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Artikel „Spieß, Philipp Ernst“ von Franz Xaver von Wegele in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 183–185, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Spie%C3%9F,_Philipp_Ernst&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 04:43 Uhr UTC)
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Spieß: Philipp Ernst S., Geschichtsforscher und Archivar. Geb. als der Sohn eines Pfarrers am 27. Mai 1734 zu Ettenstedt, einem damals markgräflich ansbachischen Dorfe, in der Nähe der Reichsstadt Weißenburg am Sand, im heutigen Mittelfranken, wurde er in seinem 12. Jahre dem Gymnasium in [184] Ansbach anvertraut und bezog, 18 Jahre alt, die Universität Jena. Für die Rechtswissenschaft bestimmt, widmete er sich zugleich mit lebhaftem Eifer dem Studium der Geschichte, wobei er durch den Umstand, daß er im Hause des bekannten Publicisten und Historikers Chr. G. Buder wohnte und in dessen Nähe viel verkehren durfte, in besonderem Grade unterstützt wurde. Schon nach zwei Jahren rief ihn aber das Wort des Vaters in die Heimath zurück, vermuthlich in der Absicht ihn in der Praxis sein Glück versuchen zu lassen. Da griff jedoch das Schicksal mit rauher Gewalt in sein Leben ein und drohte seine ganze Zukunft in Frage zu stellen. Bei einem zufälligen Besuche in Ansbach zog der junge S. durch seinen sehr hohen und kräftigen Wuchs die unwillkommene Aufmerksamkeit des Markgrafen Karl Wilhelm Friedrich († 1757) auf sich und die Folge war, daß er nach der häßlichen Sitte jener Zeit durch Ueberrumpelung festgehalten und gezwungen wurde, die militärische Laufbahn zu ergreifen. Das Gefühl des an ihm begangenen Unrechtes, dessen sich der Markgraf nicht ganz entschlagen konnte und das auf dessen Nachfolger Markgraf Alexander überging, kam dem Vergewaltigten im Zusammenwirken mit seiner tüchtigen Persönlichkeit indeß doch zu gute und machte seinen unfreiwillig erwählten Beruf erträglich. Er wurde bald zum Officier befördert, und es ihm so möglich gemacht, seine Neigung zu gelehrten, namentlich zu staatsrechtlichen und geschichtlichen Studien, zu welchen er in Jena einen guten Grund gelegt hatte, nach wie vor eifrig zu verfolgen und auf diesem Wege einflußreiche Gönner und die Theilnahme des Hofes für sich zu gewinnen. Dazu kamen seine geselligen Tugenden und seine musikalischen Talente, die er, namentlich auch die Kunst des Gesanges noch in seinen höheren Jahren, als echter Dilettant gern zum besten gab. Als nun im J. 1759 das Fürstenthum Baireuth an Ansbach fiel, wurde S. beauftragt, das Landesarchiv auf der Plassenburg in Ordnung zu bringen, und zu diesem Zwecke zum ersten geheimen Archivar mit einem entsprechenden Gehalt und dem Titel eines geheimen Hof- und Regierungsrathes ernannt. Noch in demselben Jahre (1769) siedelte S. nach Culmbach über und trat das ihm übertragene Amt in der Absicht an, dem in ihn gesetzten Vertrauen nach Kräften gerecht zu werden. Keine Frage, S. war jetzt an den rechten Platz gestellt. Im Lauf der Jahre entfaltete er auf Grund der ihm anvertrauten urkundlichen Schätze zugleich eine löbliche litterarische Thätigkeit und verschaffte sich dadurch ein nicht geringes Ansehen in der gelehrten Welt und durch seinen Amtseifer zugleich von Seite seines Landesherrn und der Baireuther Landstände vielfache Anerkennung. Er galt allmählich als einer der ersten Archivkundigen in Deutschland und mehrere Fürsten schickten ihre betreffenden Beamten zu ihm, um sie durch ihn im Archivwesen und der Diplomatik ausbilden zu lassen. Oder es kam auch vor, daß einer der benachbarten kleinen Reichsstände ihn zu sich lud, in der Absicht, seine Kenntnisse im Interesse des eignen Archivs zu verwerthen; man lese z. B. nur, wie der Ritter v. Lang in seinen berufenen Denkwürdigkeiten in lehrreicher Weise den Besuch Spieß’s am öttingischen Hofe zu Wallerstein (1791) und nebenher den Eindruck seiner Persönlichkeit schildert. Bei Gelegenheit einer Reise nach Wien (1785), wozu ihn sein Fürst veranlaßt hatte, wurde S. von Kaiser Joseph II. und den vornehmen Herren am Wiener Hof höchst ehrenvoll aufgenommen und ausgezeichnet. Aehnliches widerfuhr ihm bei seinem Besuche in Berlin von Seite des Königs und des Kronprinzen, weiterhin in besonderem Grade auch von Seite des Grafen Herzberg, der eine ungemein hohe Meinung von seinen gelehrten Kenntnissen hatte. Von charakteristischer Bedeutung sind seine Beziehungen zu einigen fränkischen Abteien, wie Banz und Langheim, im besondern aber zu dem Kloster St. Blasien auf dem Schwarzwalde und den bekannten wissenschaftlichen Bestrebungen seiner Mönche. Im J. 1788, noch bei Lebzeiten des Abtes Gerbert, [185] machte S. hier, im Einvernehmen mit seinem Fürsten, einen längern Besuch und traf mit demselben Verabredungen über die Ausführung der von ihnen geplanten Germania Sacra; um den 1. Theil dieses Unternehmens – Episcopatus Wirceburgensis – hat er, laut der Vorrede, sich specielle Verdienste erworben. Im J. 1793 hat er, schon leidend, zu dem angedeuteten Zweck diese Reise wiederholt, jedoch leidend kehrte er nach Baireuth zurück, wohin er des Dienstes wegen seit mehreren Jahren seinen Wohnsitz verlegt hatte und hier starb er am 5. März 1794. Die gelehrten Arbeiten Spieß’s sind bei Meusel (Lexikon der vom J. 1750–1800 verst. t. Schriftsteller 13. Bd. S. 235–237) verzeichnet. Sie bringen uns überwiegend Untersuchungen und bez. urkundliche, oft werthvolle Beiträge zur deutschen und fränkischen Geschichte. Seine autobiographischen Aufzeichnungen sind gleich nach seinem Tode in Baireuth im Druck erschienen.

Zu vergl. neben Meusel, A. Mayer’s biographische Nachrichten von Ansbach und bayreuthischen Schriftstellern, S. 362–372. – Weidlich’s biogr. Nachrichten von jetztlebenden Rechtsgelehrten. – Schlichtegroll’s Nekrolog auf das Jahr 1794 I, 50–64. – Memoiren des Karl Heinrich Ritters von Lang (Ausgabe vom J. 1881, I, 174–182). – A. Baader, Lexikon verst. bair. Schriftsteller I. 2, 244–47.