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Artikel „Stolz, Michael“ von Hermann Arthur Lier in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 36 (1893), S. 424–425, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stolz,_Michael&oldid=- (Version vom 27. November 2024, 04:04 Uhr UTC)
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Stolz: Michael St., Bildhauer, wurde im J. 1820 zu Matrei in Tirol als Sohn eines Meßners geboren. Da der Vater in jüngeren Jahren in Wien als Holzschnitzer gearbeitet hatte, so konnte er seinem Sohne, der früh Begabung für die Kunst verrieth, den ersten Unterricht im Zeichnen und in der Führung des Messers selbst ertheilen. Seine weitere Ausbildung erfuhr St. in Wien, wo er sich an Führich und seine Anhänger anschloß und sich die streng kirchliche Richtung dieses Kreises zu eigen machte. Im Frühling 1848 nahm er als Fahnenträger in der Matreier Compagnie des Hauptmanns v. Stadler an dem italienischen Feldzuge theil. Zurückgekehrt, erhielt er eine Anstellung als Zeichenlehrer an der k. k. Oberrealschule zu Innsbruck, welche Stadt seitdem sein ständiger Aufenthaltsort blieb. Dort schuf er für das Giebelfeld des Ferdinandeums ein Basrelief, das die Huldigung der Künste, Wissenschaften und Gewerbe an die thronende Rhätia darstellte. Da es jedoch nur in Gyps ausgeführt war, ist es schon längst wieder dem zerstörenden Einfluß von Wind und Wetter anheimgefallen. Zum ersten Mal wurde St. in weiteren Kreisen bekannt, als er im J. 1855 den Auftrag erhielt, einen neuen Hochaltar für die Pfarrkirche in Wels anzufertigen. Seine Arbeit fiel so vorzüglich aus, daß er seitdem nicht nur aus Tirol, sondern auch aus anderen katholischen Ländern Aufträge erhielt. Unter anderen rühren der romanische Altar zu Zirl, der gothische zu Landeck und der gleichfalls gothische Altar in der Liebfrauenkirche zu Münster von ihm her. An der Kirche zu Andelsbuch im Vorarlbergischen versuchte sich St. auch als Architekt, indem er nicht nur die Herstellung der Altäre und der Kanzel, sondern auch den Entwurf und die Leitung des Baues übernahm. Ebenso lieferte er im J. 1867 die ganze innere Einrichtung für die Pfarrkirche von St. Paulus im Etschlande. Im J. 1863 wurde ihm der Entwurf der Tiroler Landesadresse übertragen, dessen farbige Ausführung Wörndle besorgte. Während der Jahre 1867 und 1868 finden wir St. in Italien und hauptsächlich in Rom, wo er sich, mit einem Stipendium der Regierung versehen, aufhielt, um sich in seiner Kunst zu vervollkommnen. Doch war er schon zu alt, um einen wesentlichen Vortheil von seinem römischen Aufenthalt zu ziehen. Als eine Frucht desselben haben wir die Statue der unbefleckten Jungfrau in Kaltern anzusehen. Er hatte sich in Rom auch mit den Formen der Renaissance vertraut gemacht und brachte sie seitdem gelegentlich zur Anwendung, z. B. als er im J. 1877 die Zeichnungen zu dem Altar, der Monstranz und den übrigen Kirchengeräthen für die Kirche in Ischl entwarf. Das Hauptwerk des Künstlers aber wurde die große Kreuzigungsgruppe in der Friedhofscapelle zu Innsbruck, die so gefiel, daß sie für andere Kirchen mehrfach copirt werden mußte. Wie angesehen St. in Fachkreisen war, ersieht man am besten daraus, daß ihm im J. 1877 die Restauration der Kirche und der berühmten Kreuzigungsgruppe in Wechselburg bei Rochlitz i. S. von dem Grafen Schönburg übertragen wurde. Von künstlerischen Arbeiten Stolzes erwähnen wir noch den gothischen Altar für die Wallfahrtskirche in Seefeld (1870), einen Altar für die Ligorianerkirche in Rom (1871), die Zeichnungen für die Fenster des Sitzungsaales im Landhause zu Innsbruck (1876) und die Zeichnungen für das Mosaik der Concha im Frauenkloster auf dem Hirschanger bei Innsbruck, für die St. Motive aus S. Elemente in Rom benutzte (1879). Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte St. in wohlverdientem Ruhestand. Als er am 18. November 1890 begraben wurde, trauerte nicht nur die clericale Partei, der er angehört hatte, sondern alle Freunde der Kunst in [425] Tirol um seinen Verlust, da er zu ihren besten Vertretern im Lande gehört hatte. Seine eigene künstlerische Entwicklung hatte ihn dazu geführt, von der akademischen Ausbildung gering zu denken und das Hauptgewicht auf die praktische Thätigkeit im Anschluß an das Handwerk nach mittelalterlichem Muster zu legen. Um diesen seinen Standpunkt zur Anerkennung zu bringen, stellte er im J. 1867 auf dem Katholikentage zu Innsbruck einen höchst charakteristischen Antrag in dem eben bezeichneten Sinne.

Vgl. Wurzbach XXXIX, 174–177. – Joseph Prill, Die Schloßkirche in Wechselburg. Leipzig 1884. S. 41, Anmerk. – Allgemeine Zeitung 1890, Nr. 322. – Beiblatt zur Zeitschrift für bildende Kunst. Leipzig 1867–1869. II, 169, 193; III, 205; V, 176; VI, 70; VII, 11 und 274; VIII, 608; XI, 365; XII, 444; XIV, 546; XVI, 214. – Josef Egger, Die Tiroler und Vorarlberger. Wien und Teschen 1882. S. 431.