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Artikel „Stegmann, Josua“ von l. u. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 563–564, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stegmann,_Josua&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 19:25 Uhr UTC)
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Band 35 (1893), S. 563–564 (Quelle).
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Stegmann: Josua St. (oder Stegman) wurde im Jahre 1588 zu Sülzfeld bei Meiningen geboren. Sein Vater, der Pastor Ambrosius St. (geboren im J. 1556 zu Luckau in der Niederlausitz), stand seit dem J. 1583 in Sülzfeld und kam im J. 1593 als Superintendent nach Eckardtsberga, wahrscheinlich dorthin berufen durch Vermittlung seines Schwiegervaters Josua Loner, der seit 1592 Superintendent in Altenburg war. In Eckardtsberga ward unser St. wohl zunächst von seinem Vater unterrichtet; er soll dann weiter zu Rosa, einem Dorfe bei Meiningen, auf die Universität vorbereitet sein. Wahrscheinlich im J. 1607 bezog er die Universität Leipzig, wo er sieben Jahre kurfürstlicher Alumnus war und im ganzen etwa zehn Jahre verweilte. Er hörte besonders die Professoren Heinrich Höpfner und Thomas Weinrich und übte sich fleißig im Disputiren. Es galt damals besonders die Behauptungen der Socinianer zu widerlegen, und unser St. entwickelte dabei, wie es scheint, um so mehr einen besonderen Eifer, als einige der tüchtigsten Vertreter des Socinianismus gleich ihm Stegmann hießen und ihm daran lag, mit diesen nicht verwechselt zu werden. In Leipzig ward er auch Magister und gegen das Ende seines dortigen Aufenthaltes Adjunct der philosophischen Facultät. Im J. 1617 ward er, obwohl noch nicht 30 Jahre alt, zum Pastor primarius, Professor der Theologie am Gymnasium und zum Superintendent der Grafschaft Schaumburg nach Stadthagen berufen; er wollte anfänglich seiner Jugend wegen dem Rufe nicht folgen; aber Johann Gerhard (A. D. B. VIII, 767), der für seine Person diese Berufung abgelehnt hatte, sowie die theologische Facultät zu Leipzig bestimmten ihn, ihn anzunehmen. Bei den Verhandlungen hierüber zeigte sich, welches Ansehens er sich schon damals bei den bedeutendsten Vertretern der damaligen lutherischen Theologie erfreute. Ehe er nach Stadthagen abreiste, erwarb er sich in Wittenberg bei der Jubelfeier der Reformation am 24. October 1617 die Würde eines Doctors der Theologie; für seine Disputation fügte er den Luther’schen Thesen über den Ablaß neue hinzu. In Stadthagen heirathete er im October 1618 die Wittwe seines am 29. Juli 1615 verstorbenen Vorgängers, des D. Johann Jacob Bernhardi. Als im J. 1621 die längst geplante Umwandlung des Gymnasiums in Stadthagen in eine Universität und die Verlegung nach Rinteln stattfand, ward St. hier erster ordentlicher Professor der Theologie und hielt als solcher am 17. Juli 1621 die Einweihungspredigt für die neue Universität. Doch konnte er sich nicht lange ungestörter Wirksamkeit erfreuen. Die nach dem Tode des Fürsten Ernst III. auch über Rinteln ausbrechenden Kriegsdrangsale nöthigten ihn zu fliehen. Als er dann wieder in sein Amt hatte zurückkehren können, ward er im J. 1625 zum Ephorus der Grafschaft Schaumburg ernannt. Aber die Zeiten blieben betrübt, und Schlimmeres stand ihm noch bevor. Infolge des Restitutionsedictes vom 6. März 1629 fanden sich im J. 1630 Benedictiner in Rinteln ein, die die zur Erhaltung [564] der Universität verwandten Einnahmen und Güter wieder an sich rissen und sogar den Professoren ihre schon empfangenen Besoldungen wieder durch