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Artikel „Stein, Joachim Lucas“ von Adolf Hofmeister in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 641–642, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stein,_Joachim_Lucas&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 16:37 Uhr UTC)
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Stein: Joachim Lucas St., namhafter Rechtsgelehrter, geb. zu Rostock am 11. December 1711, † am 27. Juni 1785 ebendaselbst. Aus angesehener Familie stammend, bezog er zu Michaelis 1728 die Universität Rostock und widmete sich mit Eifer der Rechtsgelehrsamkeit, um die sich schon drei Brüder seines Vaters, Matthias, Johannes und Konrad, als Professoren an den Universitäten Rostock und Königsberg verdient gemacht hatten. Zu Ostern 1733 ging er nach Halle, wo er sich namentlich an Justus Henning Böhmer und J. G. Heineccius anschloß. Ostern 1735 trat er eine längere Reise an, auf der er sich in Wien mit der Praxis des Reichshofraths vertraut machte und auch sonst keine Gelegenheit, seine Kenntnisse zu erweitern und zu vertiefen, unbenutzt vorübergehen ließ. Gegen Ende des Jahres kehrte er in die Heimath zurück und gehörte, nachdem er zuerst fast wider seinen Willen in die advocatorische Praxis hineingedrängt worden war, bald zu den gesuchtesten Anwälten. Im J. 1736 disputirte er unter dem Vorsitz von E. J. F. Mantzel pro gradu über das Thema: „An et quatenus Juri Romano competat praerogativa prae veteri Jure Germanico in decidendis controversiis judicialibus“ (in 2. Aufl. im Druck erschienen Rostock 1747) und promovirte im Januar 1738 zum Doctor beider Rechte (es war dies zugleich die letzte Promotion, die in alter solenner Weise öffentlich in der St. Marienkirche abgehalten wurde). Von der damit erlangten Berechtigung, Vorlesungen an der Universität zu halten, machte er Gebrauch, soweit es ihm seine weit ausgedehnte Advocatur gestattete. Die Vorlesungen über das Lübische Recht erfreuten sich großen Beifalls; als der bekannteste seiner Schüler ist der spätere Professor, dann Bürgermeister Jac. Heinr. Baleke zu nennen, dem der Hauptantheil an der 1757 abgeschlossenen Codification des Rostocker Stadtrechts zukommt. Nach der Spaltung der Universität im J. 1760 erweiterte er, dem vorliegenden Nothstande entsprechend, den Kreis seiner Vorlesungen auf alle Theile der Rechtswissenschaft und nahm auch an Facultätsgeschäften theil, doch ohne eine ordentliche Professur zu bekleiden. Seine wissenschaftliche Thätigkeit concentrirte sich auf das Lübische Recht. Schon 1738 erschien der erste, J. H. Böhmer gewidmete Theil seiner „Gründlichen Abhandlung des Lübischen Rechts“, das Personenrecht umfassend, 1741 und 1745 folgten der 2. und 3. Theil, das Sachenrecht, ebenso 1745 der 4. Theil, das Proceßrecht, und als 5. Theil die „Abhandlung des Lübischen Seerechts“. Theil 1 und 2 wurden zu Leipzig, die anderen zu Rostock auf Kosten des Verfassers gedruckt. Aus seinen Vorlesungen erwuchs dann die knapper gehaltene „Einleitung zur Lübischen Rechtsgelahrsamkeit“ (Rostock und Wismar 1751), während die 1776–83 in 4 Theilen ans Licht getretenen „Betrachtungen einzelner Rechtsmaterien nach Deutschen, besonders Sächsischen, Lübeck’schen und anderer Orte Rechten“ zum größeren Theil aus seiner praktischen Thätigkeit hervorgegangen sind. Mögen auch Stein’s Arbeiten nach dem competenten Urtheil [642] Böhlau’s (Mecklenburgisches Landrecht I, 263) in Hinsicht auf Präcision und Darstellung die seines großen Vorgängers Mevius nicht erreichen, so sichern sie ihrem Verfasser doch immer eine hervorragende Stellung in der deutschrechtlichen Litteratur seines Jahrhunderts und sind noch heute nicht außer Gebrauch.

Von seinen Söhnen studirte der ältere, Christian Wolhard, am 29. Nov. 1742 geb., gleichfalls die Rechte und habilitirte sich 1772 als Privatdocent in Rostock, trat jedoch bald in die Praxis über, wurde 1775 Procurator beim Rostocker Obergericht und 1793 Stadt-Fiscal. Er hat nur wenige kleinere Arbeiten veröffentlicht und starb 1814. Der jüngere, Joachim David, geboren im October 1748, widmete sich der Theologie, war zuerst Prediger am Kloster zum heil. Kreuz in Rostock und folgte 1783 einem Rufe als Pastor der deutschen Gemeinde in Gothenburg, wo er als Propst und Consistorialrath noch um 1820 wirkte.

Joh. Chn. Koppe, Jetzt lebendes gelehrtes Mecklenburg, 2. Stück (Rostock und Leipzig 1783) S. 152–187. (Ueberaus weitschweifig, aber zuverlässig.) – J. G. Meusel, Lexikon der von 1750–1800 verstorbenen teutschen Schriftsteller XIII, 321.