ADB:Steinmüller, Joseph
Leybold’s vielversprechende Fortschritte. Als 1809 während der französischen Invasion die Akademie geschlossen wurde, nöthigte ihn sein Vater neuerdings Gärtnerdienste zu verrichten. Nach der Wiedereröffnung der Akademie setzte aber St. seine Studien wieder fort und wurde wegen seiner besonderen Begabung 1812 als Pensionär in die Kupferstecherschule der Akademie aufgenommen. Nach sechsjährigem Besuche der Lehranstalt begann er im Jahre 1818 selbständig zu arbeiten. Ungeachtet seiner Verbitterung durch Familienzwiste brach sich sein ungewöhnliches Talent als Kupferstecher rasch Bahn und er erwarb sich in kurzem den Ruf eines der ausgezeichnetsten Künstler in seinem Fache. Mit Vorliebe arbeitete er nach italienischen Meistern. Seine frühesten Leistungen waren die „Madonna mit dem schlafenden Kinde“ nach Sassoferato, „Christus wird vom Teufel verfolgt“ nach Tizian und „Brustbild des Erlösers“ nach Andrea del Sarto. Sein Hauptwerk ist der Stich „Madonna mit dem Kinde und dem h. Johannes“ nach dem Originale von Raphael in der Gemäldesammlung des k. Hofmuseums. Auch lieferte er mehrere Blätter für das Werk: Galerie der Kunstschätze des Belvedere, herausgegeben v. Haas. St. stach außerdem mehrere größere Bildnisse wie jene des Kaisers Franz I. und Ferdinand I. nach A. Theer, des Kaisers Josef II. nach Füger, des Herzogs v. Reichstadt nach Ender, des Ludwig van Beethoven nach Decker und des Componisten Franz Paër. – St. starb in der Vollkraft seines Lebens. In seinem Wesen lag herbe Leidenschaftlichkeit und Unduldsamkeit, daher er auch abgesondert und zurückgezogen von den übrigen Künstlern lebte. In seiner, nur mit dem nothwendigsten versehenen Wohnung herrschte die größe Unordnung. Ueber seine Familienverhältnisse schwieg er hartnäckig. Als Künstler nahm er die Sache sehr ernst und ging an seine Werke mit der vollsten Hingebung. Seine Arbeiten in Linienmanier gehören zu den vollendetsten ihrer Art.
Steinmüller: Joseph St., Kupferstecher, geboren am 28. Febr. 1795 in Wien, † am 27. Juli 1841. Derselbe genoß in seiner Jugend eine sorgfältige Erziehung. Frühzeitig Neigung zum Zeichnen an den Tag legend, gerieth er dadurch mit seinem Vater, der kaiserl. Obergärtner war, in Widerspruch, weil er nicht dessen Berufe folgen wollte. Trotzdem erwirkte St. die Erlaubniß zum Besuch der k. Akademie der Künste und machte hier unter der Leitung des Professors Hubert Maurer, später unter jener- Vgl. Wurzbach, Oesterr. biographisches Lexikon XXXVIII, 148.