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Artikel „Souchay, Eduard Franz“ von Rudolf Jung in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 697–698, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Souchay,_Eduard_Franz&oldid=- (Version vom 26. April 2024, 18:35 Uhr UTC)
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Souchay: Eduard Franz S. wurde am 15. December 1800 in Frankfurt a. M. als Sohn eines Kaufmanns geboren; seine Familie gehörte zu den Hugenotten, welche infolge des Edictes von Nantes aus Frankreich geflüchtet waren. Auf dem vaterstädtischen Gymnasium war besonders der Unterricht des Historikers Friedrich Christoph Schlosser, des berühmten Geschichtschreibers, von nachhaltigem Einfluß auf S. Diesem folgte er 1818 zum Studium der Rechte und der Geschichte nach Heidelberg, wo er in der dortigen Burschenschaft bald eine hervorragende Rolle spielte und die Eindrücke gewann, die seine politischen und wissenschaftlichen Anschauungen dauernd beeinflußt haben. Nachdem er seine Studien in Göttingen vollendet und die juristische Doctorwürde erhalten hatte, ließ er sich in seiner Vaterstadt als Advocat nieder. 1831 gab er seine Praxis auf, um in den freistädtischen Senat einzutreten, in dem er in liberalem Sinne wirkte; um den Anschluß Frankfurts an den Zollverein und um die Begründung und Organisirung der Eisenbahnen, welche in Frankfurt münden, hat er sich unter schweren Kämpfen bedeutende Verdienste erworben. Mit seinem jüngeren Landsmann L. H. Euler trat er 1846 in den Vorstand der in Frankfurt tagenden Germanistenversammlung; mehrere Jahre wirkte er segensreich an der Spitze der Polytechnischen Gesellschaft in gemeinnützigem Sinne. An den Ereignissen der Jahre 1848-49 nahm er eifrigen Antheil als Freund und Gesinnungsgenosse Gagern’s; die Ablehnung der Kaiserkrone durch Friedrich Wilhelm IV. schmerzte ihn tief. 1849 sandte ihn die Reichsregierung, bei der er zeitweilig als Bevollmächtigter seiner Vaterstadt beglaubigt war, als Commissar zur Organisirung des provisorischen Regiments nach Schleswig-Holstein; die geplante Berufung ins Reichsministerium kam nicht zu Stande. Durch die politische Entwicklung, welche die Ereignisse jener Tage nahmen, wurde S. in seinen schönsten Hoffnungen getäuscht. 1849 gab er seinen Sitz im Senate auf, betheiligte sich aber in der folgenden Zeit lebhaft an den politischen Kämpfen in Frankfurt und bekämpfte [698] maßvoll in Wort und Schrift (besonders in dem von ihm herausgegebenen „Volksboten“ und als Leiter des „patriotischen Vereins“) die damalige demokratische Verfassung der Freistadt; die 1856 ins Leben getretene neue Verfassung sagte ihm mehr zu. 1866 trat er lebhaft in Flugschriften für das Recht seiner durch die preußische Occupation und Annexion schwer geschädigten Vaterstadt ein; als Mitglied der neuconstituirten Stadtverordnetenversammlung arbeitete er eifrig an der Neugestaltung der städtischen Verhältnisse. Die Erfüllung seines Jugendtraumes, die Einheit des Vaterlandes, durfte er noch erleben; er starb, von Freund und Gegner hochgeachtet, seiner strengen Rechtlichkeit, seiner unerschütterlichen Liebe zur Vaterstadt wegen allgemein betrauert, am 30. Juni 1872.

Als politischer, juristischer und historischer Schriftsteller ist S. mehrfach hervorgetreten. In seinen politischen Schriften, die meist der Tageslitteratur angehörten. verfocht er in maßvoller Weise liberale und humane Ideen. Außer kleineren juristischen Abhandlungen veröffentlichte er als Frucht seiner langjährigen Thätigkeit an den Frankfurter Gerichten die „Anmerkungen zu der Reformation der Freien Stadt Frankfurt“ (2 Bände, Frankfurt 1848 u. 1849), ein noch heute sehr geschätzter Commentar des vaterstädtischen Statutarrechtes, der mit eingehender Kenntniß der Frankfurter und auswärtigen Fachlitteratur eine scharfsinnige Darlegung und Erläuterung des heimischen Rechtes verbindet. Nach der Niederlegung seines Amtes widmete er sich vorzugsweise historischen Studien. Nicht den Fachgelehrten, sondern den Gebildeten im allgemeinen wollte er die Geschichte des Vaterlandes in anspruchloser Form, aber unter gründlicher Verwerthung der Ergebnisse der historischen Forschung darlegen. So veröffentlichte er die „Geschichte der deutschen Monarchie von ihrer Erhebung bis zu ihrem Verfall“ (4 Bände, Frankfurt 1861–62), von den Merowingern bis zum Tode Maximilian’s I., ein mit anerkennenswerthem Fleiße und gesundem, allerdings nicht immer unanfechtbarem Urtheile geschriebenes Werk, welches freilich jetzt durch die neuere Forschung weit überholt ist. Die Fortsetzung desselben bildet das Werk „Deutschland während der Reformation“ (1. Band, Frankfurt 1868), welches die Regierung Karl’s V. behandelt und von dessen heutigem Werthe dasselbe wie von dem vorhergehenden gilt.

Vgl. die Nekrologe in den „Mittheilungen des Vereins für Geschichte und Alterthumskunde zu Frankfurt a. M.“ IV, 491 und in der „Neuen Frankfurter Presse“ 1872, Nr. 336, sowie die Besprechungen der historischen Werke durch Waitz und Maurenbrecher in Sybel’s historischer Zeitschrift VII u. XXII.