Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Euler, Ludwig Heinrich“ von Heinrich von Nathusius-Neinstedt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 48 (1904), S. 448–450, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Euler,_Ludwig_Heinrich&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 17:25 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Eurich
Band 48 (1904), S. 448–450 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand Juni 2013, suchen)
Ludwig Heinrich Euler in Wikidata
GND-Nummer 116610905
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|48|448|450|Euler, Ludwig Heinrich|Heinrich von Nathusius-Neinstedt|ADB:Euler, Ludwig Heinrich}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116610905}}    

Euler: Ludwig Heinrich E. pflegte selbst zu sagen, er entstamme einer pfälzischen Juristenfamilie; doch ist dies nicht ganz zutreffend, wie aus den von ihm selbst veröffentlichten Nachrichten über die Familie hervorgeht. Der erste bekannte Träger des Namens, Hans E. wurde 1540 Bürger zu Lindau, sein Sohn Hans Georg starb 1594 zu Basel, wo die Familie noch im achtzehnten Jahrhundert blühte, während ein Zweig nach Petersburg verschlagen wurde und Hans Georg’s jüngster Sohn Raimund 1667 als kurpfälzischer Kirchenrath zu Heidelberg starb. Die Nachkommen seines ältesten Sohnes Samuel traten meist als Officiere und Beamte in kurpfälzische Dienste, der zweite Sohn Johannes, als Oberpfarrer in Zweibrücken gestorben, hinterließ vier Söhne. Nur der jüngste, Friedrich Ludwig, 1747 als Pfarrer in Wolfersweiler gestorben, pflanzte die Familie fort, deren Mitglieder meist in bairischen Diensten standen. Sein jüngster Sohn Adolf Balthasar E., 1767 als Pfalzzweibrückenscher Landschaftscommissar zu Cusel gestorben, hatte einen Sohn Heinrich Ludwig Christian, der als Pfalzzweibrückenscher Regierungsrath aus Homburg vor den Franzosen fliehen mußte und in Frankfurt a. M. eine neue Heimath, aber als Reformirter keine Anstellung fand; doch erwarb er sich als Privatconsulent eine angesehene Stellung und starb 1824. Sein ältester Sohn Heinrich Ludwig Karl war Advocat und kurhessischer Hofrath, starb 1832 kinderlos und hinterließ eine Reihe juristischer Werke und Denkschriften. Der jüngere Sohn Heinrich Konrad Georg wurde Kaufmann, erhielt durch die Beziehungen seines Vaters zum Staatsrath Simon Moritz v. Bethmann eine Anstellung in dessen Bankhaus und starb als Procuraträger dieses Hauses am 21. Februar 1861. Als sein Sohn wurde unser Ludwig Heinrich am 23. April 1813 geboren. Nachdem er das städtische Gymnasium besucht hatte, bezog er 1831 die Universität Heidelberg, um die Rechte zu studiren. Ein anscheinend geringfügiger Vorfall wurde entscheidend für seine ganze spätere wissenschaftliche Thätigkeit. Bei einer mit mehreren Frankfurter Freunden unternommenen Spazierfahrt nach dem Schwalbennest bei Neckarsteinach brach E. beim Umfallen des Wagens das Knöchelgelenk und mußte Wochen lang liegen und dann noch längere Zeit im Elternhaus die gänzliche Heilung abwarten. Diese Ruhezeit benutzte er zu rechtsgeschichtlichen Studien, die ihn aber bald, ähnlich wie seinen Landsmann und späteren Freund Johann Friedrich Böhmer, zur Geschichte seiner Vaterstadt führten, in die er sich mehr und mehr vertiefte, so daß sie allmählich bei seinen Arbeiten die Rechtswissenschaft ganz in den Hintergrund drängte. Da E. seit dieser Krankheitszeit aus allen Werken, die er las, Auszüge machte, so entstanden im Laufe seines langen Lebens viele Tausende solcher Notizenzettel, die, sehr sorgfältig geordnet, ein rasches Nachschlagen ermöglichten und seine Arbeiten wesentlich erleichterten. Noch während der Erholungszeit that er die nöthigen Schritte zur Erlangung des juristischen Doctorgrades, am 8. August 1834 wurde er in Gießen promovirt, am 17. Juni 1835 unter die Zahl der Frankfurter Advocaten aufgenommen, 1837 zum Notariat zugelassen. In demselben Jahre trat er in die auf Anregung des Schöff Thomas gegründete Gesellschaft für Frankfurts Geschichte und Kunst als arbeitendes Mitglied ein, wurde 1847 ihr Secretär und 1857 bei der Verschmelzung derselben mit dem neu entstandenen Verein für Geschichte und Alterthumskunde dessen erster Vorsitzender, in welcher Stellung er bis zu seinem Tode verblieb. Diese Vereinsthätigkeit [449] nahm neben der stets wachsenden Praxis den größten Theil seiner Zeit und Arbeit in Anspruch. Fast in allen Heften der Veröffentlichungen der Gesellschaft, später des Vereins finden sich größere und kleinere Aufsätze aus seiner Feder, stets hatte er, wenn es in den Sitzungen an Stoff zu Vorträgen mangelte, mit Hülfe seiner Zettel einen Vortrag bei der Hand. Bei seinem großen Fleiß und seiner Gründlichkeit wurden sogar die Besprechungen von neu erschienenen Büchern zu eigenen Arbeiten, so ist z. B. die von Nitzsch, Ministerialität und Bürgerthum zugleich eine Abhandlung über den Vogt in Frankfurt. Im Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst, III. Folge 1, S. 10 ff. findet sich eine vollständige Zusammenstellung aller Euler’schen Arbeiten, die sich außer auf die Rechtsgeschichte auf alle Gebiete der Frankfurter Geschichte erstrecken. Seine erste größere Arbeit handelte über die Güter- und Erbrechte der Ehegatten in Frankfurt a. Main und erschien 1841, denselben Gegenstand behandelten in späteren Jahren mehrere größere Aufsätze in Zeitschriften. Gleichfalls 1841 gab er das nachgelassene Werk des inzwischen verstorbenen Schöff Thomas über den Oberhof zu Frankfurt heraus, das, noch nicht druckfertig, ihm die erste Gelegenheit zur Verwerthung seiner rechtsgeschichtlichen Kenntnisse bot. Zahlreichen Aufsätzen über rechtsgeschichtliche Fragen aus der Geschichte Frankfurts und seiner Umgebung folgte Euler’s bedeutendstes Werk auf diesem Gebiet, die „Rechtsgeschichte der Stadt Frankfurt am Main“, die als Festschrift für den zehnten Juristentag 1872 erschien und noch heute für den Juristen und Geschichtsforscher Frankfurts unentbehrlich ist. Von rein geschichtlichen Arbeiten stehen die über Münzwesen, Siegel- und Wappenkunde, Familiengeschichte, Geschichte der Juden, über den Dom und die Ortsbeschreibung in erster Linie; alle beziehen sich nur auf die Vaterstadt.

