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Artikel „Singriner, Johann“ von Anton Mayer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 392–393, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Singriener,_Johann&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 14:14 Uhr UTC)
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Singriener: Johann S. (Singrenius, Syngriener). Wohl nicht genau der Zeit, aber doch der Bedeutung nach der zweitnächste Buchdrucker Wiens war Johann S. der Aeltere (1510–1546); durch neun Jahre war er noch ein Zeit- und Kunstgenosse Johann Winterburger’s, des ersten Wiener Buchdruckers. Sein Geburtsort war Oettingen in Bayern. Er dürfte schon früh nach Wien gekommen sein, ob er aber, wie Einige meinen, hier bei Vietor gelernt habe, ist schwer zu erweisen. Sicher ist, daß er 1510–1514 in Verbindung mit diesem druckte, von 1514 an bis zu seinem Tode, 1546, aber allein Gutenberg’s Kunst übte. Das erste Druckwerk seiner eigenen Thätigkeit ist des Albertus Magnus Philosophia naturalis, sein letztes das Gebetbuch des Wiener Bischofs Nausea für die Königin Anna, Gemahlin Königs Ferdinand I.

Nach der Zahl, Mannigfaltigkeit und Ausstattung seiner Drucke zu schließen, muß Singriener’s Officin vortrefflich eingerichtet und darum eine angesehene gewesen sein. Er hatte ein für die damalige Zeit großes Personal, darunter selbst gelehrte [393] Setzer, wie Hedwiger von Schweinfurt, und ebensolche Correctoren. Mit seinen großen, schönen Typen versah er auch kleinere Officinen. Die seltene Ausgabe des Geographen Solinus mit dem Commentar des Minoriten Camers (Camerarius) ist eine besondere Zierde der Wiener Presse, und die Gelegenheitsschrift: Voluptatis cum virtute disceptatio kann sogar als eine Prachtausgabe in damaliger Zeit angesehen werden. Auch in Deutschland waren daher seine Arbeiten sehr geschätzt und anerkannt. Conrad Scipio (Steck) aus Stuttgart sagt 1515 über Singriener’s correcte Drucke: „Grossen Dank schuldet dem Singriener die studierende Jugend, Dank schuldet der Greis, der ausgeprägte Grundsätze liebt.“ Singriener’s erster griechischer Druck war eine Schrift des großen Basilius mit einem Commentar von Ulrich Faber (1518), sein erstes deutsches Buch „Seneca von den vier Cardinaltugenden“ (1519). 1523 druckte S. das bekannte musikalische Werk des Lautinisten Hans Judenkunig. Zahlreich waren die Aufträge für seine Officin in landesfürstl. und ständischen Verordnungen und Patenten. Bei einem so ausgebreiteten und geschätzten Betriebe seiner Pressen mußte S. auch zu Vermögen und Ansehen gelangen. Er besaß sein eigenes Haus, war wohlhabend und zählte in bürgerlichen und geistlichen Kreisen Wiens viele Bekannte und Freunde. Der gelehrte Wiener Dompropst Paul v. Oberstein war Pathe seiner Kinder, die Wiener Bischöfe Johann Faber und Friedrich Nausea waren ihm freundschaftlich zugethan, und Camers, Vadian, Collimitius u. a. Gelehrte durfte er sogar seine engeren Freunde nennen.

S. war ein würdiger Nachfolger des Johann Winterburger, des ersten Wiener Buchdruckers, namentlich was den Druck lateinischer Classiker anbelangt. Während aber des Letzteren Officin doch die besten Leistungen in liturgischen Drucken aufzuweisen hat, also vornehmlich in Diensten der Kirche stand, lag der Schwerpunkt der Singrienerischen Thätigkeit wieder im Humanismus, wie er unter Kaiser Maximilian I. in und außerhalb der Wiener Universität seine Blüthen trieb.

Denis, Wiens Buchdruckergeschichte bis zum Jahre 1560. S. IX u. X und die entsprechenden Drucke in den Jahren 1514–1540. – Anton Mayer, Wiens Buchdruckergeschichte 1482–1882. I, 37–58.