Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Specklin, Daniel“ von Hubert Janitschek in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 82–84, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Specklin,_Daniel&oldid=- (Version vom 4. November 2024, 23:21 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Speckle, Ignaz
Nächster>>>
Speckmoser, Ulrich
Band 35 (1893), S. 82–84 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Daniel Specklin in der Wikipedia
Daniel Specklin in Wikidata
GND-Nummer 118751808
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|35|82|84|Specklin, Daniel|Hubert Janitschek|ADB:Specklin, Daniel}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118751808}}    

Specklin: Daniel S. Gerne hat man Daniel S. mit den allseitigen Künstlernaturen der italienischen Renaissance in Vergleich gesetzt; die Forschung der letzten Jahre hat nun zwar den Ruhm Specklin’s erheblich eingeschränkt, doch darf er noch immer den vielseitigsten Künstlerpersönlichkeiten seiner Zeit zugesellt werden. S. wurde in Straßburg 1536 geboren; ob sein Vater der Seidensticker Daniel S. oder der Formschneider Veit Rudolph S. gewesen sei, ist noch eine offene Frage. Sicher ist, daß der junge Daniel S. die Seidenstickerei erlernte, sich daneben aber, wie es scheint, schon damals auch mit der Formschneidekunst vertraut machte. 1552 wurde er von der Lehre frei und bald darauf begab er sich auf die Wanderschaft, denn schon 1555 befand er sich in Wien, wo er sich mit dem Bauwesen angelegentlich beschäftigt. Die Wendung zur Architektur muß also in den ersten Wanderjahren stattgefunden haben. In Wien stand S. mit dem kaiserlichen Ingenieur und Baumeister Hermann Schallantzer in Verbindung, mit welchem er nach eigener Aussage, „in vielen Enden, auch in Hungaren wider den Türken manich Vestungen hat helfen berathschlagen und aufbauwen“. Auch Polen, die skandinavischen Reiche hat er besucht, 1560 war er in Antwerpen, 1561 wieder in Wien. Anfang Februar 1564 ist seine Anwesenheit in Straßburg verbürgt. Damals beschäftigte er sich mit der Anfertigung eines Planes von Straßburg, für welchen er die Unterstützung des Rathes forderte, die ihm aber aus politischen und militärischen Rücksichten verweigert wurde; man wollte dem Feinde keine Behelfe an die Hand geben. Da auch sonst die Stadt nichts für ihn that, begab er sich abermals in auswärtige Dienste. Er wirkte als Militäringenieur in Düsseldorf (1567), in Regensburg (im Dienste des Lazarus von Schwendi), 1569 war er wieder in Wien, von dem Architekten Carlo Tetti, einem Nachfolger des Schallantzer gerufen; von 1569–1571 stand er zugleich der aus Innsbruck nach Wien überführten „Rüstkammer“ Maximilian’s II. vor. Im J. 1572 war er wieder im Elsaß, keineswegs im Dienste seiner Vaterstadt, sondern als Schaffner des Baron Samson von Fleckenstein (in den Vogesen). Von Ende 1574 an befand er sich als Militäringenieur in baierischen Diensten; seine Thätigkeit galt besonders der Festung Ingolstadt, darnach Regensburg. Dann zog er wieder in die Heimath und überreichte 1576 der Stadt die berühmte Karte des Ober- und Niederelsasses; im gleichen Jahre am 5. October, wurde er [83] endlich von dem Rathe der Stadt durch Ernennung zum Stadtbaumeister, an die Heimath fester geknüpft. Soweit urkundliche Mittheilungen vorhanden, deuten diese daraufhin, daß er auch in Straßburg und Umgebung nur als Militärarchitekt thätig gewesen ist, wie er denn auch noch zur Zeit seiner festen Anstellung in Straßburg nicht bloß von elsässischen Städten um Rath und Hilfe in Befestigungsfragen angegangen wurde, sondern auch von auswärts z. B. von Basel (1588) und Heilbronn (1589). Erhalten ist allerdings von diesen Befestigungsarbeiten nichts mehr. Als Civilarchitekt soll S. den glänzendsten Bau der Renaissance in Straßburg, das alte Stadthaus, jetzt Börse, errichtet haben; dieser Bau ist es auch, welcher seinen Namen den größten deutschen Architekten des sechzehnten Jahrhunderts anreihte. Aber die Forschung der letzten Jahre hat