ADB:Sinn, Christoph Albert
Caspar Calvör auf ihn aufmerksam und lernte ihn schätzen. Mindestens seit 1709 und bis 1716 wohnt er dann wieder in der Oberpfarrgemeinde seiner Vaterstadt. Wenn er aber nach seiner eigenen Angabe 1717 sowohl Herzoglich Braunschweigischer Feldmesser im Fürstenthum Blankenburg als Gräflich Stolbergischer in Wernigerode war, so war er natürlich bald an dem einen bald an dem andern Orte zu suchen. Nicht durch seine eigentliche Berufsthätigkeit [394] machte sich S. einen Namen, sondern dadurch, daß er zu einer Zeit, in welcher mit dem Aufblühen der Tonkunst insbesondere auch die Bestrebungen zur Vervollkommmmg der wichtigsten musikalischen Instrumente, des Claviers und der Orgel, und die Herstellung einer reinen Stimmung Deutsche, Italiener und Franzosen beschäftigten, seine Meß- und Rechenkunst dazu anwandte, durch Verbesserung des Monochords möglichst bestimmt und zweckmäßig die richtigen Tonintervalle festzustellen. Er knüpfte hierbei zuerst an die Beobachtungen seines verdienten Landsmannes, des Bennekensteiners Andreas Werckmeister an, von dem ein Bruder in Wernigerode als Küster zu U. L. Frauen lebte. Hierbei wirkte er gebend und nehmend mit dem musikalisch gebildeten Superintendenten und Liederdichter Heinrich Georg Neuß zusammen, der zu Sinn’s Lebenszeit auch durch Werckmeister’s Schüler Christoph Kuntze von Halberstadt an der Orgel in der Oberpfarrkirche bauen ließ. Die Schrift, in welcher S. das Ergebniß seines Nachdenkens und Bemühens zur Herstellung einer reinen Stimmung besonders für Orgelwerke niederlegte, erschien ums Jahr 1718 bei M. A. Struck in Wernigerode, umständlich bevor- und befürwortet durch den Superintendenten Caspar Calvör aus Clausthal, den 16. December 1717, unter dem Titel: „Die | Aus Mathematischen Gründen richtig gestellte | Musicalische | Temperatura | practica, | das ist: | Grundrichtige Vergleichung | der | Zwölff semitoniorum | In der Octave, | Wie dieselbe nach Anweisung der Arithmetic und | Geometrie ad Praxin, | Fürnehmlich in die Orgel-Wercke, | können gebracht werden“ u. s. f. Außer der sechs Bogen starken Vorrede 136 Quartseiten Text.
Sinn: Christoph Albert S., Musiktheoretiker, geboren zu Wernigerode um 1680/81, † 1729. Als ältester Sohn des Gerbers Christoph S. sollte Chr. A. das Handwerk erlernen, das Vater und Voreltern bereits Menschenalter hindurch in Wernigerode betrieben hatten, daher er die Lateinschule seiner Vaterstadt nur bis IIa besuchen durfte. Ueber vier Jahre hatte er darnach in der Gerberei gearbeitet, als der um diese Zeit eingetretene Tod des Vaters und die Zustimmung der Mutter, einer Pfarrerstochter aus Söhlde im Hildesheimschen, den strebsamen Jüngling in die Lage versetzten, seine besonders auf die Mathematik gerichteten Studien wieder aufzunehmen und zunächst im November 1702 nochmals als Schüler der Prima in die wernigerödische Oberschule einzutreten. Schon im Mai des nächsten Jahres begab er sich dann nach der blühenden Bergwerksstadt Clausthal, wo reichere Gelegenheit geboten war, sich in mathematischer und technischer Kunstübung zu versuchen und zu vervollkommnen. Hier auf dem Oberharz, wo auch ein Bruder von ihm lebte, wurde der bekannte Generalsuperintendent- Vergl. Vierteljahrsschrift für Musikwissenschaft V. Jahrgang, 1889, S. 569–581.