Soldaten abfordem ließen und ihnen auf alle Weise Leid zufügten. Einen Collegen des St., den Professor Johannes Gisenius (A. D. B. IX, 199) ließen sie gegen Ostern 1632 ins Gefängniß nach Hameln abführen, weil er als Rector in einem verdächtigen Briefwechsel mit den Schweden gestanden habe; St. nöthigten sie, an einer Disputation theilzunehmen, bei der er von dazu bestellten Lärmmachern verhöhnt und in Verwirrung gebracht wurde. Er überlebte diese Kränkung nur wenige Wochen; an einem hitzigen Fieber, das ihn befiel, starb er am 3. Aug. 1632, erst 44 Jahre alt. – St. hat außer gelehrten Schriften, meist theologischen Dissertationen in lateinischer Sprache, in der Zeit der Kriegsnöthe, die über ihn kamen, einige Erbauungsschriften drucken lassen, in welchen sich auch geistliche Dichtungen befinden, kürzere Reimgebete und eigentliche Lieder. Während von einem Theile dieser Gebete und Lieder feststeht, daß sie von andern verfaßt sind, und ein anderer Theil von ihm überarbeitete Dichtungen anderer sind, läßt sich von einer größerer Anzahl nicht sicher ausmachen, ob sie ihm eigenthümlich angehören oder nicht. Goedeke ist der Ansicht, daß St. nur ältere Lieder bearbeitet und „wohl selbst keins verfaßt“ habe; dagegen glaubt der bekannte Hymnologe Fischer (s. unten) ihm allein von den 61 Liedern, die sich in der letzten der von St. herausgegebenen Erbauungsschriften, den im J. 1630 bei Johann und Heinrich Stern in Lüneburg erschienenen „Erneuerten Herzens-Seufzern, darinnen Zeitgebetlein auf die bevorstehende betrübte Kriegstheurung und Sterbenszeiten gerichtet“, außer einem Liede, das ihm auf Grund starker Ueberarbeitung seinerseits zugeschrieben werden darf, noch 36 Lieder mit einiger Sicherheit zuschreiben zu können. Jene Ueberarbeitung ist die des Opitz’schen Liedes „Sei wohlgemuth, laß trauern sein, Auf Regen folget Sonnenschein“, aus welchem St. ein kürzeres Lied mit gleichem Anfang gemacht hat. Zu den 36 Liedern, deren eigentlicher Dichter St. selbst sein soll, gehört vor allem das bekannte Lied: „Ach bleib mit deiner Gnade bei uns Herr Jesu Christ“, welches allein schon genügte, ihm unter den Kirchenliederdichtern seinen Platz zu sichern. Der frühste, bis jetzt bekannte Druck dieses Liedes ist der in der 3. Ausgabe der „Suspiria temporum“, Rinteln 1628; doch befand es sich wahrscheinlich auch schon in den beiden ersten Ausgaben dieses St.’schen Werkes, welche noch nicht wieder aufgefunden sind. Daß dieses und einige andere Lieder aus den von St. herausgegebenen Erbauungsbüchern schon im J. 1631, also als St. noch lebte, von Clauder in seiner Psalmodia nova ihm als ihrem Verfasser zugeschrieben sind, spricht allerdings dafür, daß St. sie gedichtet hat; aber sicher ist die Sache damit keinswegs, und es ist kaum wahrscheinlich, daß sie jemals völlig sichergestellt wird.

Zedler XXXIX, Sp. 1471. – Rambach, Anthologie II, 255 ff. – Koch, Geschichte des Kirchenlieds u. s. f., 3. Aufl., III, 128 ff. – Mützell, Geistliche Lieder der evangelischen Kirche aus dem siebzehnten u. s. f., I. Bd., Braunschweig 1858, S. 187, 303 und 383. – Goedeke, 2. Aufl., III, 158, Nr. 48. – Fr. Motz im Programm des Gymnasium Bernhardinum in Meiningen von Ostern 1888: erste Abtheilung einer Lebensbeschreibung von Josua Stegmann. – Fischer in den Blättern f. Hymnologie 1888, S. 162 ff. – James Mearns in John Julian’s Dictionary of Hymnology, London 1892, S. 1090. – Ueber die Socinianer, die drei Brüder Christoph, Joachim und Lorenz Stegmann, vgl. (außer den bekannten Schriften von Sand, Arnold u. a.) Zedler a. a. O., Sp. 1469 ff.