dargethan, daß gewiß nicht S., sondern wahrscheinlich Hans Schoch und Paul Maurer die Erbauer des Stadthauses gewesen sind, deren Meisterzeichen in der Eingangshalle des Hauses angebracht sind. Auch die große Metzig, mit deren Bau 1586 begonnen wurde, ist ein Stück jener beiden Architekten, nicht aber Specklin’s, wie man vermuthete. Hat man schließlich auch noch auf Grund einer mißverstandenen Notiz in den Collectaneen Specklin’s, S. die spätgothischen Netzgewölbe der Katharinencapelle des Münsters zuschreiben wollen, so ist solcher Annahme schon dadurch widersprochen, daß S., als der Umbau der Katharinencapelle stattfand – 1547 – ein Knabe von elf Jahren war. Auf Werke der Ingenieurkunst wird man darnach die Bauthätigkeit Specklin’s im Dienste der Stadt Straßburg beschränken müssen; Mühlen, Wehre, Uferbefestigungen führten auf ihn als Urheber zurück. Und als Militärarchitekt hat er allerdings einen ebenso ausgebreiteten wie wohlverdienten Ruhm genossen, das ist noch heute bewiesen durch seine „Architektura von Vestungen“. Sie erschien zuerst 1584, dann 1599, 1608; die letzte Ausgabe ist von 1736. Das Ziel dieses Werkes war eine gute Defensive zu lehren, in einem zweiten, nicht mehr zu Stande gekommenen Theil, wollte er die Offensive behandeln. Sein für die Zeit großes Verdienst war die Ausbildung des Bastionärsystems; wie weit er darin seiner Zeit, auch seinen italienischen Collegen vorausgeeilt war, hat die moderne Kriegswissenschaft bereitwillig anerkannt (z. B. cf. Zastrow, Permanente Befestigung, R. Wagner, Grundriß der Fortification u. s. w.) Ein zweites Werk sollte baugeschichtlichen Inhalts werden, eine Art Bauchronik Straßburgs geben „alle gebew von Anfang dieser statt und landt, auch wie eines nach dem ander auffbawet und erweytert worden, zuletst auch Kirchen, clöster, stett, flecken und was fürnemst ist“ wollte er da verzeichnen. Er kam über die vorbereitenden Arbeiten nicht hinaus, da der Rath der Stadt sich zur Unterstützung der Sache nur wenig bereitwillig finden ließ, doch wurden die von S. mit großem Fleiß gesammelten Notizen, besonders aber die Aufzeichnungen über Vorfälle der eigenen Zeit ein kostbares Quellenwerk. Der Bibliotheksbrand von 1870 vernichtete auch diese Collectaneen, durch Abschrift von verschiedenen Stellen war aber ein so großer Theil gerettet, daß deren zusammenfassende Veröffentlichung sich lohnte. Sie geschah durch R. Reuß im Bulletin de la Société pour la Conservation des Monuments historiques d’Alsace 1887–1889. Das kritische Urtheil, das der Herausgeber über S. als Chronikschreiber fällt, bezeichnet das Richtige: „un ésprit parfois très ignorant, et parfois trop naïf et credule, mais sincère visàvis de lui même et réellement desireux d’arriver à la vérité.“ Von Werken des Formschnittes sind von ihm erhalten: „Die perspectivische Aufnahme des Münsters von SW aus gesehen, Holzschnitt von B. Jobin 1566 verlegt (P. 6). Ferner eine kleine Ansicht des Münsters von 1587 (P. 5); von Kupferstichen eine Ansicht des Münsters von 1587 (P. 1; B. 1), die topographische Karte des Elsaßes von 1576 (P. 3), und aus dem Jahre 1587 die perspectivische Aufnahme der Stadt Straßburg – von Greuter gestochen (P. 2) Die [84] Architektura bringt in der ersten Auflage 40 Blätter und 23 Skizzen, in der zweiten Auflage, die durch Abbildung von Zeichnungen aus seinem Nachlaß vermehrt wurde, 44 Blätter und 28 Skizzen. Daniel S. starb in der zweiten Hälfte December 1589. Sein Bild, von Th. de Bry gestochen, ist der Ausgabe der Architektura von 1608 beigegeben.

L. Schneegans in den Elsäsischen Neujahrblättern für 1847. – R. Schadow, Daniel S. Straßburg, Heitz, 1885. – R. Reuß, Analecta Speckliniana (Jahrbuch des Vogesen-Clubs, II. (1886) S. 196–213. Derselbe in der Einleitung seiner Ausgabe der Collectanées de Daniel Specklin, a. O. u. 2e. série 13. vol. pg. 160–165. – E. v. Czihak, Daniel S. als Architekt (Repertorium für Kunstwissenschaft XII. 1889. 358–371). Dazu Bartsch, Peintre-Graveur IX, 589 und Passavant, Peintre-Graveur III, 350 ff.