahrzehnte aufs engste mit dem Namen St. verknüpft bleiben sollte. In die Jahre 1807–1820 fällt auch eine Reihe gediegener Abhandlungen aus dem Gebiete der Münzkunde, die dem Verfasser einen ehrenvollen Namen in der numismatischen Wissenschaft sichern. Dann aber gaben seine bewährten Kenntnisse in den geistlichen Angelegenheiten Anlaß, daß er auch zu diesen wieder herangezogen wurde. Der frühere Gehülfe des Cardinals Häffelin ward in die Commission einberufen, welche die Vorarbeiten zum Abschlusse des Concordates zu erledigen hatte. 1821 wurde er Mitglied des neuerrichteten Domcapitels von München-Freising, zuerst als erster Domherr und Director des erzbischöflichen geistlichen Raths, seit 1822 als Dompropst. Am 16. December 1821 wurde er zum Bischof von Birtha (in Mesopotamien) und zum Weihbischof consecrirt. Es war ihm vergönnt, bei König Ludwig I. mit seiner Verwendung für die Wiederherstellung (1835) des Klosters Seligenthal bei Landshut durchzudringen, seine Eltern nach fünfzigjähriger Ehe zum zweiten Male einzusegnen, selbst sein fünfzigjähriges Priesterjubiläum zu feiern: auf offenem Markt hielt da der Greis in Reisbach die Predigt, in der geliebten Heimath, deren Schulwesen und andere gemeinnützige Anstalten ihrem wohlthätigen Sohne eine Reihe von Stiftungen verdanken. St. starb am 26. April 1841 und nach einem harmonischen Leben, das nie eine Krankheit, nie eine Leidenschaft getrübt hatte, erschien bei ihm der Tod so sehr als der Bruder des Schlafes, daß das unveränderte Aussehen der Leiche den Gedanken an Scheintod wachrief. König Ludwig, der von dem Gerücht hörte, ließ durch seinen Leibarzt den Tod feststellen. Begraben liegt St., in dessen Charakter Milde, Freundlichkeit [553] und unbegrenzte Wohlthätigkeit die hervorstechendsten Züge waren, unter den Arkaden des Centralfriedhofs in München. In Reisbach aber ward 1845 auf dem Hauptplatze ein gemeinsames Denkmal für drei Männer errichtet, die innerhalb 20 Jahren dort das Licht der Welt erblickt und sich zu Zierden des katholischen Clerus aufgeschwungen hatten: es sind F. I. v. Streber, der Naturforscher Maximus v. Imhof und der Bischof von Regensburg, Franz Xaver Schwäbl.

Franz Streber, Rede zum Andenken an Ignaz v. St., München 1843. – Karl Lautenbacher, Das Denkmal zu Reisbach für M. v. I., F. X. v. Sch. u. I. v. St. (1845). – Riggauer, Geschichte des k. Münzcabinets in München (1890), S. 29.