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Artikel „Steinbach, David“ von Georg Müller in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 686–687, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Steinbach,_David&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 11:44 Uhr UTC)
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Steinbach: David St., sächsischer Geistlicher des 16. Jahrhunderts, wurde um 1563 in Wurzen geboren, besuchte die dortige Stadtschule, studirte auf der Universität Leipzig Philosophie und Theologie, erwarb sich auch hier die Magisterwürde, und wurde um 1580 Diakonus zu Eckartsberge, als solcher zugleich Pfarrer des benachbarten Dorfes Niederholzhausen. 1582 wurde ihm das Pfarramt an der Witzlebenschen Landschule zu Roßleben übertragen, wo er 1586 aus Anlaß des Todes Kurfürst August’s ein Trauergedicht veröffentlichte. 1588 kehrte er, diesmal als Pfarrer und Superintendent nach Eckartsberge zurück, von wo er bereits 1589 als Hofprediger nach Dresden überging. Daß diese Berufung nicht auf Veranlassung des bekannten Kanzlers Nikolaus Krell erfolgt ist, ergibt sich aus der kühlen Beurtheilung, die dieser in einem Berichte an den Kurfürsten der ersten Predigt zu theil werden ließ. Auch an einer zweiten hatte er eine Reihe von Ausstellungen zu machen, wenn sie ihm auch besser als die erste gefallen hatte. Im Stile findet der Kanzler Aehnlichkeit mit Melanchthon. „Ich befinde auch sonsten, das er gar ein gutter Philippicus. Weil er aber one das ein feiner Prediger, und es auch umb die Außrede also geschaffen, das ich halte, er könne sich derselben halben wohl bessern; er sich auch in der itzigen Predigt albereit mit der pronunciation anders als negst erzeigt“, so stellte der Kanzler die Berufung dem Belieben des Kurfürsten Christian I. und der Kurfürstin Sophie anheim, die sich für St. entschieden. Nach Uebernahme des Hofpredigeramtes am Dresdener Hofe unterstützte er eifrig die Bestrebungen Krell’s (s. A. D. B. XVII, 116 ff.) und Salmuth’s (s. A. D. B. XXX, 274) im Sinne des Calvinismus. Er gehörte zu der Censurcommission, die die theologische Litteratur streng überwachte und jede gegnerische Kundgebung rücksichtslos unterdrückte. Er übernahm auch die Ausarbeitung des geplanten Katechismus und zwei Bogen sind von Krell dem Kurfürsten vorgelegt worden. Dazu war St. für die Ausbreitung seiner Anschauungen nach außen eifrig thätig, wobei die Abschaffung der Exorcismusformel bei der Taufe eine große Rolle spielte. So finden wir ihn in Meißen, wo die Mitglieder des Consistoriums bearbeitet und gewonnen wurden. In Pirna scheiterten des Hofpredigers Bemühungen an dem Widerspruche des überzeugungstreuen Superintendenten Kademann; in Wurzen fand er an dem Diakonus Mamphrasius einen schlagfertigen, überlegenen Gegner. Auch in Merseburg, Naumburg und Oschatz suchte er gegen den Exorcismus zu wirken.

Aber der lange zurückgehaltene Unwille des Volkes brach offen aus, als der junge Kurfürst Christian plötzlich starb. St. wurde, wie sein Amtsgenosse Salmuth, in Dresden in Haft gehalten, als aber ein Aufstand die Sicherheit der Gefangenen bedrohte, nach der Bergveste Stolpen gebracht. Seine Gegner wollten hier, wie früher, ihn im Verkehr mit dem Teufel beobachtet haben. Ein sorgfältig vorbereiteter Fluchtversuch mißlang und zog ihm einen Schenkelbruch zu. Er verfaßte jetzt einen Widerruf, in welchem er das Geständniß ablegte, er habe „frembde, Calvinische, irrige in der Augspurgischen Confession ausgesetzte Lehren einführen wollen und dadurch die hochlöbliche Schloßkirche daselbst nicht wenig geärgert“, und versprach, falsche Lehre zu meiden und sich gemäß der [687] Symbole zu halten. In einem Gesuche vom 27. Juli 1592 bat er den kursächsischen Administrator Herzog Friedrich Wilhelm um Befreiung aus der Haft. Die Bitte wurde ihm gewährt, nachdem er am 15. September 1592 einen in scharfen Ausdrücken abgefaßten Revers unterschrieben hatte, dessen bezeichnendste Stelle lautet: „ … so hab ich mich doch, durch den leidigen Satan dahin verführen lassen, daß ich solcher meiner Verpflichtung zuwider mich unterfangen, den verfluchten Calvinismus auf die mir befohlene Kanzel zu bringen, auch solche verführerische Lehre in diesem Kurfürstenthum einschieben und verpflanzen zu helfen“. Die von ihm geführte Calvinische Lehre erklärte er für „irrig, verdammlich und gottlos“. Auf sein Gesuch hatte er die Erlaubniß erhalten, sich nach Elsterberg (im Voigtlande) zu den Seinen zu begeben.

Außer der Litteratur über die sog. kryptocalvinistischen Streitigkeiten vgl. Chr. Schöttgen, Historie der Chur-Sächsischen Stiffts-Stadt Wurtzen. Leipzig 1717. – A. H. Kreyßig, Album der evangelisch-lutherischen Geistlichen im Königreich Sachsen von der Reformation bis zur Gegenwart. Dresden 1883. S. 101. – J. A. Gleich, Annalium Ecclesiasticarum Erster Theil, In sich fassend die Lebensbeschreibungen der … Herren Hoff-Prediger in ihrer Ordnung von 1539 bis 1613. Dresden und Leipzig 1730. S. 453–464. – A. V. Richard, Der Kurf. Sächs. Kanzler Dr. Nikolaus Krell. Dresden 1859. Bd. 1. – Böttiger-Flathe, Geschichte von Sachsen. Gotha 1870. II2, 102, 105.