Zwei für die Ortsgeschichte Frankfurts sehr wichtige Werke gab G. heraus, die er mit zahlreichen Anmerkungen versah, des Kanonikus Baldemar von Petterweil „Beschreibung der kaiserlichen Stadt Frankfurt am Main aus dem 14. Jahrhundert“ und Battonn, „Oertliche Beschreibung von Frankfurt a. M.“, die in ihren sieben Bänden ein Werk bildet, wie es wol wenige Städte besitzen. Zweier größeren wissenschaftlichen Unternehmungen müssen wir noch gedenken, an deren Leitung E. thätigen Antheil nahm, wenn er auch selbst nichts dabei veröffentlichte. Als im J. 1841 die Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde für den verstorbenen Knust einen Ersatzmann für die Mitarbeit an den Monumenta Germaniae historica suchte, empfahlen ihn Schlosser und Böhmer wegen seines Eifers und seiner Kenntnisse im deutschen Recht. Wann er eingetreten ist, wissen wir nicht; als eines der ältesten Mitglieder der Gesellschaft trat er bei der Neugestaltung der Centraldirection 1875 in diese ein und nahm bis kurz vor seinem Tode an ihren Berathungen eifrigen Antheil. Das andere Unternehmen war durch Böhmer begründet, der in seinem Testament bedeutende Mittel bestimmt hatte zur Förderung geschichtlicher Arbeiten und Herausgabe von geschichtlichen Quellenwerken. E. gehörte zu den Testamentsvollstreckern und beförderte besonders die Herausgabe der Quellen zur Frankfurter Geschichte, wobei seine geistige Regsamkeit und sein ausgezeichnetes Gedächtniß von größtem Nutzen waren. Zu seiner großen Freude konnte ihm 1884 bei seinem fünfzigjährigen Doctorjubiläum der erste Band des Werks überreicht werden. Zwei Jahre vorher hatte er sein fünfundzwanzigjähriges Jubiläum als Vorsitzender des Frankfurter Geschichtsvereins gefeiert. Doch die Folgen seiner geistigen Ueberanstrengung, besonders der nächtlichen Arbeiten, da ihm die Tage nicht ausreichten, blieben nicht aus, [450] dazu kamen häufige asthmatische Beschwerden. Im Sommer 1885 hatte er sich in Ahrweiler noch einmal neue Lebenskraft geholt, im Winter entstand aus einer leichten Erkältung plötzlich eine Lungenentzündung, die am 17. November 1885 seinem arbeits- und erfolgreichen Leben ein Ende setzte.

Mittheilungen des Vereins f. Geschichte u. Alterthumskunde zu Frankfurt a. M., Bd. III. – Archiv f. Frankfurts Gesch. u. Kunst, III. Folge, 1. – Zeitschr. d. Savignystiftung f. Rechtsgesch., Bd. 8. Germanist. Abthlg.